Stadion Essen, 13.256 Zuschauer, Regionalliga West
Das Spiel gegen die Kanalarbeiter aus der unscheinbaren Nachbarstadt beendete die Wochen der Wahrheit. Derby oder nicht Derby? Für die einen (RWO) ja, für die anderen (RWE) eher nicht. Für viele der RWE-Anhänger, vorrangig jene, die vor 1980 geboren wurden, gibt es nur einen Derby-Gegner – die Unaussprechlichen aus Gesindelkirchen. Das letzte Derby liegt aber nun bereits 28 Jahre zurück, als dem damals drittklassigen RWE das Husarenstück gelang, den Bundesligisten aus dem DFB-Pokal-Wettbewerb zu entfernen – verdammt, bin ich dankbar, dass ich da live dabei sein durfte! Bedeutet dieses aber, dass der glorreiche Deutsche Meister von 1955 seit 28 Jahren kein Derby gespielt hat? Ich definiere ein Derby als ein Spiel zwischen zwei Clubs, die aus derselben Stadt oder Region kommen. Mag sein, dass für uns Rote der Vergleich mit den Nachbarn aus der sozial benachteiligten, nordöstlich von Essen liegenden Gemeinde das bedeutendste Spiel ist. Nicht nur für meinen Geschmack haben aber auch die Spiele gegen den WSV, den MSV und gegen RWO und weitere nahe angesiedelte Vereine einen erhöhten Stellenwert und damit Derby-Charakter, auch wenn aus rot-weisser Perspektive keiner dieser Gegner die Negativ-Bedeutung des FC Arbeitslosenkirchen 04 erreicht. Aber es geht definitiv um Vorherrschaft in der hiesigen Region und bei gerade neun Kilometern Luftlinie zwischen der Niederrheinruine und der Hafenstraße nimmt das Duell mit dem RWO natürlich eine besondere Stellung ein. Anderes zu behaupten, entbehrt nicht einer gewissen Arroganz, die man aber natürlich auch mal ruhig äußern kann. Die Bedingungen waren schwierig. Der RWE liefert mal wieder eine eher durchschnittliche Heimbilanz an, während Oberhausen seit Monaten nicht mehr verloren hatte und mit richtig breiter Brust nach Essen kam. Auch die Fan-Szene der Kanal-Jungs sparte nicht mit Provokationen, ließ aber zahlenmäßig keine Taten folgen. Statt der angekündigten 2-3000, hatten sich dann doch eher unter 1500 Gästen im Away-Bereich eingefunden. Eins war klar – hätte der RWE dieses Spiel nicht gewonnen, wäre auch der letzte eh schon hauchdünne Aufstiegs-Strohhalm endgültig abgeknickt.
Die Recken in den RWE-Trikots hatten verstanden und kämpften um jeden Zentimeter Rasen. Aber auch RWO hat eine richtig gute Regionalliga-Mannschaft, daher zeigte sich die Partie in Hälfte eins sehr ausgeglichen und da die Defensiv-Reihen auf beiden Seiten kompakt und annähernd fehlerfrei agierten, auch ohne große Torraum-Szenen. Viel änderte sich daran auch im zweiten Durchgang nicht und doch konnte sich der glorreiche RWE ein leichtes Übergewicht erarbeiten. RWO fand weiterhin maximal bis zum Essener 16er statt und der RWE konnte dagegen ein paar Male gefährlich vor das Gäste-Tor kommen. Nachdem eine Viertelstunde vor dem Ende die bis dahin größte Chance zur Führung ungenutzt geblieben war, fanden sich wohl nach und nach alle Zuschauer mit einem torlosen Remis ab. Stürmer Kefkir sah das anders und nutzte eine eigentlich nicht sonderlich brenzlig wirkende Situation zehn Minuten vor Ablauf der regulären Spielzeit zur zu diesem Zeitpunkt nicht mehr erwarteten Führung. RWO konnte dem Kick keine entscheidende Wendung mehr geben und mit dem Schlusspfiff machte sich Erleichterung breit, weiterhin eine kleine Option auf den Relegationsplatz offen gehalten zu haben. Die Gäste haderten mit dem Schiedsrichter und wollten vor dem Führungstreffer eine Regelwidrigkeit erkannt haben. Sicher, auch umgekehrt wäre das zur Sprache gekommen, aber zuletzt durfte sich RWO bei den Spielen gegen RWE nicht über die Entscheidungen der Unparteiischen beklagen – siehe insbesondere das entscheidende Nicht-Tor in der Schlussminute des Niederrheinpokalfinale des letzten Jahres – und es gleicht sich eh meist immer alles aus. Ich bin der Meinung, das Schiri-Gespann hat diese emotionale Partie sicher und gerecht geleitet, sicherlich manche Situation großzügig ausgelegt, aber eben auf beiden Seiten, wie auch in der entscheidenden Szene. Unter dem Strich war dieser Sieg letztlich sicher etwas glücklich, aber eben nicht unverdient, denn in Hälfte zwei war der RWE das etwas stärkere Team. Die Stimmung war nicht schlecht, aber da geht mehr. Die RWO-Kurve habe ich in unserem Stadion schon lauter erlebt und die Westtribüne war zwar gemessen an der doch oft eher durchschnittlichen Lautstärke nicht übel aufgelegt, aber auch da blieb noch Luft nach oben. Dennoch war dieses Liga-Topspiel mit über 13000 Zuschauern absolut würdig und macht noch mehr Lust auf eine andere Liga. Weiter kämpfen! Niemals aufgeben!