Heute vor 65 Jahren wurde der glorreiche RWE zum einzigen Mal Deutscher Fußballmeister. Rot-Weiss hatte sich als recht überlegener Sieger der Oberliga West für die Endrunde um den Titel qualifiziert. Unter Trainer Fritz Szepan, der vor der Saison von der Blauen Brut nach Essen gewechselt war – heutzutage beinahe undenkbar – spielte das wohl beste RWE-Team aller Zeiten. Dazu gehörten neben anderen ‚der fliegende Schulmeister‘ Nationaltorhüter Fritz Herkenrath, der Held von Bern ‚Boss‘ Helmut Rahn, der Offensiv-Stratege August Gottschalk und der quirlige Außenstürmer Franz ‚Penny‘ Islacker.
Die Endrunde wurde mit acht Mannschaften durchgeführt. Teilnehmer waren die Meister der vier Oberligen West, Nord, Süd und Südwest, sowie der Meister der sogenannten Vertragsliga Berlin. Drei weitere Teilnehmer wurden durch die vier Oberliga-Vizemeister in einer Qualifikation ermittelt. Die Roten wurde in Gruppe Zwei gelost und traf auf den SV Bremerhaven, Kickers Offenbach und Wormatia Worms. Auch diese Runde gewann der RWE überlegen mit vier Punkten Vorsprung auf den Zweiten aus Bremerhaven und qualifizierte sich damit für das Finale. Dieses fand am 26. Juni 1955 im Niedersachsenstadion zu Hannover statt. Offizielle 76.000 Zuschauer waren gekommen, inoffiziell wird von über 80.000 gesprochen, nicht wenige davon waren aus dem Ruhrgebiet angereist, unter anderem in drei Sonderzügen. Der damalige Essener Oberbürgermeister unterbrach für dieses Spiel eigens seine Kur.
Der Gegner hieß 1.FC Kaiserslautern mit einer exzellent besetzten Mannschaft. Mit den beiden Werners Kohlmeyer und Liebrich, Horst Eckel und dem Walter-Fritz standen noch vier Weltmeister von 1954 in der Elf. Die Roten Teufel gingen früh in Führung aber Islacker konnte schnell ausgleichen. Bis zum Seitenwechsel konnte Rot-Weiss dann eine 3:1-Führung herausschießen. Die Führung hatte der Niederländer Johannes ‚Fred‘ Röhrig, der schon als Profi-Spieler in Frankreich tätig war, erzielt und Islacker hatte mit seinem zweiten Tor die Führung ausgebaut. Aber die Elf vom Betzenberg kam zurück, erzielte kurz nach dem Wiederanpfiff den Anschlusstreffer und glich dann per Elfmeter aus. Penny Islacker hatte sich zwanzig Minuten vor Ende am Knie verletzt und humpelte nur noch über den Platz, denn Auswechselungen war zu dieser Zeit noch nicht erlaubt. Aber die Geschichte wollte es, dass sich genau dieser Spieler fünf Minuten vor Ende in eine Flanke von Berni Termath warf und mit dem Kopf aus Abseits-verdächtiger Position den Siegtreffer erzielte. Eine Bronzeplastik mit Namen ‚Penny ihm sein Knie‘, welche natürlich das bandagierte Knie von Penny Islacker darstellt, schmückt seit einigen Jahren den Spielertunnel im neuen Stadion.
Damit sicherte sich der glorreiche RWE eine Gravur auf der berühmtesten Radkappe des Landes. Bei der Rückkehr in die Ruhrmetropole bereiteten an die 100.000 Menschen der Mannschaft einen triumphalen Empfang. Es ist leider sehr wahrscheinlich, dass dieser Meistertitel für den RWE der einzige bleiben wird, aber genau aus diesem Grunde ist dieser auch so besonders und die Meister-Mannschaft wird in Essen durchaus noch verehrt. Das alles passierte natürlich noch deutlich vor meiner Geburt, so dass die ganz große emotionale Nähe zu diesem Ereignis fehlt. Aber dennoch hat diese Mannschaft für mich und wohl für jeden anderen Rot-Weissen einen ganz besonderen Stellenwert.