Halle – Sa., 20.05.2023, 14:00

Hallescher FC vs Rot-Weiss Essen 2:0

Sportpark Halle, 12.773 Zuschauer, 3.Liga
Das Spiel bei den Chemikern von der Saale hatte richtungsweisenden Charakter. Mit einem Punktgewinn wäre der Klassenerhalt gesichert, bei einer Niederlage musste mit Rechenspielchen begonnen werden, denn unter Voraussetzung eines Oldenburger Sieges gegen Zwickau und einer erneuten Niederlage der Rot-Weissen am letzten Spieltag, sowie einem weiteren Sieg des VfB in Dresden, das alles mit entsprechenden Tor-Differenzen, wäre der Abstieg in der Theorie noch möglich. Die Sollbruchstelle war nach einhelliger Meinung das Auswärtsspiel der Norddeutschen in Dresden. Dass sie dort gewinnen würden, dazu noch deutlich und vor dem Hintergrund, dass Dynamo selber noch Zählbares für den Aufstieg benötigt, schien unwahrscheinlich. Aber letztlich ist der RWE an dieser Gemengelage beteiligt, das ist ein nicht zu unterschätzender Faktor, denn mit diesem Verein habe ich in meinem nun schon 37 Jahre währenden Fan-Dasein schon (fast) alles erlebt. Eine Neuerung gab es bei dieser Auswärtsfahrt trotzdem. Kurz vor dem Ziel bremste uns eine Reifenpanne aus, das hatte ich auf einer Auswärtsfahrt noch nicht erlebt. Mangels Ersatzrades musste der große gelbe Automobilclub helfen und es dauerte ein wenig bis der Abschlepper kam, dann lief es aber erstaunlich zügig. Ein pünktliches Erscheinen war allerdings nicht mehr möglich, was mich ziemlich kühl lies. Denn dieses Spiel würde mich vermutlich eh wieder aufregen, da war mir die Verzögerung beinahe willkommen, ich hab ja eh schön erhöhten Blutdruck. ATU in Eisleben hatte ein passendes Format vorrätig, das zügig aufgezogen wurde, und noch einige Minuten vor dem Ende der ersten Hälfte betraten wir den Away-Bereich des Stadions.
Das war nach der Begrüßung der ersten bekannten Gesichter gerade rechtzeitig, um durch ein Mundloch den Torjubel des Chemie-Anhangs mitzubekommen. Ziemliches Panne-Gegentor wie sich nachher herausstellte, da bekam Arnd Zeigler schon wieder Futter für das ‚Kacktor des Monats‘ frei Haus geliefert. Mit dem Rückstand ging es in die Halbzeit. Die Roten machten dann gar kein schlechtes Spiel, das soll auch im ersten Durchgang so gewesen sein, allein die Chancenverwertung hatte erneut mal wieder kaum Kreisliga-Niveau. Unglaublich, welche Einschussmöglichkeiten da wieder vergeben wurden. Die alte Regel ,Wer die Dinger von nicht macht, bekommt die Kirsche selber eingeschenkt‘ zog dann auch mal wieder und der HFC konnte eine Freistoßflanke unbedrängt zum zweiten Treffer des Tages verwerten. Was blieb waren mal wieder deutlich zu vernehmende „Dabrowski raus“-Rufe und die betretenen Gesichter der Spieler, als diese nach dem Schlusspfiff vor die Kurve kamen. Diese wurden aber nicht angefeindet, sondern mit Sprechchören zum Kampf für den Klassenerhalt aufgefordert und schließlich mit Applaus entlassen. Es geht in dieser vertrackten Situation nur gemeinsam. Das Ziel muss erreicht werden, dann sollte der Laden ausgemistet und neu ausgerichtet werden. Abschließend sogen wir auf dem Rückweg noch etwas geschichtliche Kultur am nahe der A38 auf einem Höhenzug liegenden Kyffhäuser Denkmal auf, des drittgrößten Deutschlands, das im 19. Jahrhundert zu Ehren Kaiser Wilhelms errichtet wurde. Schon ein Dutzend Male oder öfter dran vorbeigerauscht und bisher nie besucht. Das wurde also Zeit.
Zum Zeitpunkt der Textverfassung ist nun auch klar, dass der RWE den Klassenerhalt bereits geschafft hat, was einen Nervenkrieg im letzten Spiel gegen den Angstgegner aus Verl erspart. Entgegen der Erwartung konnte der VfB Oldenburg sein aufgrund einer Leichtathletikveranstaltung nach Wilhelmshaven verlegtes Heimspiel gegen Zwickau trotz früher Führung nicht gewinnen. Ironie des Schicksals, dass nun der FSV Zwickau mit seinem Auswärtssieg am Jadebusen den Rot-Weissen den Klassenerhalt sicherte, denn bereits mit dem Sieg am grünen Tisch nach dem Spielabbruch vor wenigen Wochen leisteten die Sachsen unfreiwillige Schützenhilfe. Insgesamt hat es einen etwas faden Beigeschmack, den Klassenerhalt nicht gänzlich aus eigener Kraft geschafft zu haben, wobei das ja relativ ist, denn die Punkte die zum Verbleib in der Liga berechtigen hat die Mannschaft ja dennoch geholt. Die Saison war nach der Wiederaufnahme nach der Winterpause mit gerade einmal drei auf dem Spielfeld errungenen Siegen natürlich dennoch ein Desaster mit begrenztem Spaßfaktor und ohne die drei Punkte aus dem Zwickau-Auswärtsspiel – es ist natürlich ungeklärt, wie dieses Spiel beim Remis-Stand in Überzahl ausgegangen wäre – würde der glorreiche RWE das Ende der Rückrunden-Tabelle zieren. Ein Sieg im letzten Spiel würde das Erreichte nun zumindest in etwas besseres Licht rücken.