
Rot-Weiss Essen vs FC Energie Cottbus 2:3
Stadion an der Hafenstraße, 17.307 Zuschauer, 3.Liga

Am Sonntagabend empfing der glorreiche RWE das Team aus dem tiefen Osten und dem Sieger dieses Spiels winkte die Tabellenführung. Diese Ansetzung am Sonntag-Abend war aber eine absolute Frechheit, schließlich beträgt die einfache Strecke zwischen den beiden Städten mehr als 620 Kilometer, was die Reise für die Gäste-Anhänger zu einer absoluten Strapaze machte, was die beiden Fan-Lager in einer abgesprochenen Aktion auch mit Spruchbändern thematisierten. Dennoch waren 659 Nasen aus dem Niedersorbischen angereist, was absoluten Respekt verdient. Der Spieltag stand Ligen-übergreifend im Zeichen des Protests gegen die geplanten Verschärfungen bei den Sicherheits-Standards in Fußballstadien. Bei jedem Spiel schwiegen die aktiven Szenen während der ersten zwölf Spielminuten (Ausnahmen bestätigen die Regel – schönen Gruß an das Sinnlos-Produkt Rattenball Leipzig), um zu veranschaulichen was ein Aussterben von Fankultur für diesen wunderbaren Breitensport bedeuten würde. So auch in Essen und die Zuschauer verfolgten schweigend, wie die Gastgeber die Spielkontrolle übernahmen und erste Offensivaktionen starteten. Der erste Angriff der Gäste nach etwas mehr zehn Minuten wurde dann direkt gefährlich. Anstatt die Kirsche mal humorlos aus der Defensive zu löschen wurde die spielerische Lösung gesucht. Dieses leider nicht souverän, der Ball ging verloren und fand in den Strafraum. Kostka konnte einen aus dem Rücken kommenden Gegenspieler nicht sehen, traf diesen beim Klärungsversuch und wieder mal ertönte ein Strafstoß-Pfiff gegen die Roten. Der zehnte in dieser Spielzeit! Im gerade einmal 15. Spiel! Dass Rekordhalter Hansa Rostock, das vor zehn Jahren über die gesamte Spielzeit 15 Elfmeter-Pfiffe gegen sich erdulden musste, wohl übertroffen wird, ist nicht mehr allzu unwahrscheinlich.
So ergab sich die absurde Situation, dass unmittelbar in dem Moment, als die Szenen die Stimmung aufnahmen, was die Westkurve mit einer soliden, gut anzuschauenden Glitzerfolien-Choreo tat und die Gäste mit einer satten Pyro-Show das Dunkel erleuchteten, der Ball im Netz hinter Jakob Golz einschlug und keiner bekam es richtig mit. Änderte aber nix am Rückstand, dem der RWE nun hinterherlief. Aber die Rot-Weissen übernahmen nach einer kurzen Energie-Druckphase wieder das Kommando, suchten weiter das Heil in der Offensive. Mause, der überraschend in der Start-Elf stand, hätte kurz vor dem Pausenpfiff allein vor dem Tor den Ausgleich machen müssen, zog den Ball aber am langen Pfosten vorbei. Mit der Aufstellung fremdelte ich sowieso ein wenig. Dass ein formschwacher Mause, dem dazu noch eine unbequeme Haltung im Mannschaftsgefüge nachgesagt wird, den Vorzug vor aktuell leistungsstärkeren Stürmern erhielt, hat einen Beigeschmack. Auch ein seit Wochen seiner Form hinterherrennender Arslan hätte vielleicht für einen immer auf Vollgas eingestellten Moustier weichen dürfen. Und Unglücksrabe Kostka gefällt mir mit seiner sachlich-pomadigen Spielweise eh selten. Da hätte ich gern Hofmann von Beginn an gesehen, der aufgrund seiner risikofreudigen Spielweise nicht fehlerfrei, aber dafür unberechenbar ist. Und wo passt Unberechenbarkeit besser hin als in einer unberechenbaren Liga!?
Mit frischem Mut kamen die Roten aus der Kabine, aber Cottbus verfügt ja über eine der besten, wenn nicht gar die beste Offensivabteilung der Liga. Nur fünf Minuten später gab es den nächsten Dämpfer. Ein langer Befreiungsschlag auf dem linken Flügel landete beim schnellen Butler. Brumme eilte hinterher, wähnte die Kugel im Aus und entschied sich zu reklamieren, anstatt zu versuchen den Stürmer noch zu erreichen – welch ein Blackout. Butler ließ sich nicht lang bitten und schob allein vor Golz eiskalt ein. Nun wurde es hart, aber zehn Minuten später erzielte Mause ein wenig aus dem Nichts den Anschluss, was seine Aufstellung aber noch immer nicht rechtfertigte, denn ansonsten blieb der Stürmer blass. Nun standen die Zeichen also wieder auf Herbststurm und der Energie-Schnapper avancierte zum Matchwinner und hielt die Führung seiner Mannen mit Glanztaten fest. Eventuell wäre es doch noch was geworden, wenn die rot-weisse Defensive heute nicht wieder zu viele individuelle Aussetzer gezeigt hätte. Mizuta ließ Cigerci auf der rechten Außenbahn viel zu einfach vorbeiziehen und dessen Zuspiel fand Engelhardt, der das Spielgerät im zweiten Versuch zum dritten Gäste-Treffer versenkte. Der Genickbruch.
Es ging dennoch weiter Richtung Energie-Gehäuse, aber irgendwie fehlt der nun der letzte Kick. Dem eingewechselten Moustier gelang kurz vor Ende mit einer Gewalttat noch einmal der Anschluss aber bis auf einen gefährlichen, weil abgefälschten Schuss von Safi kam darauf keine echte Schlussoffensive mehr zu stande. Der letzte Akt gehörte dem Schiri-Gespann, welches ein mehr als deutliches und eine Verletzung nach sich ziehendes Foul an Hofmann an der Torauslinie übersah. Das hätte nochmal eine gute Chance ergeben können. Diese blieb aber verwehrt, was eine nicht allzu souveräne Leistung der Unparteiischen unterstrich. Das war aber nicht ausschlaggebend für die vermeidbare Niederlage, so ehrlich muss man sein. Bedingt durch immer wieder auftretende Fehler in der Deckung, die allzu oft Strafstöße nach sich ziehen, reicht es aktuell einfach noch nicht für ganz oben. Am Ende ein Luxusproblem, denn der RWE ist nach wie vor in der Spitzengruppe unterwegs. Die nächsten beiden schweren Auswärtsspiele werden zeigen, ob es dabei bleibt. Die Ostdeutschen fuhren also den Sieg ein und wussten wohl selber nicht genau warum, denn der RWE hatte bis auf wenige Phasen die komplette Spielkontrolle. Der FC Energie zeigte sich aber in entscheidenden Situationen clever und abgezockt – zwei Eigenschaften, die in dieser verrückten Liga unabdingbar nötig sind, wenn man denn Erfolg haben will.












