Arena Auf Schalke, 2.743 Zuschauer, Regionalliga West
Das Spiel in der Stadt der Verdammnis fand unter etwas fragwürdigen Bedingungen statt. Zur Verwunderung aller wurde zunächst das Parkstadion als Spielort ausgelobt. Aber auch die Halbgescheiten des FC Meineid merkten irgendwann, dass das vielleicht keine gute Idee sei und so wurde der Kick in die Pleitegeier-Arena verlegt. Anstatt diese Entscheidung für eine ordentliche Einnahme zu nutzen, wurden dann aber ‚nur‘ 1400 Tickets für Away-Fans zur Verfügung gestellt und zwar offen und ehrlich begründet, dass man ein Heimspiel des RWE in der Turnhalle verhindern wollte. Auf der anderen Seite wollte man möglichst viele eigene Anhänger animieren, die U23 zu unterstützen. Da die Erste der blauen Seuche aber zeitgleich beim KSC gurkte und sich der Durchschnitts-Blaue den Hafer wohl lieber in der Glotze ansah, ging der Plan nicht auf und die Nordkurve blieb weitgehend leer. Konspirativ reiste ich mit zwei Gefährten mit Öffis an. Das ermöglichte den Genuss von ein paar Köstlichkeiten. Zumindest während An- und Abreise, denn der in der Turnhalle ausgeschenkten Sauerland-Miege verweigere ich mich geschmacklich wie ideell.
Die Roten kamen gut ins Spiel und mussten nach drei Minuten eigentlich führen, aber Tormaschine Engel hat derzeit massive Ladehemmung. Wie es dann manchmal so ist, gingen die Gastgeber mit der ersten Aktion in Führung. Da gab es erstmal lange Gesichter, aber der RWE machte einfach weiter und kam durch einen Volleykracher von Eisfeld mit dessen dritten Treffer in seinem dritten Auftritt im göttlichen Trikot zum mehr als verdienten Ausgleich. Top-Einkauf, der Mann, hat sich ja jetzt schon rentiert. Im zweiten Durchgang waren die Blauen etwas ebenbürtiger, aber die individuelle Qualität machte den Unterschied und Dürholtz erzielte nach feinem Pass von (natürlich) Eisfeld den Treffer zum insgesamt verdienten Auswärtssieg. In den Schlussminuten wurde es im rot-weissen Strafraum zwar noch ein paar Male turbulent und wenn die Flippermurmel in der letzten Spielsituation reingeht, sind die Roten auch wieder bei Zeiglers ‚Kacktor des Monats‘ dabei, aber das Glück blieb auf der hellen Seite der Macht. Siege in der verbotenen Stadt schmecken ja immer besonders gut, auch wenn es nur einer über die Reserve war. Bis das wahre Derby stattfindet, müssen wir uns wohl noch zwei Jahre gedulden 😉
Anmerkung der Redaktion: Zu diesem Beitrag gibt es keine Fotos. Ich konnte es nicht über das Herz bringen, meinen wunderbaren Blog mit Bildern zu verschandeln, auf denen auch der verachtete Erzrivale zu sehen ist. TuHdS04!
Der Ärger, die Wut, die Ernüchterung über das am Sonntag erlebte ist noch nicht verraucht. Den Spielen des geliebten Vereins fernzubleiben kommt aber nicht in Frage. Der Verein ist größer als jeder Zuschauer und die Mannschaft trägt keinerlei Verantwortung für die Tat eines einzelnen Fehlgeleiteten. Und auch der Zuschauerausschluss durch den VfR Fischeln konnte mich nicht am Besuch dieses Achtelfinales im Verbandspokal hindern. Grund für den Geister-Kick war ausnahmsweise mal nicht die Pandemie. Da Krefeld schwieriges Gebiet für ein Gastspiel des RWE ist, wären für ein Spiel mit Zuschauern umfassende Sicherheitsvorkehrungen erforderlich gewesen. Diesen Aufwand scheute der VfR und auch ein Tausch des Heimrechtes war für den Club keine Option. Sinnlos alles, aber irgendwie kommt man ja immer rein. Marco natürlich auch und so schauten wir zu zweit auf das Spiel und eine schwach besuchte Anlage. Der lieblose Kunstrasen ohne jeglichen Ausbau hatte aber auch keine Zuschauer verdient. Bei einem deutlichen Spielstand von 6:0 war der Fisch in Fischeln zur Halbzeit schon gegessen, am Ende stand ein 9:1 zu Buche. Neun Treffer muss man gegen einen Landesligisten erst einmal erzielen, heute reichte dafür der mit einigen talentierten U19-Kräften verstärkte sogenannte zweite Anzug.
Stadion an der Hafenstraße, 10.000 Zuschauer, Regionalliga West
RWE empfing die Preußen, den aktuell direkten Verfolger in einer durch viele noch ausstehende Nachholspiele schiefen Tabelle. 10.000 Zuschauer durften ins Stadion und diese waren bei widrigen Bedingungen auch anwesend, davon 800 aus der Stadt ohne Richtschwert. Passend zur Schweigeminute für den vor wenigen Tagen verstorbenen ehemaligen Rot-Weissen Hermann Erlhoff, war der Gäste-Anhang beinahe komplett schwarz gekleidet – das nenne ich mal Empathie. Vor der Pandemie wäre das ein absoluter Stimmungskracher geworden, doch aktuell ist ja alles anders. Die aktiven Gruppen treten ja momentan nicht organisiert auf, anwesend sind die Gruppenmitglieder aber dennoch. Trotzdem blieb Stimmung wieder überschaubar, als ob die fehlenden Gruppenbanner die Stimmbänder lähmen. Dieses Problem wurde auch im Gästeblock offenkundig. Zwar wurde es immer mal wieder für ein paar Minuten laut, aber die Ruhephasen dazwischen waren nicht zu ‚überhören‘. Ich bin gespannt, inwiefern die Pandemie den Fußball in Deutschland letztlich für immer verändern wird. Das Spiel kam nur schwer in Gang, beide Teams neutralisierten sich ziemlich, in den Strafräumen passierte nicht viel. Die Gäste legten eine recht dreckige Spielweise an den Tag, genau richtig für ein solches Spiel, das ging den Roten etwas ab, beeindrucken ließen sie sich aber vom Münsteraner Auftreten auch nicht. Kurz vor der Pause wurde Isi Young im Sechzehner gelegt und Neuzugang Eisfeld verwandelte den fälligen Strafstoß sicher.
In Hälfte zwei sah man ein ähnliches Spiel, die Preußen erarbeiten sich minimale Vorteile und kamen durch ihre erste richtig klare Chance gute zwanzig Minuten vor Ende der regulären Spielzeit – dieser Hinweis wird ja leider gleich noch wichtig – zum durchaus verdienten Ausgleich. Nur zwei, drei Minuten später rumste vor der Westkurve zwischen den Gäste-Ersatzspielern, die sich dort warmmachten, ein ohrenbetäubender Böller durch das Stadion und zwei der Reservisten ging unvermittelt in die Knie, hielten sich geschockt die Ohren und sahen nicht gerade glücklich aus. Um es kurz zu machen – zwei Spielern und dem Co-Trainer wurden schließlich Knalltraumata diagnostiziert. Der Schiedsrichter unterbrach die Partie zunächst und letztlich dann endgültig ab, was eine regelgerechte und folgerichtige Entscheidung war. Der RWE führt die Tabelle mit etwas Vorsprung an, es sieht aus, als ob es dieses Jahr ein realistisches Aufstiegsszenario gibt und irgendein gehirnamputierter Vollidiot fährt so eine Aktion und gefährdet damit die ganze Mission. Mir fehlen dazu irgendwie die richtigen Worte. Leider zeigt sich aber regelmäßig, dass es um den Intellekt einiger Kurvenbesucher in Essen nicht allzu gut bestellt ist. Meine Einstellung zu Böllern im Stadion habe ich ja schon mehrfach unterbreitet und hier und heute wurde bewiesen, dass ich damit absolut richtig liege. Abgesehen von der wahrscheinlichen Spielwertung, kann das den gesamten Lauf der Mannschaft brechen, von der Außenwirkung für den Verein ganz abgesehen. Und – eigentlich der wichtigste Aspekt – wird mit so einer Drecksnummer die schwere Verletzung eines Menschen billigend in Kauf genommen. Sollte der Täter noch ermittelt werden, darf dieser ein Stadion nach meiner Meinung nie mehr von innen sehen. Zudem sollten die strafrechtlichen Möglichkeiten vollends ausgeschöpft werden, alles andere wäre verharmlosend.
Der Preußen-Anhang feierte die Bekanntgabe wie den Aufstieg. Bei allem Verständnis für spontane Schadenfreude finde ich das beinahe genauso hirnverbrannt wie den Böllerwurf, denn diese Aktion kennt eigentlich nur Verlierer. Selbst wenn die Preußen die Punkte zugesprochen bekommen – so eng kann der Blickwinkel doch gar nicht sein, so einen Mist derart abzufeiern. Auf dem Heimweg machte sich Ernüchterung breit, denn so ein Scheißdreck droht mir völlig die Freude an meinem Hobby zu rauben. So ähnlich wird es vielen ergangen sein. Die Leute gingen vermutlich annähernd alle stinksauer, wütend, enttäuscht, desillusioniert ihres Weges. Die kommenden Wochen werden zeigen, welche Konsequenzen die Tat eines Einzelnen für den Verein Rot-Weiss Essen bedeutet. Aufgeben ist keine Option, denn damit würde man sich diesem geistig Benachteiligten ergeben. Die Geschichte wird aufgearbeitet werden und nun gilt es sich zu schütteln, die Krone zu richten und den Fokus auf den Sport zu legen.
Staf Janssensstadion, 300 Zuschauer, 3e Afdeling Amateur VFV B
Weiter ging es über die Grenze nach Flandern. Nach dem kulinarischen Stop in der Stamm-Frituur in Turnhout – zweifellos der wichtigste Teil des Ausfluges – wurde in Tielen trotz widriger Bedingungen auf schwierigem wie schmierigem Boden Fußball gespielt. Und das trotz fieser Sturmböen und teils starken Regens gar nicht mal so übel, da habe ich in der fünften Spielklasse Belgiens schon miesere Spiele gesehen. Die Gastgeber stecken tief im Abstiegsstrudel, während die Gäste noch auf die Aufstiegsrelegationsplätze schielen. Es entwickelte sich eine lebhafte Partie mit wechselnder Führung und dem besseren Ende für die Jungs aus dem Kempischen. Zur Freude der kleinen Supporter-Gruppe, von den allerdings der Großteil noch auf den ersten Bartwuchs wartet. Aber die Jungs hatten Spaß und unterstützten ihr Team über 90 Minuten. Freude wird dagegen der Platzwart beim Anblick seines Arbeitsplatzes kaum empfunden haben. Das Spielfeld sah aus wie frisch umgegraben und einer der Linienrichter bewegte sich nur noch im Schlamm voran. Hätte mich nicht überrascht, wenn er irgendwann im Morast versunken wäre. Staunen konnte man wieder mal über das Stadion. Wie an anderen Orten in Belgien auch steht hier eine für einen Provinzverein völlig überdimensionierte Spielstätte. Zwar spielte einer der Vorgänger-Clubs in der zweiten Hälfte der 90er für kurze Zeit zweitklassig, aber das kann der Grund für diesen fetten Tribünenbau eigentlich nicht gewesen sein. Egal, den Stadionenthusiasten freut es. Kurz nach Spielende hörte es dann auch endlich zu regnen auf, so dass die Heimfahrt nicht zu anstrengend wurde.
Sportpark De Vriezenwijk, 140 Zuschauer, 2e Klasse Zuid 1 Zaterdag F
Mit der Dame des Herzens startete ich einen Tagesausflug in die westlichen Nachbarländer. Der Plan war zwar ursprünglich ein anderer, doch die stürmische Wetterlage machte eine Anpassung notwendig. Nach Besuch des Kasteel Doorwerth bei Arnheim hieß der kleine Ort Heukelum die nächste Destination. Drei mögliche Spiele für den Nachmittag hatte ich rausgesucht und die Wahl des Zieles in die Hände der Gattin gelegt. Das Losverfahren führte uns dann in den westlichen Zipfel des Gelderlandes. Lediglich siebtklassig wird dort Fußball gespielt, aber die nette, idyllisch am Ortsrand zwischen Schilf und Wasser liegende Anlage qualifizierte diese Partie des Vorletzten gegen den Tabellenführer. Gerade auf unterklassiger Ebene eine eindeutige Sache sollte man meinen, aber ein spielerischer Unterschied war dann nicht wirklich zu erkennen. Die Gastgeber gingen im ersten Durchgang in Führung und wenn sie sich danach nicht Mann um Mann geschwächt hätten, wäre es auch vielleicht ein Überraschungserfolg geworden. Einmal glatt Rot nach einer halben Stunde und zwei Mal Gelb-Rot in Durchgang zwei ließen nur noch acht Platzherren auf dem Feld stehen. Bis zur Schlussminute hielten sie mit den übrig gebliebenen Mannen und Mäusen dagegen, ehe die Murmel doch noch zum Ausgleich im Netz landete.
The Valley Parade, 15.058 Zuschauer, Football League Two
Marc hatte einen Uber-Fahrer vorbestellt. Leider verloren wir ein paar Minuten dabei, diesen zu finden. Weitere kostbare Zeit ging im Abfahrtsstau drauf, sodass wir erst mit dem Anstoß am Valley Parade Stadium ankamen. Die Ticketabholung ging schnell und reibungslos und so betraten wir in Spielminute sieben das Stadion. Mir ziemlich egal, war ja eh mein zweiter Besuch hier, und die anderen werden es auch überleben. Seit 1903 wird an dieser Stelle Fußball gespielt. Sport getrieben wird sogar schon seit 1886, als das Spielfeld für Rugby genutzt wurde. Durch räumliche Zwänge und diverse Umbauarbeiten im Laufe der Jahre sieht die Hütte ja schön zusammengeschustert, aber dennoch beeindruckend aus. Wenn man auf die Geschichte des Valley Parade eingeht, kommt man einer der größten Tragödien im Fußball nicht vorbei. Im Mai 1985 starben 56 Menschen als der hölzerne Main Stand des Stadions in Flammen aufging. 256 weitere Menschen wurden teils schwer verletzt. City stand bereits als Aufsteiger fest und das letzte Heimspiel sollte vor ausverkaufter Kulisse einfach nur den krönenden Saisonabschluss bilden. Die bewegten Bilder zu diesem Unglück kann man sich im Internet ansehen und wenn man nur einen Hauch von Empathie in sich trägt, macht sich Fassungslosigkeit breit. Ein harmlos aussehendes kleines Feuer entwickelte sich in kürzester Zeit zum Inferno. In nicht einmal vier Minuten stand die Tribüne komplett in Flammen. Viele der Opfer waren in den Bauch der Tribüne geflüchtet, um auf die Straße zu gelangen. Da die Tore jedoch verschlossen worden waren, um eine Überfüllung des Stadions zu verhindern, gerieten Sie in eine Todesfalle.
Der Gedenkstein hinter der heutigen Haupttribüne offenbart, dass teilweise beinahe ganze Familien ausgelöscht wurden. Absurd wirken die Fernsehbilder, weil ein Großteil der Zuschauer das Ausmaß der Katastrophe zunächst noch gar nicht begreift. Auf den Rasen geflüchtete Fans springen jubelnd umher und von der damals noch existierenden großen Stehtribüne schallen Gesänge durch das Stadion. Auslöser war offenbar eine in einem Plastikbecher ausgedrückte Zigarette, welche durch eine Lücke in den Holzplanken der alten Tribüne in darunterliegenden Müll fiel und diesen entzündete. Genau dieses war von der örtlichen Feuerwehr vor der Saison als Risiko angemahnt worden, da aber ein Tribünen-Neubau bereits beschlossen war, schenkte dem niemand mehr Beachtung. Ein fataler Irrtum. Ich weiß gar nicht warum dieses Desaster irgendwie hinter der Hillsborough-Katastrophe verblasst, denn obwohl in Bradford weniger Menschen ihr Leben verloren, empfinde ich die Feuerkatastrophe aufgrund der aufwühlenden Bilder persönlich viel drastischer. Einen kleinen Bezug zu Bradford City habe ich durch meinen gymnasialen Englisch-Lehrer Peter Hill mit Namen. Der gute Pidder stammte aus Bradford, war glühender Verehrer von City, und wurde nicht müde, uns jeden Montag-Morgen mittels einem selbst zu damaligen Zeiten schon antiken Kassettenrecorder (für die Jüngeren: Kassetten waren so etwa Zigarettenschachtel-große Kunststoffgehäuse in denen sich schmale Tonbänder… ach lassen wir das…) die am Vorabend vom BBC-Radio aufgenommenen Fußballergebnisse der englischen Profi-Ligen vorzuspielen. Da der Sprecher das mit dem Elan von Karl Lauterbach rüber brachte, war man bei Unterrichtsbeginn 8.00 Uhr um 8.03 Uhr schon wieder eingeschlafen.
An der Erfolglosigkeit des Clubs hat sich seitdem nicht viel verändert. Das entwickelt natürlich eine Nähe zum glorreichen RWE – der Verein vor Tradition triefend, fettes Stadion und dabei maximal erfolglos. Ein Unterschied besteht darin, dass sich der BCFC um die Jahrtausendwende ein paar erfolgreichere Jahre erlaubte, die ihn sogar bis in die Premier League spülten, aber das regulierte sich ja schnell wieder. Wie bei meinem ersten Mal brachte ich en Bantams auch heute kein Glück und erneut unterlag das Team mit bescheidener Leistung torlos. Einen Sieger hatte das Gerödel eigentlich nicht verdient, aber die Jungs aus Devon schafften es irgendwie die Kirsche kurz vor dem Seitenwechsel in die Maschen zu befördern. Bezeichnend, dass ich den einzigen Treffer des Wochenendes verpasste, da ich schon mal zum Bierverkauf aufgebrochen war. Lichtblick des Tages war, der etwa 250 Mann und Frau starke Anhang der Gäste, der 93minütigem Dauersupport raushaute. Fand ich gar nicht so übel und ist auf der Insel ja beinahe wie Weihnachten und Ostern zusammen. Im Nieselregen strebten wir dann der Bleibe für die Nacht entgegen und wollten noch eine Stunde ruhen. Wäre theoretisch auch möglich gewesen, wenn Rezeptionistin Anne nicht völlig damit überfordert gewesen wäre, dass zwei Zimmer durch dieselbe Person gebucht worden waren und gefühlte Stunden benötigte, uns einzuchecken. Auch diese Hürde war aber irgendwann gemeistert und nach dem Essen beim Syrer (merke: die syrische halbe ist eine europäische volle Stunde) zogen wir noch durch ein paar mehr oder weniger zweifelhafte Pubs, um ein paar dünne englische Biere zu verköstigen. Der Heimweg am nächsten Tage klappte bis auf leichte Flugverspätung reibungslos.
Gut drei Wochen vor diesem Wochenende bemerkte ich eine brauchbare Konstellation in South Yorkshire und erschwingliche passende Flüge ab Köln nach Manchester. Bei dem doch aktuell doch noch recht dünnen Flugplan gar nicht mehr so selbstverständlich. Der Barnsley FC, dessen Stadion auf meiner England betreffend recht überschaubaren To-do-list steht, sollte am Samstag-Abend antreten. Dazu passte das Mittagsspiel in Huddersfield und für den Nachmittag hatte ich einen regionalen Kick herausgesucht. Gegner von Huddersfield war Sheffield United, das einzige Team mit dem in England etwas anfangen kann. Vor über zehn Jahren weilte ich mit ein paar Getreuen beim Steel City Derby zwischen United und Wednesday. Beide waren sich länger nicht begegnet und entsprechend heiß waren beide Seiten auf die Partie. Ich hatte ein Ticket für die Heimtribüne, die proppevoll war. Niemand saß und da wir Pub-bedingt etwas getrödelt hatten standen wir nun im Aufgang zwischen den Stuhlreihen. Gesessen hat auf der Tribüne aber niemand und United ging schnell mit zwei Toren in Führung. Beim zweiten Treffer packte mich mein mir unbekannter Nebenmann unvermittelt exzessiv jubelnd und wir purzelten Arm in Arm – er hielt mich vor Freude fest und ich ihn in Todesangst – einige Stufen die Treppe runter. Nix ist dabei passiert und mein Jubelpartner half mir noch dabei, meine Brille wiederzufinden, die mir bei diesem Stunt von der Nase gefallen war. United spielte leidenschaftlich und obwohl der Kick letztlich noch mit einem Remis endete, blieben mir der Verein und sein Anhang positiv in Erinnerung.
Nach meiner Entdeckung kontaktierte ich Thomas, mit dem ich ja ab und an über Pläne austausche, von dem dann das Signal kam „längst gebucht“. Und zwar zusammen mit einigen mir bekannten anderen, was einen kurzweiligen Ausritt versprach. Die Reisegruppe hatte sich dem Dreier Huddersfield, Bradford und Barnsley verschrieben. Nur 24 Stunden nach der Flugbuchung war die Planung aber schon wieder Geschichte, da sich der TV-Sender plötzlich gegen die Übertragung des Barnsley-Matches entschied und die Partie wieder auf die übliche Nachmittags-Anstoßzeit wanderte. Aus der Perspektive des Fußballanhängers finde ich es ja stark, dass ein Großteil der Spiele im Königreich weiterhin klassisch am Samstag-Nachmittag um 15:00 stattfindet und der Spieltag nicht so zerfleddert wird, dem Fußballtouristen hilft das aber wenig. Nun gab es mehrere Optionen. Barnsley war eigentlich gesetzt, wäre damit aber auch einzige Partie geblieben, weil es von Huddersfield nicht rechtzeitig zum Kick-off erreichbar war. Dazu sind An- und Abreise trotz kurzer Entfernung relativ umständlich und zeitraubend. In Bradford war ich aber schon, es gab aber noch die Alternative am Nachmittag ein Cup-Spiel in Halifax zu sehen, das aber wenig versprach. So entschied ich mich für die Kombi aus Huddersfield und einem erneuten Besuch in Bradford. Das Stadion dort ist ja ein fettes Ding und so blieb ich bei der Reisgruppe, die am Ende auf Alex, Marc, Thomas und mich zusammenschrumpfte.
Ich mag mein Hobby ja echt, wenn nur nicht so oft dieses frühe Aufstehen nötig wäre. Am Gate traf ich noch die Kölner Genossen Tobi und Alex – die Fußballwelt bleibt halt überschaubar groß, auch wenn sich die Ziele nicht vollständig glichen. In Huddersfield reichte es noch für ein English Breakfast und zwei Pint Guinness. Der Huddersfield Town FC ist mir nicht sonderlich sympathisch ohne dass ich das wirklich begründen kann. United sah ich heute schon das vierte Mal. Neben dem Derby daheim und bei Wednesday hatte ich seinerzeit in Wembley das Playoff-Finale um den Aufstieg in die zweite Liga besucht. Gegner war… Huddersfield Town, das nach torlosen 120 Minuten in einem typisch englischen erbärmlichen Elfmeterschießen nach 22 Schüssen letztlich gewann. Vielleicht mag ich die Terrier auch deshalb nicht besonders. Das Kirklees Stadium weicht auch mal völlig vom typischen Stil – auch neuerer – britischer Stadien ab. Grundsätzlich sieht die Bude mit den gewölbten Dächern zwar ganz interessant und individuell aus, passt aber einfach nicht in die hiesige Stadionlandschaft. Der Away-Sektor war komplett gefüllt, etwa 2500 Blades dürften den Weg hergefunden haben. Dass wir dann das einzige torlose Spiel der Liga-Runde sahen, war mal beinahe erwartbar. Die Qualität der Partie war aber für ein zweitklassiges Spiel auch einigermaßen besorgniserregend. Ich kann mir auch diesen eklatanten Niveauabfall unterhalb der Premier League nicht recht erklären. Den Blades wäre kurz vor Ende beinahe noch der Lucky Punch gelungen, verdient wäre es nicht gewesen. Stimmung natürlich auch erwartungsgemäß verheerend. Die kleine Ecke mit den aktiven Town-Supportern, unverständlicherweise auf derselben Tribüne beheimatet wie der Gästeblock, brachte nicht viel zustande und der United-Anhang enttäuschte ebenfalls auf ganzer Linie. Mittlerweile bewahrheitete sich die Wettervorhersage und ein englischer Schnürregen begleitete uns hinaus.
Stadion an der Hafenstraße, 7.634 Zuschauer, Regionalliga West
Nach dem überzeugenden Jahresauftakt gegen den WSV waren die Spiele in Köln und Ahlen ja der Pandemie und dem Wetter zum Opfer gefallen. Sehr ärgerlich, da die Roten nach dem Sieg gegen die Jungs aus dem Tal mit sicherlich ganz breiter Brust aufgetreten wären. Umso wichtiger war es nun, dass die Partie gegen den Fortuna-Nachwuchs über die Bühne ging, um den Schwung weiter mitzunehmen und zu nutzen. Absolut kein einfaches Spiel, denn die Fortuna war in den vergangenen Jahren stets ein unangenehmer Gegner. Je mehr es sich dann in den Tagen und Stunden vor dem Spiel einschiffte, desto mehr zweifelte ich, dass es eine gute Idee sei zu spielen. Denn der RWE kommt ja vorrangig über seine spielerischen Qualitäten und die technischen Finessen der einzelnen Akteure. Der Blick auf das Spielfeld ließ dann Schlimmes befürchten, denn teilweise hatte die Drainage die Segel gestrichen und vor den Wassermassen kapituliert. Damit war es nun eigentlich eine offene Partie, wenn nicht gar ein Vorteil für die Gäste. So gab es auch einige Kabinettstückchen und Glanzmomente zu beobachten, wenn die Spieler schneller waren als der Ball, die Kirsche nach dem Aufsetzen auf dem Rasen einfach liegen blieb oder Abschläge von Tormann Davari in die eigene Hälfte zurückgeweht wurden. Die Roten hatten leichtes Übergewicht, konnten nach einer guten halben Stunde in Führung gehen und hatten kurz darauf die Riesenchance auf den zweiten Treffer, aber Tormaschine Engelmann erschoss lediglich einen Verteidiger auf der Torlinie.
Nach dem Wechsel gelang es den Gästen besser ins Spiel einzusteigen und nach etwas mehr als einer Stunde Spielzeit den Spielstand auszugleichen. Eine gemeinschaftlichen Chaos-Aktion der rot-weissen Deckung nach einer Flanke der Nachwuchs-Fortunen ermöglichte den Treffer. Bezeichnend, dass die beiden Stürmer Engelmann und Janjic es letztlich waren, welche den Düsseldorfer den Ball unbedrängt einschieben ließen. Damit nicht genug des Übels, denn nur zwei Minuten später bekam der starke Dürholtz zum zweiten Mal in diesem Spiel den gelben Pappkarton unter die Nase gehalten und durfte sich den Dreck von der Haut duschen gehen. Vorteil für die Landeshauptstädter nun, ganz klar, da diese numerisch überlegen das Momentum auf ihrer Seite hatten. Doch es kam völlig anders. Wie schon einige Male in dieser Saison wenn die Situation aussichtslos schien, rappelte sich die Truppe auf, haute alles raus, schmiss alles rein. Die Jungs bewiesen wieder mal, dass sie nicht nur schön spielen, sondern richtig geil fighten können. Schnapper Davari, der sich in der Halbzeit ein frisches Gewand in Kanarienvogelgelb gegönnt hatte, sah eh schon wieder aus wie nach einem Mud Masters und Kampfschwein Herzebruch grätschte sich im Kopf und Kragen, dass die Grashalme nicht nur aufgrund des Windes erzitterten. Umso schöner, dass es ihm vorbehalten war nach einer Flanke von Neuzugang Eisfeld den Ball zur erneuten Führung einzunicken. Sein anschließender Jubel bewies einfach nur, wie authentisch der Junge ist und dass er die Hafenstraße voll und ganz verkörpert. Solche Typen brauchen wir hier! Die Fortuna blieb bemüht, kam aber gar nicht mehr richtig in Wallung. Ganz im Gegensatz zu den Roten, die ihr Kämpferherz nun offen auf der Brust trugen. Dribbelbuxe Isy Young erzielte nach einem Alleingang über das ganze Feld, bei dem er drei Düsseldorfer abschüttelte wie lästige Schmeißfliegen, die Entscheidung. Welche eine Willensleistung, die in den Tagen danach auch durch die sozialen Netzwerke und Internetplattformen der Republik schwappte. Der vierte Treffer durch Eisfeld war nur noch Kosmetik, aber eben auch eine schöne Geschichte, da der beim Arsenal FC ausgebildete Spieler erst wenige Tage vorher verpflichtet worden war und mit einem Assist und einen Treffer direkt maßgeblich zum Erfolg beitrug. Diese Truppe macht so richtig, richtig Bock und mit jedem solchen Auftritt wächst die Hoffnung, dass es diese Saison endlich reichen wird. Aber der Weg bleibt weit und ich bleibe demütig und schaue weiter von Spiel zu Spiel.