
Wuppertaler SV vs Rot-Weiss Essen 0:1
Stadion am Zoo, 9.782 Zuschauer, Niederrheinpokal Viertelfinale

Verbandspokal-Halbfinale in Wuppertal. Hört sich nach nem guten Spiel an und ist es ja eigentlich auch. Bis zum Sommer letzten Jahres wäre diese Paarung für mich auch noch etwas Besonderes gewesen. Ich bin Mitte der 80er Jahre zum glorreichen RWE gekommen, als sich der Deutsche Meister von 1955 mehrere Jahre auf Augenhöhe mit dem WSV bewegte. Damals waren die Wuppis neben dem FC Meineid aus der verbotenen Stadt auf jeden Fall der größte Rivale und diesen Status hat der WSV bei mir persönlich auch bis heute gehalten. Bedingt durch den lang ersehnten Aufstieg im letzten Sommer verspüre ich aber immer noch eine derartige Zufriedenheit und Freude über neue, teils ja auch hochattraktive Gegner, dass der Niederrheinpokal und der WSV als Gegner etwas verblassen. Klingt komisch, is aber so. Ergo fühlte es sich auch eher wie eine Teilnahmeverpflichtung als ein Highlight und eine Art Derby-Stimmung kam bei mir nicht auf. Zudem wurden die Klingen mit den Talbewohnern in den letzten Jahren ja auch regelmäßig gekreuzt, so dass es kein sonderlich selektives Erlebnis war. Das sah man im Tal der Ahnungslosen ganz anders. Verständlicherweise, muss man sagen, denn der Aufstiegszug ist abgefahren, der Pokal also das letzte Eisen im Feuer. So waren da unten im Loch auch alle heiß auf uns und es wurde eine fünfstellige Kulisse angestrebt, die letztlich nur knapp verfehlt wurde. Als Intro gab es eine ganz ordentliche Fähnchen-Choreo mit Motivations-Spruch „Alles auf Sieg“ untermalt von einigen Blinkern.
Der WSV-Support war insgesamt solide, zwischendurch etwas langatmig beim sturen W-S-V-Stakkato, der eher klang als wäre ein Sprung in der Schallplatte. Auf jeden Fall war der Heim-Support deutlich besser als der aus der Gästekurve – es gab nämlich keinen. Die aktive RWE-Szene supportet im Verbandspokal erst ab dem Halbfinale. Das war in den vergangenen Jahren immer der Fall und dabei wird offensichtlich auch keine Rücksicht auf den Gegner genommen. So war unter den knapp 1.500 Gäste-Fans völlig tote Hose. Zaghafte Anfeuerungen einzelner Kleingruppen fanden keine Nachahmer. Ich finde es zugegeben etwas befremdlich, dass die Ultra-Gruppen ihre Haltung so konsequent durchziehen. Dass auf aktive Gestaltung bei einem begrenzt reizvollen Pokalspiel gegen einen Bezirksligisten verzichtet wird, finde ich nachvollziehbar. Im Gegensatz dazu zieht aber ein Spiel gegen einen Erzrivalen die Aufmerksamkeit ja nicht aus der Runde in der es stattfindet, sondern aus der eigenen Brisanz. Ich betrachte den Ultra-Gedanken ja durchaus kritisch, erkenne viel Positives, sehe genauso auch negative Verhaltensweisen, aber ich muss zugeben, dass ich den Spielen, in denen die Jungs und Mädels passiv bleiben, wenig abgewinnen kann. Natürlich steht den Ultras die Entscheidung frei, wann sie aktiv werden und wann nicht und wie angedeutet kann ja auch jeder Einzelne dann selber die Initiative ergreifen. Aber genau das funktioniert eben nicht mehr. Die ‚normalen‘ Fans haben verlernt, Stimmung in die Kurve zu bringen, daran weiter zu glauben ist nichts anderes als verklärte Romantik aus der Vor-Ultra-Epoche. Aber eben genau weil sich die Ultras als Herrscher über die Kurve sehen, sehe ich auch eine gewisse Verantwortung bei den Gruppen, generell für die Initiative zu sorgen und nicht nur, wenn es ihnen passt. Schwieriges Thema, das sicherlich auch genug Potential für ein ausgedehntes Seminar bietet.
Der RWE trat mit dem eineinhalbten Anzug an, was recht riskant schien, denn der WSV hat durchaus Qualität. Allerdings diktierte eine Grippe-Welle die rot-weisse Aufstellung, so dass eigentlich jeder der noch gesund war, auch im Kader stand. Zusätzlich nahmen einige Jugendspieler auf der Ersatzbank Platz. Die Roten waren im ersten Durchgang dennoch die spielbestimmende Mannschaft und brachten die Gastgeber durch schnelle Umschaltmomente einige Male in Bedrängnis. Einer dieser schnellen Angriffe führte zu einem Foul an Isi Young. Den daraus resultierenden Elfer verwandelte Maschine Bastians souverän. Leider versäumten die Roten es, das Resultat vor dem Seitenwechsel noch erfreulicher zu gestalten und ein deutlich besser organisierter WSV riss im zweiten Durchgang das Zepter an sich. Die gefühlen 15 Ecken und 10 Freistoßflanken, die in den rot-weissen Sechzehner segelten, brachten aber nur selten Gefahr, so dass der RWE letztlich einen etwas glücklichen Halbfinal-Einzug feiern durfte.








