Perivolia – So., 05.10.2025, 14:00

PAE Chania vs GS Kallithea 1:3

Dimitiko Stadio Perivolion, 700 Zuschauer, Super League 2 Süd
Da die Spielstätte des Zweitligisten aus Chania, damit zweite Kraft Kretas, nur etwas mehr als einen Kilometer Luftlinie vom Spielort des Vortages liegt, schlich ich am Vorabend nach dem Spiel schon mal um das Stadion herum, um in Ruhe ein paar Schnappschüsse zu machen. Die umliegenden Mauern zeigen deutlich, dass die kleine Gruppe des örtlichen Clubs einen schweren Stand hat, um sich gegen den Ableger der ‚Gate 13‘-Ultras von Panathinaikos Athen zu behaupten. Insgesamt präsentierte sich eine charmante, etwas in die Jahre gekommene Bruchbude. ‚Gate 4‘ ist der Name der örtlichen Fangruppierung. So wie es in Griechenland üblich ist, benennen sich die Fans nach dem Eingang des Stadions zu ihrem Block. Gate 4 liegt allerdings auf der gegenüberliegenden Seite der Haupttribüne und bietet Zugang zum ungedeckten Stahlrohr-Konstrukt. Dieses wurde aber heute nicht, und wahrscheinlich generell eh nur selten, geöffnet, so dass der vermutlich eigentliche Fansektor lediglich von zwei einsamen Stofflappen markiert wurde. Von der Aufbruchstimmung, welche auf einem der Banner ausgedrückt wurde, hatte die Mannschaft indes wohl noch nicht allzu viel mitbekommen. Zwar starteten die Gastgeber engagiert und erkämpften – „erspielten“ wäre die falsche Wortwahl – sich eine leichte Überlegenheit, die Mitte der ersten Hälfte zum Führungstreffer genutzt wurde. Dieser rüttelte aber die Gäste aus dem Athener Ballungsraum wach und spätestens mit dem Ausgleich vor dem Wechsel, knickten die Kreter ein.
Gut anzuschauen war das alles nicht. Es war ein Gegurke, von vielen kleinen Fouls unterbrochen, was keinen Spielfluss zuließ. Und wenn der Ball doch mal ohne längere Unterbrechung im Spiel war, reihte sich Fehlpass an Fehlpass. Die Gastmannschaft war dabei im zweiten Durchgang das stärkere Team, welches folgerichtig auf Sieg stellte. Was den dunkelhäutigen kolumbianischen Stürmer ritt – was verschlägt eigentlich einen Spieler, der in der Vorsaison noch im Kader eines kolumbianischen Erstligisten stand, in die zweite griechische Liga nach Kreta? – der in der Nachspielzeit mit dem dritten Gäste-Tor alles klar machte, als er den Ball ins leere Tor schob und seine Glanztat vor dem kleinen Heim-Fanblock feierte, blieb ungeklärt. Es hagelte natürlich allerlei Wurfgeschosse, was den Mann geläutert zum schnellen Rückzug drängte. Etwa zwei Dutzend Fans machten Stimmung, so gut es ihnen denn möglich war. Nach dem Abpfiff machte sich eher gelangweilter Frust, als echter Unmut breit, ehe es am Eingang zur Kabine doch noch mal laut und ungemütlich wurde. Die Reißleine des griechischen Fußballanhängers ist bekanntermaßen kurz.

Mournies – Sa., 04.10.2025, 16:00

AO Minotavros vs AO Iraklis Nerokourou 5:0

Stadio Eleftherios Patakakis, 120 Zuschauer, A-Katigorias Chania
Der (Spät-)Sommerurlaub mit der verehrten Gattin – naja eigentlich Herbsturlaub, denn ziemlich genau zum kalendarischen Herbstbeginn ging es los, der meteorologische Herbst war bereits in vollem Gange, aber das wird sicher auf einer anderen Plattform ausführlich erläutert – führte uns nach Griechenland. Nach dem wir uns für eine Woche auf einer kleinen, griechischen, von gerade mal 300 Menschen dauerhaft bewohnten Geheimtipp-Insel vor allen äußeren Einflüssen versteckt hatten, führte uns der Weg weiter nach Kreta, wo wir uns im äußersten Westen in einem über hundert Jahre alten, von Olivenhainen umgebenen, traditionellen Steinhaus verzogen. Herrlich. Das bedeutete zwei Wochen ohne Fußball, die ich – man mag es kaum glauben – durchaus genoss. Am letzten Urlaubs-Wochenende rollte dann aber doch der Ball. Angestrebt wurde eigentlich der Spielbesuch beim einzigen kretischen Super League-Teilnehmer OF Irakleiou in der Inselhauptstadt. Aufgrund fehlender technischer Voraussetzungen musste OFI sein angestammtes, enges, altes und mitten in der Stadt liegendes Stadion aber zu dieser Saison für Pflichtspiele endgültig verlassen und ins weitläufige ‚Pankritio‘ wechseln. Dieses bekam zu diesem Zwecke einen neuen Rasen, der bei erster und einziger Nutzung im Pokalspiel komplett ramponiert wurde, da das Grün noch nicht richtig angewachsen war.
So wurde einige Tage vor dem anvisierten Spiel gegen Aris entschieden, dass dieses nicht in Heraklion, sondern letztlich in Tripoli stattfinden musste. Dadurch hat OFI nach fünf Spieltagen mit zwei nominellen Heimspielen noch nicht ein einziges Mal in Heraklion gespielt. Sachen gibt’s. Mir sind schon oft genug Spielbesuche mehr oder weniger kurzfristig genommen worden, ein mangelhafter Rollrasen stellte eine Premiere dar. Also schaute ich mal, was so unterklassig veranstaltet wird. Im kretischen Westen massiert sich das Geschehen ziemlich um Chania herum. Die griechische Liga-Pyramide ist flach. Den Unterbau der Super League bildet die zweigeteilte zweitklassige Ebene, darunter geht der Fächer in die auf sechs geografisch halbwegs sinnvoll aufgeteilte dritte Liga auf. Und unterhalb dieser wird alles in unzählige regionale Spielklassen gesplittet, so dass dieses Spiel der höchsten Liga der Region Chania schon viertklassiger Fußball war. Das kleine Stadion konnte sich durchaus sehen lassen, auch wenn es nur auf einer Seite Ausbau bot.
Die zweigeteilte Tribüne bietet knapp 1000 Plätze, von denen im Derby gegen ein Team aus dem benachbarten Stadtteil etwas mehr als zehn Prozent belegt wurden. Allerdings ist in der Region ja fast alles Derby, da, wie schon angedeutet, ein Großteil der Clubs in und um Chania angesiedelt ist. Die nach dem kretischen Fabelwesen benannten Gastgeber beherrschten ihre Gäste deutlich und münzten die Überlegenheit in fünf Treffer um. Spätestens mit Tor Nummer zwei kurz vor dem Seitenwechsel war irgendwie schon klar, dass hier nix mehr anbrennen würde. Der Keeper der Gastgeber konnte sein Trikot nachher annähernd unbenutzt wieder gefaltet in die Tasche legen und hatte ausreichend Zeit seine Leute zu dirgieren. In der Halbzeit löste ich im kleinen Cafe des Stadions einen mittleren Tumult aus, als ich einen Cappuccino bestellte, die Details aber mangels gemeinsamer Sprachbasis nicht geklärt werden konnten. Unter Mithilfe Umstehender und großem ‚Hallo‘ bekam ich meinen Wunsch schließlich erfüllt. Nur die Frage nach Zucker wurde falsch verstanden und ich bekam einen fürchterlich süßen Sud serviert. Dennoch wurde ich lachend und mit viel Schulterklopfen in die Gemeinschaft aufgenommen. Für die Ernennung zum Ehrenmitglied hat es aber leider nicht gereicht.

Essen – Sa., 20.09.2025, 14:00

Rot-Weiss Essen vs FC Hansa Rostock 3:0

Stadion an der Hafenstraße, 19.000 Zuschauer, 3.Liga
Zum zweiten Heimspiel des RWE in dieser Woche war die Mecklenburger Kogge in den tiefen Ruhrpott gesegelt. Aktuell verläuft die Saison für deutschen Meister von 1955 ja irgendwie etwas ‚asymmetrisch‘. Auswärts bei sieben Zählern aus drei Spielen noch ungeschlagen, wurden daheim aus gleicher Anzahl an Spielen nur zwei Punkte gesichert. Es wurde also Zeit für den ersten Saisonsieg, zumal nach dem bescheidenen Auftritt gegen Osnabrück auch erstmals einige Unmutsbekundungen zu hören waren. Ein latenter Druck war also nicht zu leugnen, die Aufgabe gegen die Hanseaten aber ungleich schwer, da diese mit einem überzeugenden Auftritt gegen die Münchner Löwen ordentlich Selbstvertrauen getankt hatten. Die ‚Westtribüne‘ stand heute im Zeichen des zehnjährigen Jubiläums der ‚Freaks Ultras‘. Eine die komplette Hintertor-Tribüne bedeckende Blockfahne zeigte das Logo der Gruppe, einen Totenkopf, flankiert von Vereins- und Stadtwappen, welche von einem Banner „Der Totenkopf bedeutet Rot und Weiss bis zum Ende“ unterschrieben wurde. Nachdem die Blockfahne heruntergelassen wurde, erstrahlte die Kurve sauber getrennt in hellrot, weiß und dunkelrot, erzeugt durch Ponchos, welche unter der Blockfahne verborgen von den Anhängern übergezogen worden waren – ein schönes, strukturiertes Bild. Nicht alle letztlich knapp 1.900 angereisten Hansa-Supporter bekamen das zu sehen. Zum einen betraten die ‚Suptras‘ den Gästeblock auf den letzten Drücker, zum anderen nicht vollzählig, Beides fand seinen Grund in Kontrollen, denen einige Ultras aufgrund des Mitführens verbotener Gegenstände zum Opfer fielen. Am Zaun zum Spielfeld wurde dann nur ein einziges Banner befestigt, welches mit weißen Buchstaben auf blauem Grund die Abneigung gegen die Staatsdiener bezeugte. Beim Fußball bin ich geneigt, diese zwar nicht pauschal, aber doch weitestgehend zu teilen.
Ich hatte mich auf einen engen Kick gegen einen schwer zu bespielenden Gegner eingestellt. Doch es kam anders. Nach wenigen Minuten beförderte Safi nach einem abgewehrten Moustier-Raketeneinwurf das Streitobjekt im Rückwärtslauf per Dropkick in Richtung des Hansa-Tores und der Ball fand den Weg so anspruchsvoll wie sicherlich auch etwas glücklich genau in den linken oberen Knick zur Führung für den glorreichen RWE. Die Roten wirkten danach umgehend befreit und übernahmen gegen einfallslos wirkende Gäste das Kommande. Mizuta, seit Wochen in bestechender Form, wollte sich in den Sechzehner dribbeln, wurde dabei von Routinier Pfanne aber genau auf der Strafraumbegrenzung regelwidrig gestoppt. Die Linie gehört zur Box, ergo gab es Strafstoß. Arslan verwandelte gewohnt sicher. Vom Punkt ist der Typ eine echte Maschine. Damit noch nicht genug. Linksverteidiger Brumme drang bei einem seiner immer gefährlichen Vorstöße links in den Hansa-Strafraum ein, schloss aus eigentlich schwierigem Winkel ab und die Kirsche rutschte ins kurze Eck zum dritten Treffer. Dass der Ball minimal abgefälscht wurde, gab den minimal entscheidenden Impuls, erneut war Pfanne der Unglücksrabe. Bereits zwei Minuten zuvor hätte Mause eigentlich schon das Netz beulen müssen, aber der vermeintliche Premium-Neuzugang zündet noch nicht so richtig.
Drei Treffer nach gut 30 Minuten. So viele Gegentore hatten die Norddeutschen bisher in der gesamten Spielzeit hinnehmen müssen und von diesen war weiter nix zu sehen. So einfach hatte ich es nicht erwartet, alles sah nach einem entspannten Sieg aus. Bis Moustier kurz vor der Halbzeit mit wenig Aussicht auf Erfolg in einen Ball grätschte. Nicht böse, nicht mit offener Sohle, aber aus neutraler Sicht konnte man die dunklere der beiden möglichen Karten schon ziehen, auch wenn die Entscheidung hart war. Das Kontrollen annähernd nie den Erfolg haben, verbotenes Material in Gänze aufzudecken, zeigte sich zum Beginn der zweiten Spielhälfte glücklicherweise wieder in ganzer Pracht. Die Hansa-Szene schickte eine beachtliche in den Clubfarben gehaltene Wolke von einigen Fackeln unterlegt in den Bergeborbecker Nachmittags-Himmel. Aufgrund der Windrichtung zog der charakteristische Geruch tief in meine Atemwege. Eigentlich ja abstoßend, für mich persönlich beinahe eine Droge. Vielleicht bin ich aufgrund meiner beruflichen Zugehörigkeit zur Chemie-Branche aber auch einfach nur versaut. Aufgrund ihres zweifelhaften Rufes wurden den Gästen übrigens nur Stehplätze zur Verfügung gestellt.
Ich stellte mich auf einen stürmischen zweiten Durchgang ein, aber von den Hansestädtern kam weiterhin überhaupt nichts Zwingendes. Klar, der Ballbesitz war nun bei den Gästen, der RWE fand offensiv so gut wie nicht mehr statt, kompensierte die Unterzahl aber mit viel Leidenschaft defensiv gut. Wirklich gefährlich wurde es erstmals als 20 Minuten vor dem Ende, als Brumme für den geschlagenen Golz im Stile eins Handball-Torwarts einen Meter vor der Torlinie mit dem Fuß klärte. Zehn Minuten vor Schluss gab es Handelfmeter für die Gäste. Gjasula bekam den Ball aus kürzester Distanz mit Mach Zwei an den Unterarm geplästert. Die Entscheidung folgerichtig und regelgerecht. Die Regel selbst ist halt das Problem, denn wo soll man die Extremitäten im Sekundenbruchteil hinpacken!? Ich hoffte inständig, dass der für mich nun zwangsläufig folgende Anschlusstreffer zu spät käme für eine wilde Aufholjagd, denn es ist ja bekannt – Golz scheint sich strikt zu weigern, mal einen Elfer zu halten. Doch dann passierte, was ja logischerweise irgendwann mal passieren musste: Jakob Golz tauchte endlich mal in die richtige Ecke ab und hielt das Dingen! Das passte auch irgendwie zum gesamten Spielverlauf. Wenig später war dann Schluss. Eine schöne Szene ist mir in Erinnerung geblieben, als Krauß seinem Gegenpart Hofmann, die sich in den Zweikämpfen nichts schenkten, kurz vor dem Ende abseits des Spielgeschehens bei einem Krampf Hilfestellung gab. So muss das sein, bei aller Rivalität auf dem Platz.

Recklinghausen – Do., 18.09.2025, 18:15

Schwarz-Weiß Röllinghausen vs FC 96 Recklinghausen 3:5 n.E.

August-Bönte-Stadion, 220 Zuschauer, Kreispokal Recklinghausen 3.Runde

A-Ligist gegen Bezirksligist hieß es in diesem Recklinghäuser Kreispokal-Derby. Der FC 96 ist der Nachfolgeverein des ehemaligen Aushängeschildes der Stadt, dem 1.FC Recklinghausen, der es für einige Jahre in die damals drittklassige Oberliga geschafft hatte. Sowohl der 1.FC als auch der FC 96 blicken auf eine bewegte Vereinsgeschichte. Auch der noch recht junge FC 96 hat schon eine Insolvenz hinter sich wie der Vorgänger, der daran erstickte und aufgelöst wurde. Eine für ein Kreispokalspiel unter der Woche beachtliche Zuschauerzahl fand sich im ‚August-Bönte-Stadion‘ ein. Das Spiel sollte eigentlich bereits in der Vorwoche stattfinden, aufgrund des schlechten Wetters mit bescheidenen Lichtverhältnissen entschied man sich für eine Verlegung, da unbedingt auf Rasen gespielt werden sollte, an diesem aber keine Lichtmasten installiert sind. Dass es auch heute eng damit werden würde, die Partie bei guten Sichtverhältnissen zu beenden, war absehbar. Es kam wie es kommen musste. Die Gastgeber schlugen sich akustisch unterstützt von einem halbstarken Trio tapfer, ein Klassenerhalt war selten erkennbar und nach mehreren vergebenen Konterchancen, trafen die Schwarz-Weißen zehn Minuten vor Schluss zur Führung. Der Ausgleich in der Nachspielzeit bei bereits stark eingeschränktem Durchblick bedeutete eine Zugabe. Im westfälischen Verband gibt es in den Pokalwettbewerben keine Verlängerung mehr, es geht direkt in den Penalty Shoot-out. Um die Lichtverhältnisse zu verbessern, wurde die LED-Flutlichtanlage des Nebenplatzes eingeschaltet. Dumm nur, dass dichte Baumkronen dem Lichtschein den Weg versperrten, so dass der Rasenplatz nur in Ausschnitten erhellt wurde. Ob das der Grund war, dass zwei Schützen der Gastgeber versagten, lässt sich nicht belegen. Während die weiter entfernt stehenden Zuschauer noch rätselten, ob der eine oder andere Elfmeter nun sein Ziel fand oder nicht, zog der Favorit im Halbdunkel von Röllinghausen noch glücklich in die nächste Runde ein.