Münster – Di., 14.09.2021, 19:00

SC Preußen Münster vs Rot-Weiss Essen 2:3

Preußenstadion an der Hammer Straße, 7.500 Zuschauer, Regionalliga West
Mehr als 11 Jahre lag der letzte Besuch an der Hammer Straße zurück. Damals kassierte der RWE bei den Preussen eine deutliche 0:4-Klatsche. Es ist nicht die ganz große Rivalität, aber da man ja eine Zeit lang mehrfach die Klingen kreuzte (by the way… wo ist eigentlich das Münsteraner Richtschwert hin?), liegt sicherlich eine gewisse Brisanz über diesen Duellen. 800 Karten gingen nach Essen und das Preußenstadion meldete mit 7.500 Besuchern ausverkauft nach Covid-Bedingungen. Ich fuhr vom Arbeitsplatz im Westmünsterland direkt nach Münster und wartete dann vor dem Away-Sektor noch auf einen Kollegen. Ich war schon recht überrascht, welche Leute an mir vorbeiliefen und aus den ankommenden Bussen ausstiegen. Da waren Gesichter dabei, die ich schon recht lange nicht mehr im RWE-Umfeld gesehen hatte und die stark motiviert erschienen. Die Preussen-Kurve startete mit einer kleinen Choreo in die Partie. Nichts Wildes, das Vereinswappen wurde von kleinen Schwenkern flankiert, aber eben doch schön in unseren Breiten überhaupt mal wieder normale Fankultur optisch wahrnehmen zu können. Im Anschluss an die Choreo gingen dann auch zwei, drei Fackeln an. Die Stimmung auf Essener Seite war dann auch deutlich besser als ich es erwartet hatte. Zwar zeigen sich die Gruppen immer noch nicht wieder organisiert und auch die Gruppen-Banner fehlen weiterhin am Zaun, aber der Support erreichte schon wieder eine gute Qualität. Die Roten starteten ganz ordentlich in die Partie und erarbeiteten sich ein leichtes Übergewicht. Nach zwanzig Minuten fiel dann aber der zu dem Zeitpunkt eher überraschende Führungstreffer für die Gastgeber. Die rot-weisse Defensive hatte – wie schon in anderen Spielen zu beobachten – Probleme wenn es schnell ging und ein Konter durch die Zentrale führte für die Adlerträger zum Erfolg. Darf niemals fallen, dieses Tor. Keine zehn Minuten später dann beinahe eine Kopie des ersten Treffers. Wieder ging es schnell durch die Mitte und RWE-Schnapper Davari, starker Rückhalt in der letzten Saison, in dieser Spielzeit aber bis dato eher solide, hielt dann endlich mal wieder einen Hundertprozenter, der Ball fiel aber dem Preußenstürmer leider wieder vor die Füße und dieser staubte dankend ab. Bis zum Wechsel tat sich dann nicht mehr viel und mit der 0:2-Hypothek ging es in die Pause.
Es gab eigentlich wenig Grund zur Hoffnung, aber nichts ist im Fußball unbeständiger als die Vermutung über irgendeinen Spielverlauf. Mit Wiederbeginn wurde im Gästeblock erst einmal ordentlich gezündelt und die Fackeln und Blinker waren auf rot-weisser Seite noch nicht erloschen, da erstrahlte der Heimbereich auch schon in Grün. Sah auf beiden Seiten sehr gut aus. Ein Licht schien aber nur den Gästen aufgegangen zu sein, denn nach wenigen Minuten fiel der Anschlusstreffer und weitere zehn Minuten später der Ausgleich. So schnell kann es gehen und damit hatte sicherlich nicht nur ich nicht gerechnet. Nun gehörte die Spiel-Regie wieder dem glorreichen RWE und die Preussen verloren etwas den Faden. Als sich eigentlich alle langsam mit dem Remis arrangiert hatten, gelang den druckvolleren Rot-Weissen drei Minuten vor Ende der Spielzeit der Siegtreffer. Tollhaus Gästeblock. So emotionslos ich den Auswärtssieg in Wuppertal erlebt hatte, so sehr ging mir der Erfolg im Münsterland unter die Haut. Endlich wieder ein fast normales Fußballgefühl, endlich wieder Stimmung und Emotionen, endlich wieder Frust und Glück in einem Spiel vereint, hat schon irgendwie gefehlt. Die Münsteraner reagierten noch mal mit wütenden, aber planlosen Angriffen und hätte vielleicht einen Elfer bekommen können, aber die Pfeife blieb halt stumm. Der Rest war Jubel und das Wissen über einen ganz wichtigen Sieg im wohl schwersten Auswärtsspiel der Saison, der die Roten erstmal fett in der Spitzengruppe verankert. Auf Halbzeit eins und zwei, folgte aber noch Nummer drei. Diese bekam dann aber einen sehr unschönen Beigeschmack. Ich habe ja prinzipiell nichts dagegen, wenn es ein wenig Rahmenprogramm zu bestaunen gibt, solange die daran Interessierten das unter sich ausmachen. Der Grat ist aber übersprungen, wenn dabei Unbeteiligte zu Schaden kommen. Dieses war beim von Gäste-Seite ausgehenden Sturm des Heimbereichs auf der Gegengerade der Fall und das geht natürlich absolut überhaupt nicht, da gibt es auch keinen Diskussionsspielraum! Nicht nur für mich gibt das einem wunderbaren Fußball-Erlebnis einen faden Nachgeschmack, auf den ich gern verzichtet hätte. Auch außerhalb des Stadions herrschte dann relatives Chaos aus Polizei-Sirenen, durcheinander laufende und fahrende Polizei-Kräfte und einen ziemlich aufgebrachten Preußen-Anhang mit Rachedurst. An der altbekannten großen Kreuzung verharrte ich noch etwas in Voyeur-Position. Die Staatsmacht hatte erst große Mühe mit dem Heimanhang, diesen dann aber nach ein paar Minuten unter Kontrolle. Für die erkennbar Rot-Weissen, welche die Kreuzung auf dem Weg zu ihren Fahrzeugen passieren mussten, war es dennoch ein ziemlicher Spießrutenlauf und die eine oder andere Backpfeife wechselte die Seiten. Endlich wieder normale Leute!