Bersenbrück – Mo., 29.05.2023, 15:00

TuS Bersenbrück vs SC Spelle-Venhaus 3:0

Hasestadion, 3.100 Zuschauer, Niedersachsenpokal der Amateure Finale
Nach einem entspannten Wochenende bei meiner Schwester in Hamburg, steuerte ich auf dem Rückweg das Verbandspokalfinale der Amateure Niedersachsens an. Warum dieses aus dem Finaltag der Amateure herausgelöst wurde, entzieht sich meiner Kenntnis. Es ist schon eine gute Sache, dass der niedersächsische Verband seine beiden Startplätze in zwei Wettbewerbe unterteilt, einer ausgespielt nur von den Regionalliga- und Drittligavertretern und einer von den Amateurclubs ab Oberliga abwärts. Das eröffnet auch den ‚kleinen‘ Vereinen die Chance auf eine DFB-Pokal-Teilnahme. Für das Finale qualifiziert hatten sich die Oberligisten aus Spelle, der die Saison als Aufsteiger in die Regionalliga abgeschlossen hatte, und Bersenbrück, als Tabellenvierter auch nicht viel schlechter über die Ziellinie gegangen. Das ‚Hasestadion‘ platzte aus allen Nähten, war für diese Veranstaltung vor über 3.000 Zuschauern, davon etwa 600 aus Spelle, eigentlich nicht geeignet. Auf einer Längsseite gibt es drei Stufen, zusätzlich wurde eine temporäre Stahlrohr-Sitztribüne errichtet. Das reichte natürlich alles nicht aus, um sämtlichen Zuschauern einen ordentlichen Blick auf das Spielfeld zu ermöglichen. So standen die Leute ein Dreier- und Viererreihen ebenerdig um das Spielfeld oder versuchten sich mit mühsamen Halt auf dem Rasenwall hinter einem der Tore eine bessere Perspektive zu verschaffen. Dort hatten sich auch die aktiven Supporter beider Vereine platziert, vermutlich zumindest zum Teil dem lila-weißen VfL auf der einen und den blau-weißen Emsländern auf der anderen Seite zuzuordnen. Die Speller Jungs hatten eine kleine Choreo als Intro vorbereitet während die TuS-Anhänger wohl gern ein wenig mit Pyro rumhantiert hätten, sich aber klugerweise von der hinter ihnen positionierten Staatsmacht beeindrucken ließen. Dafür würde beim Platzsturm nach dem Abpfiff zaghaft ein wenig gezündelt. Die Gastgeber beherrschten den Gegner etwas überraschend von der ersten bis zur letzten Minute. Nach 2:0-Halbzeitstand war die Partie mit dem dritten Treffer früh in Durchgang zwei schon gelaufen, man hatte nie das Gefühl, das die Gäste noch einmal zurückkommen können.

Essen – Sa., 27.05.2023, 13:30

Rot-Weiss Essen vs SC Verl 2:2

Stadion an der Hafenstraße, 15.597 Zuschauer, 3.Liga
Letzter Spieltag ohne jeden Druck. Persönlich empfand ich es sehr angenehm, mal wieder ohne große Anspannung ein Spiel der Roten schauen zu können. Die Bude war trotz Ananas-Faktor wieder sehr gut gefüllt, auch aus Verl hatten sich zwei Busladungen und einige Privatfahrer eingefunden. Das Intro der etwa 30 Aktiven unter den Gäste-Fans bot dann etwas, dass es in der Millionen Jahre währenden Geschichte unseres Planeten im kleinen Verler Mob noch nicht gegeben hatte: Verl zündete!!! Als eine Schwenkfahne über der Gruppe ausgebreitet wurde, dachte ich noch „Die tun es doch nicht wirklich…“. Und doch… sie taten es! Als der Lappen weggezogen wurde, zündeten zwei mit Sturmhauben Vermummte eine Bengal- und eine Rauchfackel. Sensation im Hause Verl! Die Aktion hatte aber einige Schwachstellen. Bei Tageslicht entfalten Bengalos nicht die gewünschte Optik und bei nur zwei Pyro-Produkten kommt so oder so keine große Wirkung zustande. Nach dem Abbrennen verzog man sich wieder unter die Fahne um die Sturmhauben abzulegen. Bei einer kleinen Gruppe ist aber die Identifizierung der Delinquenten eine Leichtigkeit, wenn diese dieselben Klamotten am Körper tragen, wie vor der Aktion. Insgesamt also nicht zu Ende gedacht, die Nummer, und was folgte war der Zugriff durch das Ordnungspersonal, was ich persönlich einigermaßen scheiße fand. Sollen sie doch die beiden mickrigen Dinger abbrennen, da kann bei einer kleinen Anzahl Leute im Block kaum was passieren. Auf der anderen Seite gilt wiederum ‚Gleiches Recht (oder Unrecht) für alle‘. Daher war die Ahndung nur konsequent, zumal die Security eh nur als Befehlsempfänger fungiert und ausführt. Dennoch zolle ich den Jungs Respekt, dass sie auch aus einer kleinen Gruppe heraus mal gezündelt haben, auch wenn das offenbar mangels Erfahrung ein böses Ende nahm.
Das Spiel entwickelte sich als einigermaßen munterer Sommer-Kick, in dem die Roten tonangebend waren. Folgerichtig fiel der Führungstreffer nach einem schönen Schlenzer in den Knick durch Sandro Plechaty. Freute mich für den Jungen, der auf dem Weg zu alter Stärke scheint. Da kann der Treffer nur bei helfen. Leider versäumte es die glorreiche Elf von der Hafenstraße, das Ergebnis auszubauen. Das sah auch im zweiten Durchgang nicht großartig anders aus. Die Gäste versuchten aber etwas mehr Druck auszuüben, was zu guten Kontergelegenheiten für den RWE führte, die meistens ziemlich kläglich ausgespielt wurden. Die beinahe logische Folge war der Ausgleichstreffer nach einer guten Stunde Spielzeit, nachdem die rot-weisse Hintermannschaft in den kollektiven Sekundenschlaf gefallen war. Als sich nun dieses Remis langsam abzeichnete, konnten die Westfalen nach einem Freistoß per Kopfball sogar in Führung gehen. Die Stimmung im Stadion drohte nun zu kippen, die ersten sarkastischen Gesänge wurden angestimmt, aber in den Schlussminuten gelang Müsel dann doch noch der Ausgleich und so ging diese Spielzeit halbwegs versöhnlich aber farblos zu Ende. Ein wenig Leben könnte die Truppe dieser Spielzeit noch einhauchen, wenn das Finale des Niederrheinpokal gegen RWO am kommenden Samstag vor heimischer Kulisse erfolgreich gestaltet wird, bei dem ich nicht zugegen sein kann.
Die Stimmung passte sich insgesamt dem spannungsbefreiten Spiel an. Die ‚Freaks Ultras‘ hatten ein Spruchband zur Entscheidung, den wichtigsten Geldgeber des Vereins, ein Privatmann und gleichzeitig ehemaliger Besitzer eines Mode-Labels, in den Vorstand aufzunehmen, was insgesamt etwas undurchsichtig wirkt. Die ‚Vandalz‘ kritisierten mit ihrem Spruchband eine überzogene Durchsuchungsmaßnahme der Polizei bei Mitgliedern von Ultra-Szenen im Ruhrpott, bei der eine weibliche, unbeteiligte Person verletzt wurde. Nach dem Abpfiff wurden noch die Spieler verabschiedet, welche den Verein verlassen, was bei den Publikumslieblingen Kefkir, Engelmann und vor allem Herzenbruch sehr herzlich und würdig geriet. Vor allem Herze, der keinen neuen Vertrag bekam, ist ein menschlicher Verlust für das Team. Fußballerisch ist er sicherlich limitiert, aber als Typ umso wichtiger. Ich hoffe die neue sportliche Leitung findet die richtige Mischung. Eine aalglatte Truppe ohne Gesichter und Identifikationsfiguren verhieße nicht Gutes. Mir persönlich wäre dagegen es sehr recht gewesen, wenn unser Laiendarsteller auf der Trainerbank verabschiedet worden wäre, gerne auch ‚unherzlich‘ – dieser Wunsch geht bisher jedoch nicht in Erfüllung. Ich bleibe dabei, dass der Verein mit diesem Mann nicht nach vorne kommt. Gern lasse ich mich eines anderen belehren, jedoch fehlt mir der Glaube daran.

Dülmen-Merfeld – So., 26.05.2023, 15:00

Sportfreunde Merfeld vs SuS Stadtlohn 2:2

Sportanlage Rekener Straße, 350 Zuschauer, Bezirksliga Westfalen Staffel 11
Die gastgebenden Sportfreunde aus dem Dülmener Ortsteil Merfeld waren vor diesem Spiel Tabellenführer und wollten mit einem Sieg gegen den Tabellenvierten aus Stadtlohn dem Aufstieg einen großen Schritt näherkommen. Ein nicht ganz so einfaches Unterfangen, wie sich herausstellte, denn der SuS mühte sich in die Rolle des Spielverderbers zu schlüpfen. 350 Zuschauer bildeten eine würdige Kulisse für diese Bezirksliga-Veranstaltung, wobei ich insgeheim mit noch mehr Leuten gerechnet habe. Eine 20-köpfige Gruppe unterstützte die Sportfreunde sporadisch auch akustisch – hier dürfte der Schützenfest-bedingte Alkoholpegel ein antreibender Faktor gewesen sein. Die Gäste waren das zielstrebigere Team mit den besseren Möglichkeiten, nutzten diese aber nicht. Auf der anderen Seite konnten die Heimmannschaft eine schmeichelhafte 2:0-Halbzeitführung herausschießen, auch begünstigt durch einen zweifelhaften Foulelfmeter. Die Gäste steckten aber nicht auf und blieben weiter leicht überlegen. Das wurde im Laufe des zweiten Durchgangs mit dem Ausgleich belohnt. Nun waren die Sportfreunde aufgerüttelt und drängten in der Schlussphase auf den Siegtreffer, der aber nicht mehr gelang. Da sich Vorwärts Epe im Verfolgerduell beim SC Reken durchsetzen konnte, und nun punktgleich genau um ein Tor in der Differenz an den Sportfreunden vorbeizog, kommt es nun am kommenden, dem letzten Spieltag zum interessanten direkten Duell zwischen den Teams aus Epe und Merfeld. Ein echtes Endspiel also.

Halle – Sa., 20.05.2023, 14:00

Hallescher FC vs Rot-Weiss Essen 2:0

Sportpark Halle, 12.773 Zuschauer, 3.Liga
Das Spiel bei den Chemikern von der Saale hatte richtungsweisenden Charakter. Mit einem Punktgewinn wäre der Klassenerhalt gesichert, bei einer Niederlage musste mit Rechenspielchen begonnen werden, denn unter Voraussetzung eines Oldenburger Sieges gegen Zwickau und einer erneuten Niederlage der Rot-Weissen am letzten Spieltag, sowie einem weiteren Sieg des VfB in Dresden, das alles mit entsprechenden Tor-Differenzen, wäre der Abstieg in der Theorie noch möglich. Die Sollbruchstelle war nach einhelliger Meinung das Auswärtsspiel der Norddeutschen in Dresden. Dass sie dort gewinnen würden, dazu noch deutlich und vor dem Hintergrund, dass Dynamo selber noch Zählbares für den Aufstieg benötigt, schien unwahrscheinlich. Aber letztlich ist der RWE an dieser Gemengelage beteiligt, das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, denn mit diesem Verein habe ich in meinem nun schon 37 Jahre währenden Fan-Dasein schon (fast) alles erlebt. Eine Neuerung gab es bei dieser Auswärtsfahrt trotzdem. Kurz vor dem Ziel bremste uns eine Reifenpanne aus, das hatte ich auf einer Auswärtsfahrt noch nicht erlebt. Mangels Ersatzrades musste der große gelbe Automobilclub helfen und es dauerte ein wenig bis der Abschlepper kam, dann lief es aber erstaunlich zügig. Ein pünktliches Erscheinen war allerdings nicht mehr möglich, was mich ziemlich kühl lies. Denn dieses Spiel würde mich vermutlich eh wieder aufregen, da war mir die Verzögerung beinahe willkommen, ich hab ja eh schön erhöhten Blutdruck. ATU in Eisleben hatte ein passendes Format vorrätig, das zügig aufgezogen wurde, und noch einige Minuten vor dem Ende der ersten Hälfte betraten wir den Away-Bereich des Stadions.
Das war nach der Begrüßung der ersten bekannten Gesichter gerade rechtzeitig, um durch ein Mundloch den Torjubel des Chemie-Anhangs mitzubekommen. Ziemliches Panne-Gegentor wie sich nachher herausstellte, da bekam Arnd Zeigler schon wieder Futter für das ‚Kacktor des Monats‘ frei Haus geliefert. Mit dem Rückstand ging es in die Halbzeit. Die Roten machten dann gar kein schlechtes Spiel, das soll auch im ersten Durchgang so gewesen sein, allein die Chancenverwertung hatte erneut mal wieder kaum Kreisliga-Niveau. Unglaublich, welche Einschussmöglichkeiten da wieder vergeben wurden. Die alte Regel ,Wer die Dinger von nicht macht, bekommt die Kirsche selber eingeschenkt‘ zog dann auch mal wieder und der HFC konnte eine Freistoßflanke unbedrängt zum zweiten Treffer des Tages verwerten. Was blieb waren mal wieder deutlich zu vernehmende „Dabrowski raus“-Rufe und die betretenen Gesichter der Spieler, als diese nach dem Schlusspfiff vor die Kurve kamen. Diese wurden aber nicht angefeindet, sondern mit Sprechchören zum Kampf für den Klassenerhalt aufgefordert und schließlich mit Applaus entlassen. Es geht in dieser vertrackten Situation nur gemeinsam. Das Ziel muss erreicht werden, dann sollte der Laden ausgemistet und neu ausgerichtet werden. Abschließend sogen wir auf dem Rückweg noch etwas geschichtliche Kultur am nahe der A38 auf einem Höhenzug liegenden Kyffhäuser Denkmal auf, des drittgrößten Deutschlands, das im 19. Jahrhundert zu Ehren Kaiser Wilhelms errichtet wurde. Schon ein Dutzend Male oder öfter dran vorbeigerauscht und bisher nie besucht. Das wurde also Zeit.
Zum Zeitpunkt der Textverfassung ist nun auch klar, dass der RWE den Klassenerhalt bereits geschafft hat, was einen Nervenkrieg im letzten Spiel gegen den Angstgegner aus Verl erspart. Entgegen der Erwartung konnte der VfB Oldenburg sein aufgrund einer Leichtathletikveranstaltung nach Wilhelmshaven verlegtes Heimspiel gegen Zwickau trotz früher Führung nicht gewinnen. Ironie des Schicksals, dass nun der FSV Zwickau mit seinem Auswärtssieg am Jadebusen den Rot-Weissen den Klassenerhalt sicherte, denn bereits mit dem Sieg am grünen Tisch nach dem Spielabbruch vor wenigen Wochen leisteten die Sachsen unfreiwillige Schützenhilfe. Insgesamt hat es einen etwas faden Beigeschmack, den Klassenerhalt nicht gänzlich aus eigener Kraft geschafft zu haben, wobei das ja relativ ist, denn die Punkte die zum Verbleib in der Liga berechtigen hat die Mannschaft ja dennoch geholt. Die Saison war nach der Wiederaufnahme nach der Winterpause mit gerade einmal drei auf dem Spielfeld errungenen Siegen natürlich dennoch ein Desaster mit begrenztem Spaßfaktor und ohne die drei Punkte aus dem Zwickau-Auswärtsspiel – es ist natürlich ungeklärt, wie dieses Spiel beim Remis-Stand in Überzahl ausgegangen wäre – würde der glorreiche RWE das Ende der Rückrunden-Tabelle zieren. Ein Sieg im letzten Spiel würde das Erreichte nun zumindest in etwas besseres Licht rücken.

Leverkusen – Do., 18.05.2023, 21:00

Bayer 04 Leverkusen vs AS Roma 0:0

BayArena, 30.210 Zuschauer, Europa League Halbfinale Rückspiel
Bei Abpfiff des besuchten Nachmittagsspiels in Remscheid wusste ich noch nicht, dass vier Stunden später diesem Europapokal-Halbfinale beiwohnen werde. Ich hatte mich in Remscheid mit Thomas über das Spiel ausgetauscht und ehrlich gesagt nicht mal auf dem Radar, dass das Halbfinal-Rückspiel des SV Bayer gegen die Roma heute stattfand. Als ich dann im Auto saß und die ersten Kilometer Richtung Home-Base absolviert hatte, gefiel mir die Idee aber immer besser, zumal die letzte Partie mit hohem Zuschaueraufkommen und ordentlich Feuer abseits derer des glorreichen RWE schon einige Wochen zurücklag. Also wurde der Kurs geändert und die Pillen-Stadt angesteuert, wo ich gute zwei Stunden vor Kick-off das Gefährt abstellte. Als ich mich dann dem ‚Stadion-Eck‘ vor der Autobahnbrücke näherte, war ich schon begeistert, dass ich so freudig erwartet wurde, denn hunderte Augenpaare blickten erwartungsfroh und gespannt in meine Richtung. Ernüchtert musste ich aber feststellen, dass die Aufmerksamkeit dem wenige Minuten später eintreffenden Mannschaftsbus galt, der mit motivierendem Support empfangen und mit Rauch- und Bengalfackeln eingenebelt das Spalier der Fans langsam durchfuhr. Ein erster guter Auftritt der Bayer-Szene. Die große Herausforderung war ja nun die Kartenbeschaffung, die ich aber entspannt anging, denn das absolute Muss war diese Partie ja nicht für mich. Die Kunst ist ja, den normalen Stadionbesucher zu finden, der warum auch immer noch ein Ticket übrig hat und dieses nur schnell loswerden möchte, damit er schnell ins Stadion gehen kann. Die professionellen ‚Zweitmarkt-Anbieter‘ mit ihren 150 Euro-Angeboten – die suchenden Römer Fans werden bestimmt zugeschlagen haben – wurden elegant weggelächelt und wenig später ein Steher für einen fairen Kurs erworben. Hat natürlich auch ein wenig mit dem Glück zu tun, im richtigen Moment am richtigen Ort dem richtigen Menschen in die Arme zu rennen, aber klappt ja irgendwie doch oft genug.
Die Ultras Leverkusen hatten zum Intro eine groß angelegte Choreo über die Nord- und die Osttribüne vorbereitet. Während die Nordkurve mit großem SV Bayer-Schriftzug unterlegt mit schwarzen Pappen und kleinen Details aus dem All nach den Sternen griff, wurde auf der Geraden groß angelegt das Gründungsjahr gezeigt. Letzteres war für mich aufgrund meiner Position aber leider nicht einsehbar. Im prall gefüllten Gästeblock wurde ein wenig gezündelt. Die Gastgeber rissen die Partie beflügelt vom eigenen Publikum sofort an sich. Das Leverkusener Stadion ist oft sicherlich nicht der Inbegriff des Hexenkessels, aber was heute von den Rängen kam, war oft annähernd brachial, das war schon richtig stark. Der Away-Sektor war so gut wie nie zu hören, allerdings war dieser von meiner Position auch so weit weg, wie nur möglich. Die Werkself erspielte sich einige Möglichkeiten, die aber zu unpräzise abgeschlossen wurden, während die Römer sich nur ein Mal gefährlich dem Bayer-Tor näherten, es sollte das einzige Mal im ganzen Spiel bleiben. Folgerichtig ging es torlos in die Pause. Zum Wiederanpfiff wurden dann in der ersten Reihe der Nordkurve an die 50-60 Fackeln gezündet. Schöne Pyro-Einlage, wird aber kosten, denn der Referee unterbrach die Partie aufgrund der Rauchentwicklung, vielleicht aber auch damit die Spieler ebenfalls die Gelegenheit bekamen, den wunderschönen Anblick zu genießen.
Auch in der Folge wurden immer mal wieder ein, zwei, drei Fackeln gezündet. Und auch die Spieler brannten nun richtig und schnürten die Roma endgültig ein. Den doppelten Betonriegel vor dem Sechzehner zu knacken, war aber nicht einfach, zumal die Lufthoheit auf Seiten der Gäste lag. Dennoch wurden an die zehn mal besseren, mal schlechteren Torgelegenheiten kreiert, aber die Kirsche wollte nicht ins Ziel finden. Spätestens nach einer Stunde Spielzeit dehnten die Italiener auch ihre elendige Zeitschinderei immer weiter aus, dass es schon erbärmlich war. Die prozentuale Netto-Spielzeit schrumpfte vor sich hin, wie das Packeis vor Grönland. Das Training von Romas Übungsleiter Mourinho – auch nicht gerade ein Sympathieträger – muss wirklich hart sein, da seine Spieler umfielen wie die Fliegen und dann minutenlang im Todeskampf liegenblieben. Noch trauriger war nur, dass die Gäste mit dieser elendigen Strategie auch noch durchkamen und mit dem Finaleinzug belohnt wurden. Für Bayer platzte damit der Traum vom Endspiel, was einige Ultras so auf die Palme brachte, dass sie noch einen kurzen Auftritt auf dem Rasen hatten, aber vom Ordnungsdienst zügig wieder auf die Tribüne gebeten wurden. Prinzipiell ein toller, kurzweiliger Fußballabend, nur leider mit dem falschen Ausgang.

Remscheid – Do., 18.05.2023, 15:30

FC Remscheid vs SSV Bergisch-Born 2:0

Stadion Reinshagen, 1.000 Zuschauer, Kreispokal Remscheid Finale
Als ich der Maschine morgens den ersten Kaffee abgerungen hatte, wusste ich noch gar nicht, dass der Fußballtag so laufen sollte, wie er dann lief. Geplant war der Besuch des Iserlohner Kreispokalfinales und im Anschluss jenes des Kreises Arnsberg. Beim Durchschauen der Spiele im Umkreis fiel mir dann erst auf, dass das Remscheider Finale im ‚Stadion Reinshagen‘ ausgetragen wurde. Grund genug den eigentlichen Plan über den Haufen zu schmeißen und die Destination anzupassen, entzerrte auch den Zeitplan. War natürlich klar, dass der Kick massig Leute unserer ‚Bewegung‘ anziehen würde, worauf ich ja nicht sonderlich stehe, ich habe lieber meine Ruhe. Anders als mit dem eher unregelmäßig hier ausgetragenen Kreispokal-Finale ist das Stadion aber auch schwer mit einem Fußballspiel zu erleben, denn dieses ist Spielort der ortsansässigen Football-Teams. So traf ich aber zufällig nach längerer Zeit mal wieder auf Thomas, wurde auch Zeit, sich mal wieder über Erlebtes und Geplantes auszutauschen. Schmuckstück des Stadions ist natürlich die stattliche Tribüne, aber auch die schnuckelige Gegenseite kann sich sehen lassen. Dennoch schwer vorstellbar, dass hier Anfang der 80er Jahre Zweitliga-Fußball gespielt wurde, als der Vorgänger-Verein des heutigen FC Remscheid, der BV 08 Lüttringhausen während des Umbaus des Röntgenstadions hierhin ausweichen musste. Vermutlich gab es damals aber auch mehr Ausbau, denn die Kurven kommen heute gänzlich ohne Infrastruktur daher. Zum heutigen Spiel raffte sich die ‚Szene Remscheid‘, die ja nicht bei jedem Spiel in Erscheinung tritt, zur organisierten Unterstützung auf. Das Vorhaben wurde auch gut umgesetzt und das Team die ganze Spielzeit über lautstark supportet. Lange war die überschaubar spannende Partie ausgeglichen, bis der Landesligist den Bezirksligisten aus dem Stadtteil Bergisch-Born im Laufe der zweiten Hälfte in die Knie zwang.

Rheine – Mi., 17.05.2023, 19:00

SC Altenrheine vs SV Mesum 0:4

Sportpark Altenrheine, 900 Zuschauer, Kreispokal Steinfurt Finale
Wenn dieser ein wenig weiter vom heimatlichen Headquarter entfernte Arbeitsplatz etwas Gutes hat, dann, dass nach Feierabend auch mal ein Spielort entdeckt werden darf, der von daheim eine längere Anfahrt erfordert. Das Pokalfinale des Kreises Steinfurt lockte mit dem Derby der Rheiner Ortsteile Altenrheine und Mesum. Die Gastgeber waren als Landesligist Außenseiter gegen den Westfalenligisten. Auch 899 andere Zuschauer wurden von diesem Spiel angezogen, davon waren etwa 150 den Gästen zuzurechnen, von denen gut die Hälfte die kurze Entfernung mit einem Doppeldecker-Bus zurücklegte. Eine kleine Sitztribüne hat der Hauptplatz der Anlage zu bieten. Auf dem begrünten Wall neben dieser sammelten sich etwa 40-50 Leute, um die Heimmannschaft akustisch zu unterstützen. Und auch, um den Gegner unter der Gürtellinie zu beleidigen. Auch Banner wurde angebracht und zum Intro gab es eine Oldschool-Bierglasmanschetten-Choreo. Die Anwesenden bekamen eine spannende Partie geboten, in der lange Zeit bis tief in die zweite Halbzeit kein Klassenunterschied zu bemerken war. Dann brachen bei den Gastgebern die Defensiv-Dämme und der Favorit setzte sich deutlich mindestens zwei Tore zu hoch durch.

Essen – So., 14.05.2023, 13:00

Rot-Weiss Essen vs TSV München von 1860 2:2

Stadion an der Hafenstraße, 18.187 Zuschauer, 3.Liga
Es laufen die letzten Sekunden der Nachspielzeit. Isi Young wird noch mal auf links freigespielt. Die folgende Flanke ist mal wieder unterirdisch, wird aber von der Münchener Abwehr hoch über den herauseilenden Schnapper abgefälscht, so dass sich ‚Engel‘ plötzlich die Kopfball-Chance eröffnet. Im Rückwärtslaufen bekommt er aber nicht mehr viel Druck auf den Ball, der nun in aller Ruhe in Richtung des verwaisten Tores trudelt. Löwen-Verteidiger Verlaat erreicht die Kirsche bei seinem Klärungsversuch deutlich sichtbar erst hinter der Linie. Der Treffer zählt und der Referee beendet die Partie direkt im Anschluss. Ein glücklicher Punktgewinn vor erneut großartiger Kulisse, aber nicht unverdient und nach den ganzen in den Schlussminuten vergeigten Siegen, auch nichts anderes als eine Spur ausgleichende Gerechtigkeit. Nur in zwei Spielen der Saison konnte der RWE kurz vor dem Ende entscheidende Tore erzielen und beide Male hieß der Gegner TSV 1860, der buchstäblich in letzter Sekunde des Sieges beraubt wurde. Schicksal. Dabei war zumindest heute auch noch mehr drin, denn die Roten spielten eine – an der aktuellen Situation gemessen – ordentliche Partie, versäumten es aber, nach dem Führungstor den zweiten Treffer nachzulegen. Daher konnten die Löwen den Kick im zweiten Durchgang drehen, da die rot-weisse Deckung bei schnellen Vorstößen des Gegners mal wieder arge Probleme bekam und Außenverteidiger Plechaty, der in den vergangenen Monaten seinem Leistungsvermögen hinterlief, nur aufgrund der dünnen Personaldecke in der Startelf stand, aber eine wirkliche saubere Partie ablieferte, leider einen schwachen Moment hatte und den hinter ihm heranstürmenden Sechz’ger übersah.
Exakt ein Jahr nach dem Aufstiegs-Tag war die Stimmungslage angespannt. Schon vor dem Anstoß hatte es Unmutsäußerungen und Protest-Transparente gegen Trainer Dabrowski gegeben. Dieser, der ja aktuell aus der Truppe nicht gerade eine Punkte-Maschine macht, hatte sich auf die Nachfrage eines Reporters, ob ihm die seit ein paar Wochen gegen ihn aufkommenden Sprechchöre etwas ausmachen, wenig sensibel und eher arrogant geäußert, dass er keine Lust habe, jede Woche zu den „den Rufen von 200 Leuten“ Stellung zu beziehen. In einer Mischung aus mangelnder Selbstreflexion und Fehleinschätzung, hatte er wohl überhört, dass die Rufe eher aus 2-3.000 Kehlen kommen, Tendenz definitiv steigend. Weitere Unruhe brachte die Führungsriege in den Verein, in dem sie den bei den Fans beliebten Zeugwart Sommer beurlaubte, der – in welcher Form wurde nicht kommuniziert – Unruhe in der Kabine verursacht haben soll. Ohne Details zu kennen, möchte ich der Vereinsführung mangelndes Fingerspitzengefühl unterstellen, denn in der aktuell eh schwierigen Phase, hätte man das zunächst bestimmt eleganter lösen und weitere Entscheidungen nach Saisonschluss treffen können. Dass vor einigen Tagen bereits verkündet wurde, den Vertrag von Publikumsliebling Felix ‚Herze‘ Herzenbruch nicht zu verlängern, machte alles nicht besser. Sportlich ist die Entscheidung nachvollziehbar, denn Herze gerät auf diesem Niveau aktuell sicher an seine Grenzen. Emotional ist das aber ein Eigentor, denn der Mann gehört zur heutzutage selten gewordenen Spezies, die glaubhaft machen, alles für den Verein zu geben. Solche Leute sind für eine erfolgreiche Mannschaft unabdingbar und so hätte man Herze einfach als Typen und Ergänzungsspieler halten müssen. Herzenbruch hat das Herz am rechten Fleck und wäre auch in der Reservistenrolle sicher nicht unbequem geworden. Zudem zeigte er gegen die Löwen eine blitzsaubere Vorstellung. Dass nun auch bekannt wurde, dass Aufstiegsheld ‚Engel‘ den Verein verlässt und diesbezüglich Fragen offenblieben, lässt die Kritiker lauter werden. Es sind stürmische Zeiten an der Hafenstraße.
Auch die Gästeszene hat ja so ihre Nebenkriegsschauplätze zu beackern. Zu der schon länger schwelenden Konfrontation mit Anthony Power, dem verlängerten Arm des unbeliebten Investors Ismaik, gesellten sich am heutigen Tage noch Probleme mit Ordnern und Staatsmacht. Bei einem Szene-Mitglied war beim Einlass Pyrotechnik gefunden worden. Obwohl bei der Person nach meinem Kenntnisstand nur eine Personalien-Feststellung und keine Festnahme vollzogen wurde, entschieden die Löwen-Ultras, den Support nach wenigen Minuten einzustellen, zusammenzupacken und das Stadion zu verlassen. Ich maße mir nicht an das zu bewerten, da ich keine Details kenne. Der Punkt gegen 1860 könnte eventuell schon den Klassenerhalt bedeuten, denn RWE hat bei noch zwei ausstehenden Spielen sechs Punkte mehr und ein deutlich besseres Torverhältnis als der VfB Oldenburg, der auf dem ersten Abstiegsplatz steht. RWE müsste also beide Spiele in Halle und gegen Verl verlieren (möglich!) und Oldenburg beide Spiele gegen Zwickau (wahrscheinlich!) und in Dresden (schwierig!) einigermaßen hoch gewinnen. Ich bin aber Realist und glaube nur an Tatsachen und das, was ich sehe. Also brauchen wir noch diesen einen verf***ten Punkt oder Oldenburger Hilfe, um sicher zu sein. Zu unserem Trainerfuchs und der Kritik an diesem möchte ich nur darauf verweisen, dass in den letzten 21 Meisterschaftsspielen gerade einmal drei Siege auf dem Spielfeld errungen wurden. Ich bin mit dem erreichten dennoch zufrieden, denn mehr als den Klassenerhalt habe ich vor der Saison nicht gefordert. Allein die Art und Weise macht aber einfach keinen Spaß mehr und das seit Wiederaufnahme des Spielbetriebs nach dem Winter.