Nach dem Besuch des örtlichen Spomenik, einer monumentalen Kriegs-Gedenkstätte, kamen wir zum Main Act der Tour. Der FK Radnicki aus Nis spielt die Saison seines Lebens und als Tabellenzweiter empfing der südserbische Club den Branchenführer des Landes. Die Roten Sterne wurden erwartungsgemäß von einer großen Zahl Anhänger unterstützt, gut 2.000 werden es schon gewesen sein, aber trotz des wichtigen Spiels war die Kurve nicht in voller Mannstärke angetreten. Denn beinahe zeitgleich ging das Basketball-Derby zwischen Zvezda und Partizan in der Hauptstadt über die Bühne – auf was man bei der Planung nicht alles achten muss! Gefallen hat der Auftritt dennoch. Durchgängige Gesänge, Fahneneinsatz und auch pyro-technische Erzeugnisse kamen nicht zu kurz. Supportet wurde auch auf Heimseite, aber Radnicki kann natürlich nicht auf eine so große Zahl an Fans vertrauen wie der Liga-Primus. Dazu teilten sich diese noch in zwei Gruppen, eine kleinere von gut 40 Leuten und eine größere in doppelter Anzahl. Immer wieder bescheuert sowas, da man gemeinsam viel stimmgewaltiger wäre. Ein paar Fackeln hatten die Jungs aber auch dabei. Insgesamt war die Show auf den Rängen okay, nur hätte der Kick mehr Zuschauer verdient gehabt. Wann, wenn nicht gegen den größten Club das Landes und dazu noch mit dieser hervorragenden Ausgangslage, will man das Stadion denn mal voll bekommen?! Das dazu noch ein ganz wundervolles mit eigenem Charme ist. Mit einer vor sich hin bröckelnden, betagten Haupttribüne und einer hohen, zweirangigen Gegentribüne. Aber auch von der etwas mageren Kulisse – die natürlich trotzdem deutlich zahlreicher war, als im Liga-Alltag – ließ sich die Heim-Elf den Spaß und die Motivation nicht nehmen und brachte die Sterne mit einer engagierten Leistung an den Rand der Niederlage. Nach dem Spiel nahm ich mit den beiden Fans der Braunschweiger Eintracht noch eine Pljeskavica auf die Faust und dann trennten sich die Wee, da die zwei ihre Reise gen Skopje fortsetzten und ich mich zurück nach Sofia trollte. An der Grenz war gegen Mitternacht natürlich nix los und so erreichte ich zügig die bulgarische Hauptstadt und fiel müde ins Bett.
Stadion na Durlanu, 235 Zuschauer, Srpska liga istok
Da sich Fraktion Braunschweig früh mit dem vorab gebuchten Bus auf den Weg nach Serbien gemacht hatte, spulte ich die 160 Kilometer im Alleingang ab. Da es an der Grenze voller war, als erwartet, und ich mir auch noch serbische Zahlungsmittel beschaffen musste, wurde die Sache eine knappe Nummer, aber exakt mit dem Anpfiff betrat ich diese nette kleine Spielstätte. Zum Glück – denn die Groundhopping-Polizei in Person von Dirk und Marc hätte mich sicher umgehend zur Rechenschaft gezogen und den Re-Visit angeordnet. Noch mal Schwein gehabt. Das Spielfeld kann mit einer stylischen Einzäunung im Balkan-Amateur-Stil und obendrein einer mehrstufigen Steh-Traverse auf einer der Längsseiten glänzen. Unmittelbar hinter der Tribüne fließt die ‚Nisava‘. Auf holprigem Untergrund gaben sich die Akteure größte Mühe, etwas Spielkultur auf das Feld zu zaubern. Den Gästen gelang das deutlich besser, so dass ein verdienter Auswärtserfolg verbucht werden konnte.
Stadion Bistritsa, Parva profesionalna liga, 130 Zuschauer
Schon vor beinahe drei Monaten hatte ich günstige Flüge ab Dortmund in die bulgarische Haupstadt gebucht. Allerdings mit dem Primärziel eines Ausfluges ins Nachbarland Serbien. Schon am Dortmunder Airport rannte ich Szene-Ikone Teamchef nebst Begleiter Marc in die Arme und wir stellten eine teilweise Tour-Gleichheit fest. In Sofia dann kurz im Hotel eingecheckt und danach wieder die beiden Niedersachsen mit dem Mietwagen eingesammelt. Etwa 15 Kilometer südlich der bulgarischen Hauptstadt, in den Ausläufern des Sofioter Hausberges ‚Vitosha‘, der ja auch Namensgebers dieses kleinen Vereins ist, kamen an diesem nasskalten Abend ganze 130 Besucher, um ein Erstliga-Spiel zu sehen. Viel mehr Leute schauen dort aber auch sonst nicht zu. Fußball stößt in Bulgarien abseits des Sofia-Derby nun mal nur auf geringes Interesse, dennoch war dieses absolute Minus-Kulisse. Bistritsa liegt deutlich höher als Sofia und die zunehmende Nebelbildung brachte diese Partie zwischenzeitlich an den Rande der Durchführbarkeit. Die von knapp 40 Fans begleiteten Hauptstädter hatten gute Möglichkeiten bitter benötigte Punkte einzufahren, aber letztlich kam es wie es kommen musste. Der kleine, aber ganz nette Ground ist nur an zwei Seiten ausgebaut, wenn man den Miniatur-Gästebereich auf der Gegenseite mal außen vor lässt. Dieser blieb heute eh ungenutzt, da die Gäste hinter dem Tor stationiert wurde. Gegen Ende der Partie kroch die Kälte empfindlich in die Glieder, so dass der Schlusspfiff unisono als bester Pfiff des Tages gewählt wurde.
Sportpark ´t Cranevelt, 130 Zuschauer, 3e Klasse Oost Zondag C
Im Westen Arnheims steht eine kleine, schnuckelige, alte Tribüne auf der Anlage des Vereins VDZ. Diese Abkürzung steht für „Volharding doet zegevieren“. „Ausdauer gewinnt“ bedeutet dieses sinngemäß – die Namen der Amateurvereine unseres westlichen Nachbarlandes kommen ja oft phantasievoll daher. Die 1923 errichtete Tribüne des ‚Sportpark ‚t Cranevelt‘ ist angeblich die älteste, die sich in den Niederlanden noch in Nutzung befindet. Vor solch historisch anmutender Kulisse kann man dann auch mal darüber hinweg sehen, dass die dargebotene Veranstaltung im übertragenem Sinne deutschem Kreisliga-Niveau entsprach. Zumindest auf dem Papier, denn technisch war das – zumindest von den Gastgebern – so schlecht gar nicht. Der Pausenstand war gleichzeitig der Endstand, da hatte ich schon Schlimmeres für die Gäste befürchtet, aber VDZ ließ es dann ruhiger angehen.
Der erklärte Angstgegner des glorreichen RWE war zu Gast. In bis dato neun Vergleichen konnten die Roten nur einen Sieg gegen die Retorte aus Ostwestfalen einfahren und diesen auch noch auswärts im allerersten Vergleich. An der Hafenstraße war man bis heute gänzlich sieglos gegen den verkappten Betriebssportverein eines Küchenherstellers. Ob das nun der Grund für die engagierte und konzentrierte Leistung war, sei dahin gestellt. Jedenfalls wurde ein völlig verdienter Sieg eingefahren und das rot-weisse Publikum damit leidlich bei Laune gehalten. Nach dem furiosen Saisonstart ist ja endgültig wieder Tristesse eingekehrt und ’nur‘ noch die üblichen fünftausend Unverwüstlichen finden an Spieltagen den Weg in den Essener Norden. Immerhin wurden Sie heute mal nicht enttäuscht.
Im westflandrischen Kotrijk droht die Aufgabe des ‚Guldensporenstadion‘ zugunsten eines Neubaus. Daher beehrte ich die alte, leicht angerostete Hütte dann mal als eines der wenigen noch unbesuchten Stadien der ersten belgischen Liga mit meiner Anwesenheit. Gibt ja auch schlechtere Ansetzungen, als die gegen den traditionsreichen Club von der Maas, der ja in der Regel immer einen vernünftigen Pöbel in den Gäste-Sektor lockt. Die vermeintlich günstig erwischte Parklücke nahe am Stadion erwies sich als Trugschluss, denn gesperrte Straßen und eine Bahnlinie verlängerten den Weg erheblich. Gut 500 Wallonen werden es gewesen sein, die den Weg an die französische Grenze auf sich genommen haben. Und sie sorgten im leicht englisch angehauchten Ground für 90-minütigen Dauergesang. Im Gegensatz zum heimischen Anhang, der so ziemlich auf voller Länge versagte, wie ja auch das eigene Team, dass gegen clever agierende Gäste keine Durchschlagskraft entwickeln konnte. Genau 28 Sekunden brauchten ‚Les Rouges‘ für die Führung und in der Folge kontrollierten sie die Partie recht ungefährdet. So konnte Standard nach vier sieglosen Spielen mal wieder einen Erfolg verbuchen und entführte die Punkte an die Maas
Forestiersstadion, 250 Zuschauer, 2e Divisie VFV A
Vor vier oder fünf Jahren betrat ich auf dem Rückweg aus dem Urlaub in Cornwall schon einmal das ‚Forestiersstadion‘ mit dem Vorhaben ein Spiel zu besuchen und war leicht irritiert, dass ein Damen-Fußballspiel im Gange war. Die anvisierte Ansetzung war kurzfristig auf den Vorabend verlegt worden. Nordafrikanische Verhältnisse. Der Besuch damit sinnlos, denn mit Mädels-Gebolze kann ich echt nix anfangen. Nun ergab sich die günstige Gelegenheit diese Lücke zu schließen. Der KRC Harelbeke erlebte seine erfolgreichste Phase Ende des vergangenen Jahrtausends, als der Club mehrere Spielzeiten im belgischen Fußball-Oberhaus verbrachte. Mit dem Abstieg kamen die finanziellen Probleme, was letztlich in die Situation führte, in der sich der KRC aktuell befindet. Nach einer Fusion mit dem KSV Ingelmunster kurz nach Beginn des Jahrtausends nahm der Club vor zwei Jahren nach mehreren Namensänderungen wieder die ursprüngliche Bezeichnung an. Aus den glanzvollen Zeiten übrig geblieben ist aber nur ein stattliches Stadion, das sich sehen lassen kann und sicherlich mehr Zuschauer verdient hätte.
Complex Rue de Bertrix, 75 Zuschauer, 2 Provinciale B Luxembourg
Libramont hieß das nächste Ziel. Fotos versprachen eine betagte kleine Tribüne. Vor Ort war diese dann aber nicht aufzufinden. Stattdessen zeugten verräterisch-eindeutige Spuren vom kürzlich erfolgten Abriss und eine neue Tribüne soll das baufällige Teil bald ersetzen. Dem kleinen Stadion war damit der Reizpunkt erst einmal genommen, daher ging es fix einen Ort weiter. Auf siebtklassigem Niveau wurde munter herum gebolzt. So schaurig es war, so schön war es auch. Schaurig war auch die Anfahrt durch den stockdunklen Wald zur außerhalb des Ortes liegenden Anlage. Hätte als Kulisse für einen Psycho-Horror-Thriller getaugt. Schön war dagegen der kleine aber feine Ground, der sicherlich idyllisch gelegen ist. In der Dunkelheit war davon aber leider wenig zu sehen.