
Rot-Weiss Essen vs FC Hansa Rostock 3:0
Stadion an der Hafenstraße, 19.000 Zuschauer, 3.Liga

Zum zweiten Heimspiel des RWE in dieser Woche war die Mecklenburger Kogge in den tiefen Ruhrpott gesegelt. Aktuell verläuft die Saison für deutschen Meister von 1955 ja irgendwie etwas ‚asymmetrisch‘. Auswärts bei sieben Zählern aus drei Spielen noch ungeschlagen, wurden daheim aus gleicher Anzahl an Spielen nur zwei Punkte gesichert. Es wurde also Zeit für den ersten Saisonsieg, zumal nach dem bescheidenen Auftritt gegen Osnabrück auch erstmals einige Unmutsbekundungen zu hören waren. Ein latenter Druck war also nicht zu leugnen, die Aufgabe gegen die Hanseaten aber ungleich schwer, da diese mit einem überzeugenden Auftritt gegen die Münchner Löwen ordentlich Selbstvertrauen getankt hatten. Die ‚Westtribüne‘ stand heute im Zeichen des zehnjährigen Jubiläums der ‚Freaks Ultras‘. Eine die komplette Hintertor-Tribüne bedeckende Blockfahne zeigte das Logo der Gruppe, einen Totenkopf, flankiert von Vereins- und Stadtwappen, welche von einem Banner „Der Totenkopf bedeutet Rot und Weiss bis zum Ende“ unterschrieben wurde. Nachdem die Blockfahne heruntergelassen wurde, erstrahlte die Kurve sauber getrennt in hellrot, weiß und dunkelrot, erzeugt durch Ponchos, welche unter der Blockfahne verborgen von den Anhängern übergezogen worden waren – ein schönes, strukturiertes Bild. Nicht alle letztlich knapp 1.900 angereisten Hansa-Supporter bekamen das zu sehen. Zum einen betraten die ‚Suptras‘ den Gästeblock auf den letzten Drücker, zum anderen nicht vollzählig, Beides fand seinen Grund in Kontrollen, denen einige Ultras aufgrund des Mitführens verbotener Gegenstände zum Opfer fielen. Am Zaun zum Spielfeld wurde dann nur ein einziges Banner befestigt, welches mit weißen Buchstaben auf blauem Grund die Abneigung gegen die Staatsdiener bezeugte. Beim Fußball bin ich geneigt, diese zwar nicht pauschal, aber doch weitestgehend zu teilen.
Ich hatte mich auf einen engen Kick gegen einen schwer zu bespielenden Gegner eingestellt. Doch es kam anders. Nach wenigen Minuten beförderte Safi nach einem abgewehrten Moustier-Raketeneinwurf das Streitobjekt im Rückwärtslauf per Dropkick in Richtung des Hansa-Tores und der Ball fand den Weg so anspruchsvoll wie sicherlich auch etwas glücklich genau in den linken oberen Knick zur Führung für den glorreichen RWE. Die Roten wirkten danach umgehend befreit und übernahmen gegen einfallslos wirkende Gäste das Kommande. Mizuta, seit Wochen in bestechender Form, wollte sich in den Sechzehner dribbeln, wurde dabei von Routinier Pfanne aber genau auf der Strafraumbegrenzung regelwidrig gestoppt. Die Linie gehört zur Box, ergo gab es Strafstoß. Arslan verwandelte gewohnt sicher. Vom Punkt ist der Typ eine echte Maschine. Damit noch nicht genug. Linksverteidiger Brumme drang bei einem seiner immer gefährlichen Vorstöße links in den Hansa-Strafraum ein, schloss aus eigentlich schwierigem Winkel ab und die Kirsche rutschte ins kurze Eck zum dritten Treffer. Dass der Ball minimal abgefälscht wurde, gab den minimal entscheidenden Impuls, erneut war Pfanne der Unglücksrabe. Bereits zwei Minuten zuvor hätte Mause eigentlich schon das Netz beulen müssen, aber der vermeintliche Premium-Neuzugang zündet noch nicht so richtig.
Drei Treffer nach gut 30 Minuten. So viele Gegentore hatten die Norddeutschen bisher in der gesamten Spielzeit hinnehmen müssen und von diesen war weiter nix zu sehen. So einfach hatte ich es nicht erwartet, alles sah nach einem entspannten Sieg aus. Bis Moustier kurz vor der Halbzeit mit wenig Aussicht auf Erfolg in einen Ball grätschte. Nicht böse, nicht mit offener Sohle, aber aus neutraler Sicht konnte man die dunklere der beiden möglichen Karten schon ziehen, auch wenn die Entscheidung hart war. Das Kontrollen annähernd nie den Erfolg haben, verbotenes Material in Gänze aufzudecken, zeigte sich zum Beginn der zweiten Spielhälfte glücklicherweise wieder in ganzer Pracht. Die Hansa-Szene schickte eine beachtliche in den Clubfarben gehaltene Wolke von einigen Fackeln unterlegt in den Bergeborbecker Nachmittags-Himmel. Aufgrund der Windrichtung zog der charakteristische Geruch tief in meine Atemwege. Eigentlich ja abstoßend, für mich persönlich beinahe eine Droge. Vielleicht bin ich aufgrund meiner beruflichen Zugehörigkeit zur Chemie-Branche aber auch einfach nur versaut. Aufgrund ihres zweifelhaften Rufes wurden den Gästen übrigens nur Stehplätze zur Verfügung gestellt.
Ich stellte mich auf einen stürmischen zweiten Durchgang ein, aber von den Hansestädtern kam weiterhin überhaupt nichts Zwingendes. Klar, der Ballbesitz war nun bei den Gästen, der RWE fand offensiv so gut wie nicht mehr statt, kompensierte die Unterzahl aber mit viel Leidenschaft defensiv gut. Wirklich gefährlich wurde es erstmals als 20 Minuten vor dem Ende, als Brumme für den geschlagenen Golz im Stile eins Handball-Torwarts einen Meter vor der Torlinie mit dem Fuß klärte. Zehn Minuten vor Schluss gab es Handelfmeter für die Gäste. Gjasula bekam den Ball aus kürzester Distanz mit Mach Zwei an den Unterarm geplästert. Die Entscheidung folgerichtig und regelgerecht. Die Regel selbst ist halt das Problem, denn wo soll man die Extremitäten im Sekundenbruchteil hinpacken!? Ich hoffte inständig, dass der für mich nun zwangsläufig folgende Anschlusstreffer zu spät käme für eine wilde Aufholjagd, denn es ist ja bekannt – Golz scheint sich strikt zu weigern, mal einen Elfer zu halten. Doch dann passierte, was ja logischerweise irgendwann mal passieren musste: Jakob Golz tauchte endlich mal in die richtige Ecke ab und hielt das Dingen! Das passte auch irgendwie zum gesamten Spielverlauf. Wenig später war dann Schluss. Eine schöne Szene ist mir in Erinnerung geblieben, als Krauß seinem Gegenpart Hofmann, die sich in den Zweikämpfen nichts schenkten, kurz vor dem Ende abseits des Spielgeschehens bei einem Krampf Hilfestellung gab. So muss das sein, bei aller Rivalität auf dem Platz.

















