Erfurt – Fr., 28.11.2025, 20:20

FC Rot-Weiß Erfurt vs FC Carl Zeiss Jena 3:1

Steigerwaldstadion, 15.040 Zuschauer, Regionalliga Nordost
Als mich mein rot-weisser Mitstreiter Marco vor einigen Wochen frug, ob ich Interesse hätte, ihn zum Thüringen-Derby zu begleiten, rannte er eine offene Tür ein, denn der Besuch dieses Spiels war zu diesem Zeitpunkt längst beschlossen und sollte den Auftakt zu so einer Art Derby-Tour darstellen. Nun hatte sich auch die Frage der Anreise erledigt und mit zwei weiteren rot-weissen Mitbrüdern machten wir uns auf zum falschen RWE. In der thüringischen Landeshauptstadt eingetroffen reichte die Zeit bis zum Anstoß für die Unterbringung des Rucksacks im Bahnhofsschließfach und den Verzehr einer Dönerbox. Bei nasskühler Witterung betraten wir das Steigerwaldstadion, welches vor einigen Jahren eine aufwändige Sanierung erlebte, die nur die alte Haupttribüne schadlos überstand. Die übrigen ehemals ungedeckten Ränge des Mehrzweckstadions mussten neuen überdachten Tribünen weichen. Die Bude war ausverkauft, was ich eigentlich gar nicht erwartet hatte. Aber das Spiel war ja nicht für die Ehre wichtig, sondern auch sportlich, da beide Teams den allerdings aktuell sehr souveränen Leipziger Lokisten hinterhecheln, Jena etwas besser als Erfurt. Die ersten zwölf Minuten standen auch an diesem Spieltag in Zeichen des Protests gegen die geplanten Verschärfungen der Sicherheitsmaßnahmen bei Fußballspielen. Als das Minuten-Dutzend dann rum war, legten die Heim-Kurve und die knapp 2.000 Gäste direkt kolossal los.
Die Zeissianer zündeten einen Haufen Fackeln und die RWE-Kurve veranstaltete eine Pyro-Drama in drei Akten. Zunächst ließen die Rot-Weißen hinter einem dicken Zaunbanner mit Aufschrift „Ausnahmezustand“ eine fette rote Wolke in den Abendhimmel steigen. Als die Rauchschwaden von dannen zogen, erleuchteten einige Breslauer und Bengalos die Kurve und schließlich wurde noch eine Batterie Fontänen von der Leine gelassen. Das reichte für die erste Spielunterbrechung durch den Referee und ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass solche Aktionen auf der Innenminister-Konferenz Argumente gegen die diskutierten Maßnahmen liefern. Kurz darauf leuchtete die Heim-Kurve schon wieder rot, das Ganze unterlegt von einigen Silvesterraketen, worauf erneut kurz unterbrochen wurde. Die Gäste beschränkten sich bis zum Seitenwechsel auf ein schönes Fahnenbild und geschlossenen Support. Fußball gespielt wurde dazwischen auch noch. Die Partie brauche etwas, um in Schwung zu kommen, aber dann wurde es unterhaltsam. Mit ruppiger Spielweise ging es recht zügig hin und her und nach einer halben Stunde gingen die Gastgeber durch blitzsaubere Konter innert fünf Minuten mit zwei Treffern in Front, gleichzeitig der Halbzeitstand.
Der Gästeanhang verhüllte den Block während der Pause mit einer Blockfahne und tat per Banner am Zaun kund, die Schlacht noch siegreich gestalten zu wollen. Nach einigen Minuten wurde die in der Mitte geteilte Blockfahne wie ein Vorhang nach rechts und links aufgezogen und der gesamte Anhang zeigte sich in Ponchos in den Clubfarben, wobei der mittlere, gelbe Teil als Blitz dargestellt wurde. Als Party-Crasher fiel just während dieser Aktion der dritte Erfurter Treffer, der die Partie vermeintlich vorentschied, aber nur wenige Minuten später fand ein schön geschossener Freistoß in die Maschen des RWE-Tores und ließ wieder etwas Spannung aufkommen. Die Gäste versuchten nun alles, waren aber in der Box zu stumpf. Währenddessen brannte es hüben wie drüben immer fröhlich weiter, eigentlich war immer irgendwo eine Fackel oder auch mehrere an. Weitere Tore fielen nicht mehr und die letzten fünf Minuten der siebenminütigen Nachspielzeit musste ich sausen lassen, um die einzig sinnvolle Verbindung ins Nachtquartier zu erreichen. Ein Mietroller beförderte mich den knappen Kilometer zum Hauptbahnhof, wo ich feststellte, dass der ICE nach Erlangen genau die fünf Minuten Verspätung mitbrachte, die gereicht hätten, um das Spiel zu Ende zu schauen. Irgendwat is ja immer.