Ingolstadt – Sa., 25.02.2023, 14:00

FC Ingolstadt 04 vs Rot-Weiss Essen 1:1

Sportpark Ingolstadt, 4.141 Zuschauer, 3.Liga
Und schon wieder ein Gegentreffer kurz vor dem Abpfiff, der Zählbares raubt. Hätte mir vor dem Spiel einer gesagt, wir nehmen einen Punkt aus Ingolstadt mit, hätte ich das so unterschrieben. Das Remis dürfte auch soweit in Ordnung gehen, aber das Zustandekommen fühlt sich wieder eher nach Niederlage an. Die Reise in die Audi-Stadt ist zusammen mit der Aufgabe bei der Freiburger Reserve das wohl undankbarste Auswärtsspiel. Es ist weit weg und die Attraktivität des gastgebenden Vereins hält sich stark in Grenzen. Aber wir wollten es so und alles ist besser als Wegberg und Straelen. Der Hinweg gestaltete sich dann auch verdammt zäh, da in den Niederlanden die Frühlingsferien begonnen hatten und sich das gesamte Land in den Skiurlaub aufmachte. Unglaublich, welche Masse an Fahrzeugen mit gelben Nummernschildern um sechs Uhr morgens auf der Autobahn unterwegs war. Falls jemand kriminelle Energie verspürt – im Nachbarland dürften aktuell acht von zehn Häusern unbewohnt sein…! Aufgrund ausreichend großen Zeitpuffers reichte es trotz sechs Stunden Fahrzeit noch zu einem zünftigen Mittagessen im Gasthaus Stangl bevor es zum nach den Autos mit den vier Ringen benannten Stadion ging, das etwas verloren und steril am östlichen Stadtrand auf der Wiese steht. Grundsätzlich sieht das knapp 16.000 Menschen fassende Ding aber ganz brauchbar aus und für die Bedürfnisse der ‚Schanzer‘ reicht es allemal, ist eigentlich sogar zu groß. Der Spitzname ‚Schanzer‘ gebührt übrigens nicht dem Fußballverein exklusiv, sondern historisch bedingt allen Einwohnern der Stadt.
Die aktive Szene des Vereins umfasst vielleicht 80 oder 100 Leute und wird nicht ganz zu unrecht etwas belächelt. Ist ja auch irgendwie schon bezeichnend, dass die Randbereiche des Heimblocks mit großen Bannern abgespannt wurden, um diesen kompakter wirken zu lassen. Dementsprechend wenig war von der anderen Seite zu hören oder, um es genau zu sagen, eigentlich gar nix. Dafür reichte auch die in dieser Saison geringste Auswärts-Meute aus der schönsten Stadt der Welt. Exakt 865 Leute waren für den RWE angereist, was natürlich noch immer allen Ehren wert ist. Der Support aus dem Gästebereich war dann nicht sehr oft brachial, aber dafür konstant und bestand aus einer guten Mischung aus altem und neuem Liedgut. Dabei machten es die Roten es ihrem weitgereisten Anhang zu Beginn nicht einfach. Zwar stand die Defensive wieder sicher, sodass die Gastgeber auch keine brisanten Akzente setzen konnten, aber der RWE fand erst einmal fast gar nicht statt. Es kam kaum ein Ball zum eigenen Mann, annähernd jede zarte Offensivbemühung erstickte an eigener Unzulänglichkeit. Es war, als ob die Mittellinie zur unüberwindbaren Grenze mutierte. Das Team brauchte eine satte halbe Stunde, um ins Spiel zu finden. Die erste gelungene Offensivaktion war dann der Türöffner, als ein Rother-Kopfball seinen Meister im Ingolstädter Schlussmann fand. Ganz anders sah es dann aber nach der Pause aus. Nun war es ein weitestgehend ausgeglichenes Spiel, allerdings wurden beidseitig weiterhin nur wenige Strafraumszenen kreiert.
Das lag auch an der mittlerweile exzessiv gelebten rot-weißen Ein-Stürmer-Strategie. Berlinskis Laufleistung in 90 Minuten reicht wahrscheinlich locker um den ganzen Planeten zwei Mal zu umrunden, aber es kommen dabei eben nur zwei Ballkontakte zustande, die dann auch meist kläglich enden. Hier hätte mal wieder etwas früher gewechselt werden dürfen, wurde es aber nicht, vielleicht gewöhne ich mich ja irgendwann mal dran. Dabrowski raus, nur um das mal gesagt zu haben! Als ich langsam an ein torloses Remis glauben wollte, segelte eine weite Flanke von Kefkir in den Strafraum, ein Ingolstädter Verteidiger verschätzte sich und der eben erst eingewechselte Harenbrock, der nach langer Zeit mal wieder Einsatzminuten bekam, bugsierte die Murmel zehn Zeigerumdrehungen vor Schluss mit dem ersten Ballkontakt per Knie über die Torlinie. Schöner Tor-Pogo, die unerwarteten Treffer feiert man doch immer wieder am geilsten. Als dann Golz noch den Ausgleich mit einer Wahnsinnstat verhinderte, glaubte ich langsam dran, dass wir es durchbringen. In der Schlussminute bekam Rot-Weiss einen Einwurf nahe der Eckfahne in der Ingolstädter Hälfte zugesprochen. Die Gastgeber eroberten den Ball, der RWE schaffte es nicht, mal ein Foul zu ziehen und der weit in die Spitze geschlagene Ball kam genau in den Lauf eines Schanzer-Stürmers. Der eingewechselte Sponsel, der sich ja immer ähnlich beweglich zeigt wie ein Zinnsoldat, musste den Mann ziehen lassen, der dann zum Ausgleich einschob. Ein Gegentor der Marke oberdämlich, zumindest was die Entstehung angeht. Ein Rätsel, warum man bei eigener Führung kurz vor dem Abpfiff so offensiv stehen muss. Mal wieder verlorene Zähler in der Schlussphase, in den sechs Spielen nach der Winterpause nun schon zum dritten Mal. Zwar ist der Vorsprung auf die Abstiegsplätze wundersam noch um einen Zähler angeschwollen, aber mit mehr Konzentration in den Schlussphasen könnte man sich längst mit der Planung der nächsten Spielzeit beschäftigen. Ärgerlich, aber es hilft nix – es ist wie es ist.

Lindlar – Mi., 22.02.2023, 19:00

SV Eintracht Hohkeppel vs Bonner SC 4:3 n.V.

Achim-Lammers-Waldstadion, 350 Zuschauer, Mittelrheinpokal Viertelfinale
Mitten im Bergischen Land liegt der kleiner Ort Hohkeppel, dessen Sportverein im Viertelfinale des Verbandspokals den Bonner SC herausforderte. Hört sich nach David gegen Goliath an, war aber tatsächlich ein Duell auf Augenhöhe, denn die Eintracht nimmt am Spielbetrieb der Mittelrheinliga teil und beide Vereine trennen aktuell gerad mal zwei Punkte. Keine 1.000 Einwohner hat Hohkeppel, da scheint mal wieder jemand zu viel Geld übrig zu haben, anders ist es wohl nicht zu erklären, dass es der Verein bis auf fünftklassiges Niveau schaffte. Es war also tabellarisch ein Duell auf Augenhöhe, aber die Gäste machten bei unfassbarem Schummerlicht 80 Minuten den deutlich besseren Eindruck, kontrollierten die Partie und schossen nach torlosem Halbzeitstand eine scheinbar beruhigende 2:0-Führung heraus. Dann erzielten die Gastgeber ziemlich aus dem Nichts den Anschluss und unmittelbar darauf verloren die Bonner Ihren Schlussmann durch Platzverweis nach mutmaßlicher Tätlichkeit. Es kam, was kommen musste und kurz vor dem Abpfiff lag die Murmel zum Ausgleich im Netz. Es ging in die Verlängerung und hier nutzte die Eintracht die zahlenmäßige Überlegenheit konsequent zu zwei weiteren Treffern. Der mit dem Abpfiff viel zu spät erzielte dritte Bonner Treffer hatte nur noch statistischen Wert. Ein Drittel der Zuschauer waren Anhänger des BSC. Etwa 15 Ultras unterstützen aktiv und zündeten nach dem Führungstreffer drei Fackeln, deren Rauschschwaden sich in der nasskalten Abendluft wie ein Nebelfeld über den Platz legten. Als in der Verlängerung die Felle des eigenen Vereins schwanden, wurden die Nerven dann dünner und offensichtliche Provokationen der Einheimischen mündeten in einem Handgemenge, dass durch Ordner und den lokalen Dorf-Wachtmeister aber beruhigt werden konnte. Die Anlage ist mit einer Naturtribüne in einem kleinen Talkessel ganz nett gelegen und macht bei Tageslicht sicher was her. Im abendlichen Februar-Dunst war davon aber leider nicht viel zu erkennen.

Essen – So., 19.02.2023, 14:00

Rot-Weiss Essen vs BV Borussia Dortmund U23 2:0

Stadion an der Hafenstraße, 16.267 Zuschauer, 3.Liga
Da isser, der Befreiungsschlag. Zumindest erst einmal. Im Gegensatz zu den letzten Heimspielen war der Gästeblock heute lediglich mit etwa 150 Schönwetter-BVB-Fans gefüllt, sodass mir zunächst glatt ein echtes Pflichtspiel-Gefühl abging. Fühlte sich irgendwie eher an wie ein Pre-Season-Friendly. Als 6-Punkte-Spiel werden die Partien gegen direkte Konkurrenten ja gern bezeichnet und der glorreiche RWE konnte diese für sich entscheiden, am Ende auch verdient. Dabei sah das zunächst mal wieder gar nicht so gut aus. Die BVB-Reserve kam deutlich besser in die Partie, was mir direkt entsprechende Temperatur verschaffte und damit war auch das Testspiel-Feeling dahin. Ein Sieg war heute einfach zwingend nötig um nicht in überflüssige Turbulenzen zu geraten, was mir eben eine angemessene Grund-Nervosität verschaffte. Den Kämpen in Rot und Weiss fehlte aber im ersten Durchgang noch der richtige Zugriff. Zudem landeten auch die sogenannten ‚zweiten Bälle‘ deutlich öfter beim Gegner. Außenverteidiger ‚Herze‘ handelte sich eine frühe Verwarnung ein und spielte fortan auf Bewährung und da er mit seinem Gegenspieler zunächst überhaupt nicht zurechtkam, schwante mir Böses. Trainierer Dabrowski hatte übrigens in der Defensive auf Dreier-Kette umgestellt, was aber zunächst die Wirkung noch verfehlte. Obwohl die Gäste deutlich mehr vom Spiel hatten, boten sich den Roten die besseren Chancen. Nach einem Patzer in der BVB-Abwehr hätte Eisfeld die Führung erzielen müssen und Wiegels Strahl wurde nur vom Aluminium aufgehalten. Und warum Müsel bei seiner freien Bahn den Schuss so lange herauszögerte, bis die Schusslinie zugestellt war, bleibt sein Geheimnis. Auf der anderen Seite musste Golz lediglich einen frühen Distanzschuss parieren, sonst kam nichts Gefährliches vor das rot-weisse Tor, wenn man von einem zwar harten, aber zu unplatzierten Freistoß absieht.
Mit dem Seitenwechsel hätte ich mir dann auch Spielerwechsel gewünscht. Zum einen hing ‚Herze‘ ja am seidenen Faden und darüber hinaus, schien das Team eine Erfrischung zu benötigen. Es wurde aber ‚mal wieder‘ nicht gewechselt, obwohl es angeraten schien. Keine Ahnung, ob der Coach es einfach nicht richtig einzuschätzen vermag oder doch Nerven wie Drahtseile hat. Dieses Mal gab ihm der Spielverlauf jedenfalls recht, denn obwohl Personal und System unverändert blieben, war es plötzlich ein ganz anderes Spiel. Die Roten waren griffig und mit höherer Drehzahl unterwegs. Dass Eisfeld dann nach fünf gespielten Minuten im zweiten Durchgang den Schlappen unter einen abgewehrten Ball bekam, dass dieser als traumhafte Fackel im Tor-des-Monats-Style in den Giebel einschlug, war sicherlich ein wenig glückliche Fügung, aber auch insgesamt irgendwie erarbeitet, denn eine blitzsaubere Einstellung konnte man der Elf heute sicher nicht absprechen. Danach hatte der RWE die Partie im Griff und auch wenn die linke Abwehrseite zwei, drei Mal etwas arg entblößt schien, wurden die ‚kleinen‘ Dortmunder nie wirklich gefährlich. Der heute – wie eigentlich in den letzten Spielen auch – völlig wirkungslose Berlinski machte Platz für den endlich genesenen ‚Engel‘, der einen Konterball dem ebenfalls eingewechselten Rother punktgenau auf die Rübe servierte und etwas spät wurde die Partie kurz vor Ende endlich in trockene Tücher gebracht. Würde mir wünschen, dass ‚Engel‘ in den kommenden Partien Berlinskis Platz von Beginn an einnimmt, denn während sich Letzterer die Pferdelunge ohne jeden Ertrag aus dem Hals rannte, was viel zu oft im Abseits endete, war mit Engelmanns Hereinnahme direkt eine Anspielstation in der Spitze da. Kleiner Wehrmutstropfen ist, dass mit diesem Sieg der Übungsleiter wieder fester im Sattel sitzt. Vielleicht überzeugt er mich am Ende noch, aber aktuell fehlt mir der Glaube daran. Jedenfalls machen diese drei Punkte mehr auf der Habenseite einen Unterschied wie Tag und Nacht, denn nun kann man viel entspannter zur kommenden, schweren Aufgabe in die Audi-Stadt reisen.

Velbert – Sa., 18.02.2023, 16:00

SC Velbert vs DJK Adler-Union Frintrop 1:1

Arena am Böttinger, 130 Zuschauer, Landesliga Niederrhein Gruppe 3
Das Wetter ließ eine vorausschauende Planung nicht wirklich zu. Groß war das Tagesangebot eh nicht und eine längere Strecke zu fahren, um dann im Regen zu stehen oder einen Spielabbruch zu erfahren, war keine Option. Daher wurde es nur Nahverkehr und die Wahl fiel auf das einzig sinnvolle Angebot, das Auswärtsspiel der Frintroper Adler beim SC Velbert. Die weitläufige Anlage ist nichts Besonderes, aber immerhin bietet sich die Möglichkeit, Schutz vor dem immer mal wieder einsetzenden Nieselregen zu suchen, das hatte ich anders in Erinnerung. Das Spiel genoss eh erhöhtes Interesse beim Verfasser, da es sich bei den Gästen ja um den Verein handelt, für den ich in früheren Jahrzehnten selber die Schuhe geschnürt habe. Die Adler waren im vergangenen Sommer nach einer beeindruckenden Saison in die Landesliga aufgestiegen. Und der Adler-Express ist kaum zu stoppen, denn obwohl vor der Saison nur wenige gezielte Neuverpflichtungen getätigt wurden, steht die Mannschaft erneut an der Tabellenspitze, das Verfolgerfeld ist allerdings in unmittelbarer Lauerstellung. Finanziell dürfte ein Aufstieg in die Oberliga eigentlich kaum machbar sein, aber da ich den Verein nach wie vor gut kenne, kann ich mir kaum vorstellen, dass darauf verzichtet würde, sofern man am Ende wirklich den Platz an der Sonne belegt. Das heutige Spiel war ein Nachhol-Akt beim Tabellendritten, dem Oberliga-Absteiger SC Velbert. Die Gäste starteten stark in die Partie, ließen erste Möglichkeiten liegen, gingen dann aber verdient in Führung. Es dauerte aber nur wenige Minuten, bis der Sportclub durch einen sehenswerten, einstudierten Standard, formvollendet mit einem wunderschönen Seitfallzieher unter die Querlatte ausglich. Danach war es ein weitgehend ausgeglichener Schlagabtausch auf hohem Niveau, der aber immer nickeliger wurde und der Referee zeigte sich in seinen Entscheidungen nicht immer glücklich. Tore fielen nicht mehr und mit dem Remis konnte der Tabellenführer seine Position verteidigen.

Köln – Mo., 13.02.2023

FC Viktoria Köln vs Rot-Weiss Essen 1:0

Stadion im Sportpark Höhenberg, 4.604 Zuschauer, 3.Liga
Quo vadis, RWE? Erneut wurde die Chance liegen gelassen, das Polster zu den Abstiegsrängen komfortabler zu gestalten. Der Verein selbst hatte unnötig Druck aufgebaut mit dem Hinweis, dass mit einem Sieg Boden gut gemacht werden kann – nicht die beste Idee der Social-Media-Abteilung. Und ein Sieg wäre auch nicht verdient gewesen, denn die 2.000 Mitgereisten Rot-Weissen bekamen die mit Abstand schlechteste Saisonleistung zu sehen. Die ersten Minuten sahen noch ganz ordentlich aus, aber die Viktoria brauchte nicht lange um sich zu finden und die Spielhoheit langsam aber sicher auf Ihre Seite zu ziehen. Dennoch würde ich bis kurz vor dem Seitenwechsel ein ausgeglichenes Spiel attestieren. Nach dem Seitentausch dauerte es dann nicht lange, bis die Kirsche im Netz lag. Dass Wunderlich seinen ersten Treffer nach seiner Rückkehr zur Viktoria gegen den Deutschen Meister von 1955 erzielte, dessen Trikot er ja auch schon trug, hatte ich vor dem Anstoß prophezeit. Dazu musste ich mich ja nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen, das sind halt einfach die Geschichten, die der Fußball immer wieder schreibt. Wer nun ein Aufbäumen erwartet hatte, sah sich getäuscht, stattdessen wurden die Gastgeber immer dominanter.
Dass der seit Wochen glücklose Isi Young die Partie nach gut 70 Minuten mit der Ampelkarte vorzeitig beendete, machte die Situation aus Gäste-Sicht nicht einfacher. Die Viktoria war dann dem zweiten Treffer als die Roten dem Ausgleich und der Sieg geriet auch nie in Gefahr. Ich will den RWE-Mannen nicht unterstellen, dass sie nicht wollten, aber man hatte dauerhaft das Gefühl, dass die absolute Bereitschaft fehlte, alles zu investieren, so als seien die Akteure gehemmt. Ungewohnt, das gab es in dieser Saison so noch nicht zu sehen. Entsprechend fiel die Reaktion des Anhangs nach dem nun siebten Spiel in Serie ohne Sieg aus. Die Stimmung kippt, sollte es am Sonntag gegen die Reserve des BVB nicht besser laufen und nach dem Kick nichts Zählbares auf der Habenseite stehen, wird es mal wieder ungemütlich in Essen. Zu Beginn der zweiten Hälfte gab es eine breit angelegte Pyro-Show über den gesamten Block zu sehen. Sieht bei Abendspielen ja immer fett aus, kostet aber leider auch immer ordentlich Kohle durch die folgende Verbandsstrafe. Die Stimmung war ansonsten auch nicht überragend, aber das lag auch eher am undankbar angelegten Away-Sektor. Ein gebrauchter Abend.
Es muss nun dringend ein Erfolg her, schon allein für die Moral ist dieser eminent wichtig. Zwar zeigte sich die Mannschaft vor dem heutigen Spiel zuletzt nie wirklich unterlegen, der Trend fühl sich aber trotzdem nicht gut an und die Nummer heute war ein absoluter Warnschuss. Der Verein und seine Anhänger haben viel zu lang auf den Aufstieg in Liga Drei warten müssen um den Status Quo direkt wieder zu gefährden. Fünf Punkte Vorsprung hören sich auch noch beruhigend an, aber diese bestehen ja nur, weil die Mannschaften im Keller aktuell auch wenig punkten und können schnell verraucht sein. In der letzten Saison wurde zwei Spieltage vor Schluss Trainer Neidhart durch eine Interimslösung ersetzt. Sah nach Panik aus und der Verein verkaufte es so, dass er dem strauchelnden Team einen neuen Impuls geben wollte. Diesen Impuls hat Coach Dabrowski, der ja ab Saisonstart die Fäden zieht… oder ziehen soll… und von dem ich ja bekanntermaßen auch von Anfang an nicht viel hielt und halte, der Mannschaft irgendwie nie gegeben. Ich hoffe sehr, dass die Entscheider die Situation aufmerksam und sensibel beobachten.

Napoli – So., 12.02.2023, 20:45

SSC Napoli vs US Cremonese 3:0

Stadio Diego Armando Maradona, 50.000 Zuschauer, Seria A
Vor etwa zehn Jahren war ich schon einmal in Neapel, damals trug das Stadion noch den Namen ‚San Paolo‘ und verfügte über ausgeblichene Sitzschalen. Mittlerweile wurde das beeindruckende Rund mit Sitzschalen in den Clubfarben etwas aufgemöbelt und nach dem wohl berühmtesten Fußballer benannt, der für die Societá Sportiva Calcio die Schuhe schnürte, nämlich Diego Armando Maradona, der den Club Ende der 80er zu seinen bis dato einzigen zwei Meister-Titeln führte und sich bei den Napoli-Tifosi damit unsterblich machte. Zu Gast war damals die AS Roma zum ‚Derby del Sol‘. Es war laut, es war dreckig, es war auf eine gewisse Weise richtig schön asozial. Dagegen war das heute nur ein billiger Abklatsch. Allerdings stimmt auch irgendwas nicht in der Fanszene. Die Napoli-Fans verteilen sich ja auf beide Kurven, die auch knackevoll waren. Es wurde auch supportet, aber nicht mit der Kraft, die sicherlich möglich wäre und die man auf dem Weg zur dritten Meisterschaft, auf dem sich der Verein ja befindet, erwarten würde. Auch Optisch sah es in den beiden Kurven eher nach Sparflamme aus. Die Curva B zeigte zwar das gewohnte Schwenkfahnen-Bild, allerdings hing nur das Banner der ‚Fedayn‘ und wenige andere Gruppen-Banner. Die Curva A blieb optisch völlig farblos ohne Schwenkfahnen und ohne jede Zaunfahne. Wo genau der Schuh drückt, ist mir leider nicht bekannt. Dass es daran liegt, dass der Verein nach einem Weihnachts-Trikot, für das er schon Hohn und Spott erntete, nun aktuell in einem Trikot zum Valentinstag auflief, also die Vereinsfarben missachtet, ist eine Möglichkeit.
Wir benötigten auch satte zehn Minuten, um zu bemerken, dass es nicht die Gäste sind, die in den rot-weißen Hemden mit einem darauf abgebildeten großen Kussmund aufliefen, sondern die Gastgeber. Aus Fan-Perspektive könnte ich nachvollziehen, dass es zu eingeschränktem Support führt, wenn statt der traditionellen himmelblauen Trikots ein derartiges Karnevals-Outfit getragen wird – sah schon ziemlich scheiße aus, das Hemd. Dementsprechend schwach war die Stimmung und die knapp 300 dauersupportenden Gäste aus Cremona waren zwar schwach, aber doch sehr oft zu hören, obwohl man diese undankbar nach ganz oben in den Gästeblock unter das Dach verfrachtet hatte. Sportlich endete die Partie wie erwartet. Der Tabellenletzte aus Italiens Norden, der ja noch ohne jeden Sieg ist, allerdings vor ein paar Wochen im Pokal hier sensationell im Elfer-Schießen gewonnen hatte, wurde Opfer der napolitanischen Überlegenheit, die letztlich in Toren münden musste. Der Sieg kam aber recht glanzlos daher und dafür, dass das Team kurz vor dem ersten ‚Scudetto‘ seit über 30 Jahren steht, war die Veranstaltung insgesamt eher ernüchternd. Irgendwie wirkte alles recht gelangweilt und kommerzialisiert, auch die Mannschaft vermittelte eher Pflichtbewusstsein beim Dank an die Kurven. Wo ist das Feuer am Fuße des Vesuvs hin? So hinterließ allein das Stadion erneut einen bleibenden Eindruck, das ja in die Kategorie der Spielstätten gehört, die man auch ein zweites oder sogar ein drittes Mal besuchen kann.

Cava de‘ Tirreni – So., 12.02.2023, 14:30

Cavese 1919 vs AC Nardo 0:0

Stadio Simonetta Lamberti, 3.000 Zuschauer, Serie D Girone H
Bis vor wenigen Tagen sollte das Nachmittagsspiel eigentlich Juve Stabia sein. Da aber die Szene des Gegners aus Taranto nach wie vor wegen Differenzen mit der Vereinsführung im Streik ist und die Gastgeber zuletzt auch etwas den Flow verloren hatten, wurde Cava de‘ Tirreni das Ziel. Im Topspiel der regionalen Gruppe der vierten Liga standen sich Cavese und Nardo als Tabellenführer und Verfolger gegenüber. Nardo liegt zwar tief im Stiefelabsatz gute 400 Kilometer vom heutigen Spielort entfernt, aber dennoch machten sich über 200 Nardo-Tifosi auf den relativ weiten Weg nach Kampanien, die auch einen ordentlichen Auftritt im ‚Ospiti‘ hinlegten. Ist ja mittlerweile wieder alles etwas komplizierter geworden auf dem Stiefel, denn da es in letzter Zeit einige Vorfälle gab, werden wieder öfter Restriktionen in Form von Gäste-Verboten bis in die unteren Ligen ausgesprochen. Die Kurve von Cavese genießt einen guten Ruf und war wie die Gäste ebenfalls gut aufgelegt. Akustisch gab es da nichts zu bemäkeln, optisch hätte ich mir aber ein wenig mehr gewünscht. Am Zaun hing lediglich ein ‚Freiheit für Ultras‘-Banner, zumindest eine kleine Choreo in Spar-Ausführung gab es als Intro. Das Wappentier, ein Adler, wurde als Blockfahne präsentiert und dazu Konfetti geworfen. Zwei, drei Fackeln rauchten auch noch ab, das war es aber dann mit Tifo. Sportlich war es gar nicht so schlecht, aber man bekam schon früh das Gespür dafür, dass diese Partie eigentlich nur torlos enden konnte, obwohl es durchaus Torraumszenen gab, die aber eben nicht konsequent ausgespielt wurden. Den Gästen gehörte der erst Durchgang und das Spiel kippte erst, als Cavese einen Platzverweis hinnehmen musste. Wie so oft setzte dieses bei den Gastgebern Kräfte frei und plötzlich waren sie dem Führungstor näher, als die in Überzahl agierenden Süditaliener. Erst in der Schlussphase kamen diese wieder zu Chancen, die aber auch ungenutzt blieben, so dass das Spiel mit dem unspektulärstem Ergebnis zu Ende ging.

Casoria – So., 12.02.2023, 11:30

ASD Casoria Calcio 1979 vs ASC.D Saviano 1960 1:0

Stadio Comunale San Mauro, 225 Zuschauer, Eccelenza Campania Girone A
Das ursprünglich geplante Vormittags-Spiel in der sechstklassigen Promozione wurde kurzfristig in den Nachmittag verlegt, dieses Spiel der fünftklassigen Eccelenza allerdings dafür in den Vormittag. Schon ganz geil, wie die Ansetzungen im Amateurbereich in Italien einen Tag vorher nochmal ordentlich durcheinander gewirbelt werden. Die sich nun bietende Option in der Peripherie Neapels war dann auch die deutlich attraktivere Lösung – Danke nach Duisburg für diesen Tipp – denn die beteiligten Vereine verfügen beide über kleine aktive Szenen, die miteinander befreundet sind. Wusste ich zwar nicht, aber die am Zaun platzierten Botschaften und das Verhalten der Tifosi untereinander waren eindeutig. So wurde zum Einlauf ein wenig mit Pyro rumhantiert und auch im späteren Verlauf der Partie noch etwas gezündet. Beide Gruppen gaben sich dann alle Mühe, ihr Team zu supporten, das war schon reichlich authentisch hier. Absoluter Star war der sicherlich über 70jährige Opa, der bei den Gästen im Rahmen seiner Möglichkeiten aktiv dabei war. Stark! Absoluter Hingucker des kleinen Stadions inmitten eines Wohnviertels war das Tribünen-Gerippe im Übergang zur Kurve, welches durch seine Baufälligkeit hervorstach. Zur Benutzung war dieses Segment allerdings aus nachvollziehbarem Grunde nicht mehr freigegeben. Die Gastgeber betrieben Chancenwucher und siegten auf einem unglaublichen Acker mühevoll. Die beste Zeit erlebte der Club, in den 80er Jahren, als er zwei Saisons in der drittklassigen Serie C antrat. Seitdem erlebte der Verein eine wilde Geschichte. Mit finanziellem Aus wegen Überschuldung und daraus resultierendem Neubeginn in unteren Ligen, Auflösung und Neugründung, An- und Verkauf von Ligenzugehörigkeiten (ja, das war und ist in Italien in den unteren Klassen möglich) war alles dabei. Und der Ritt scheint noch nicht zu Ende, denn als aktueller Tabellenzweiter darf man sich in dieser Saison noch berechtigte Aufstiegshoffnungen erlauben.