Stadion Essen, 11.009 Zuschauer, Regionalliga West
Ich lief nach dem Spiel die Hafenstraße entlang in Richtung Kreuzung Bottroper Straße. Einige Meter vor mir ging ein Mann mit einem Sohn. Der vielleicht fünf- oder sechsjährige Filius fragte seinen Vater: „Papa, kann RWE die Bayern schlagen?“. Papa überlegte zwei oder drei Sekunden und antwortete dann mit einem lockeren und überzeugendem „Klar!“. Ist das nun schon das neue RWE-Gefühl? Die Saison ist noch jung, es sind noch keine zehn Pflichtspiele absolviert, und doch ist man langsam geneigt zu glauben, dass diese Mannschaft bereit dafür ist, um die Vergabe des Relegations-Platzes ein wichtiges Wort mitzureden. Die erste Halbzeit war nicht berauschend. Das sind diese Spiele, wo schon nur noch darüber diskutiert wird, wie deutlich der Gegner am Ende aus dem Stadion geschossen wird. Der BSC dachte aber nicht daran, nur die Opferrolle zu übernehmen, spielte ordentlich mit und hätte mit etwas Glück in Führung gehen können. Glück hat aber meistens das Team, das oben steht, und so kam es auch. Nach einem Freistoß durfte Kapitän Hahn die Murmel nach einer guten halbe Stunde aus kurzer Distanz in die Maschen befördern. Läuft also doch, dachten wohl die meisten, aber nur wenige Zeiger-Umdrehungen später gab es Strafstoß für die Ex-Hauptstädter. Dieser wurde sicher verwandelt und es hieß ‚Zurück auf Los‘. Der Pausenpfiff kam dann sogar eher den Roten gelegen, als den Gästen, denn der RWE fand einfach nicht richtig in die Spur. Das änderte sich nach Wiederanpfiff und nur kurz darauf fiel der erneute Führungstreffer. Ein psychologisch wertvolles Signal an die Bonner, dass es hier nix zu holen gibt. Und dann setzte sich dieser unwirkliche Lauf fort, dass die eingewechselten Spieler ihre Tore machen. Zunächst traf der zur Halbzeit gekommene Selishta und dann – nur Sekunden nach seiner Einwechselung auf die Reise geschickt – wieder Adetula mit beinahe seiner ersten Ballberührung. Der BSC war geschlagen, sicherlich ein oder sogar zwei Tore zu hoch. Eine vorsichtige Euphorie ist nun wohl erlaubt, aber – auch wenn ich mich wiederhole – die mentale Stärke des Teams wird sich wohl erst zeigen, wenn die Erfolgsserie mal einen Riss bekommt. Trotzdem – die aktuelle Situation darf durchaus genossen werden und dann ist auch mal die Überlegung erlaubt, ob man wohl die Bayern schlagen kann.
Wenn man die A3 von Nürnberg in Richtung Frankfurt befährt und bei Würzburg unmittelbar hinter dem neu erschaffenen Katzenberg-Tunnel am Übergang zur Talbrücke Heidingsfeld rechts nach unten schaut, erblickt man ein kleines, feines Stadion. Dort spielt der SV Heidingsfeld und jedes Mal wenn mein Blick auf die Spielstätte fiel, erinnerte ich mich, dass ich dort mal ein Spiel schauen wollte. Heute war das dann endlich der Fall, denn der Kreisliga-Kick gegen Maidbronn passte perfekt zum Rückweg in den Pott. Der SVH hat seine besten Zeiten lange hinter sich. Diese waren Mitte der 80er bis Mitte der 90er, als man in der damals drittklassigen Bayernliga dem Leder nachjagte. Der Ex-Rot-Weisse und ehemalige Sechz’ger Kult-Trainer Werner Lorant war wohl die schillerndste Spielerpersönlichkeit des Vereins, der zum Ende der Karriere als Spielertrainer des SVH fungierte. Mittlerweile spielt der Club noch in der Würzburger Kreisliga. Übrig geblieben aus den besseren Tagen ist das schöne kleine Stadion mit einer stattlichen, großenteils überdachten Tribüne und einer Stehtraverse auf der Gegenseite. Die A3-Brücke bildet im Hintergrund eine spektakuläre Kulisse. In einem umkämpften Spiel entschied ein Torwartfehler des SVH-Schlussmanns das Spiel und die Gäste konnten einen glücklichen Sieg einfahren. Die Würzburger Vorstädter verpassten durch die Pleite den Sprung an die Tabellenspitze.
Städtisches Stadion Rennweg, 140 Zuschauer, Bezirksliga Niederbayern West
In Kelheim, bekannt durch die oberhalb der Stadt liegende eindrucksvolle Befreiungshalle, fließt die Altmühl in die Donau und in unmittelbarer Nähe der Mündung liegt das Städtische Stadion am Rennweg. In diesem mittelgroßen Mehrzweck-Stadion, mit ansehnlicher, in die dahinter liegende Sporthalle integrierte Haupttribüne, spielt der ATSV um Bezirksliga-Punkte. Dieses zu Saisonbeginn noch recht erfolgreich, mittlerweile aber mit eher magerem Ertrag. In der Vorwoche setzte es gar eine 0:7-Klatsche. Mit Wurstsemmel und Weißbier wurde dem recht interessanten Kick am Spätnachmittag gefolgt. Nach der heutigen Heimniederlage gegen den Tabellen-Nachbarn aus Teisbach muss sich der ATSV aber nach unten orientieren, denn die Abstiegsplätze sind nun bedrohlich nah.
Regensburg in der Oberpfalz war das Ziel des Wochenend-Ausritts mit der Herzdame. Seit vier Jahren ist ein recht schmuckes kleines Stadion, das trauriger Weise nie einen eigenen Namen bekam, sondern nach einem niedergelassenen Reifen-Hersteller benannt wurde, Heimat des SSV Jahn. Ich finde die kleine Bude recht gelungen. Durch die Gestaltung der Fassade und das Kolorit in den Clubfarben hebt sich das Stadion von anderen Neubauten deutlich ab. Ein weiteres Merkmal ist Gestaltung der Lichtmasten, die wie kleine Stäbchen an den Dächern der Längsseiten aufgereiht sind. Nebenbei bin ich ja absoluter Verfechter von Stadion, die über vier einzelne Tribünen verfügen, welche in den Ecken unverbunden bleiben. Glücklicher Zufall, dass auch mein Wohnzimmer an der Hafenstraße über derartige Architektur verfügt. Ein Plus des Regensburger Stadions ist, dass die Ecken mit Wänden geschlossen wurden, was eine deutlich verbesserte Akustik ermöglicht. Der VfB aus dem Schwaben-Ländle war zu Gast und wurde von gut 2000 Fans begleitet. So gehörte den Stuttgartern auch die Stimmungshoheit. Zwar nahm ich die Gäste bedingt durch meine Sitzposition zwangsläufig dominant wahr. Was aber die Jahn-Kurve bot, war auch so eher schwach. Klar hat der SSV nicht das Fan-Potential wie der VfB, aber bei einem so wichtigen und besonderen Spiel muss mehr möglich sein, als ein Stimmungskern von vielleicht 150 oder 200 Personen. Der Support-Stil des VfB war nach meinem Empfinden aber auch alles andere als optimal. Zu langatmig kamen manche Melodien rüber und auch an eingängigeren Songs und Schlachtrufen wurde für meinen Geschmack zu lange festgehalten, dass man meinte die CD hätte nen Sprung – das war nahezu einschläfernd. Irgendwie hatte ich die Cannstatter Kurve besser in Erinnerung. Auf dem Spielfeld lief es ähnlich wie auf den Rängen. Der Jahn zwar bemüht aber chancenlos gegen einen souveränen aber unspektakulären VfB. Und dieser hätte sich beinahe um den verdienten Erfolg gebraucht, denn man vergaß das Toreschießen und plötzlich stand es aus dem Nichts nach einem Foulelfmeter remis. Aber die Gäste kamen zurück und brachten das Ding noch nach Hause.
Stadion am Bruchbaum, 2.334 Zuschauer, Regionalliga West
Lippstadt auswärts auf nem Freitag-Abend. Nicht die Spiele, um die ich mich in den letzten Spielzeiten gerissen habe. Klar, meist ging es schon um nix mehr, Spielbesuche mit rot-weisser Beteiligung verursachten meist eher Schmerzen als Wonne, und dann diese elendige Gurkerei, um im Feierabend-Verkehr erst einmal aus dem Pott raus zu kommen. Letzteres war heute natürlich nicht anders, aber zum einen hatte die Dame im Navi eine ganz gescheite Idee für die Anreise parat und zum anderen ist die sportliche Ausgangslage ja eine gänzlich unterschiedliche. Ich hab es je bereits mal erwähnt, aber weil es sich so anders anfühlt, sei es noch einmal definiert – ich verspüre tatsächlich wieder echte Vorfreude auf Rot-Weiss-Spiele. Das kenne ich so kaum noch, zuletzt war es eher eine Art Pflichtgefühl, welches einen zu den Spielen zwang, und nun fühlt man sich ja beinahe wie frisch verliebt. Die Hälfte der 2300 Anwesenden wird denn auch dem glorreichen RWE zugetan gewesen sein, eher noch mehr davon. Die Ultra-Fraktion hatte es gerade so zum Anpfiff nach Lippstadt geschafft. Bis sich alle sortiert hatten und die Fahnen am Zaun hingen, dauerte es noch einmal zehn bis fünfzehn Minuten. Als Kurvenkind der späten 80er und der 90er bin ich ja bekanntermaßen kein Freund des strikten Ultra-Style mit seinen narzisstischen, viel zu langen Gesängen, oft nicht spielbezogen und andere Tendenzen in der Kurve erstickend. Aber eins wurde hier mal deutlich – so lange die Jungs sich nicht loslegten, war es auch nicht weit her mit Stimmung. Hier und da wurde mal ein alter Gassenhauer angestimmt, aber richtig durchsetzen konnte sich da nichts. Die Kurven haben einfach verlernt, ohne Anleitung das Stimmungsbarometer in Wallung zu bringen. Das war dann ab dem Zeitpunkt anders, als der Trommelstock zum ersten Mal die Schwingungsmembran berührte. Und – der Objektivität muss dann auch Rechnung getragen werden – natürlich hat die rot-weisse Ultra-Gemeinde auch längst ein Gespür für die richtige Mischung entwickelt, um die gemäßigteren Leute in der Kurve mitzunehmen und oft genug die ganze Masse zu bewegen. Diese Energie übertrug sich dann auch schnell auf die Mannschaft, die wieder erfrischend nach vorne spielte. Die Qualität in der Offensiv- und Kreativ-Abteilung ist echt brutal – es ist eine absolute Freude zuzuschauen. Auch in der Defensive ist das Team sicher nicht schlechter besetzt, aber dort fällt doch immer noch das eine oder andere Abstimmungsproblem auf. Besonders bei schnell vorgetragenen Angriffen der Westfalen in die zentrale Spitze taten sich Lücken auf. Eine davon nutzten die Gastgeber früh zur Führung. Die Roten ließen sich nicht beirren und spielten geduldig weiter nach vorne, aber es bedurfte eines taktischen Wechsels, bis der verdiente Ausgleich durch den eben eingewechselten Joker Adetula fiel. Damit ging es in die Pause und kurz nach Wiederanpfiff ging der Deutsche Meister von 1955 dann auch in Führung. Damit war alles klar. Dachte wohl sich ziemlich jeder im kleinen Stadion, aber der SV 08 konnte kurz darauf eher überraschend wieder ausgleichen. Tja, wäre es noch der ‚alte‘ RWE der letzten Jahre, hätte nun das große Zittern begonnen. Der Todesstoß hätte befürchtet werden müssen und man hätte sich mit einem Remis zufrieden gezeigt. Konjunktiv, Vergangenheit. Ich behaupte mal, die wenigsten werden daran gezweifelt haben, dass dieses Spiel hier und heute noch gewonnen wird. Zu überzeugend trat der RWE wieder auf und bei diesen zielstrebig und schnell vorgetragenen Angriffen, darf man jederzeit berechtigte Hoffnung bis in die letzte Sekunde der Nachspielzeit haben, dass noch ein Treffer fällt. So lang musste aber nicht gewartet werden. Trainer Titz bewies erneut ein glückliches Händchen und wechselte mit Hedon Selishta den Sieg ein. Mit zwei Treffern sicherte der von Bayern Alzenau gekommene Torschützenkönig der letztjährigen Hessischen Oberliga den verdienten Sieg für die Gäste. Sechster Sieg im siebten Spiel bei einem Remis. Ich vermute, die kühnsten Optimisten hätten nicht mit so einem Saisonstart gerechnet. Und so souverän das Spiel dieser runderneuerten Essener Mannschaft auch wirkt – ich bleibe trotz ehrlicher Begeisterung vorsichtig optimistisch. Im Normalfall werden auch mal unruhige Phasen kommen und dann wird man sehen, welche Moral und Mentalität das Team beweist. Ändert aber nichts daran, dass allen Rot-Weissen die Momentaufnahme und der Genuss dieser gegönnt werden darf. Nur der RWE!
Der DSC trägt seine Heimspiele üblicherweise im Sportpark Wanne-Süd aus. Das heutige Spiel im Verbandspokal wurde allerdings auf dem Sportplatz an der Reichsstraße angesetzt, wo sonst nur Reserve- und Jugend-Teams des Vereins antreten. Die Anlage ist jetzt auch kein Kracher, aber mit fünfstufiger Traverse auf einer Geraden und hinter einem Tor auch nicht ganz so schlecht. Die RWE-Gefährten Krösus und Marcel begleiteten mich und am Ort des Geschehens stieß dann noch Thomas dazu. Spiele unter der Woche sollen für mich eh meist schlicht den Zweck des Feierabend-Amüsements erfüllen und in Gesellschaft geht das noch etwas besser. Zwei Westfalen-Ligisten kreuzten hier die Klingen und der Tabellenstand spiegelte sich auch im Pokal-Wettbewerb wieder. Denn der DSC, ehemaliger Zweitligist der späten 70er Jahre, hatte die Nummer bis auf wenige kurze Phasen komplett im Griff und schickte die Bochumer mit einer schönen Packung nach Hause.
BOMAG-Stadion, 45 Zuschauer, Kreisliga A Hunsrück-Mosel
Auf dem Rückweg aus Bingen gab es noch einen Zwischenstopp im schönen Boppard am Rhein. Im Ortsteil Buchenau hat der SSV im BOMAG-Stadion seine Heimat. Sind Stadion-Bezeichnungen, die vom Namen des Sponsoren herrühren, prinzipiell kritisch zu sehen, ist der Sachverhalt in Boppard etwas anders. Ohne das finanzielle Engagement des ortsansässigen Unternehmens hätte die Spielstätte nicht die heutige Qualität. Den Namen des Gönners trägt die Anlage schon seit 2002 und ist daher wohl in anderem Licht zu sehen, als die Schauinsland-Reisen- und Veltins-Arenen des Kommerz-Sports. Die Hauptseite des BOMAG-Stadions ist mit einer mehrstufigen Stehtraverse, die von Buchsbaum-Hecken begrenzt wird, recht ansehnlich. Bis das Niveaus des Platzes erreicht ist, sind vom Parkplatz aus einige Stufen zu erklimmen. Da schreien die Lungen des Ungeübten direkt nach erhöhter Sauerstoff-Zufuhr. Der gastgebende SSV konnte im zweiten Durchgang die durch einen Strafstoß aus Durchgang eins erfolgte Gäste-Führung verdient ausgleichen. So bleiben beide Teams in der Verfolgergruppe des Spitzen-Trios der noch jungen Saison der A-Liga des Kreises Hunsrück-Mosel.
Stadion am Hessenhaus, 520 Zuschauer, Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar
Die wenigsten werden sich wohl erinnern, wer der bisher wohl prominenteste Akteur war, der in den Binger Farben aufgelaufen ist, dabei ist das gar nicht mal so lange her. Ailton war es, der während der letzten Station seiner schillernden Karriere 21 Mal für die Hassia spielte und dabei beinahe ebenso viele Treffer erzielen konnte. Über das Niveau der Oberliga kam Hassia Bingen nie hinaus, allerdings bedeutete die Teilnahme an dieser Spielklasse in früheren Jahren ja auch höheres Niveau als heutzutage. Das ‚Stadion am Hessenhaus‘ ist ein richtig schönes Amateurstadion. Zwar sucht man Ausbau hinter den Toren vergeblich, doch das machen die Längsseiten mehr als wett. Stehtribünen über die gesamte Länge sind vorhanden, die auf der Hauptseite zentral von einer schicken Sitztribüne geschmückt werden. Die Eintracht aus der alten Römerstadt wurde von gut 150 Leuten begleitet. Ein gutes Drittel um die Insane Ultras, unterstützt von ein paar Freunden aus Metz und der Schweizer Eishockey-Stadt Fribourg, supportete das Team auch akustisch zum verdienten Auswärtserfolg.