Wiesbaden – Fr., 22.08.2025, 19:00

SV Wehen Wiesbaden vs Rot-Weiss Essen 3:4

Arena Wiesbaden, 5.094 Zuschauer, 3.Liga
Wo fange ich an, wo höre ich auf? Der glorreiche RWE war mal wieder zu Gast bei diesem zweifelhaften Club in der hessischen Landeshauptstadt. Von Fußball-Traditionalisten wird der Verein ja ungeachtet seiner relativen Erfolge zurecht nicht ernst genommen. Vor nicht ganz 20 Jahren wurde der SV Wehen Taunusstein nach Wiesbaden verpflanzt und heißt seitdem SV Wehen Wiesbaden – keine allzu rührende Story, um der hessischen Landeshauptstadt einen Profi-Fußballverein zu verschaffen. Mangels geeigneter Spielstätte wurde auch gleich ein gesichtsloses Durchschnittsstadion zusammengeklöppelt, welches nie einen eigenen Namen trug, sondern seit jeher auf den Unternehmensnamen des Vereinspräsidenten hört. Mit der Fassade in Wellblech-Optik ist die Schachtel auch eher zweckmäßig und nur begrenzt schön anzusehen. Ändert alles nix, man muss ja hin, um dieser Zangengeburt die Punkte abzuknöpfen. Ist in der Realität natürlich weniger einfach, als es flapsig hingeschmirgelt ist, denn der SVWW gehört schon zu den stärker einzuschätzenden Teams der Liga. Dazu war der RWE so ein wenig dazu verdammt, auf jeden Fall was Zählbares mitzunehmen, die Ausgangslage also insgesamt eher unangenehm. Die Roten starteten mit viel Spielkontrolle in die Partie, waren aber im vorderen Drittel zu unpräzise und verpassten die Möglichkeit, das rot-weisse Schiff direkt auf Kurs zu bringen
 Nach einer Viertelstunde nahmen die Gastgeber dann auch teil und das nicht übel. Durch schnelles Umschalten nach zu vielen Ballverlusten der Rot-Weissen wurden diese mehrfach in Bedrängnis gebracht. Einige Freistoß-Flanken und Eckbälle flogen in den Gäste-Strafraum und irgendwann war es passiert – die Kirsche lag im Netz hinter Jakob Golz. Obus bekam dann allein vor dem Wehener Tor die Riesenchance zum Ausgleich, sein Heber landete aber neben dem Gehäuse. Dafür wurde es vor dem Gäste-Kasten weiter brenzlig. Bei zwei Pfosten-Treffern und einem Abseitstor hätte die Nummer zur Halbzeit auch schon durch sein können. RWE-Coach Koschinat hatte sich offenbar etwas dabei verpokert, einen funktionierenden Defensivverbund durch die Herausnehme von Schulz zu sprengen. Mit dem Seitenwechsel wurden dann Umstellungen vorgenommen. Statt Dreier- hieß es nun Viererkette und Mizuta kam herein, um dem Angriffsspiel mit seiner quirligen Art Dynamik zu verleihen. Gjasula, der heute ungewohnt unsicher und zudem rot-gefährdet war, ging für ihn raus. Die Roten waren nun wie verwandelt und zogen die Partie auf ihre Seite. Plötzlich wurden Chancen kreiert und die Gastgeber konnten sich nicht mehr entfalten. Zwischen Minuten 55 und 70 drehte der Deutsche Meister von 1955 die Partie komplett. Alonso knallte die Kirsche nach einer Ecke aus ein paar Metern unter die Latte und von dort prallte der Ball knapp aber deutlich sichtbar zum Ausgleich hinter die Torlinie.
Wenig später schmiss Safi seinen Turbo an, eilte auf dem rechten Flügel allen davon und bediente klug Mizuta, der den Ball zum Ausgleich ins linke untere Eck schob. Schließlich brachte ein Handelfmeter den dritten Treffer durch Arslan. Aufgabe erledigt? Mitnichten, denn nun wurde es immer wilder. Der heute Abend ohne große Fehler trotzdem etwas indisponiert wirkende Golz verursachte nur wenig später einen Foulelfmeter, der Wehen den Anschluss brachte. Drei Minuten vor dem Ende musste sich Obuz anlasten lassen, eine Flanke nicht energisch genug verhindert zu haben. Über Umwege landete der Ball auf dem Kopf eines Wehener Spielers und die Partie war wieder auf Remis gestellt. Das Visier war aber nun bei beiden Teams offen. Mizuta hatte beinahe im Gegenzug wieder die Führung erzielt, was die Gastgeber mit etwas Glück verhinderten. Dennoch fand der Kick noch einen Sieger und zwar den richtigen! Koschinat bewies in der Schussminute ein glückliches Händchen und wechselte Owusu und Müsel ein. Der eine legte ab auf den anderen und schon lag der RWE wieder in Front. Kurz danach war die turbulente Fahrt vorüber und wichtige Punkte gingen nach Essen. Für neutrale Besucher war das sicher eine tolle Veranstaltung, ich bin aber wieder deutlich gealtert. Das Gedächtnis hatte aber wohl eh schon gelitten, denn da ich meine Digi vergessen hatte, kann ich leider nur ein paar lausige Handy-Fotos bieten.