Ingolstadt – Sa., 25.02.2023, 14:00

FC Ingolstadt 04 vs Rot-Weiss Essen 1:1

Sportpark Ingolstadt, 4.141 Zuschauer, 3.Liga
Und schon wieder ein Gegentreffer kurz vor dem Abpfiff, der Zählbares raubt. Hätte mir vor dem Spiel einer gesagt, wir nehmen einen Punkt aus Ingolstadt mit, hätte ich das so unterschrieben. Das Remis dürfte auch soweit in Ordnung gehen, aber das Zustandekommen fühlt sich wieder eher nach Niederlage an. Die Reise in die Audi-Stadt ist zusammen mit der Aufgabe bei der Freiburger Reserve das wohl undankbarste Auswärtsspiel. Es ist weit weg und die Attraktivität des gastgebenden Vereins hält sich stark in Grenzen. Aber wir wollten es so und alles ist besser als Wegberg und Straelen. Der Hinweg gestaltete sich dann auch verdammt zäh, da in den Niederlanden die Frühlingsferien begonnen hatten und sich das gesamte Land in den Skiurlaub aufmachte. Unglaublich, welche Masse an Fahrzeugen mit gelben Nummernschildern um sechs Uhr morgens auf der Autobahn unterwegs war. Falls jemand kriminelle Energie verspürt – im Nachbarland dürften aktuell acht von zehn Häusern unbewohnt sein…! Aufgrund ausreichend großen Zeitpuffers reichte es trotz sechs Stunden Fahrzeit noch zu einem zünftigen Mittagessen im Gasthaus Stangl bevor es zum nach den Autos mit den vier Ringen benannten Stadion ging, das etwas verloren und steril am östlichen Stadtrand auf der Wiese steht. Grundsätzlich sieht das knapp 16.000 Menschen fassende Ding aber ganz brauchbar aus und für die Bedürfnisse der ‚Schanzer‘ reicht es allemal, ist eigentlich sogar zu groß. Der Spitzname ‚Schanzer‘ gebührt übrigens nicht dem Fußballverein exklusiv, sondern historisch bedingt allen Einwohnern der Stadt.
Die aktive Szene des Vereins umfasst vielleicht 80 oder 100 Leute und wird nicht ganz zu unrecht etwas belächelt. Ist ja auch irgendwie schon bezeichnend, dass die Randbereiche des Heimblocks mit großen Bannern abgespannt wurden, um diesen kompakter wirken zu lassen. Dementsprechend wenig war von der anderen Seite zu hören oder, um es genau zu sagen, eigentlich gar nix. Dafür reichte auch die in dieser Saison geringste Auswärts-Meute aus der schönsten Stadt der Welt. Exakt 865 Leute waren für den RWE angereist, was natürlich noch immer allen Ehren wert ist. Der Support aus dem Gästebereich war dann nicht sehr oft brachial, aber dafür konstant und bestand aus einer guten Mischung aus altem und neuem Liedgut. Dabei machten es die Roten es ihrem weitgereisten Anhang zu Beginn nicht einfach. Zwar stand die Defensive wieder sicher, sodass die Gastgeber auch keine brisanten Akzente setzen konnten, aber der RWE fand erst einmal fast gar nicht statt. Es kam kaum ein Ball zum eigenen Mann, annähernd jede zarte Offensivbemühung erstickte an eigener Unzulänglichkeit. Es war, als ob die Mittellinie zur unüberwindbaren Grenze mutierte. Das Team brauchte eine satte halbe Stunde, um ins Spiel zu finden. Die erste gelungene Offensivaktion war dann der Türöffner, als ein Rother-Kopfball seinen Meister im Ingolstädter Schlussmann fand. Ganz anders sah es dann aber nach der Pause aus. Nun war es ein weitestgehend ausgeglichenes Spiel, allerdings wurden beidseitig weiterhin nur wenige Strafraumszenen kreiert.
Das lag auch an der mittlerweile exzessiv gelebten rot-weißen Ein-Stürmer-Strategie. Berlinskis Laufleistung in 90 Minuten reicht wahrscheinlich locker um den ganzen Planeten zwei Mal zu umrunden, aber es kommen dabei eben nur zwei Ballkontakte zustande, die dann auch meist kläglich enden. Hier hätte mal wieder etwas früher gewechselt werden dürfen, wurde es aber nicht, vielleicht gewöhne ich mich ja irgendwann mal dran. Dabrowski raus, nur um das mal gesagt zu haben! Als ich langsam an ein torloses Remis glauben wollte, segelte eine weite Flanke von Kefkir in den Strafraum, ein Ingolstädter Verteidiger verschätzte sich und der eben erst eingewechselte Harenbrock, der nach langer Zeit mal wieder Einsatzminuten bekam, bugsierte die Murmel zehn Zeigerumdrehungen vor Schluss mit dem ersten Ballkontakt per Knie über die Torlinie. Schöner Tor-Pogo, die unerwarteten Treffer feiert man doch immer wieder am geilsten. Als dann Golz noch den Ausgleich mit einer Wahnsinnstat verhinderte, glaubte ich langsam dran, dass wir es durchbringen. In der Schlussminute bekam Rot-Weiss einen Einwurf nahe der Eckfahne in der Ingolstädter Hälfte zugesprochen. Die Gastgeber eroberten den Ball, der RWE schaffte es nicht, mal ein Foul zu ziehen und der weit in die Spitze geschlagene Ball kam genau in den Lauf eines Schanzer-Stürmers. Der eingewechselte Sponsel, der sich ja immer ähnlich beweglich zeigt wie ein Zinnsoldat, musste den Mann ziehen lassen, der dann zum Ausgleich einschob. Ein Gegentor der Marke oberdämlich, zumindest was die Entstehung angeht. Ein Rätsel, warum man bei eigener Führung kurz vor dem Abpfiff so offensiv stehen muss. Mal wieder verlorene Zähler in der Schlussphase, in den sechs Spielen nach der Winterpause nun schon zum dritten Mal. Zwar ist der Vorsprung auf die Abstiegsplätze wundersam noch um einen Zähler angeschwollen, aber mit mehr Konzentration in den Schlussphasen könnte man sich längst mit der Planung der nächsten Spielzeit beschäftigen. Ärgerlich, aber es hilft nix – es ist wie es ist.