
TSV München von 1860 vs Rot-Weiss Essen 1:1
Städtisches Stadion an der Grünwalder Straße, 15.000 Zuschauer, 3.Liga

Morgens um zwanzig vor acht ging es mit dem Railjet der ÖBB vom Bahnhof Budapest-Keleti los. Etwas über 650 Kilometer waren es bis München. On-time wurde bei Freilassing die Grenze gequert, um dann auf den letzten 150 Kilometern über eine halbe Stunde Verspätung aufzubauen. Da stimmt grundlegend etwas nicht bei der Netz-Logistik der Deutschen Bahn. Am Münchener Hauptbahnhof sammelten mich dann meine Rot-Weiss-Leute ein und hinauf ging es auf Giesings Höhen, wo noch für eine Mahlzeit in einer Balkan-Giftküche – welch ein Fraß! – eingekehrt wurde, bevor wir die Oldschool-Bude der Sechz’ger betraten. Vor ein paar Jahren war ich mal zu einem Regionalliga-Spiel dort und vor beinahe 30 Jahren auch schon mit dem Deutschen Meister von 1955. Anfang der 90er waren sowohl 1860 als auch der RWE frisch aus der damals drittklassigen Oberliga aufgestiegen und es war das erste Auswärtsspiel der Saison, dass mit einem humorlosen 1:0-Sieg für die Löwen endete. Obwohl vor gut zehn Jahren umfangreiche Sanierungs- und Umbaumaßnahmen durchgeführt wurden, hat sich optisch zum Glück wenig verändert und dieses traditionsreiche Stadion konnte sein Aussehen weitgehend konservieren. Am auffälligsten ist sicher der Neubau der Gästetribüne, die Sicht auf das Spielfeld ist aus dieser allerdings sehr bescheiden. 1500 Rot-Weisse hatten sich auf den Weg an die Grünwalder Straße gemacht und das Gästekontingent damit ausverkauft. Respekt an uns selber, aber wie schon einmal erwähnt, macht es momentan auch richtig, richtig Laune, der Mannschaft hinterher zu fahren.
Zum Intro wurde in der Gästekurve schön gezündelt, sieht ja bei Abendspielen immer prächtig aus. Die Löwen-Kurve zog in Hälfte zwei mit einer großen Pyro-Einlage ordentlich nach und auch so gingen zwischendurch in der Westkurve immer wieder mal ein, zwei Fackeln an. Auf beiden Seiten war die Stimmung dann sicherlich nicht schlecht. Allerdings kam die Lautstärke der Löwen-Kurve auf Gästeseite nicht so recht an, was aber andersherum sicher ebenso empfunden wurde. Beide Hintertor-Tribünen sind halt unüberdacht, das nimmt dem Support schon ordentlich Kraft. Die Sechz’ger traten dominant auf und hatten bis auf wenige Phasen deutlich mehr Spielanteile. Torchancen blieben aber Mangelware, da die rot-weisse Deckung sicher stand. Mehr als zwei, drei gute Chancen kreierte der RWE aber auch nicht, weshalb die Partie eher von der Spannung lebte. Mit einem Punkt war ich dementsprechend natürlich zufrieden und als ich langsam die Überzeugung gewann, dass der RWE das torlose Remis über die Zeit bringen würde, gab es nach einem schlechten Klärungsversuch im Sechzehner eine Unachtsamkeit und Elfmeter für die Gastgeber. Golz ist leider kein Elfmeterkiller, zwar oft in der richtigen Ecke, aber die Bälle erreicht er nicht. Die Löwen gingen also in Führung und nun war ich mir genauso sicher, dass die Roten nicht zurückkommen würden. Aber die Truppe hat einfach Moral und darf in dieser Saison nie angeschrieben werden. In der Nachspielzeit segelte eine letzte Freistoß-Flanke in den Löwen-Strafraum und Kopfball-Ungeheuer Bastians war zur Stelle und glich aus. Im Gästeblock purzelte nun natürlich alles durcheinander und auch wenn der Punkt glücklich zustande kam, halte ich ihn für nicht unverdient, da die Mannschaft sich nie aufgegeben hat.
Nach Spielschluss gab es dann noch eine wunderbare Einlage der bayrischen Polizei-Nazis, welche zunächst einige normale Zuschauer durchließen und dann den Ultras und allen noch in der Kurve verbliebenen übrigen Anhängern die Abreise untersagten und das natürlich auf absolut ‚deeskalierende‘ Weise. Ein Lob an den Essener Haufen, der sich der Brisanz der Lage bewusst war und die Ruhe bewahrte. Nach einer guten halben Stunde durfte dann durch ein Spalier an Einsatzkräften in Kampfausrüstung in feindseliger Atmosphäre das Stadion verlassen werden. Zweck dieser aufwändigen und fragwürdigen Nummer war offensichtlich die Festsetzung zweier Personen, die man beim Zündeln infiziert zu haben meinte. Ich halte mich ja prinzipiell von derartigen Geschichten fern, aufgrund der räumlichen Situation waren wir dieses Mal aber halt mittendrin. Dass die Uhren polizeiseitig beim Fußball in Bayern anders gehen ist ja bekannt. Nach meiner Meinung wird dort mit Kanonen auf Spatzen geschossen und Polizei-Unterabteilungen wie BFE und USK, die ja beim Fußball eingesetzt werden, erinnert ganz stark an die staatlichen Prügel-Truppen östlicher und arabischer Diktaturen. Da muss sich dann auch kein Staatsdiener wundern, wenn sich die Akzeptanz für sein Auftreten stark in Grenzen hält. Und wenn es nach mir geht, kann der Freistaat seinem Namen auch gerne gerecht werden.





















