Essen – Sa., 23.07.2022, 14:00

Rot-Weiss Essen vs SV 07 Elversberg 1:5

Stadion an der Hafenstraße, 16.347 Zuschauer, 3.Liga
Am 07.08.2004 verlor der frisch in die Zweite Liga aufgestiegene RWE sein Heimspiel am ersten Spieltag mit 1:5 gegen Erzgebirge Aue. Am 23.07.2022 verlor der frisch in die Ditte Liga aufgestiegene RWE sein Heimspiel am ersten Spieltag mit 1:5 gegen die SV Elversberg. Wer damals dabei war, musste sich unweigerlich daran erinnert fühlen. Nach der damaligen Zweitliga-Saison stiegen die Roten direkt wieder ab. Ein Szenario, welches sich nicht wiederholen sollte und eigentlich auch nicht dürfte, wenn man den Meinungen vermeintlicher Experten vertraut, die in der Essener Mannschaft ausreichendes Potential sehen, eine entspannte Spielzeit zu verbringen. Der Mitaufsteiger aus dem Saarland zerlegte am heutigen Tage allerdings die rot-weisse Hintermannschaft und versetzte der Euphorie – fast 10.000 verkaufte Dauerkarten sprechen für sich – einen fetten Schlag in die Fresse. Natürlich hatten die Gäste zu beginn auch das Glück des Tüchtigen und was auf die Kiste von Jakob Golz kam war präzise und passte genau ohne dass der Schnappmann eine echte Chance hatte, aber Glück muss man sich ja auch ein Stück weit erzwingen.
Und das tat die von einem mickrigen kleinen Haufen von etwas mehr als 100 Leuten – was selbst für so einen kleinen Verein im ersten, nicht zu weit entfernten Auswärtsspiel nach einem Aufstieg absolut schwach ist – begleitete SVE. Nach Ballgewinnen wurde das Mittelfeld mit schnellem Direktspiel überbrückt und vorne legten zwei starke Stürmer einen Flächenbrand nach dem anderen. Es wirkte beinahe, als seien die Roten gar nicht richtig auf dem Platz, als wolle man erstmal naiv-gemächlich in die Saison starten. Oder das Team, welches in den letzten zwei Jahren kaum ein Spiel verlor, war sich der neuen Ausgangslage noch nicht bewusst, dass es nun an jedem Wochenende starker Gegenwehr und deutlich mehr Druck ausgesetzt sein wird. Innenverteidiger Heber holte sich schon nach drei Minuten den gelben Karton ab und wirkte danach bis zur Pause zurückhaltend, ängstlich und verunsichert. Sein Außen Plechaty hatte auch mal wieder einen seiner schwächeren Tage und schien der Herausforderung auch körperlich nicht gewachsen. Auf der anderen Seite wirkte das sonst verlässliche Duo aus dem erfahrenen Bastians und Herzenbruch völlig überfordert mit dem Pressing des Gegners. Der hochgelobte Neuzugang Rother auf der Sechs ließ eigentlich alles vermissen und auch bei meinem persönlichen Lieblingsspieler und Mittelfeldstaubsauger Tarnat war offensichtlich das Saugrohr verstopft. Und offensiv ging nicht viel, da die Mannschaft ständig damit beschäftigt war den Gegner zu bearbeiten, vom eigenen Tor wegzuhalten und daher für konstruktiven Aufbau kaum Raum blieb. Einigermaßen an Normalform kam zunächst nur der pfeilschnelle Isi Young.
Nachdem die SVE mit dem ersten Torschuss nach sieben Minuten bereits in Führung gegangen war, ergab sich schon drei Minuten später die Chance zum schnellen Ausgleich. Neuzugang Berlinski setzte den SVE-Schnapper, der sich viel Zeit beim Aufnehmen der vor ihm liegenden Kugel ließ, unter Druck, berührte diese aber gar nicht, kam stattdessen jedoch in leichten Kontakt mit dem Keeper, der die Murmel fallen ließ und sich nur noch mit einem Foul zu helfen wusste. Ein Strafstoß mit viel Diskussionsbedarf, aber er wurde nun mal gegeben. Doch das rot-weisse Elfer-Problem setzt sich fort. Der einzig sichere Schütze Eisfeld saß auf der Bank und Harenbrock zeigte mit einem schwachen Schuss Nerven. Dass der Nachschuss aus zwei Metern sein Ziel nicht fand, ist ebenso unerklärlich wie unfassbar. Quasi im Gegenzug erhöhten die Gäste aus beinahe unmöglichem Winkel und die RWE-Verteidigung zeigte sich auf der rechten Seite erneut nicht Drittligatauglich. Wieder nur drei Minuten später konnte Berlinski nach feiner Leistung von Young zum Anschluss abstauben und nun dachte man der RWE wäre drin in der Partie. Aber gefährlich blieben nur die Gäste und dann wollte auch die linke Essener Abwehrseite beweisen, dass es noch nicht für Liga Drei reicht und ermöglichte den Gästen mit einem Doppelbock die Treffer Nummer drei und vier. So blieb es bis zum Wechsel und es war Jakob Golz zu verdanken, dass es nicht längst ein Desaster war. Nach der Pause lief die Geschichte dann ausgeglichener, was eher an nun zurückhaltenderen Gästen lag, als an aufkommenden Rot-Weissen. Wirkliche Torgefahr konnte nicht vermittelt werden und auch bei den nun deutlich weniger Offensivaktionen waren die Saarländer deutlich näher am nächsten Treffer. Dieser fiel dann auch noch kurz vor Schluss und trotz fünf Gegentreffern, war Golz am Ende wohl der beste Rot-Weisse und verhinderte noch Schlimmeres.
Ich habe vor der Partie gesagt „heute verzeihe ich alles“. Das bleibt auch dabei und die Höhe der Niederlage stört mich auch gar nicht besonders, sondern die Art und Weise, wie diese zustande kam. Ich bin aber nach wie vor noch überzeugt, dass die Qualität der Mannschaft hoch genug ist, eine vernünftige Rolle in dieser Liga zu spielen. Es war am Ende ein Spiel in dem für den RWE nichts zusammenpasste und welches in dieser Höhe völlig verdient verloren wurde. Kann auch ein heilsames Erwachen sein, wenn zügig die richtigen Schlüsse aus dieser desolaten Vorstellung gezogen werden und entsprechend reagiert und gearbeitet wird. Das Publikum zeigte sich nachsichtig und spendete aufbauenden Beifall. Es war auch nur das erste von 38 Spielen, in denen die nötigen Punkte für den Klassenerhalt geholt werden müssen, Panik ist da noch nicht angebracht. Es müssen halt vier Teams gefunden werden, die es über die ganze Saison schlechter machen, als der RWE. Auf den nächsten Auftritt beim Derby an der Wedau in zwei Wochen bin ich schon jetzt gespannt.