Rom – Sa., 11.02.2023, 20:45

SS Lazio vs Atalanta Bergamasca Calcio 0:2

Stadio Olimpico, 41.000 Zuschauer, Seria A
Mein allgemeines Bild vom Italiener an sich, dem man ja etwas großzügigeren Umgang mit der Ehrlichkeit nachsagt, ist nun nachhaltig erschüttert. Nach Rückkehr aus Terni, hatten wir so gerade eben Zeit, den Mietwagen an der Unterkunft abzustellen und uns in ein Taxi in Richtung ‚Olimpico‘ zu schmeißen. Um Beschiss durch die Taxi-Mafiosi vorzubeugen, verfolge ich den Fahrweg ja immer am Handy mit und habe die dumme Angewohnheit, den Knochen zwischen Sitz und Oberschenkel zu klemmen, wenn ich gerade mal nicht drauf schaue. Das hat mich seinerzeit in Quito schon mal ein Mobiltelefon gekostet. Nach dem Aussteigen in der Stadion-Peripherie wollte ich mich mit Hilfe des Smartphone orientieren, um zu sehen, zu welchem Eingang wir müssen. Darauf schoss dann ein kurzer Schauer den Rücken runter, denn das Teil lag noch immer auf dem Rücksitz des soeben abgefahrenen Taxis. Cazzo!! Quito reloaded also. Von Malos Handy rief ich nun pausenlos auf meinem Telefon an, hatte zwar Freizeichen und der Fahrer musste den Klingelton auch hören, da ich diesen eh immer viel zu laut eingestellt habe – im Alter hört man ja nicht mehr so gut – aber er nahm nicht ab. Als ich nach etwa fünf Minuten aufgeben und mich in mein Schicksal ergeben wollte, hörte ich plötzlich ein Rufen von der anderen Seite der Straße. Als ich mich umdrehte, erkannte ich den zum Ort des Desasters zurückgekehrten Taxi-Manne, der mit leicht süffisantem Lächeln mein Handy mit dem ausgestreckten Arm in die Höhe hielt. Taxifahrer, bester Mann! Absoluter Top-Lad und mal gar kein richtiger Italiener, denn dann hätte er eigentlich mit dem Teil abhauen müssen und wäre auch nicht nachverfolgbar gewesen, da wir ihn auf der Straße herangewinkt hatten. Aber wer will schon ein zwei Jahre altes Gerät aus chinesischer Produktion haben. Jedenfalls mille grazie, mein Lieber!
‚Stadio Olimpico‘ also. Ja, dort war ich tatsächlich noch nie. Zwar war mein allererster Spielbesuch im Ausland das ‚Derby del Sole‘ zwischen der AS Roma und SSC Napoli im Jahre 1989, damals auch Völler gegen Maradona, zu dem ich meinen Vater im Rahmen eines Rom-Aufenthalts überreden konnte, allerdings fand dieses im kleineren ‚Stadio Flaminio‘ statt, da das ‚Olimpico‘ für die WM 1990 aufgehübscht wurde. Prinzipiell hätte ich mir für den Besuch in diesem geschichtsträchtigen Stadion lieber ein Heimspiel der Roma und auch einen anderen Gegner gewünscht. Es passt aber heute einfach gut in den Plan und Lazio gegen Atalanta ist bestimmt nicht die schlechteste Spielpaarung. Dieser Meinung war ich zumindest solange, bis ich den mickrigen Haufen von vielleicht 180 Bergamasci im ‚Settore Ospiti‘ sah. Natürlich ist die Szene im Umbruch und muss sich nach Auflösung der Curva Nord – die ja nun auch schon beinahe eineinhalb Jahre zurückliegt – neu finden. Aber das muss ja kein Hindernis sein, auswärts zu fahren. Ich hatte auch nicht mit einem bis oben hin vollgestopften Away-Bereich gerechnet, aber einige hundert oder eine knapp vierstellige Zahl an Gästen hatte ich doch erwartet. Die proppevolle ‚Curva Nord Lazio‘ begann dagegen stark. Allerdings flaute das Geschehen schon nach etwa einer Viertelstunde deutlich ab, vermutlich dem Spielverlauf geschuldet und eine große Kurve ist natürlich auch realtiv schwer zu koordinieren und am Leben zu halten.
Einigermaßen unerträglich fand ich die Show vor dem Spiel. Die neuen LED-Flutlichter ermöglichen da ja leider einiges und auch darüber hinaus nervt es mich endlos, warum in den europäischen Top-Ligen jedes Spiel zu einem Event verkommen muss. Das ist auch ein Grund, warum ich mich in einfacher strukturierten Ländern oder unteren Ligen deutlich wohler fühle, aber die Entwicklung dürfte nur schwer aufzuhalten sein. Atalanta spielte eine ganz starke Partie und ging schon nach zwanzig Minuten durch einen schönen Distanzschuss in Führung. Auch im folgenden Verlauf verdienten sich die Gäste die Punkte, waren deutlich gefährlicher als die Laziali. Das Spiel war insgesamt sehr gut anzusehen und fand seinen verdienten Sieger. Das Stadion ist jetzt auch keine Schönheit, besticht eher durch seine Größe und seine Historie. Als Fußball- und Stadionliebhaber kann man das ‚Olimpico‘ durchaus mal besucht haben.

Terni – Sa., 11.02.2023, 16:15

Ternana Calcio vs Parma Calcio 1913 1:1

Stadio Libero Liberati, 4.229 Zuschauer, Serie B
So nervig Montag-Spieltermine des Herzensvereins auch sind, eröffnet dies immerhin die Option mal wieder eine entspannte Wochenend-Tour hinzulegen. Der Stiefel war das auserkorene Ziel für Kumpel Malo und mich. Eröffnet wurde der Trip mit dem Zweitliga-Kick zwischen Ternana und Parma. Perugia als Gegner im ‚Derby dell’Umbria‘ wäre natürlich die deutlich bessere Wahl gewesen und auch so ziemlich die einzige Chance mal eine fünfstellige Kulisse im ‚Libero Liberati‘ zu erleben, aber Rosinenpickerei passt halt nicht, wenn man in einer Phase steckt, in der die Geschicke des eigenen Clubs Priorität genießen. Das ziemlich spezielle Stadion in Terni sollte schon lange ein Ziel sein – manchmal benötigt die Umsetzung von Vorhaben halt etwas Zeit. Die Basis des Stadions ist quasi Italien-typisch. Bröckeliger Beton und verblichene Sitzschalen als Zutaten eines weitläufigen Ovals, das in diesem Fall sogar komplett ohne Dach auskommt. Interessant wird der Ground durch die beide aufgesetzten Ränge mit jeweils gerade mal vier Sitzreihen. Für den Stadion-Liebhaber ein absoluter Augenschmaus, das Verhältnis zwischen Kosten und Ertrag wage ich aber mal in Frage zu stellen. Ein Spiel im Kampf um Playoff-Plätze stand auf dem Programm, ein Spiel auf Augenhöhe zwischen zwei punktgleichen Teams mit identischer Bilanz.
Aus Parma waren etwa 150 Leute angereist, die zum Spielbeginn eine kleine Choreo aus gleich gestalteten, kleinen Schwenkfähnchen zeigten und mit einem Banner einen kürzlich unerwartet verstorbenen Ultra ehrten. Die Ternana-Szene teilt sich auf in Curva Nord und Curva Est und beide Kurven machten ihr eigenes Ding. Das ist ja bei einer überschaubar großen Ultra-Szene absolut unverständlich, da damit ein kräftigerer gemeinschaftlicher Support verhindert wird. Dabei war die kleinere Gruppe in der Curva Est sogar die aktivere und wirkte mit einem schönen Schwenkfahnen-Bild auch optisch besser aufgestellt. Die Curva Nord zeigte zu Beginn ein Banner, mit dem Sie den Vereins-Präsi zum Rücktritt aufforderte, da man sich mit dessen Arbeit nicht zufrieden zeigt. Die ‚Nord‘ ist sicherlich die ältere der beiden Szenen, wirkte aber in ihrem Support auch ziemlich festgefahren in gewohnten Strukturen und Abläufen. Ternana ging früh in Führung und bestimmte die Partie. Der Ausgleich fiel trotzdem noch in Hälfte eins, was auch das Endresultat war. Zwar erzielten die Gastgeber zwei weitere Treffer, die aber wieder zurückgenommen wurden. Erst Mitte der zweiten Hälfte fiel mir auf, dass im Tor der Parmensi der mir einzig sympathische italienische Fußballer stand. Gianluigi Buffon hütet im stolzen Alter das Gehäuse des Vereins, bei dem er seine überragende Karriere startete. Und dass er sein Handwerk noch versteht, wurde in der einen oder anderen Situation deutlich. Schon im ersten Durchgang hatte ich ihn – unwissend wen ich da sehe – für eine ganz starke Parade bestaunt. Das Spiel endete also mit einem Resultat, welches keinem der beiden Teams recht weiterhilft. Wir verließen das Stadion umgehend, da das zweite Ziel des Tages rief.

Essen – So., 05.02.2023, 14:00

Rot-Weiss Essen vs MSV Duisburg 1:1

Stadion an der Hafenstraße, 19.200 Zuschauer, 3.Liga
Derby-Time in Essen vor ausverkauftem Haus. Der MSV war mir eigentlich lange Zeit einigermaßen egal, halt ein normaler Lokalrivale. Da nun aber die Klingen (möglicherweise wieder öfter) gekreuzt werden, haben sich dieses Empfinden und die Rivalität ein wenig verändert. Es steckte schon ordentlich Potential in dieser Partie. Die Abneigung gegen den Kontrahenten scheint für die Anhänger der Fluchttiere von der Wedau sogar noch deutlicher ausgeprägt als umgekehrt. In den Tagen vor dem Spiel beschmierten die Zebras eine durch Essen verkehrende S-Bahn mit einem ‚Scheiß RWE‘-Graffiti, was ich sogar einigermaßen originell finde. Ja irgendwie war schon eine höhere Nervosität zu spüren, als bei anderen Gegnern. 2.500 Tickets waren in die Stahlkocher-Stadt gegangen und die Gäste um die Kohorte hatten eine Blockfahne im Gepäck. Das scheint für Gäste-Fans in Essen groß in Mode zu kommen, denn das war nun nach Dynamo und dem HFC schon die dritte Gruppierung, die eine passgenaue Blockfahne für den Away-Bereich gefertigt hatte. Das Motiv war etwas zu stilisiert, um es gut erkennen zu kennen, da haben die Kohorte-Jünger wohl zu abstrakt mit der Wasserfarbe herumgepinselt – ist das nun Kunst oder kann das weg? Irgendein wildgewordenes Zebra auf Droge trampelte auf einem mutmaßlichen Stadion rum – vermutlich war dann ja der Tempel an unserer legendären Hafenstraße gemeint – dass zum Teil zerstört war und in Flammen stand. Na, ob sich das Streifentierchen da nicht mal die Hüfchen verbrannt hat. Ergänzend prangte ein Banner am Zaun mit dem Wortlaut „You are going down today“. Da ist die Verenglischung also sogar schon in Duisburg angekommen. Zum einen frage ich mich, was das soll, denn der Kick fand ja in der deutschen 3.Liga statt und nicht im Europapokal. Zum anderen ist es fraglich, wieviel Prozent der Leute im eigenen Block überhaupt in der Lage waren, den Sinn des Spruchbands zu verstehen. Untergegangen wären die Zebras dann ja beinahe selber, wenn der Referee seiner Arbeit regelgerecht nachgegangen wäre.
Nach dem die Blockfahne heruntergezogen wurde, brannte es schön im Block, das sah trotz des Tageslichts ordentlich aus. Abgerundet wurde die Geschichte nach dem Ausglühen der Fackeln mit einem Fähnchen-Meer. Grundsolide Vorstellung mit Sternchen. Auf der guten Seite des Stadions wurden außer dem normalen Kurvenbild optisch keine Besonderheiten angeboten. Leider mittlerweile ein gewohntes Bild, denn die Kurve ist nach wie vor im Optik-Streik aufgrund des bekannten Konflikts mit der Vereinsführung. Die Roten waren dann von Anfang an gut in der Partie und beschäftigten die MSV-Defensive. Zwei brauchbare Chancen blieben ungenutzt. Als Neuzugang Müsel dann im Sechzehner gelegt wurde, blieb die Pfeife des Spielleiters das erste Mal entscheidend stumm, obwohl er beste Sicht auf das Geschehen hatte, wie sein Kollege in vergleichbarer Situation vor zwei Wochen auch schon. Von den Gästen war nicht viel zu sehen, erst recht keine Torgelegenheiten. Der RWE blieb auch nach dem Seitenwechsel das spielbestimmende Team. Isi Young hätte seine Farben nach einer schönen Einzelleistung beinahe in Führung geschossen, aber er ist halt kein Torjäger und der gut aufgelegte Gäste-Schnapper lenkte die Kirsche über die Querlatte. Kurz danach war es aber soweit. Wieder musste eine Standardsituation herhalten und der Ball wurde nach einem Freistoß förmlich ins Netz gezwungen. Im dritten Versuch war die Murmel drin – Alonso bewies letztlich Abstauberqualitäten.
Leider versäumten es die Roten, dann den Deckel drauf zu machen. Daran hatte nach meinem Erachten auch wieder Übungsleiter Dabrowski seinen Anteil, denn erneut wurde viel zu spät ausgewechselt, obwohl einige Akteure auf dem tiefen Boden sichtlich schwere Beine bekamen. Spielentscheidend war aber ein erneuter Fehlgriff des Referees, der in der Schlussphase am linken Sechzehner-Ecke gegen Wiegel ein Foulspiel pfiff, das er wohl exklusiv gesehen hatte. Dass Stoppelkamp ein exzellenter Freistoßschütze ist, sollte sich auch bis an die Hafenstraße herumgesprochen haben. Warum Kefkir dann einen Schritt aus der Zwei-Mann-Mauer machte und dem MSV-Kunstschützen damit die Schussbahn zum Ausgleich öffnete, wird sein Geheimnis bleiben. Ausgleich also mit der annähernd ersten richtigen Tormöglichkeit. Wenn es ganz dumm gekommen wäre, ging die Partie noch ganz verloren, denn in der Nachspielzeit eröffnete sich noch eine gute Konterchance für die Gestreiften. Der MSV nimmt einen glücklichen Punkt mit an die Wedau und der glorreiche RWE gibt in dieser Saison mal wieder zu viele Punkte in der Schlussphase ab. Auch an der Abschlussschwäche muss dringend gearbeitet werden, sonst kann die Luft schnell dünne werden.

Zevenaar – Sa., 04.02.2023, 18:30

SV OBW Zevenaar vs SV DCS Zevenaar 0:3

Sportpark Hengelder, 1.200 Zuschauer, 2e Klasse Zondag Oost H
Wenn ein Spiel einer Sonntags-Liga auf den Samstag-Abend vorgezogen wird, handelt es sich meist um ein Lokal-Derby, in diesem Falle sogar zwischen zwei Teams, die sich einen Sportpark teilen. Mit der Wahl des attraktiven Termins am Abend erhofft man sich ein reges Zuschaueraufkommen und so kam zu diesem siebtklassigen Spiel auch eine vierstellige Zahl an Leuten zusammen. Gezündelt wird bei den Derbys ja auch gerne, daher suchte ich mir eine Position an der Seitenlinie mit gutem Blick auf den Anhang der Gastgeber hinter einem Tor, die durch ein farbiges Banner gut zu identifizieren waren. Dort wurde dann ein Dutzend Fackeln und etwas blauer Rauch gezündet, sah in der Dunkelheit ganz gut aus. Zu spät hatte ich allerdings bemerkt, dass beinahe über die ganze Längsseite die Gäste Position bezogen hatten und nun reichlich gelben Rauch in die Luft absendeten, worauf ich von der Nebelwand verschluckt wurde. Sah von der gegenüberliegenden Seite bestimmt fett aus. Dass zu dem ganzen Spektakel dann noch Silvesterraketen und leider auch Böller gezündet werden, gehört ja aktuell schon beinahe zum Standardgeschehen. Einer der Gründe, warum ein Derby gern mal am Samstag-Abend ausgetragen wird ist, dass sich die Leute dann mal richtig schön einen reinorgeln können. So auch in diesem Falle. Allerdings ist der Alkoholgenuss in den Niederlanden in der Regel nicht auf der ganzen Anlage erlaubt, sondern außerhalb des Vereinsheims nur in einem eng abgesteckten Bereich. Dieses Angebot wurde auch hier reichlich genutzt und in der ‚drinking area‘ ging es auch eher um genau das. Die Leute waren mehr damit beschäftigt sich ordentlich den Helm zu lackieren, anstatt das Spielgeschehen zu verfolgen. So war es das nach der Pyro-Show auch mit Tifo und akustischer Support fand nicht statt. Das nominelle Gäste-Team in Gelb unterstrich die Tabellensituation und ließ den Gastgebern in Blau keine Chance. Zur Halbzeit war das Ding beim Stand von 3:0 schon durch und wenn der SV DCS dann nicht einen Gang zurückgeschaltet hätte, wäre es wohl ein ziemlich bitter Abend für Blauw-Wit geworden.

Ommen – Sa., 04.02.2022, 14:30

FC Ommen vs SV VHK Sint Jansklooster 2:0

Sportpark Westbroek, 230 Zuschauer, 3e Klasse Zaterdag Oost C
Da musste es erst Februar werden, bis es das erste Mal in diesem Jahr zum Rumpelfussball ging. Irgendwie hat es mir Holland in den letzten Wochen angetan und da RWE-Genosse Marcel dieses Ziel auch im Auge hatte, einigte man sich schnell auf die Route und ab ging es wie exakt eine Woche zuvor in die Provinz Overijssel. Ommen hieß das erste Ziel. Auf Fotos hatte ich mal eine brauchbare Tribüne entdeckt, die sich aber dann irgendwie doch nicht als Oberkracher zeigte. Zwar weicht das Gerät durchaus von der Standard-Bauweise ab, aber die Bilder hatten mir offenbar ein romantischeres Bild vor die geistige Pupille gezaubert, als es die Realität hergibt. Ansonsten die Anlage, die acht weitere Plätze bietet, auch keinen Ausbau her. Diesen fehlenden Charme bezeichne ich ja gern als steril. Für ein Spiel auf achtklassigem Niveau war dieses gar nicht so übel besucht und auch ganz gut anzusehen. Für ‚Vlugheid en Kracht‘, Schnellheit und Kraft, steht das Kürzel im Namen des Gastvereins, aber davon war nicht allzu viel zu sehen. Zudem schwächten sie sich kurz vor dem Pausenpfiff durch einen Platzverweis selbst und gerieten keine zwei Zeigerumdrehungen auch in Rückstand. Im zweiten Durchgang konnte sie auch nichts hinzusetzen und mit dem zweiten Tor für die Gastgeber war der Kick dann auch entschieden.

Enschede – So., 29.01.2023, 12:30

FC Twente Enschede vs Feyenoord Rotterdam 1:1

De Grolsch Veste, 32.205 Zuschauer, Eredivisie
Bevor der globale Virus zuschlug, hatte ich damit begonnen, den etwas interessanteren holländischen Stadien und Szenen nach und nach mal wieder einen Besuch abzustatten. Als die Pest dann um sich griff, wurde dieser Lauf dann natürlich jäh unterbrochen. Ohne wirklich Zeitplan nehme ich dieses Vorhaben nun wieder auf und nachdem ich vergangenen Wochenende im ‚Kuip‘ dem ‚Klassieker‘ beiwohnte, ging es heute in die größte Stadt der Provinz Overijssel. ‚De Grolsch Veste‘ heißt das schmucke, für holländische Verhältnisse schon sehr beachtliche Stadion und die Namensrechte liegen damit natürlich beim lokalen Bier-Brauer. Auf drei Seiten ist das Stadion doppelstöckig gebaut, lediglich die Haupttribüne muss mit einem Rang auskommen. Die farbliche Gestaltung rund um das Stadion gefällt mir gut. Viele Malereien sind zu sehen und identitätsgebende Banner unter den Decken der Zugänge sind zu finden. Das hat was und damit wird auch deutlich gemacht, wer dort zu Hause ist. Die Vereinsfarben passen ja auch, prinzipiell könnte man den Verein echt sympathisch finden, wenn da nicht die Fanfreundschaft zu den fehlgeleiteten Anhängern vom FC Meineid aus der verbotenen Stadt bestehen würde. Der FC Twente ist übrigens einer der wenigen Clubs, welche die Phalanx der drei großen Vereine durchbrechen und einen Meistertitel in der Eredivisie feiern durfte.
Die Hütte war gegen den Tabellenführer natürlich ausverkauft. Twente spielt eine starke Saison und lag vor dem Spiel als Tabellenvierter in Schlagdistanz zur Spitze des Tableaus. Das Spiel war dann richtig gut anzusehen. Die Gastgeber spielten eine ganz starke erste Hälfte, aber es zeigte sich mal wieder das im Fußball alles möglich ist und zur Pause lagen die Gäste nach einem wirklich sehenswert herausgespielten Treffer schmeichelhaft in Front. Nach dem Seitenwechsel sah es ausgeglichener aus, aber Twente blieb gefährlich und kam zum verdienten Ausgleich. Bei dieser Punkteteilung blieb es, aber es wären auch acht oder zehn Treffer in diesem Spiel möglich geblieben. Der holländische Fußball ist ja grundsätzlich offensiv ausgerichtet, da gibt es kein Rumgeeier aus zwanzig Querpässen an der Mittellinie, das gefällt dem neutralen Beobachter natürlich. Zwei sehr gut aufgelegte Torhüter vereitelten aber ein Torfestival. Die Stimmung war auch ganz brauchbar. Zwar blieben die etwa 1.000 Gäste weitestgehend stumm, dafür war die Heimseite gut in Form. Man muss das natürlich in Relation setzen, denn dauerhaft durchziehen können unsere Nachbarn ja (noch) nicht, es gab natürlich auch ruhige Phasen. Aber ich bin der Meinung, dass sich die niederländischen Szenen konsequent entwickeln und sich die Atmosphäre immer weiter verbessert. Zwischendurch wurde es dann auch mal richtig laut und die Choreo zu Spielbeginn war durchaus sehenswert.

Spiesen-Elversberg – Fr., 27.01.2023, 19:00

SV 07 Elversberg vs Rot-Weiss Essen 3:0

Waldstadion an der Kaiserlinde, 5.334 Zuschauer, 3.Liga
Beim Mitaufsteiger und Überraschungs-Tabellenführer erwartete ich eine klare Niederlage und wurde nicht enttäuscht. So klar, wie es das Ergebnis vermuten lässt, war es allerdings nicht. Der glorreiche RWE spielte eine starke erste Halbzeit, belohnte sich dafür aber nicht. Zwar wurden einige gute Torchancen erarbeitet, aber es wurde einmal mehr deutlich, dass es an einem Knipser fehlt. Torgarant Engelmann versprüht in Liga 3 bei weitem nicht die Gefahr, welche er eine Klasse tiefer verbreitete. Zwar hat ‚Engel‘ sein Spiel an die Bedürfnisse dieser Spielklasse angepasst, aber es ist offensichtlich, dass er an seine Grenzen kommt. So versiebte er auch einen 120-Prozenter, der eigentlich zur Führung im Netz zappeln muss, und wenn der drin ist wird es ja ein ganz anderes Spiel. Die Gastgeber zeigten sich nach der Pause konzentrierter und sortierter und bogen die Anteile auf ihr Seite. Der RWE-Trainierer verpasste es mal wieder, durch rechtzeitige Wechsel Veränderungen anzustoßen und den Druck von der Defensive zu nehmen und eben Entlastung zu schaffen. Ging gegen Verl noch gut, die Saarländer zeigten mehr Klasse. Die Folge war ein Doppelschlag zwischen der 60. Und 70. Minute, womit die Nummer dann auch gelaufen war. Im Gegensatz zu den anderen Partien vermittelten die Roten dieses Mal nicht das Gefühl, noch einmal zurückkommen zu können und so war es auch. Der dritte Treffer war dann auch nur Kosmetik und verpasste diesem Spiel ein zu hohes Endresultat.
Beinahe fünfeinhalbtausend Leute wollten diese Partie sehen, ein guter Wert für einen ‚Dorfverein‘. Knapp eintausend davon waren aus der Ruhrmetropole angereist und ließen sich vom Spielverlauf nicht irritieren. Warum auch – es war die erste Niederlage nach neun Spielen. Aus anderer Perspektive sind es aber nun schon fünf Spiele ohne Sieg, da zuvor vier Mal die Punkte geteilt wurden. Noch ist der Vorsprung auf die Abstiegsplätze einigermaßen komfortabel, aber das kann schnell vorbei sein, daher ist ein Dreier nun langsam wieder dringend erforderlich. Das ‚Waldstadion an der Kaiserlinde‘, das ja – wenn es mittlerweile nicht eh einen schäbigen Sponsorennamen verliehen bekommen hätte – eigentlich nur noch ‚Waldstadion an der‘ heißen darf, da der namensgebende Baum vor einigen Jahren einem Sturmtief zum Opfer gefallen ist, wird nach und nach zu einer schmucken Spielstätte ausgebaut. Die einstige ungedeckte Gegengerade bietet mittlerweile eine stattliche Tribüne mit großem Business-Bereich. In den nächsten Monaten soll die alte Haupttribüne durch einen modernen Neubau ersetzt werden. Der kleine Verein rüstet sich unterstützt von einem finanzstarken Pharma-Hersteller für höhere Ziele.

Rotterdam – So., 22.01.2022, 14:30

Feyenoord Rotterdam vs Amsterdamsche FC Ajax 1:1

Stadion Feijenoord, 51.117 Zuschauer, Eredivisie
‚De Klassieker‘ wird diese Partie bei unseren Frikandelverzehrenden Nachbarn genannt. Zum exakt 200. Male standen sich die beiden Clubs gegenüber. Es ist sicherlich das bedeutendste Spiel in den Niederlanden, trägt aber seit mehr als 25 Jahren leider einen Makel mit sich rum. Denn auch unsere Nachbarn erlebten in den 90ern den Höhepunkt des Hooliganismus und im Jahre 1997 kam es in irgendeinem Kaff zu einem abgesprochenen Ding, bei dem es zum Einsatz diverser Handwaffen kam. Als ‚Slag bij Beverwijk‘, die ‚Schlacht bei Beverwijk‘, ging der Kampf in die Geschichte ein. Die Nummer lief offensichtlich völlig aus dem Ruder, brennende Autos und viele Verletzte inklusive. Dass ein Ajax-Fan sein Leben ließ war der traurige Höhepunkt und beide Clubs zogen daraus die Konsequenz, dass die Spiele gegeneinander fortan ohne Gäste-Fans stattfinden sollten, auch wenn diese Auseinandersetzung gar nicht in direktem Zusammenhang mit einem Spiel beider Teams gegeneinander stand. Das Gästeverbot wurde irgendwann wieder aufgehoben, nach neuerlichen Zusammenstößen 2009 wieder erneuert und hat seitdem dauerhaft Bestand. Das Fehlen des Away-Supports schmälert den Reiz dieser Partie natürlich gewaltig, dennoch kann man die Nummer durchaus mal gesehen haben. Auch der ‚Kuip‘, die Wanne, wie das ‚Stadion Feyenoord‘ im Volksmund genannt wird, ist immer mal wieder einen Besuch wert.
Eigentlich war ich mit dem Gedanken an den Besuch dieser Partie durch als ich hörte, dass rund um das Spielfeld Netze aufgehängt werden. Als ich dann aber kurzfristig die Chance auf ein Ticket bekam, schnappte ich zu. In der Gesamtbilanz der bisherigen 199 Partien – von denen übrigens nur eine einzige torlos endete – hat Ajax deutlich die Nase vorn, heute gingen die Gastgeber allerdings leicht favorisiert in die Partie. Feyenoord schielt als Tabellenführer in Richtung Titelgewinn, während Ajax keines der letzten fünf Meisterschaftsspiele gewinnen konnte. Ich hatte es eigentlich gar nicht so extrem erwartet, aber die Abneigung gegen Ajax war überdeutlich zu spüren und da das Feyenoord-Publikum mit seinem Hafenarbeiter-Image ja durchaus einige hemmungslose Gestalten zu bieten hat, war die Idee mit dem Netz vielleicht gar nicht so dumm. Das Intro konnte sich dann sehen und hören lassen. Im ganzen Stadion waren Fähnchen in den Stadt- und Vereinsfarben ausgelegt worden, Fackeln wurden gezündet und eine stattliche grüne Rauchwolke setzte sich unter dem Stadiondach fest. Dazu wurden innerhalb und außerhalb des Stadions reichlich Silvesterraketen gezündet und auch die unsäglichen Böller krachten durch das Rund. Leider war der Rauch so dicht, dass man den Rest der Show kaum erkennen konnte.
Feyenoord legte dann los wie die Feuerwehr und schnürte den Rekordmeister in der eigenen Hälfte ein. Ajax konnte sich nach einer Viertelstunde etwas befreien, aber den schönen Führungstreffer durch einen schönen Fernschuss aus halblinker Position nicht verhindern. Mit ihrer einzigen brauchbaren Offensivaktion im ersten Durchgang wäre dann aber fast der Ausgleich gefallen, aber eben nur fast. In Durchgang zwei sah es etwas ausgeglichener aus., denn die Gäste kamen verbessert aus der Kabine. Gute Chancen blieben aber zunächst Mangelware und erst eine etwa fünfminütige Phase mit einigen Unachtsamkeiten in der Feyenoord-Abwehr brachte den Treffer. Zwar drückten die Gastgeber in den letzten Minuten noch mal aufs Gas, aber Zählbares sprang nicht mehr heraus. Damit bleibt Feyenoord auf Titelkurs, auch wenn es an der Spitze eng zugeht. Eine Meisterschaft dürfte in Rotterdam äußerst hohen Stellenwert genießen, denn dieser konnte in den letzten Jahren nicht allzu oft gefeiert werden. Der Großteil der seit den Siebziger Jahren vergebenden Meistertitel wurde zwischen Ajax und PSV aufgeteilt und überhaupt konnten sich seit Einführung der ‚Eredivisie‘ in der Saison 1956/57 lediglich acht Clubs in die Siegerliste eintragen.