Zwickau – So., 23.04.2023, 14:00

FSV Zwickau vs Rot-Weiss Essen 1:1 (Abbr.)

Stadion Zwickau, 5.701 Zuschauer, 3.Liga
Das Auswärtsspiel in Zwickau hatte durch die vorherigen Partien richtungsweisende Eigenschaft bekommen. Nach der verheerenden Leistung im vergangenen Heimspiel gegen Mannheim, wurde dieses Spiel schon zur Charakterfrage. Die gastgebenden Schwäne taumeln aber am Rande des Abgrunds und hatten aus den letzten Spielen eine ähnlich vernichtende Bilanz vorzuweisen. Wo, wenn nicht hier, sollte man also wieder mal auswärts siegen?! Die Vorzeichen waren aber keine Guten, denn durch Verletzungen und Sperren mussten wichtige Leute weiterhin ersetzt werden. Gut 800 Rot-Weisse waren in die Trabbi-Geburtsstadt gereist, im Gegensatz zu den ‚Event‘-Auswärtsspielen in Dresden und München oder besser erreichbaren Orten, war also ‚nur‘ der harte Auswärtskern zugegen, aber mit diesem Mob ist der glorreiche RWE ja immer noch well-supported. Der Kick begann holprig, der FSV machte aber deutlich mehr Alarm als die verunsicherten Gäste. Nach guten zehn Minuten hatten sich die Roten dann stabilisiert und gewannen zunehmend die Kontrolle, gerieten aber vor allem bei schnellen Zwickauer Angriffen immer wieder in Unordnung, was zu teilweise haarsträubenden Abwehraktionen führte. Eine diese Situationen war dann auch nicht mehr zu kitten und nach einer hübsch-dämlich anzusehenden Flipper-Aktion landete die Kugel nach 35 Minuten abgefälscht im Netz. Zuvor hatte Isi Young aus fünf Metern einen Tausend-Prozenter vergeben, bei dem es mühsamer war den Ball nicht im Tor unterzubringen als andersherum. Ohne Worte.
Wenige Minuten vor dem Seitenwechsel wurde Young im Spurt Richtung Tor kurz vor dem Sechzehner gelegt. Auch wenn das Foul unbeabsichtigt und unglücklich wirkte, konnte die Folge nur der Platzverweis sein, denn da kein anderer FSV-Akteur mehr hätte rechtzeitig unterstützen können, damit also eine klare Torchance genommen wurde, war die Aktion als ‚Notbremse‘ zu bewerten. Das erhitzte die Gemüter des Zwickauer Anhangs, da eine vergleichbare Aktion auf der anderen Seite vorher ungeahndet geblieben war. Der fällige Freistoß wurde von Eisfeld (was beratschlagten eigentlich die beiden potentiellen Schützen vor der Ausführung sekundenlang… „Willst Du ihn in die Mauer schießen oder soll ich“?) souverän in die aufgebaute Abwehrmauer gebretzelt. Dumm für die Gastgeber, dass der Ball von einem abgewinkelten Arm geblockt wurde, was im Fachjargon ‚Vergrößerung der Körperfläche durch unnatürliche Armbewegung‘ genannt wird. Es ertönte also ein berechtigter Elfmeterpfiff und der fällige Strafstoß wurde von ‚Engel‘ (endlich mal) souverän zum Ausgleich verwandelt. Ziemlich aus dem Nichts war der RWE wieder im Spiel und sogar noch im Vorteil, während das Heim-Publikum nun natürlich ordentlich Temperatur hatte.
Als die Mannschaften dann auch nach zwanzig Minuten Pause noch nicht wieder auf dem Platz zurück waren, witzelte ich zu meinen Gefährten irgendwas von „… Spielabbruch…“.  Wenige Minuten später war aber genau das Realität. Ein aufgebrachter Zuschauer auf der Haupttribüne, der pikanterweise nachher als Sponsor und ehemaliges Vorstandsmitglied identifiziert wurde, hatte dem Referee beim Gang in die Kabine eine volle Ladung Bier ins Gesicht gekippt. Da es kein Stauder war, wertete der Unparteiische dieses als tätlichen Angriff und machte gemäß Statuten von seiner Möglichkeit des Abbruchs Gebrauch. Das wirkte im ersten Moment völlig überzogen. Die einhellige Meinung war, dass es ausgereicht hätte, den Täter zu sanktionieren und dann mit frischen Klamotten wieder anzupfeifen, da ja niemand verletzt wurde. Auch beide Teams vertraten diese Meinung, wie nachher bekannt wurde. Bei genauem Hinsehen wiegt der Sachverhalt aber schwerer. Es ging letztlich nicht um das genutzte Mittel für die Attacke, sondern um die Tat an sich. Klar, eine Bierdusche ist maximal unangenehm, geht aber prinzipiell nicht über eine Bloßstellung hinaus. Aber anstelle des Bieres hätte es auch ein Feuerzeug oder ein ähnlicher Hartgegenstand sein können und das begründete den Abbruch.
Im Nachhinein also eine nachvollziehbare Entscheidung und maximal unglücklich für den FSV, der nun nicht nur mit einer empfindlichen Geldstrafe und einem Zuschauerausschluss rechnen muss, sondern mit der Wertung der Partie gegen sich, denn da lässt die Spielordnung des DFB eigentlich keinen Zweifel zu. Einen vergleichbaren Fall, sicherlich mit schlimmeren Folgen in Form einer Verletzung, haben wir ja in Essen im letzten Jahr beim Topspiel gegen Preußen Münster erst selbst erlebt. Natürlich hatte der RWE in Überzahl aber auch die bessere Ausgangsposition für Durchgang zwei. Der Spielabbruch verwässert nun aber den erneut insgesamt schwachen Auftritt der Mannschaft. Absurderweise könnte das Team aber eben aus diesem Abbruchspiel neue Motivation ziehen, denn nach dem Platzverweis gegen die Schwäne und dem Ausgleich vor dem Pausenpfiff, hatten die roten nun Oberwasser, wurden also in einer Situation ausgebremst als es aufwärts ging. So wird erneut mit Spannung auf das nächste Heimspiel geschaut, wenn sich ein erneut ein Gegner entgegenstellt, der mit dem Rücken zur Wand steht und dringend Punkte für den Klassenerhalt benötigt.

Erlbach – Fr., 21.04.2023, 19:00

SV Erlbach vs FC Memmingen 0:0

Waldstadion, 310 Zuschauer, Bayernliga Süd
Im kleinen, gerade einmal knapp 1.200 Einwohner starken Ort Erlbach im schönen Oberbayern, unweit der Grenze zu Österreich, wird immerhin fünftklassiger Fußball gespielt. Damit ist Erlbach sicherlich einer der kleinsten Oberliga-Standorte Deutschlands. Zu Gast war der Tabellenzweite FC Memmingen, im vergangenen Sommer aus der Regionalliga abgestiegen und nun bemüht, diesen Betriebsunfall zu reparieren. Dieser hatte mit Stürmer Dominik Stroh-Engel sogar einen Stürmer mit etwas Bundesliga-Erfahrung im Aufgebot. Aber auch diese nützte ihm nichts, denn die Offensivbemühungen der Allgäuer blieben erfolglos. Der SV Erlbach stellt die beste Abwehr der Liga und bewies dieses auch, denn nur wenige Chancen des Favoriten wurden zugelassen. Die hübsche Sportanlage schmiegt sich idyllisch in die oberbayrischen bewaldeten Hügel, das hat schon Flair. Nervig war nur der übermotivierte Stadionsprecher, der mit lauten Musikeinspielungen und einer fest installierten Druckluft-Fanfare eher Belästigung als Unterstützung bedeutete. Es blieb leider beim torlosen Remis, allerdings einem der besser anzusehenden Sorte.

Essen – So., 16.04.2023, 14:00

Rot-Weiss Essen vs SV Waldhof Mannheim 07 0:3

Stadion an der Hafenstraße, 17.077 Zuschauer, 3.Liga
Mit gemischten Gefühlen machte ich mich heute auf den Weg zur Hafenstraße, denn so richtig wusste ich nicht einzuschätzen, was mich dort erwartete. Es sollte dann leider schlimmer kommen, als im schlimmsten Falle befürchtet. Der Waldhof gehört auswärts zu den schwächsten Teams der Liga, aber der glorreiche RWE schaffte es tatsächlich, zumindest im zweiten Durchgang die bisher übelste Saisonleistung zu performen. Auch im ersten Durchgang war das nicht überragend anzusehen. Die Mannschaft schien konzept- und ideenlos, bot den ‚Baracklern‘ aber mit frühem Vorchecken Paroli und verhinderte, dass diese sich kreativ entfalten und vor das rot-weisse Gehäuse kommen konnten. Das eigene Offensivspiel blühte aber eben auch nicht vor Einfallsreichtum und so dauerte es beinahe eine halbe Stunde, bis es die erste gefährliche Torraumszene überhaupt auf beiden Seiten gab, welche den Roten gebührte. Berlinski und Engelmann vergaben eine Doppel-Chance, und es ahnte noch niemand, dass es für die Gastgeber – abgesehen von einem nicht wirklich gefährlichen Kefkir-Freistoß im zweiten Durchgang – die einzige des gesamten Spiels bleiben sollte.
Unmittelbar danach hatten auch die Quadrate-Städter ihre erste Gelegenheit und gingen damit direkt in Führung. Römling ermöglichte Schnatterer durch schlechtes Stellungsspiel einen harmlosen Schuss vom Sechszehner. Der Ball sprang unglücklich auf und über die Hände von Golz ins Netz. Sah trotz eines leichten Platzfehlers irgendwie nicht unhaltbar aus. Der RWE kam sicherlich mit frischem Mut aus der Kabine, aber der Zahn wurde schon nach wenigen Minuten gezogen, als der Waldhof eine Eckball-Hereingabe mit einem humorlosen Volley-Kracher passgenau in Sonntagsschuss-Manier in den Giebel versenkte. Wenn ‚Engel‘, der bei Eckstößen für den Gegner in der Defensive aushilft, seinen Gegenspieler nicht aus den Augen verloren hätte, hätte aber auch dieser Treffer verteidigt werden können. Damit spürte man schon, dass das Ding irgendwie durch war und das rot-weisse Spiel war nun auch nur noch als ‚unterirdisch‘ zu bezeichnen. Der dritte Treffer war nur noch Kosmetik tut aber mit Blick auf das eigentlich noch passable Torverhältnis weh, das vielleicht noch wichtig werden kann. Auch bei diesem Einschlag ins kurze Eck sah Golz nicht überragend gut aus, aber die Kritik bleibt leise, denn der Mann hat in dieser Saison schon einige vermeintlich Unhaltbare gefischt. Man könnte sich nun auch noch an weiteren Spielern abarbeiten, die ihre Drittliga-Tauglichkeit deutlich in Frage stellten.
Die Stimmung war angesichts eines erneut überragenden Besuchs von über 17.000 auch eher mau. Auch die Gäste-Kurve hat mich nicht restlos überzeugt. Die Blau-Schwarzen waren zwar schön oldschool unterwegs, arbeiteten sich aber auch viel zu oft am Gegner ab, anstatt das eigene Team zu supporten. Schon bezeichnend, dass sie ihr Team, als es nach Spielschluss zum Dank in die Kurve kam, mit „Scheiß RWE“-Gesängen empfingen. Mit einer Niederlage gegen Mannheim kann ich grundsätzlich leben, die Art und Weise macht mir allerdings Angst. So eine blutleere Nummer ohne jede Körpersprache unmittelbar vor der entscheidenden Phase der Saison bereitet schon Sorge. Und auch wenn es ermüdend klingt, stellt sich weiterhin deutlich die Trainer-Frage. Ein klares Konzept ist weiterhin nicht ersichtlich, stattdessen war deutlich zu sehen, dass es innerhalb der Mannschaft den einen oder anderen Grabenkampf gibt, was auch an mangelnder Autorität des Trainierers liegen kann. Selbstvertrauen und Harmonie sollten aber schnellstmöglich wiederhergestellt werden, sonst wird im Abstiegskampf direkt das Fundament untergraben. Und alte Zöpfe schneidet am ehesten ein neuer Mann an der Linie ab, ich hoffe inständig, dass die Entscheider den Zeitpunkt nicht verpennen, habe da aber Zweifel. Das erkannte auch die Westkurve, von der nach dem Abpfiff deutlich der Kopf des Trainers gefordert wurde. Für die totale Panik ist es noch zu früh, aber es gilt die Lage von Spiel zu Spiel sensibel zu bewerten.

Halle – Mo., 10.04.2023, 14:00

VfL Halle 96 vs VfB Krieschow 1:3

Stadion am Zoo, 160 Zuschauer, NOFV-Oberliga Süd
Der Heimweg zurück in den Pott sollte uns zwei Spiele in Thüringen bescheren, dabei hatten wir aber die Rechnung ohne den Spielplan-Gestalter gemacht, der eine Partie verlegte, wodurch die andere wertlos wurde. Ein B-Plan musste her und der präsentierte sich mit dem VfL Halle recht ordentlich, denn das Stadion am Zoo kann sich mit einer großen Haupt- und einer stattlichen Gegentribüne gut sehen lassen. Klein ist die Welt, denn absurder Weise trafen wir dort unvorbereitet auf meinen Mitfahrer von der Elfenbeinküste, der ja auch in der schönsten Stadt der Welt wohnt und dann der Einfachheit halber für die Rückfahrt direkt ins Auto einquartiert wurde. Wir bekamen ein umkämpftes Oberliga-Spiel zu sehen, in dem die leicht favorisierten Gäste ihre höhere Qualität nach dem Seitenwechsel in einen verdienten Auswärtssieg ummünzten. Etwas nervig war der Stadionsprecher, der wohl selbst der größte Fan seiner Durchsagen war.

Velké Brezno – Sa., 09.04.2023, 16:30

FK Jiskra Velké Brezno vs TJ Svádov-Olsinky 3:0

Stadion FK Jiskra, 250 Zuschauer, I.B trida Ústecký kraj skupina A
Spiel drei des Tages fand unweit von Usti nad Labem, oder Aussig an der Elbe, statt. Mein Herz schlug schon beim Aussteigen aus dem Fahrzeug höher, als ich eine dünne Rauchwolke aufsteigen sah. Und richtig – der Grill war in Betrieb, so dass endlich die erste Krainer Wurst des Tages verdrückt werden durfte. Eigentlich ist der Kult um diese groben Riemen ja wenig nachvollziehbar und dennoch fehlt mir irgendwas, wenn bei einem Spiel in Böhmen und Mähren mal nicht gegrillt wird. Es wurden hier auch mal ein paar Kronen für den Zutritt zum Spiel verlangt, so dass bei dem ganzen unterklassigen Gerümpel dieser Tage auch endlich mal wieder eine wenn auch tschechisch-unspektakuläre Standard-Eintrittskarte den Weg in die Sammlung fand. Auf der kleinen schrulligen, direkt an der Elbe gelegenen Anlage, empfingen die Gastgeber den nur fünf Kilometer entfernt beheimateten Kontrahenten zum Derby und durften dazu eine recht ordentliche Anzahl an Zuschauern begrüßen. Spielerisch war das Spiel auf überschaubarem Niveau noch recht gut anzusehen. Jiskra spielte über die gesamte Spielzeit überlegen und durfte sich über einen deutlichen wie verdienten Sieg freuen.

Decín – So., 09.04.2023, 13:30

FK Huntírov vs TJ SK Markvartice 0:6

Mestský stadion, 80 Zuschauer, Okresní soutez Decin
Für den Mitfahrer aus dem Fränkischen endete die Reise nach dem Spiel am Vormittag. Die Reisegruppe verließ dieser am Bahnhof Decin, der auf der Route zum nächsten eigentlich geplanten Spiel lag. Unmittelbar neben dem Bahnhof liegt das alte städtische Stadion der Stadt. Beim Passieren der Spielstätte konnten wir Bewegung in dieser erahnen und sahen uns die Sache mal näher an. Zwar hatten wir beim Durchforsten der Spielpläne bemerkt, dass der FK Huntirov nicht auf seinem angestammten Dorfsportplatz antreten, sondern nach Decin ausweichen wird, der Hinweis auf einen Kunstrasenplatz in Decín ließ uns aber nicht an die Austragung im Stadion glauben. Tatsächlich war das dann aber so und die Partie der untersten Spielklasse auf Kreisebene wurde in dieser wunderbaren ergrauten Spielstätte angestoßen. Angekommen auf dem absoluten Bodensatz des tschechischen Fußballs, aber mal so richtig, denn der gastgebende Verein war der Tabellenletzte mit gerade einmal einem einzigen Sieg. Die Veranstaltung konnte dann auch nicht ganz ernst genommen werden und lief eher unter der Überschrift ‚Gebolze trifft Körperwelten‘. Mein eigenes fußballerisches Können war ja während meiner aktiven Karriere auch begrenzt und meine Spielweise sicher wenig grazil, aber was hier angeboten wurde, wirkte schon eher wie Versehrten-Sport. Wenig talentierte Gäste gewannen deutlich bei noch weniger talentierten Gastgebern. Aber der Star dieser Spielpaarung war natürlich der Spielort, besonders die hauptsächlich aus Holz erbaute Haupttribüne und die recht große alte Stehtraverse hinter dem Tor. Catering gab es auch hier leider nicht, vermutlich weil der eigentliche Heimverein nicht an diesem Spiel beteiligt war.

Liberec – So., 09.04.2023, 10:15

FC Slovan Liberec B vs FK Letohrad 6:1

Mestský stadion, 100 Zuschauer, Divice C
Der ausgewählte Vormittags-Kick wurde im alten städtischen Stadion von Liberec angestoßen. Bis Ende der 70er Jahre spielte die erste Mannschaft des FC Slovan in diesem betagten Rund, heutzutage tritt nur noch die Zweitvertretung dort an. An den Stehrängen nagt unübersehbar der Zahn der Zeit, was der Spielstätte natürlich den Charme vergangener Zeiten verleiht. Das Spiel war einseitig und frühzeitig entschieden, eine dieser Veranstaltungen, deren Ende ich entgegenfiebere. Ein steter kühler Wind zog einem durch die Klamotten und es gab kein Catering und keine geöffnete Gastronomie. Ein Grund, warum ich in Tschechien nicht gerne Heimspiel von Zweitvertretungen besuche. Trotz der durchaus ansehnlichen Spielstätte war ich, wie vermutlich auch die böse vermöbelten Gäste, daher dankbar, als der Spielleiter zum letzten Male in die Pfeife blies.

Dresden – Sa., 08.04.2023, 14:00

SG Dynamo Dresden vs Rot-Weiss Essen 2:1

Rudolf-Harbig-Stadion, 30.699 Zuschauer, 3.Liga
Der rot-weisse Tross machte sich zahlreich nach Elbflorenz auf, denn Dynamo auswärts war nach Jahren der Regionalliga-Tristesse schon ein besonderer Gegner. Erstaunlich stadionnah konnten wir parkieren und genauso erstaunlich unbehelligt Richtung Gästeblock latschen. Wir waren zwar zivil unterwegs, aber der ewig gestrige Ottonormal-Ossi wittert den verhassten Wessi ja eigentlich zehn Kilometer gegen den Wind. Die Essener Ultra-Fraktion hatte einige Kartons Einmal-Ponchos in den Vereinsfarben im Gepäck. Sauber geteilt in eine obere rote und eine untere weisse Hälfte sah das gut aus. Außerdem waren die Jungs wohl im Baumarkt einkaufen und mit Beginn des zweiten Durchgangs wurden mittels einer abenteuerlichen Kunststoffrohr-Konstruktion die Buchstaben R-W-E in entsprechender Größe als Kirsche auf der Poncho-Torte serviert. Das ‚W‘ war für dieses Vorhaben allerdings ein zu komplizierter Buchstabe und knickte beim Aufrichten ab. Aktion also eher weniger gelungen, aber es kann ja nicht alles funzen im Leben. Die Dynamo-Kurve zeigte eine schöne Choreo bestehend aus der Stadt-Silhouette als Blockfahne, Freiräume wurden oberhalb mit gelben, unterhalb mit schwarzen Pappen ausgefüllt. Als I-Tüpfelchen war zentral eine Straße zu sehen, auf der ein Trabbi langsam nach unten fuhr. Die Botschaft am Zaun „Willst Du nach Dresden rein, muss Dein Verein Dynamo sein“ las sich etwas plump, aber insgesamt war das natürlich eine schöne Aktion.
Ich hatte nicht erwartet, dass wir von der Elbe etwas mitnehmen und wurde nicht enttäuscht. Dynamo war spielbestimmend, die Roten verteidigten aber recht solide. Eine eher kleine Unachtsamkeit kurz vor der Mittellinie war aber dann die Einleitung zum Führungstreffer für die Gastgeber. Alonso, der einen unglücklichen Tag erwischt hatte verschätzte sich anschließend im Luftkampf, der Ball flog über Freund und Feind hinweg, setzte einmal auf und Arslan, der Dynamo-Torschütze vom Dienst,öhe  lies sich die Chance nicht entgehen und traf, wie man schöner kaum treffen kann, nämlich per Fallrückzieher. Der Druck blieb allerdings weiter moderat, aber nach einem Missverständnis zwischen Schnapper Golz und dem mittlerweile beinahe traditionell schwachen, hölzernen Rechtsverteidiger Sponsel lachte ein Dresdner als Dritter und schob die Murmel zum zweiten Treffer ein. Da Kutschke aber in Golz reingerasselt war, erkannte der wenig souveräne Referee das Tor nicht an. Schwein gehabt – ich hätte den Treffer schon allein als Strafe für die Dämlichkeit gegeben. Wenig später war aber dann der Dynamo-Schnapper der große Gönner. Schon im Hinspiel hatte dieser den RWE-Treffer begünstigt, als er den heraneilenden Young anschoss, heute bereitete er das Tor sogar mustergültig vor. Seinen Querpass auf den Außenverteidiger konnte Berlinski abfangen und den Ball dann ins leere Tor befördern. Guter Mann! Also der Dynamo-Tormann, nicht Berlinski.
Nach dem Pausentee ging es dann aber konstant nur in eine Richtung. Zwar hatte Eisfeld noch die Chance zur Essener Führung, die das Spiel auf den Kopf gestellt hätte, aber das änderte nichts am Einbahnstraßen-Fußball. Nach etwas mehr als einer Stunde zeigte das auch die Anzeigetafel, nachdem die Gastgeber erneut in Führung gegangen waren. Wiederum war Alonso der Unglücksrabe, als er einen Ball zu kurz nach außen klärte. Die folgende Flanke führte zur Dynamo-Hütte. Der Sieg geriet nie mehr in Gefahr, fiel eher zwei, drei Tore zu niedrig aus. Kurz vor dem Ende verlor der RWE noch Rother durch Platzverweis nach Tätlichkeit. Zwar war dieser von Arslan durch einen absichtlichen Tritt auf den Fuß provoziert worden, dennoch sollte Rother sich da kontrollieren können, aber dieser ist ja auch ein Spielertyp der immer unter Strom steht. Die Provokation durch Arslan war dem schwachen Schiedsrichter entgangen, grundsätzlich handelte es sich ebenfalls um eine Tätlichkeit. Das Regelwerk sieht für genau diesen Fall vor, dass dann im Nachgang noch Sanktionen ausgesprochen werden können. Der DFB verzichtete darauf – unverständlich und ein schlechtes Zeichen an mögliche Nachahmer, zumal sich Arslan als wenig hell in der Birne zeigte und sich im Interview für seine unsportliche Aktion rühmte. Einen Kreuzbandriss und zehn Tage blutigen Durchfall soll er erleiden, der Schuft!
An der Niederlage hätte weder ein ausbleibender Platzverweis für Rother und erst recht keine nachträgliche Sperre für Arslan etwas geändert. Zu dominant waren die Dynamos. Dafür hatte ausnahmsweise nicht einmal Star-Trainer Dabrowski eine Mitschuld, auch wenn frühere Wechsel dem Spiel sicher nicht geschadet hätten. Knapp 2.500 RWE-Fans ließen sich die Laune nicht verderben und konnten sich mehr als einmal gut Gehör verschaffen. Es gab immer wieder ruhige Minuten auf Heimseite, da die Findungsphase vor dem nächsten Gesang oder Schlachtruf immer wieder etwas Zeit erforderte. Das ist ja eh so ein ostdeutsches Ding, da liegt wohl schon zu große Nähe zum polnischen Support-Stil vor. Eigentlich kokettieren ja auch gerade die ostdeutschen Kurven mit ihrem DDR-Image und der Abgrenzung zum Westen der Republik. Deutlich häufiger wurde das aber heute von rot-weisser Seite bemüht, was ich ermüdend bis peinlich fand. Kann man zwar mal machen und sollte man nach meiner Meinung auch nicht zu bierernst nehmen, aber das sah die Essener Ultra-Fraktion wohl anders.  Auf dem Rückweg zum Auto wurden wir noch Zeuge, wie ein junger Essener Fan um einen RWE-Pullover erleichtert wurde – nach geltender Rechtsprechung ist das übrigens kein Szene-Delikt, sondern schlicht und ergreifend Raub. Im Osten gehen die Uhren halt anders und wer sich darüber im Klaren ist, erreicht die Heimat auch wieder unversehrt.