
Gillingham FC vs Colchester United FC 0:1
Priestfield Stadium, 4.970 Zuschauer, Football League Two
Auf der Suche nach ein wenig Fußball nach Weihnachten, fiel die Wahl auf Südwest-England, weil mir die Flüge zu teuer waren. Daher also Anreise mit dem eigenen Auto per Fähre. Ziemlich unerwartet wurde meine Schwester meine Begleitung für den Kurz-Trip. Am frühen Morgen des zweiten Weihnachtstages ging es los und mehr als 60 Minuten vor Fährabfahrt in Calais angekommen, mussten wir lernen, dass dies zu spät war. Keine Ahnung, ob das aktuell nach dem Brexit der Standard ist, aber da sowohl Ausreise aus der EU als auch Einreise ins Vereinigte Königreich im Abfahrtshafen stattfinden und sich die Abfertigung äußerst zäh gestaltete, verpassten wir das gebuchte Boot deutlich. Prinzipiell kein Problem, da wir unkompliziert den nächsten Pott entern durften. Dieser schwamm aber erst gute drei Stunden später los, was uns zum einen ein ordentliches Stück Zeit des eh schon kurzen Aufenthaltes auf der Insel raubte, und vor allem ein pünktliches Erreichen des geplanten Spieles unmöglich machte. Eine brauchbare Alternative gab es nicht, also wurde das verspätete Eintreffen am Spielort in Kauf genommen, was sich aufgrund großzügiger Auslegung der britischen Verkehrsregeln auf eine Viertelstunde begrenzte. Ein paar Minuten wurden noch für die Parkplatzsuche verschwendet, ehe sich am Stadioneingang das nächste Problem offenbarte – die Ticketschalter waren schon geschlossen. Die Lösung fand sich mit einer freundlichen Stewardine, die uns nach kurzer Erläuterung des Dilemmas einfach kostenneutral ins Stadion einließ. Das dürfte im vom Sicherheitswahn zerfressenen Königreich ein Sechser im Lotto gewesen sein.
Wir betraten das Stadion letztlich 25 Minuten nach Kick-off gerade noch rechtzeitig, um das Tor des Tages zu verpassen. Das Spiel des Letzten gegen den Vorletzten hätte die Tabellensituation nicht besser wiederspiegeln können. Viel gelang beiden Teams nicht und vor allem die ‚Gills‘ bewiesen, warum sie in 20 Meisterschaftsspielen ganze sechs Tore erzielt hatten. Eine hochkarätige Torchance für die Gastgeber gab es eigentlich gar nicht, aber auch die Gäste machten es nicht viel besser. Spätestens ab League One abwärts ist das auf der Insel auch eine ganz eigene Art Fußball. Sehr intensiv, sehr kampflastig, es wird jederzeit gradlinig versucht, den Ball in die Box zu befördern, meist erfolglos. Das Priestfield Stadium ist ein Mix aus Moderne und früherer Fußball-Epoche. Die unüberdachte, etwas marode wirkende Stahlrohr-Konstruktion hinter einem der beiden Tore wird offensichtlich gar nicht mehr benutzt. Charakteristisch ist die Lage mitten in einem Wohngebiet mit typisch britischen Reihenhäusern. I like it. Jubeln durften am Ende nur die knapp 500 Gäste-Fans aus der benachbarten Grafschaft Essex und ich behaupte mutig, dass die Gills, nach der abgelaufenen Saison erst unglücklich durch das schlechtere Torverhältnis aus der League One abgestiegen, die Klasse erneut nicht halten werden. Der Funke Hoffnung glimmt zwar, da es angeblich einen Investor aus den Staaten gibt, der das schlingernde Schiff wieder auf Kurs bringen soll, jedoch hört sich auch das ja eher nach Untergang als nach Aufschwung an, denn derartige Bücher wurden ja schon reichlich geschrieben.













