
VfB Oldenburg vs Rot-Weiss Essen 3:5
Marschwegstadion, 7.797 Zuschauer, 3.Liga

Vor 26 Jahren war ich das erste und einzige Mal am Marschweg und sah eine unspektakuläre Niederlage des glorreichen RWE in einer Saison an deren Ende beide Kontrahenten abstiegen und sich seitdem nicht mehr begegneten. Ein ‚bisschen‘ wilder war die Begegnung heute dann schon. Ich sagte vor dem Spiel noch, dass das wieder so eine unvorhersehbare Begegnung ist, die 4:0 oder 0:4 ausgehen kann, habe aber doch nicht erwartet, dass das so in der Art zutrifft. Den Gästeblock machten wir mal wieder proppevoll und auch auf der Haupttribüne sammelten sich noch gut 200-300 Rot-Weisse, obwohl der VfB „aus Sicherheitsgründen“ keine Sitzplatzkarten nach Essen schickte. Ging ja offensichtlich gut auf dieses Konzept. Es macht momentan echt absolut Bock, diesem Verein zu folgen. Beinahe unglaublich, welche Massen wir in Bewegung setzen und wie voll die Bude auch immer bei den Heimspielen ist. Die VfB-Szene zeigte zu Spielbeginn eine aufwändig gestaltete Choreo zum 125jährigen Jubiläum des Vereins. Zunächst wurden bemalte Stoffbahnen hochgehalten und am Zaun prangte ein Banner mit der Entstehungsgeschichte des VfB. Nach dem herunterlassen der Stoffbahnen wurden kleine Fähnchen zunächst festgehalten und danach geschwenkt und das Zaunbanner entfernt. Darunter prangte ein weiteres Banner in den Vereinsfarben mit einem Zukunftsschwur. Auf den Stoffbahnen wurden sehr detaillierte Szenen abgebildet, die leider aufgrund des flachen Winkels der Stehtribüne aus der Ferne nicht gut abzulesen waren. Dennoch war die Mühe, die hineingesteckt wurde, offensichtlich und auch im Ablauf ist die Choreo definitiv gelungen.
Der Gästeblock beschränkte sich auf das übliche farbenfrohe Fahnenbild. Aufgrund des bekannten Konflikts mit dem Verein sind aktuell alle optischen Aktionen auf Eis gelegt, der Support wird davon aber nicht berührt, die Mannschaft bedingungslos unterstützt. Die Gastgeber nahmen in der Anfangsphase recht druckvoll das Heft in die Hand und kreierten einige Chancen. Der Lohn für die Mühen war ein berechtigter Strafstoß, den der Ex-Essener Wegner, der den VfB im Sommer in die Dritte Liga geschossen hatte, zur Führung nutzte. Für den RWE wirkte das wie ein Weckruf. Plötzlich ging viel mehr nach vorn und der sprintstarke, wieder mal schwer ins Spiel gekommene, aber dann doch recht stark spielende Ennali erreichte einen eigentlich zu lang geratenen Pass Sekundenbruchteile vor dem irgendwie träge – oder sah das aufgrund Ennalis Tempo nur so aus? – herauseilenden Tormann Mielitz und wurde von diesem im Sechzehner zu Fall gebracht. Folgerichtig gab es ebenfalls Elfer, denn Bastians sicher verwandelte. Die Roten hatten den Moment auf Ihrer Seite und Berlinski konnte einen abgewehrten Bastians-Schuss vor dem Pausenpfiff zur Führung verwerten. Kurz nach dem Wiederanpfiff streichelte erneut Bastians eine Tarnat-Flanke mit den Haarspitzen durch die Mielitz-Hosenträger zum 3:1 ins Netz und man hatte das Gefühl, dass die Partie nun eigentlich ruhig nach Hause gespielt werden kann. Es blieb beim Gefühl, denn nach einer guten Stunde erzielte Starke bei einem schnellen Konter mit einem humorlosen Strahl den Anschluss.
Als ich bei einem Eckstoß für die Gastgeber dann unkte, dass der letzte Treffer heute noch nicht gefallen sei, wurde das Orakel schon Realität und der doppelte Starke flugkopfballte zum Ausgleich ein. Kurzer Schockmoment und eigentlich war das Momentum nun bei den Hausherren, aber es dauerte nur wenige Minuten, bis ein Rother-Kopfball – der Junge ist seit dem Mannheim-Spiel auch endlich in Essen angekommen – zur erneuten Führung ins Netz abgefälscht wurde. Nun entwickelte sich ein intensives Spiel mit schnellen Richtungswechseln und Chancen hüben wie drüben und trotz dieser Dynamik war ich einigermaßen siegesgewiss. In der Schlussminute hatte Ennali dann einen Geistesblitz und spielte einen Freistoß im Mittelfeld schnell auf die Außenbahn. Beinahe ein Wunder, dass es ihn noch gibt, den schnell ausgeführten Freistoß, der nicht vom Schiri zurückgepfiffen wird…! Der Konter endete in einem Querpass im Strafraum, der von einem VfB-Akteur ins eigene Netz gegrätscht wurde. Dahinter hätte aber der nach vorn geeilte Ennali auch einschussbereit gestanden. Damit war er safe, der dritte Auswärtssieg in Folge, bei dem sicherlich auch das Glück dem Tüchtigen half. RWE ist so eine Art Mannschaft der Stunde und hat nun ein kleines Polster zu den Abstiegsrängen aufgebaut. Seit fünf Spielen sind die Roten nun ungeschlagen und dabei mit drei Auswärtserfolgen und zwei Heim-Remis absurderweise in der Ferne erfolgreicher als an der Hafenstraße. Aber in dieser verrückten Liga ist alles möglich und es gilt wachsam und mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben. Abschließend noch ein Dank an VfB-Supporter Malte für das Bier nach dem Spiel und die Hefte. Schön, dass wir uns endlich mal persönlich kennengelernt haben.














