Essen – Mi., 09.11.2022, 19:00

Rot-Weiss Essen vs SV Meppen 0:0

Stadion an der Hafenstraße, 16.467 Zuschauer, 3.Liga
Angeschlagene Boxer sind gefährlich. Und verletzte Tiere kämpfen erst recht um ihr Leben. Um mal mit ein paar Floskeln zu beginnen. Dementsprechend rechnete ich auch nicht mit einem einfachen Spiel gegen einen vermeintlich schwachen Gegner, der seit elf Spielen sieglos war und in den letzten sechs Spielen gerade mal ein mickriges Törchen erzielt hatte. Und ich erwartete auch keine verunsicherte Gäste-Elf, die uns einen souveränen Sieg ermöglicht, sondern eine spielstarke Mannschaft und ein ausgeglichenes Spiel. Das war es dann aber in Hälfte eins gar nicht, denn die Gäste aus dem Emsland waren das bessere von zwei wenig ansprechend auftretenden Teams. Körperlich waren sie viel robuster und präsenter, mit großem Willen und Bereitschaft dorthin zu gehen, wo es weh tut. Die Roten kamen überhaupt nicht in die Partie und hatten große Probleme mit den teilweise körperlich deutlich kräftigeren Meppener Recken. Daher gehörten auch die ersten Szenen den Niedersachsen und man durfte dankbar für deren aktuelle Abschlussschwäche sein, denn ein abgezockteres Team hätte den einen oder anderen Versuch sicherlich über die Torlinie gebracht. Nach einer etwa zehnminütigen Unterbrechung wegen eines medizinischen Notfalleinsatzes bei einem weiblichen Ordner – die Dame wurde glücklicherweise aber bei Bewusstsein und ansprechbar abtransportiert – vergab Berlinksi die einzige gute Gelegenheit für den RWE in Hälfte eins kurz vor dem Seitenwechsel. Der Meppener Schlussmann lenkte seinen Schuss um den Torpfosten.
Hälfte zwei sah dann etwas ausgeglichener aus, was sich aber weniger durch größere Torgefahr der Roten als viel mehr durch nun auch ausbleibende Gelegenheiten auf Gästeseite zeigte. Nur noch wenige Strafraumszenen waren zu verzeichnen und es blieb letzlich auch beim torlosen Remis gegen in den letzten zehn Minuten nach Platzverweis in Unterzahl spielende Emsländer, die sich diesen Punkt mehr als verdienten. Das Resultat stört mich auch nicht, als Aufsteiger sollte man vor allem nach dem desolaten Saisonstart demütig bleiben. Die Art und Weise wie das Resultat zustande kam, ärgert mich aber schon, denn aus diesem Blickwinkel war mehr drin. Die Entscheidungen von Trainer Dabrowski kann ich Gesamten nicht nachvollziehen. Unverständlich war der Einsatz des bisher unscheinbaren Sponsel für den verletzungsbedingt ausgefallenen Rechtsverteidiger Wiegel. Da hatte wohl nicht nur ich den jungen, agilen und bei den bisherigen Einsätzen starken Kourouma erwartet. Stattdessen spielte Sponsel trotz einer farblosen Leistung mit vielen Unsicherheiten sogar durch. Die Wechselmöglichkeiten wurden nicht ausgenutzt, eine Möglichkeit dem Spiel mehr neue Impulse zu geben somit vertan. Außerdem vermisste ich jegliche taktische Idee, dem zunächst erstaunlich druckvollen Spiel der Gäste durch Umstellung oder Systemänderung zu begegnen. In dieser Hinsicht war das ein Rückfall in alte Zeiten und für mich ein leiser Beweis, dass Dabrowski in seiner Spielidee einfach nicht flexibel genug ist. Dabro bemängelte nachher fehlende Dynamik und Esprit im Spiel – den Schuh darf er sich für sein Coaching allerdings auch selbst anziehen.
Ich liebe Flutlichtspiele, da diese oft eine besondere Atmosphäre provozieren. Nicht umsonst gelangen die beiden bisherigen Heimsiege unter künstlichem Licht. Die Stimmung war vor wieder ordentlich voller Hütte auch okay, aber irgendwie auch nicht mehr als das. Wie schon gegen Zwickau sprang der Funke von den Stehern nicht so auf die Sitzer über, auch da war noch mehr Potential drin. Unerwartet viele, nämlich an die tausend Emsländer sorgten über beinahe die gesamte Spielzeit für guten Gäste-Support und boten ein schönes Intro mit kleinen Glitzer-Schwenkern, Blinkern und einem die Mannschaft motivierenden Zaunbanner. Grundsätzlich bin ich mit der bisherigen Ausbeute einverstanden, zu Hause war aber sicher mehr möglich, auch wenn die Truppe nun daheim seit sechs Spielen ungeschlagen ist, wobei jedoch zu viele Remis zu Buche stehen. Wettgemacht wird das durch eine wirklich stabile Auswärtsbilanz, wo sicherlich mehr Erträge eingefahren wurden, als erwartet. Am Montag geht es im letzten Spiel vor der WM-Pause zu den Sechz’gern. Ein Bonusspiel, bei dem es mehr um das Erlebnis geht, als dass Zählbares zu erwarten ist. Chancenlos sehe ich uns dennoch nicht.