Am heutigen Tage hatte man die Qual der Wahl im Vorarlberger Fußball. Letztlich entschied ich mich zu einer weiteren Partie der Vorarlberg-Liga nach Feldkirch zu fahren, was eher einer spontanen Eingebung als einer begründeten Entscheidung entsprang. Immer liegt man halt nicht richtig, wie ich dann feststellen musste. Zwar ist das kleine Stadion mit der überdachten Haupttribüne ganz schick, aber das örtliche Gesundheitskonzept sah offensichtlich vor, dass lediglich die Tribüne und der unmittelbar angrenzende Bereich begehbar sein dürfen. Der Umlauf um Spielfeld und Laufbahn war mit Bauzäunen abgesperrt. Ich neige nicht zur Panik hinsichtlich der Gefahrenlage um die Ansteckungsgefahr betreffend des Corona-Virus, aber ich versuche ja dennoch so gut es geht zu vermeiden, mit zu vielen fremden Personen in räumlich engen Situationen aufeinander zu treffen. Völlig unlogisch warum den knapp 200 Zuschauern die Möglichkeit genommen wurde, sich zu verteilen. Merkwürdigerweise äußerte der Stadionsprecher sein verwundern darüber, dass die Leute auf der Tribüne völlig überraschend zu dicht beieinander hockten und mahnte Disziplin an. Außerdem bewege ich mich im Verlaufe eines Amateurspiels ja gern um den Platz herum, was durch die getroffene Maßnahme auch nicht möglich war. Dafür bekam der gastgebende Verein die verdiente Quittung in Form einer deutlichen Niederlage. Die nicht einmal deutlich überlegenen, aber sehr clever spielenden Gäste siegten mit 4:1.
Es gibt ja so Spielstätten, die man beiläufig auf Fotos aufschnappt und die sich einem ins Hirn einbrennen. Dabei müssen diese Spielorte gar nicht mal große Dimensionen haben oder sonderlich spektakulär sein, sondern einfach durch ihre Lage oder besondere Merkmale bestechen. Jedenfalls landen diese Orte auf der imaginären To-do-Liste und wollen irgendwann einmal besucht werden. Das Bergstadion des Vorarlberger Vereins FC Bizau ist für mich eine dieser besonderen Spielstätten. Die Reiseroute ermöglichte nun den Besuch dieses kleinen Schmuckstücks, das durch viele Details und besonders seine Lage besticht. Bizau liegt auf 681 Metern unterhalb des Bregenzerwaldgebirges, welches sich als eine eindrucksvolle Kulisse hinter dem Stadion aufbaut. Zuschauen kann man nur von zwei Seiten. Auf der ansteigenden Seite des Geländes befindet sich das Funktionsgebäude, mit integrierter Sitztribüne, darüber liegendem Catering-Bereich und der Club-Gastronomie. Weitere Möglichkeiten zur Spielbeobachtung bietet sich oberhalb hinter einem der Tore, wo offenbar nach Lust und Laune Sitzbänke installiert wurden. Das Spielfeld ist extrem schmal, bin mir nicht mal sicher, ob das Mindestmaß erreicht wird, oder ob mit Sondergenehmigung gespielt wird. Der Ort hat 1.125 Einwohner. 400 Zuschauer waren zum anwesend. Zieht man die etwa 20 Gäste-Anhänger ab, waren als mehr als ein Drittel der Einwohner zu diesem Spiel der Vorarlbergliga gekommen – das nenne ich mal Rückhalt, auf so eine Quote können weltweit wohl die wenigsten Clubs zählen. Dass der FC Bizau noch auf viertklassigem Niveau spielt, hat er dem unsäglichen Virus zu verdanken. Zum Zeitpunkt des Abbruchs der letzten Saison stand der Club auf dem ersten Tabellenplatz, der zum Aufstieg in die Vorarlberger Elite-Liga berechtigt hätte. Anders als in Deutschland, wurden die Saisons der österreichischen Amateur-Ligen aber annulliert, so dass für die neue Spielzeit alles blieb, wie es war. In dieser Saison spielt Bizau erneut oben mit, musste aber am vergangenen Wochenende eine empfindliche Last Minute-Pleite beim Tabellenführer in Egg hinnehmen. Das heutige Remis gegen Lustenau brachte den Club auch nicht weiter. Und da die Welt ein Dorf ist und man ja eigentlich fast immer irgendwo irgendwen sieht, trafen wir hier auf den Bayer 04-Allesfahrer Andreas aus dem Badischen, der mit Frau und Sohn einige Tage Urlaub verbrachte und die Chance zum Spielbesuch ebenfalls ergriff.
Stadion Ceský Lev, 110 Zuschauer, Pohár predsedy UKFS 2.Runde
Aufgrund der räumlichen Nähe des ersten Urlaubs-Domizils zu Tschechien, war die Überschreitung des Klobasa-Äquators nur eine Frage der Zeit. Im grenznahen Nestemice, einem Ortsteil von Usti nad Labem, zu deutsch: Aussig an der Elbe, fand eine Zweitrunden-Begegnung des Regionalpokals statt. Der FK Cesky Lev, übersetz: böhmische Löwen, empfingen das Team von Sokol Srbice. Sokol ist das tschechische Wort für Falke – Löwen gegen Falken, ein ungleiches Duell sollte man meinen. In der sportlichen Realität spielt Srbice allerdings eine Liga höher als Nestemice. Zweite gegen erste Liga auf regionaler Ebene hieß es, landesweit betrachtet, sechste gegen fünfte Liga. Das zeigte sich auch erst einmal deutlich, denn die Gäste lagen zur Halbzeit verdient mit 3:0 in Front, wenn auch etwas zu hoch. Die Pausen-Ansprache des Löwen-Dompteurs muss aber gut gewesen sein, denn sein Team benötigte gerade einmal fünf Minuten, um den Spielstand zu egalisieren! Auch ein erneuter Rückstand entmutigt die Raubkatzen nicht und die Partie wurde zum Sieg gedreht. Unterhaltsame Geschichte. Der eigentliche Star des Spiels war allerdings mal wieder das Stadion. Dieses liegt am Rande der Elbe-Ebene im ansteigenden Gelände, die Tribüne ist somit am Hang angelegt. Oberhalb von circa zwanzig krummen Stehstufen befindet sich eine kleine, betagte, überdachte Sitztribüne mit völlig abgenutzten Holzbänken. Feinster tschechischer Gammel offenbart sich, wohin das Auge blickt. Ein Traum!
Der Start in den Urlaub mit der geschätzten Gattin führte über Dresden, wo der siebtklassige Landesklasse-Vertreter Dresdner SC den Oberligisten aus Neugersdorf im Sachsenpokal erwartete. Der Dresdner SC ist ein sehr alter Verein, der bedingt durch die Existenz im DDR-Fußball, wie viele andere Vereine auch, eine sehr wechselhafte Geschichte erlebte. Aber auch nach der Wiedervereinigung wurde der Verein durch Fusionen, Insolvenz und Neugründung beeinflusst. Spielstätte des Vereins ist das Heinz-Steyer-Stadion, das seit mittlerweile 100 Jahren existiert, sein Aussehen aber natürlich über die ganze Zeit veränderte. Grundsätzlich hätte es heute noch ein Fassungsvermögen von 24.000 Zuschauern, bedingt durch Einsturzgefährdung ist die maximale erlaubte Zuschauerzahl heute aber auf 4.500 Zuschauer begrenzt. Zu DDR-Zeiten waren aber auch schon über 50.000 Menschen in diesem weiten Rund. Trotz der mangelhaften Bausubstanz lassen sich aber fast alle Bereiche begehen und da haben wir wieder einen dieser Stadion-Dinos, welche einen in ein einer besonderen Art in ihren Bann ziehen. Lediglich die alte Holztribüne auf der Gegengeraden wurde durch einen Neubau ersetzt, der sich aber insgesamt gut ins Bild einfügt. Direkt neben dem Stadion reckt sich das monströse Yenidze-Gebäude in den Himmel. Dieses stark an ein islamisches Gotteshaus erinnernde Gebäude, ist allerdings kein solches, sondern eine ehemalige Tabakfabrik, heute als Bürogebäude genutzt, und wurde lediglich im Stile einer Moschee errichtet. Unabhängig davon wirkt das Gebäude etwas befremdlich und in diesem nicht gerade als hochtolerant bekanntem Landstrich etwas fehlplatziert, allerdings existiert es schon über 110 Jahre. Der DSC darf sich sogar an der Unterstützung durch einen kleinen Fanszene erfreuen, die sich aus den besseren Zeiten vor und um die Jahrtausendwende, als der Club einige Jahre als solider Regionalligist auftrat – auch der glorreiche RWE trat in drei Saisons gegen den Dresdner SC und auch ein Mal in diesem Stadion an – in die heutige Zeit herüber gerettet hat. Man darf die DSC-Szene dem links-alternativen Spektrum zuordnen, was auch eher ein seltenes Phänomen im Bundesland Sachsen ist. Die Gastgeber gingen natürlich als klarer Außenseiter in die Partie und die Gäste aus der Oberlausitz übernahmen auch die Spielgestaltung. Als nach 20 Minuten der verdiente Führungstreffer für den Oberligisten fiel, dachte ich, dass alles seinen erwarteten Lauf nehmen würde. Der DSC drehte das Ergebnis aber durch einen überraschenden Doppelschlag. Noch vor der Pause fiel jedoch der Ausgleich. Auch in Hälfte zwei dominierten die Gäste, brachten die Murmel aber nicht im Dresdner Kasten unter. So ging dann der DSC wieder unerwartet in Front, könnte die Führung aber erneut nicht verteidigen und so ging es in die Verlängerung, in welcher auch kein Sieger ermittelt werden konnte. Die Elfer-Lotterie ging dann zu Gunsten der tapfer kämpfenden Dresdner aus, die sich den Erfolg durch ihren Einsatz aber auch irgendwie verdient hatten.
Sportplatz am Sonnenhügel, 145 Zuschauer, Landesliga Mittelrhein Staffel 2
Mit der Gattin startete ich einen kleinen Ausflug ins Siebengebirge. Nachdem wir den Drachenfels zu Fuß erklommen hatten, ging es ein paar Kilometer weiter nach Oberpleis, einem Ortsteil von Königswinter. Landesliga wird dort gezockt und zu Gast war der SSV Nümbrecht aus dem Oberbergischen Kreis. Der Sportplatz am Sonnenhügel hat vor noch nicht allzu langer Zeit eine Runderneuerung erfahren. Auch die Lage könnte idyllischer sein, aber dennoch hat die Platzanlage einen gewissen Charme. Sportlich war es im Vergleich zum Landesliga-Fußball am Nordrhein eher schwach. Aber dass das Leistungsvermögen in den ländlicheren Gegenden im Vergleich zu den Ballungsräumen etwas abfällt, ist ja auch kein Geheimnis. Die Gäste waren der etwas glückliche Sieger in einer über weite Strecken ausgeglichenen Partie.
Mestský stadion Rakovnik, 350 Zuschauer, Ceská fotbalová liga A
Auf der Landstraße lässt sich ja doch immer etwas Zeit rausholen, daher tauchten wir auch in Rakovnik pünktlich auf. Das Stadion ließ das Herz mal wieder höher erschlagen. Auch hier zeigte sich die Spielstätte im exquisiten Gammelkleid. Auf einer Seite befindet sich über die gesamte Länge eine ordentlich abgeranzte überdachte Sitztribüne mit vorgelagerten Stehplätzen, dieser gegenüber eine große ungedeckte Stehtribüne. Hinter einem Tor fristen ein paar krumme, beinahe unbenutzbare Stehstufen ihr Dasein, hinter dem anderen Gehäuse befindet sich ein Graswall. Insgesamt versprüht der Ground den Charme des Vergangenen. Der Kick war gar nicht so schlecht besucht. Aus der Haupstadt waren drei(!) aktive Fans mit gekommen, die ein paar alte Zaunlappen aufhingen, ab und an auf ihre Trommeln einprügelten und einen Schlachtruf von sich gaben. Die Jungs ließen sich auch nicht vom einsetzenden heftigen Regen einschüchtern und zogen die Nummer tapfer durch. Der Regen sollte uns – teilweise als Starkregen – noch auf der Heimfahrt bis Kassel begleiten. Nervig, aber das schmälerte diese feine Tour ins Honza-Land in keinster Weise.
Der Zeitraum zum nächsten Spiel wurde für einen Rundgang durch die Plzener Altstadt und einen Abstecher zum Hrad Radyne genutzt. War im Nieselregen auch gar nicht mal so toll. Im Plzner Vorort Cernice begrüßte dann der TJ Sokol in der höchsten Spielklasse der Region Plzen auf fünftklassigem Niveau seine Gäste aus Zruc. Schöne Anlage wieder mit einer kleinen Tribüne und idyllischer Dorfsportplatz-Atmosphäre. Die gute Knorpelwurst wurde über Holzkohle gegart, gezapft wurde sowieso. Eigentlich ein Rätsel, warum man wieder und wieder auf diese Wurst abfährt, denn teilweise hat man ja auch echt mal ein richtig fieses Fettstück in der Mule. Mit dem Schlusspfiff war etwas Eile geboten, da die Fahrzeit zum letzten Spiel der Tour über dem eigentlichen Zeitpuffer lag.
Stadion Lucni ulice, 120 Zuschauer, Ceska fotbalová liga A
Weit war der Weg zum ersten Spiel des Tages nicht. Auf dem Trainingsgelände von Viktoria Plzen traf dessen Zweitvertretung auf jene vom 1.FK Pribram zum Kräftemessen in der drittklassigen CFL. Das Stadion des Trainigsgeländes versprach gemäß vorher bemühter Recherche eine etwas betagte Infrastruktur. Die Realität zeigte aber einen weitestgehend sanierten Ground. Lediglich die alte Überdachung auf der Geraden hat den Renovierungswahn überlebt. Das Wetter ließ am Morgen auch etwas zu wünschen übrig und auch das Spiel war jetzt nicht wirklich das Gelbe vom Ei. Egal, was braucht man schon noch außer einer Frühstücks-Klobasa und einem frisch gezapften Gambrinus vom Fass. Star des Spiels war eh der Kunde mit Joggingpeitsche und einem merkwürdigen Pulli mit bunten Comic-Motiven. Schon stark wie sich in Tschechien manche Ureinwohner in freier Wildbahn präsentieren. Ich glaube ja auch ehrlich, dass in den Siedlungen und Stadteilen die Klamotten der Anwohner morgens auf einen Haufen geworfen und dann untereinander verlost werden. Anders kann man sich so manche Outfit-Kompositionen echt nicht erklären.