Gastbeitrag von Christian – Wie alles begann

Werte Leser, ich konnte einen weiteren Weggefährten animieren, einige Zeilen zu seinem ‚Werdegang‘ zu Papier zu bringen. Christian, Ex-Westerwald, heute Hamburg, mit dem ich schon einige Hopping- und Promille-Schlachten geschlagen habe, war so freundlich. Have fun!

Eintracht Frankfurt und die Faszination Groundhopping

Tach ihr Grrrrrrrrrrrrrroooooooooundhopper,
mein Name ist Christian, 86er Jahrgang, also mittlerweile 34 Jahre alt (im Kopf ca. 12, körperlich eher 53) und ich komme gebürtig aus Diez an der Lahn, dem letzten Strich in Rheinland-Pfalz bevor es über eine Brücke ins hessische Limburg geht. Manche mögen mich unter meinen früheren Alias ‚Francoforte‘ im Groundhopping-Forum kennen. Oder schlichtweg PRAHST. Aufgewachsen bin ich im wunderschönen Westerwald, genauer gesagt in 56249 Herschbach, gelegen im Dreieck Hachenburg/Altenkirchen/Montabaur. Spätestens bei letzterem dürfte es klingeln ob der A3 Abfahrt, dem ICE-Bahnhof oder des Outlet Centers. Herschbach an sich mag der ein oder andere Rheinländer kennen, der seit Jahrzehnten auf dem Herschbacher Campingplatz vegetiert. Das benachbarte Freibad ist auch recht bekannt. Und wenn ihr am Kölner Hauptbahnhof in ein Taxi steigt und „Finca Erotica“ als Ziel ausgebt, fährt euch auch jeder Taxifahrer blind ins benachbarte 56269 Dierdorf 😉 . Für die heimische SG Herschbach/Schenkelberg (1.Herrenmannschaft zu gut für die B-Klasse, zu schlecht für die A-Klasse) habe ich selbst ein gutes Jahrzehnt gekickt, angefangen als Staubsauger auf der 6. Dann Verteidiger und schlussendlich im Kasten, wo ich äußerst bemerkenswerte Leistungen zeigte und das Interesse der überregional bekannten Westerwälder Clubs Eintracht Glas-Chemie Wirges und Sportfreunde Eisbachtal auf mich zog. Aber so Sachen wie vier Mal wöchentlich Training, 22 Uhr Bettruhe, nicht rauchen und vor allem nicht saufen(!) kamen natürlich gar nicht in Frage. Tja, und irgendwann kam der Zeitpunkt, an dem man sich samstags entscheiden musste… selbst kicken oder Waldstadion in Frankfurt am Main. Ich entschied mich für Letzteres. Das Eintracht-Gen vererbte mir unüblicherweise meine Mutter, welche in den 80ern mit einem Eintracht-Fan zusammen war und so die Liebe zur launischen Diva entdeckte. Das ist bis heute unverändert, wenn auch nicht mehr in der Intensität wie früher als sie Dauerkarten-Besitzerin war. Mein Vater ist auch Fußballfan, aber in deutlich geminderter Form. Er ist ein echtes Pott-Original aus Wanne-Eickel und bis heute Fan der Borussia vom Niederrhein. Wie sowas zustande kommt, habt ihr schon im Gastbeitrag des Bottroper Kollegen Marco lesen können. Die Wege waren kurz, jeden Samstag war man woanders und bleibt schlussendlich irgendwo hängen. Da ich aber als klassisches Scheidungskind in der Vereins-Findungs-Phase nicht den Kontakt/Bezug zu Papa hatte, war es also meine Mutter, die mich in dieser Hinsicht entscheidend prägte.
So datiert mein erster nachweisbarer Stadionbesuch vom 03.04.1991. Die Frankfurter Eintracht zerlegte im alten Waldstadion die Gladbacher Borussia mit 5:1. Erinnerungen natürlich Zero. Aber irgendetwas muss da passiert sein, denn ab diesem Zeitpunkt nervte ich meine Mutter und meinen Onkel (auch Gladbacher bis heute) und sie fuhren immer wieder mit mir nach Frankfurt. Meine ersten bewussten Erinnerungen habe ich an mein erstes Auswärtsspiel. Es war Mittwoch, der 1. Mai 1996, ich war gerade 10 Jahre alt geworden. Wir fuhren nach Köln ins alte Müngersdorfer Stadion. Die Eintracht musste siegen um noch eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben. Man verlor 0:3 und ich erlebte den ersten Abstieg der Vereinsgeschichte live. PRÄGEND! Spielte die SGE zu Beginn der 90er noch eine Top-Rolle im deutschen Fußball, war es Jupp Heynckes, der den Verein auf dem Gewissen hat und binnen kürzester Zeit zum Totengräber mutierte! Er verbannte die mit Abstand besten Spieler (Jay-Jay Okocha, Maurizio Gaudino, Anthony Yeboah) und nach und nach begann der freie Fall bis kurz vor die Drittklassigkeit! Ich lege es jedem ans Herz sich kurz Zeit zu nehmen und den folgenden Link anzuklicken: Heynckes bei der SGE.
Die Zweitligazeit ab 1996/1997 war dann auch die Phase, während der ich mehr und mehr Heimspiele sah und ab 1999/2000 war es meiner Mutter dann zu viel des Guten. Sie fuhr mich dann stets nach Limburg zum Bhf und ich fuhr allein nach Frankfurt. Die Zugfahrt war ja in der Dauerkarte inklusive. Mit 14 Jahren den Jung allein in die große Stadt schicken? Heute undenkbar, war aber damals so. Hat mir bis heute nicht geschadet (Anm. d. Korrektur: Bist Du Dir da sicher??). Zu der Zeit erhielt man bei der Eintracht beim Kauf einer ermäßigten Eintrittskarte auch nur ein halbes Ticket!!! Das hätte mir gleich seltsam vorkommen müssen welchen Verein ich da unterstütze 😉 . Nach und nach ergaben sich die ersten Kontakte innerhalb der Frankfurter Fanszene und ab 2005 fuhr ich ‚organisiert‘ zum Fußball wie es so schön heißt. Ich fand meinen Platz im Bus der ‚Geiselgangster‘, deren Zaunfahne bis heute bei den Heimspielen rechts unten in der Nordwestkurve hängt (utopisch großer Lappen in grün-gelb-rot). Mit den Jungs aus dem Bus gründeten wir die GGC (Geiselgangster Crew) und machten das, was man so macht. Busfahren, saufen, singen, Weibergeschichten, Zaunfahne aufhängen, supporten, meistens verlieren, zurück zum Bus, Heimfahrt. Was hatten wir geniale Fahrten. An einem Mittwoch nach Cottbus. 2006 die erste internationale Fahrt nach Brøndby, ein Traum! Nachts auf einem zentralen Platz in København ein spontanes 20 gegen 20 gegen die Dänen, welches gewonnen wurde. Was waren wir Kings, hehe! In der Gruppenphase das Spiel bei Fenerbahçe, als man haarscharf die K.O.-Phase verpasste und ein Dönermesser nur knapp am Schädel vorbeisäbelte. Tolle Reisen in viele weitere Länder folgten, unvergessen natürlich der Coup 2018/2019 als man erst im Halbfinale im Elfmeterschießen bei Chelsea scheiterte. Und die erste Rostock-Fahrt 2008…. an Bord vier 6er Kisten Borisov Wodka, an denen sich acht Profi-Trinker versuchten. 23 Flaschen wurden vernichtet! Mein Mitleid mit der einen übrig geblieben Pulle, die völlig umsonst 1.500 km quer durch Deutschland eierte, nicht getrunken wurde und schlussendlich an der hinteren Bustreppe zerbrach (R.I.P.). Ein bunter Haufen war der Geiselgangster Bus. Ultras, Kutten, Hools, Allesfahrer. Es war eine wunderschöne Zeit, die zwischen 2010 und 2011 an einer Frauen-Geschichte zu Ende ging…
Durch Kontakte in der Fanszene machte ich dann ab 2005 auch meine ersten Länderpunkte. Mit weiteren Ultras ging es einige Male zu den Freunden nach Bergamo und Innsbruck. Die Sache mit Tivoli Nord zerbrach dann über die Jahre, aber nahezu jeder Frankfurter pflegt die individuellen Kontakte weiter. Bergamo hingegen berührt mich heute noch sehr stark. Mit Leuten wie Boccia trank ich gemeinsam Grappa und weiß einfach wie es vor Ort aussieht, wie sich das Geschehen am Spieltag gestaltet. Soll nicht protzig klingen, aber ich bin stolz drauf. Umso trauriger in welchem Ausmaß Corona dort tobte! Die Spende ans Krankenhaus, welche durch Innsbrucker organisiert wurde und zu 100% vor Ort ankam, war für mich Ehrensache. Man fuhr auch mal einfach so nach Frankreich oder Kroatien. Oder samstags zu fünft im Ford Ka(!) nach Torino zum Derby. Rückkehr Sonntagmorgen um 7 Uhr. Auto abstellen, kurz auf den Pott, rein in den Bus zum Auswärtsspiel nach Bielefeld! 2009 machte ich meine erste große Reise nach Südamerika. In 3 Wochen wurde Brasilien besucht mit DEM Highlight Fla-Flu im Maracana. Iguazu Wasserfälle – WAHNSINN! Argentinien und Uruguay wurden auch besucht. Estadio Centenario zu Montevideo, bis heute eine meiner TOP Erinnerungen. 2016 gab es ebenfalls eine dreiwöchige Tour durch Afrika (Äthiopien, Südafrika, Mosambik, Swasiland, Botswana, Lesotho). Auch das war schlichtweg bombastisch und bleibt für immer unvergessen, genauso wie mein Aufenthalt im türkischen Knast 2011.
2012 geschah dann etwas, was mein Leben verändern sollte. Zusammen mit Freund Tobias fuhren wir zum Auswärtsspiel nach Rostock. Mit im Gepäck hatte er einen Arbeitskollegen namens Daniel, Hansa Fan! Da er eine Schwester in Hamburg hat, schlug er vor schon einen Tag vor dem Spiel und somit am Samstag anzureisen. Suff/Party und Übernachtung in Hamburg, dann hat man Sonntag auch nur noch 1,5 Std. nach Rostock! Gesagt, getan. Abends ging es dann noch auf den Kiez. Daniel kam gar nicht erst mit und musste schon nach der Bundesliga in der Sportschau dem Alkohol Tribut zollen. Als Tobi eine Kneipe mit den Worten „EY IHR WICHSER!“ betrat, entschied ich ihn in ein Taxi zu setzen, dem Fahrer 50€ zusammen mit der Adresse von Daniels Schwester zu geben und zog dann mit der Schwester, Katrin, alleine weiter. Wir waren uns ganz sympathisch, irgendwann in der Nacht fiel der erste Kuss im ‚FRIEDA B‘ und über den weiteren Verlauf der Nacht schweigt der Gentleman natürlich. Sonntag nach dem Spiel in Rostock fuhr Kati uns zum Flughafen nach Rostock-Laage und wir landeten spät abends in Köln. Ich suchte über zwei Stunden mein Auto und fand es einfach nicht mehr. Herr je, welche Leistung! Montag auf der Arbeit wurde dann Urlaub für Mittwoch bis Freitag eingereicht und so stand ich Mittwoch wieder in HH bei Kati auf der Matte! Wir kamen zusammen, hatten ein Jahr Fernbeziehung und ich entschied mich letztlich im März 2013 dem Westerwald den Rücken zu kehren und fortan mein Leben in Hamburg zu verbringen! Mit Kati bin ich immer noch zusammen und seit 2018 verheiratet. 2016 wurden wir Eltern und so bin ich mittlerweile im 8. Jahr in der Freien und Hansestadt Hamburg ZU HAUSE. Ich fühle mich hier pudelwohl und wüsste nicht was sich daran ändern sollte. Man soll nie NIE sagen, aber aktuell alles tippi toppi in HH. Ich würde ja gerne zurück, nicht in die Westerwälder Heimat, sondern direkt nach Frankfurt, wo ich auch drei Jahre gewohnt habe. Aber meiner Frau ist das zu asozial mit der Bahnhofsgegend und den unzählbaren Fixerstuben. Da habe ich kein Verständnis für! Die RTL II Reportagen über Frankfurt und Hamburg nehmen sich nix 😀 !
Seit meinem Umzug nach Hamburg hat sich meine Liebe zur Frankfurter Eintracht aber nicht verändert. Es gab bisher keine Saison, in der ich kein Spiel live im Stadion sah. Die Dauerkarte habe ich zur Saison 2013/2014 abgegeben, aber es folgten dennoch immer wieder Spielbesuche, wenn auch nicht mehr mit der letzten Konsequenz. Man wird älter, die Prioritäten verschieben sich und ob man zum 12. oder 13. Mal nach Wolfsburg fährt oder auch nicht ist dann auch völlig belanglos. Stand jetzt war es das aber mit der SGE und mir. Klar, man befand sich schon seit etlichen Jahren in der Kommerzblase des sogenannten modernen Fußballs. Aber inmitten einer Pandemie den Spielbetrieb durchzuprügeln und somit der kompletten Gesellschaft den Mittelfinger zu zeigen, war bei mir der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ich fand es derart widerlich wie auf die komplette Gesellschaft geschissen wurde und weiterhin wird, dass ich für mich beschloss unter diesen Umständen keine DFB-/DFL-Veranstaltung mehr zu besuchen, zumal sich die SGE in der Phase auch nicht mit Ruhm begoss. Dem System Profifußball in Deutschland wurde nun bis zur völligen Entblößung aufgezeigt, wo es hakt und wie krank dieses System wirklich ist. Wenn sich nicht grundlegende Sachen wirklich ändern, gehe ich diesen Weg nicht mehr mit und sage bis hier hin und nicht weiter! Ich habe derzeit sämtliche Social Media Kanäle über die Bundesligen und auch die SGE entfernt, bekomme so gut wie nichts mehr mit. Ich könnte die Ergebnisse der letzten Spiele nicht nennen, wirklich nicht. Und es interessiert mich auch nicht wirklich! Fußball ohne Fans ist NICHTS! Meinetwegen müssen die auch gar nicht mehr anfangen und das System kann vor die Hunde gehen! Was mir wirklich FEHLT ist das Drumherum, die Leute, das Miteinander, das Dummgebabbel, die Suff-Eskapaden mit langjährigen Begleitern und Weggefährten, von denen einige wirkliche FREUNDE geworden sind. Der Fußball an sich als Sport ist mir mittlerweile egal. Ich könnte mir niemals mehr ein Spiel im TV zweier anderer Mannschaften anschauen. Das finde ich gnadenlos langweilig. Meinetwegen könnten auch Kaninchen-Rennen im Waldstadion stattfinden; so lange da paar tausend Asoziale am Start sind und es ‚Äppler‘ und Binding Export gibt, wäre das okay!
Das Größte was ich mit der Eintracht je erlebt habe, war zweifelsohne der Pokalsieg 2018 gegen die Bayern. Der „Spieltag“ an sich begann für mich am Samstagvormittag, als ich einen ICE von Hamburg nach Berlin enterte. Und ich musste mich regelrecht selbst zum Hauptbahnhof schleppen – ich hatte einfach kein Bock und nicht den Hauch von Motivation! Naja, was soll´s, Finalticket war besorgt und es ist nun mal das Endspiel. Nach 2006 und 2017 immerhin schon mein drittes Finale, auch wenn die Vorzeichen 2018 schlechter denn je standen. Die Bayern hatten in ihrer typisch asozialen Art und Weise bereits im April die Verpflichtung von Trainer Niko Kovac für die Folgesaison bekanntgegeben. Ab diesem Zeitpunkt gewann die SGE kein Match mehr und verspielte am letzten Spieltag in Gelsenkirchen in einer unfassbar deprimierenden Art und Weise noch die lange so sicher geglaubte EL-Teilnahme. Die Köpfe hingen tief und es war alles angerichtet für den höchsten Finalsieg in der Geschichte des Wettbewerbs. Ich hatte nicht mal mehr Bock auf einen zweiten Kick am Nachmittag und widmete mich frühzeitig dem Suff.
Doch es kam bekanntlich anders. Nachdem Ante Rebić bereits zwei Mal Bayern-Keeper Ulreich durch BRUDAAA SCHLAG DEN BALL LANG Spielzüge düpiert hatte, lief die Nachspielzeit und die Bayern bekamen noch einmal eine Ecke. Nach dessen Ausführung traf Boateng den rechten Fuß von Martínez und Schiri Zwayer eilte zum TV zwecks Beweis-Sichtung. Ich war in meinem Sitz versunken, mir kamen die Tränen und man wartete – wie vermutlich 99% des Landes – auf Zwayers Deuten zum Elfmeterpunkt. Doch er gab Eckball. Um es mit den Worten von Kevin-Prince Boateng zu sagen: „Eine Männer-Entscheidung“. Was folgte ist bekannt. Eine schlecht getretene Hereingabe infolgedessen Mijat Gacinovic in bester Forrest Gump Manier ein 70 Meter Solo zum 3:1 ins verwaiste Bayern-Tor vollendete. Es brachen alle Dämme, eine Erleichterung in unvorstellbarem Ausmaß platzte aus 25.000 Eintracht-Fans heraus. 30 Jahre ohne Titel, für Generationen der erste Titel überhaupt und dann dieser Abend des 19. Mai 2018! Endlich musste man nicht dem Sieger Spalier stehen, sondern der goldene Konfetti-Regen war einem selbst gewidmet. Wir hatten was gewonnen! Und zwar nicht den Tsunami-Cup 2005, ein Benefiz-Turnier für die Flutopfer Asiens an Weihnachten 2004. Nein, ein bedeutender Titel!
Bezeichnend die Szene, als Vereinslegende Charly Körbel es nicht schaffte, die einfache Aufgabe zu bewältigen, einfach nur den scheiß Pokal ein paar Stufen hinauf zu seinem vorgesehenen Platz zu tragen. Trotz zahlreicher Proben wusste er nicht mehr was er machen musste und reckte, wie 30 Jahre zuvor beim 1988er Endspiel, den Pokal einfach selbst gen Berliner Nachthimmel. Großartig! Und auf der Gegenseite warfen die Bayern-Spieler um Sandro Wagner & Co. ihre Silbermedaille ins Publikum und erwiesen dem Sieger, bis auf wenige Ausnahmen, nicht einmal den gebührenden Respekt! Elende Mistvögel, euch sollen auch heute noch vom Himmel herabfallende Kackeklumpen im Nacken treffen! Ich blieb noch lange in meinem Sitz hocken und verließ als einer der Letzten das Stadion, da man es einfach noch nicht fassen konnte was sich dort ereignet hatte. An diesem Abend schloss ich auch meinen inneren Seelenfrieden mit dem Berliner Olympiastadion, so dass ich beschloss diese Kultstätte nie mehr zu betreten. Die vergangenen Besuche hier waren meist scheiße, es war fast immer arschkalt und nass und sportlich gewann meist die Hertha. Zudem musste man im Gästeblock Minimum in Reihe 20 aufwärts stehen um überhaupt die Torlinie sehen zu können. Trotz des erhabenen Baus hasste ich dieses Stadion. Doch an diesem Abend schloss sich der Kreis und besser konnte es nie mehr werden! Erst Stunden später realisierte ich, dass man 2018/2019 nun doch international spielen sollte! Das war durch die Eindrücke der letzten Stunden völlig an mir vorbeigegangen. Keine Meisterschaft, kein Pokalsieg wird für mich jemals größer sein als dieser! Ende der Durchsage.
Naja, mehr als abzuwarten, wie sich das kranke System entwickelt bleibt mir momentan nicht. Solange habe ich mehr Zeit für meine kleine Familie und im Rahmen der familiären Möglichkeiten eben auch für meine zweite Leidenschaft, das Groundhopping. 1.245 Grounds in 71 Ländern sind bisher zusammengekommen. Ist für mich nicht viel. Was habe ich schon LPs bewusst sausen lassen. Algerien… Visum im Pass, gebuchte Top-Flüge mit Lufthansa und dann wird das Algier-Derby kurzfristig abgesagt respektive verschoben. Call it a Klassiker. KEIN BOCK, einfach auf der Couch geblieben. Fünf Tage Aserbaidschan, auch wieder Visum im Pass. Zwei Stunden vor Abflug plötzlich große Unlust, KEIN BOCK, also einfach schlafen gelegt und ne Woche zu Hause erholt. Kasachstan… Server-Ausfall der Airline beim Check-in am Tegel Airport. 200 Russen/Ukrainer wüten und toben. Gelacht und einfach wieder zurück nach Hamburg gefahren, KEIN BOCK auf sowas! Im Endeffekt wäre ich vier Stunden zu spät in Kyiv zwischengelandet, ich hätte den Anschluss nach Astana verpasst und somit auch meinen anvisierten Länderpunkt Kasachstan! Die Alternative Frauen-Fußball in Kyiv wurde als nicht lohnend erachtet. Alles richtig gemacht also! Ihr seht schon, der klassische Groundhopper bin ich nicht und so sehe ich mich auch nicht, zumal mir der Fußball an sich wie erwähnt sowieso egal ist. Das Drumherum macht es für mich aus. Das Reisen, die Eindrücke, die Stadien und natürlich das Geschehen auf den Rängen. Bei einem klassischen Top-Duell auf den Rängen schaue ich fast gar nicht aufs Feld, sondern ausschließlich in Heim- und Gästeblock. Ultras/Fanatiker faszinieren mich bis heute und die Stimmung ist mir x-fach wichtiger als das Match. Ich würde niemals zu Real vs. Barca fahren. Ticket teuer, nur Kunden am Start und das Spiel an sich juckt mich 0,0. Wenn ich mal in der 70. Minute kein Bock mehr habe und es von jetzt auf gleich utopisch anfängt zu schütten, dann fahre ich auch mal nach Hause! Aber wer 90 Minuten dort verharren muss, der soll das so machen. Ich winke dann nett und sage Ciao. Jedem das seine.
Lieber Micha, ich glaube wir kennen uns seit 2009/2010. Bleib so wie du bist, ein großartiger Mensch und toller Weggefährte. Auch wenn man sich nicht mehr so oft sieht wie zu meiner Zeit im Westerwald, so sind zukünftige Meet n‘ Greets durch Deine familiäre Wurzel in Hamburg ja ohnehin gesichert. Du hast einen tollen Blog, den ich jederzeit aufmerksam verfolge und die Beiträge auch wirklich lese und nicht nur den Daumen nach oben drücke, hehe 😉 Ich habe früher selbst viel geschrieben und weiß was das für ein Berg an Arbeit ist, vor allem die Konstante macht’s da immer regelmäßig am Ball zu bleiben. Respekt! Ich wünsche dir in allen Lebenslagen jederzeit nur das Beste und für dich und Sase weiterhin trautes Eheglück. Abgegrüßt!