Ettelbrück – So., 07.03.2021, 16:00

FC Etzella Ettelbrück vs Union Sportive Mondorf-les-Bains 0:1

Stade du Deich, 37 Zuschauer, Nationaldivision
Ein Fußballspiel live im Stadion zu sehen, ist aktuell eine nicht ganz so einfache Übung. Dazu hält sich der Unterhaltungswert unter Zuschauerauschluss natürlich auch ziemlich in Grenzen. Da bietet sich doch ein Ziel an, bei dem es beinahe egal ist, ob Zuschauer erlaubt sind oder nicht, da sich dort eh nur eine überschaubare Anzahl ein Leuten zu den Spielen einfindet. Rechtfertige ich meinen Trip nach Luxemburg hier gerade irgendwie? Natürlich hatte ich schon irgendwie Bock darauf, sonst hätte ich den Ausflug nicht angestrengt. In Verbindung mit frühlingshaftem Wetter und einem feisten Frituur-Stop brauchte ich auch nicht lange mit mir hadern. Flugs das Eisenpferd gesattelt und losgeritten. Für den Hinweg nahm ich mir entsprechend ausreichend Zeit und befuhr einsame Pfade abseits der ausgelatschten Highways. So war auch noch ein kurzer Zwischenstopp an der Burg zu Monschau drin, die kann allerdings nicht viel. Kurz vor Spielbeginn traf ich am ‚Stade du Deich‘ in Ettelbrück – oder auf Letzeburgisch Ettelbréck – ein, einer Kleinstadt im nördlichen, dünner besiedelten Teil Luxemburgs. Vor dem Stadion hatten sich schon die ‚Boys Etzella‘ eingefunden, um ihr Team von außerhalb zu unterstützen. Daran wurden Sie auch nicht gehindert, von Polizei oder anderen Ordnungskräften war weit und breit nichts zu sehen. Natürlich nahmen es die Jungs und Mädels mit der Abstandsregel nicht so genau, aber man muss ja auch mal die Kirche in Ettelbrück lassen und den Leuten in dieser von Langeweile geprägten Zeit Freiheit zur eigenständigen Risikoeinschätzung einräumen. Mit Spielbeginn stieg dann vor den Toren des Stade du Deich eine satte blaue Wolke in den annähernd genauso blauen Himmel. Ab und an machten sich die Boys auch mit einem großen Schwenker hinter dem Zaun sichtbar. Dazu war ein Motivations-Transparent zu diesem wichtigen Spiel gegen den drohenden Abstieg aufgehängt worden. Einige Male war auch akustische Unterstützung zu vernehmen. Die Gastgeber stecken tief im Abstiegskampf und hatten die Möglichkeit, sich gegen einen direkten Mitkonkurrenten etwas Luft zu verschaffen. Nach gutem Beginn des FC Etzella konnten die Gäste aus dem Länderdreieck mit Frankreich und Deutschland das Spiel ausgeglichen gestalten und setzten zehn Minuten nach der Halbzeit den einzigen und für sie goldenen Treffer. Das Spiel lief auch ungefähr so, wie man sich das Gebolze zwischen zwei Abstiegskandidaten der höchsten Liga Luxemburgs vorstellt- berauschend war es ergo nicht gerade. Das Stadion im Centre Sportif du Deich ist ein Mehrzweckstadion mit Leichtathletik-Anlagen. Auch in Luxemburg eher ungewöhnlich. Für die Zuschauer stehen überdachte und ungedeckte Sitztribünen zur Verfügung. Die flache Tribüne auf der Gegenseite bietet auch kleine Stehbereiche. Für Luxemburgische Verhältnisse alles mehr als ausreichend.

Gastbeitrag von Klaus – Fußball war nicht mein Leben…

Nicht ohne Stolz darf ich ein neuen Gastbeitrag veröffentlichen. Mein Vater ist meiner Bitte nachgekommen, einige Zeilen über seine Jugendjahre zu verfassen. Dabei herausgekommen ist ein sehr schöner Einblick in das Fußball-Leben eines Heranwachsenden in der Nachkriegszeit. Danke dafür!

Fußball war nicht mein Leben… aber seinerzeit ein sehr schöner Teil meines Lebens!

Meine aktive Laufbahn als Fußballer bei TuRa 1886 Essen an der Serlostraße in Essen-Altendorf begann Mitte 1959 – eigentlich relativ spät, denn da war ich schon 16 Jahre alt. Der Fußball hat aber schon lange vorher, während meiner Zugehörigkeit zur Pfarrjugend der Pfarrei St. Antonius Essen-Frohnhausen, eine bedeutende Rolle gespielt. Dort wo ich aufwuchs, in der Kuglerstraße, wurde schon immer auf den Rasenflächen im Innenhof des ziemlich geräumigen Wohnblocks Fußball gespielt, zum Leidwesen der Bewohner ringsum.
Es gab genug Spielkameraden mit Interesse am „Bötschen“. Schon wenn vier, sechs oder acht Spielkameraden im Anschluss an Schule und Schularbeiten nach und nach draußen eintrudelten, wurden schnell mit ein paar übrig gebliebenen Steinen oder Kanthölzern aus der Wiederaufbauzeit des Häuserblocks „Tore“ gebaut, die Mannschaften ausgelost und dann ging es los. Ein Ball war immer zur Stelle, aus Privatbesitz oder verdient aus der „Schore“, die beim Verkauf von Schrott aus den Resten von Trümmergrundstücken erzielt wurde. Die Umwelt wurde förmlich vergessen und die Fußballbegeisterung äußerte sich natürlich auch hier in der Bescheidenheit der Hinterhof-Arena entsprechend laut. So mancher Mittagsschlaf wurde gestört, so manche verdiente Altersruhe. Auch Scheiben klirrten gelegentlich mit der folgenschweren Aufregung und den Beschwerden bei Eltern und der Hausverwaltung. War die Luft wieder rein, ging es weiter, zum Verdruss der Anwohner.
Auch im Jugendleben der Pfarrei spielte Fußball eine große Rolle. Nach den Gruppenstunden fanden sich immer zwei Mannschaften, die auf den Flächen rund um die im Krieg zerstörte Antonius-Kirche Platz fanden, um zu bötschen. Auch auf dem in der Nähe liegenden Gelände des Waisen- und Schwesternhauses der Elisabetherinnen gab es ausreichend Platz zum Fußballspielen. Heute steht dort ein Altenheim. Außerdem wurde auch reichlich Fußball im Sportunterricht der Realschule Essen-West gespielt. Unser Klassenlehrer Günter Schröer war selbst durch seine beeindruckenden Leistungen im Handball als Torjäger bei Tusem Essen bekannt und hatte für Mannschaftssport viel übrig. Handball, Fußball, Basketball spielten im Sportunterricht eine bedeutende Rolle. Der Ascheplatz, der hinter dem Schulhof lag und heute bedingt durch einen Erweiterungsbau nur noch teilweise vorhanden ist, bot Fläche für ein ordentliches Fußballspiel, ob bei Sonnenschein, Regen oder Schnee. Auch die Jugendgruppen unserer Pfarrei erwirkten die Erlaubnis, dort spielen zu dürfen.
Dort habe ich mir bei einem unserer Fußball-Matches im linken Knie einen so starken Meniskusschaden zugezogen, dass er mir bis zum heutigen Tag noch gelegentlich Beschwerden bereitet. Zunächst habe ich mich mit dem angerissenen Meniskus arrangiert. Nach immer wieder auftretenden „saftigen“ Schwellungen und Ausfällen in meiner Lehrzeit, musste operiert werden und einige Absplitterungen – wie ich am Bildschirm beobachten konnte – wurden beseitigt. Diese Verletzung hat letztlich auch dazu geführt, dass ich den Vereinssport bei TuRa 1886 aufgeben musste.  Doch vorher konnte ich einige Jahre an der Serlostraße Fußball spielen. Gekommen war ich zu TuRa durch meinen Onkel Paul, einem „Altendorfer Jungen“, der viele Jahre 2. Vorsitzender des Vereins war, obwohl er bereits in Bochum wohnte. Mit ihm und meinem Vetter Rainer verpasste ich auch kaum ein Spiel der 1. Mannschaft auf dem heimischen Platz und auswärts. Heute existiert der Platz an der Serlostraße zwar noch, der Verein ist aber auf eine neue Anlage umgezogen und der alte Ascheplatz wurde sich selbst überlassen.
Unsere gegnerischen Mannschaften kamen aus den in Essen ansässigen und bekannten Vereinen wie Sportfreunde Katernberg, TuS Helene oder auch BV Altenessen und anderen. Autos der Mannschaftsbegleiter oder des Trainers brachten uns zu den entlegenen Auswärtsspielen, oder man wurde auch mal auf dem Sozius eines Mopeds eines Spielkameraden mitgenommen. Die Disziplin mancher Spielkameraden ließ manchmal zu wünschen übrig. Vergesslichkeit und Mangel an Pünktlichkeit zum Treffpunkt ließen die Mannschaft manchmal nur mit 9 oder 10 Spielern antreten. Solche Spiele konnten nicht gewonnen werden. Ständige Schürfwunden an den Knien von schwarzen Schlacke- und Aschenplätzen waren fast immer vorhanden. Gelegentliche Prellungen von Zusammenstößen mit gegnerischen Spielern waren ebenfalls inbegriffen.
Es gab aber auch vergnügliche Ereignisse: Ich erinnere mich an ein Spiel gegen SV Borbeck an der Fürstäbtissinstraße  – dort steht heute das Mädchen-Gymnasium Essen-Borbeck – wo unserem Torwart die Hose riss und er unter dem Gejohle der immer vorhandenen Mädchen mit halbnackten Hintern weiterspielte, weil keine Ersatzhose vorhanden war. Auch ein Spiel im Stadion von Rot-Weiss Essen, als Vorspiel vor dem Spiel der 1. Mannschaft hat besonderen Spaß gemacht, noch dazu auf dem heiligen Rasen. Ebenso gehörten die jährlichen Nikolausfeiern mit dem entsprechenden Spektakel zum Feierprogramm. Nach den Spielen wurde oft noch in der Vereinskneipe Skat „gekloppt“, so dass ich sonntags dann erst am Nachmittag spät zu Hause war. Es waren schöne Jahre! Meine schwarz-weißen Fußballstutzen, die ich heute noch habe, erinnern mich immer wieder an meine bewegte, abwechslungsreiche und Einsatz fordernde aktive Fußballzeit.
Aber auch mein Interesse an Rot-Weiss Essen war früh geweckt. Schon vor meiner aktiven Zeit bei TuRa bis lange danach wurden Spiele von Rot-Weiss Essen an der Hafenstraße besucht.  Dazu trafen sich die Rot-Weiss-Fans aus der Jugend der Pfarrei in Frohnhausen zum gemeinsamen Anmarsch zur Hafenstraße. Die Zuschauerwelt war eine restlos andere als heute. Man kaufte seine Karte an den Kartenverkaufshäuschen, musste je nach Ankunftszeit in einer Schlange stehen. Der Verkauf lief aber problemlos ab, ohne Krawall und Polizeiüberwachung. Einlasskontrollen oder Verbote mitgebrachter Getränke gab es nicht. Es wurden jedoch auch während des Spieles durch Bauchladenverkäufer Getränke, Würstchen oder Süßigkeiten angeboten. Ich erinnere mich, dass die Zuschauer Plätze bis fast an den Spielfeldrand einnehmen konnten, wobei körperbehinderten Personen Vorzugsplätze reserviert wurden.
Da Rot-Weiss in der Oberliga West spielte, war das Stadionrund überwiegend gut gefüllt, die Stimmung je nach Spielsituation ruhig bis sehr aufgeheizt. Die Beifalls- und Protestbekundungen wurden vom reichlichen Einsatz lärmender Instrumente begleitet. Die Schieds- und Linienrichter hatten es wegen der Nähe des Publikums manchmal nicht leicht, das Spiel in Ruhe zu leiten. Ich kann mich nicht erinnern, dass Auswärtsspiele besucht wurden oder Spiele anderer Vereine der damaligen Oberliga. Aber da das Fernsehen mehr und mehr Verbreitung fand in Familien, Gaststätten oder z.B. im Kolpinghaus Essen-Frohnhausen, in dem sich heute ein Laden der Diakonie befindet, traf man sich auch dort zu besonderen Fußball-Ereignissen, um vor allem Länderspiele und Weltmeisterschaften zu verfolgen.  Später nahm mich unser Sohn schon mal zu Bundesligaspielen mit. Besonders erinnere ich mich noch, dass wir anlässlich eines Rom-Besuches Karten direkt vor einem Spiel auf dem Schwarzmarkt ergattern konnten. Es spielte AS Rom mit Rudi Völler gegen SSC Neapel mit Maradona.
Mein Fußballinteresse ließ im Laufe der späteren Jahre sehr nach. Dasselbe habe ich sogar auch von einem berühmten und verdienten deutschen Fußballer erfahren, der Zeit seines Lebens seinen Wohnsitz in Essen-Frohnhausen, meinem Wohnort, hatte: Helmut Rahn. Von ihm wurde berichtet, dass sein Fußballinteresse sogar an seinem Heimatverein Rot-Weiss Essen erloschen war. Ich habe ihn als Spieler zum letzten Mal auf dem Fußballplatz an der Raumerstraße in Essen-Frohnhausen gesehen, in einem Benefiz-Spiel zugunsten der Pfarrgemeinde St. Elisabeth, zu der er gehörte. Er hatte es zusammen mit dem dortigen Pfarrer organisiert. So konnte man nochmal Spieler aus früheren Weltmeisterschaften und Länderspielen erleben. Der frühere Essener Bischof Franz Hengsbach, selbst Fußballbegeisterter, machte den Anstoß. Privat konnte man Helmut Rahn zusammen mit seiner Frau antreffen, beim Einkauf oder im Gespräch mit Frohnhauser Bürgern im Stadtteil. Auch an ihm ging das zunehmende Alter nicht vorüber, so dass es ohne Stützstock nicht mehr ging. Ich hatte Gelegenheit, nach seinem Tode an seinem Trauergottesdienst in St.Elisabeth teilzunehmen, an dem sowohl der NRW-Ministerpräsident als auch der Präsident des Deutschen Fußballverbandes anwesend waren, und die noch lebenden Fußballgrößen vergangener Jahre. Das einfache Grab von Helmut Rahn ist auf dem Margarethen-Friedhof in Essen-Frohnhausen zu finden.
Je mehr meine Fußballbegeisterung abnahm, so nahm die meines Sohnes zu, wie die Leser dieses Blogs ja zu Genüge feststellen können.