Hang Jebat Stadium, 7.000 Zuschauer, Liga Super Malaysia
8 Uhr schellte der Wecker. Bis ich aber mal los kam, war es beinahe halb zehn. Zu Fuß zur Metro, mit dieser gute 45 Minuten gen Norden bis zur Station Kranji. Dort in den grenzüberschreitenden Bus Nummer 170. Dieser fährt für 1,70 S-Dollar bis zum Bus-Terminal Larkin in Johor, der Grenzstadt auf malaysischer Seite. Funktioniert so… am Woodlands-Checkpoint springt man auf singapurischer Seite raus aus dem Bus für die Ausreise. Dort ging es schnell, in einer Minute war ich durch. Dann nimmt man den nächsten Bus, kann derselbe sein wie vorher, muss aber nicht, denn es kann auch alles mal länger dauern. Die Dinger fahren alle paar Minuten, man kann jeden x-beliebigen Bus der Linie nehmen. Über die Brücke mit Namen Johor-Causeway geht es auf die malaysische Seite. Dort dann dasselbe Spiel. Übrigens einer der meist frequentierten Grenzposten der Welt, da viele Malaysier in Singapur arbeiten und täglich pendeln. Daher hatte ich hier auch ne gute Stunde einkalkuliert. De facto war aber gar nix los und nach fünf Minuten saß ich schon wieder im Bus. Am Larkin-Terminal zunächst mit einheimischer Währung (10 Ringgit sind 2,15 Euro) und einer SIM-Card versorgt und dann den nächsten Bus nach Melaka geentert. Die besseren Busse sind im Südamerika-Style ausgestattet (oder sind die südamerikanischen Busse im Südostasien-Style ausgestattet? – man weiß es nicht), bedeutet nur drei tief nach hinten klappbare Sitze pro Reihe mit viel Beinfreiheit. Die gut zweieinhalb Stunden und 200 Kilometer kosteten in diesem Gefährt unverschämte 20 Ringgit, also 4,30 Euro.
Damit traf ich schon um 15 Uhr am Melaka-Sentral ein. Dort direkt das Ticket für den nächsten Tag klar gemacht. Die bekannte Info war eine Fahrtdauer von circa zwei Stunden zum KLIA, Kuala Lumpur International Airport, aber ich wollte das vorsichtshalber bestätigt haben. Daher mal den Schmierlappen am Info-Schalter gefragt und der antwortete allen Ernstes „Five hours“ und selbst dieses „depends on the traffic“. Is klar Mister, ab zum Ticketschalter, der Kumpel dort wirkte auch etwas heller in der Rübe und meinte, zwei Stunden sollten klar gehen, maximal zweieinhalb. Keine fünfzehn Minuten Fußweg später checkte ich im JW-Boutique-Hotel ein. Hört sich gut an, aber Nomen ist nicht immer Omen. Aber es war alles da, was man braucht, Bett und eigenes Bad mit Handtüchern, ein wenig mangelte es an Sauberkeit, aber das ist ja so ein Südostasien-Fetisch, sauber ist da eben nicht immer sauber. In der Regel findet man selbst in den besser aufgestellten Hotels immer das eine oder andere Haar. Auch bei der Bettwäsche bin ich mit nicht immer sicher, ob ich wirklich der erste bin, der sich da rein schmeißt, aber okay. Ich werde halt im Alter etwas anspruchsvoller. Die Butze war unter dem Strich okay, noch weniger Komfort kann ich aber auch nicht mehr vertragen. Wenn ich daran denke, in was für Löchern ich früher gehaust habe, kann ich mich über meine heutige Bequemlichkeit nur wundern. Für 19 Euro ging das jedenfalls klar. Ein Stündchen ausgeruht, dann wurden wieder die Schuhe geschnürt. Eine gute halbe Stunde Fußweg waren es ins historische Zentrum. Melaka stand mal unter holländischer Knute, daher sind Straßen- und Gebäudenamen dort entsprechend benannt. Das Stadhuys, das Rathaus, entspricht 1:1 dem in Hoorn am Ijsselmeer. Dann noch nen Tempel angeschaut und ab auf den Jonker-Walk, der sich zum späten Nachmittag in eine Fressmeile verwandelt. Da kam ich ja grad recht.
Drei Spieße schwerer, war es dann an der Zeit die Grab-App (natürlich von „to grab“ angelehnt) zu testen. Funktioniert genau wie Uber. Innerhalb von fünf Minuten saß ich in einem Fahrzeug mit Zielvorgabe Hang Jebat Stadium. Der Fahrer-Mokel fragte allen Ernstes, warum ich da hin wollte. Hm, mal überlegen, Fußball vielleicht? Der Ground liegt weit außerhalb der Stadt, die Fahrt für 19 Ringgit, vier Euro, dauerte eine halbe Stunde. Etwas mehr als eine Stunde vor Kick off traf ich ein. Viel war noch nicht los, mit mehr als 5-8tsd Zuschauern rechnete ich auch nicht. Vor der Haupttribüne trafen sich zwei Fangruppen, die sich sangesmäßig einstimmten und dann in ihre Kurven zogen. Also ging ich auch rein und joa – fettes, feines Teil musste ich anerkennend feststellen. Stadion mit Laufbahn, ein durchgehender Unterrang und Haupt- und Gegentribüne mit einem großen Oberrang und jeweils noch einem kleinen Dachgeschoss. Die Haupttribüne ist komplett durch ein gewölbtes Dach geschützt. Sehr schickes Stadion. In den Kurven hatten sich die beiden Ultra-Gruppen von circa je 50 Leuten niedergelassen und es ging mir erst einmal auf den Sack, dass zwei recht überschaubare Gruppen es nicht hin bekamen, sich zu vereinen. Im Verlaufe der ersten Hälfte kamen mir die jeweils gezeigten Emotionen dann aber merkwürdig vor. Aber es musste nach einer guten Stunde erst das einzige Tor des Tages fallen, bis ich schnallte, dass eine der Kurven von den Gästen bevölkert wurde. Hätte mir zwar auffallen dürfen, da bei genauem Hinsehen die einen in grün-weiß und die anderen in grün-gelb gehüllt waren, aber bei weiß gegen rot auf dem Rasen kam ich nicht auf die Idee. Kedah ist in Alor Setar beheimatet, immerhin 500 Kilometer entfernt, an der Grenze zu Thailand, da hatte ich mit Gästen gar nicht gerechnet. Eine gesamte Kurve gehörte Kedah, dort befanden sich etwa 750 Leute, aber es waren vermutlich auch genug Exil-Kedahner darunter. Auch noch am späten Abend war die Luftfeuchtigkeit fast unerträglich. Es wirkte fast, als ob Nebel aufgezogen wäre. Spielerisch war es typischer Asien-Kram. Die einzelnen Akteure viel zu ballverliebt und vor dem Tor wollen sie den ganz Großen raushängen lassen, was natürlich meist zum Scheitern verurteilt ist.
Gegen 23 Uhr war dann Feierabend und es ergab sich die befürchtete Situation. Der Ground ist wirklich in der Pampa. ÖPNV war Fehlanzeige und Grab meldete mir „too busy“. Nun war also wieder die klassische Nummer gefragt… Leute anquasseln und um den Lift in die Stadt bitten. Was gar nicht so einfach war, da viele Vereine in Malaysia die ganze Region repräsentieren und die Zuschauer aus dem ganzen Umland kommen. Dazu war es auf dem Parkplatz stockdunkel und es war schwierig, überhaupt etwas zu erkennen. Deshalb quatschte ich aus Versehen auch ein paar Gäste-Fans an, die mich etwas irritiert ansahen. Der zehnte oder zwölfte war dann mein Mann. Am Busbahnhof schmiss er mich raus und Kohle wollte er auch nicht. Top Typ, dafür Terima Kasih! Halb zwölf war es nun durch und wenn ich vernünftig gewesen wäre, hätte ich den kurzen Weg ins Hotel eingeschlagen. Mit Vernunft-Entscheidungen habe ich aber auch im Alter von gefühlt 75 Jahren so meine Probleme, also rief ich ein Grab und ließ mich zum Jonker-Walk bringen. Drei Guinness gönnte ich mir noch im Irish Pub, einem der wenigen Schuppen, die noch geöffnet hatten. Bis ich letztlich das Licht aus machte, war es halb zwei durch. Nicht allzu clever. Gerade erst die Zeitschikanen des Hinfluges verwunden und direkt den nächsten Schlafmangel provoziert.