Essen – Fr., 01.08.2025, 19:00

Rot-Weiss Essen vs TSV München von 1860 1:1

Stadion an der Hafenstraße, 19.300 Zuschauer, 3.Liga
Saisonauftakt an der Hafenstraße – endlich wieder normale Leute! Am ersten Spieltag stellte sich mit den Münchner Löwen ein, wenn nicht sogar der Top-Favorit auf den Aufstieg zum Eröffnungsspiel vor. Die Giesinger hatten mit starken Verpflichtungen aufhorchen lassen, da seien nur die Bundesliga-Akteure Volland und Niederlechner genannt. Doch auch in Essen ist nach einer starken Rückrunde und einer beeindruckend souveränen Vorbereitung eine Euphorie zu spüren. Nicht wenige nehmen dabei ebenfalls das Wort ‚Aufstieg‘ in den Mund. Ich bin da eher vorsichtig und kann diese – nun ja, ist es schon eine Erwartungshaltung oder nur eine Hoffnung? – nicht mittragen. Zum einen bin ich, geläutert durch mittlerweile 40 Jahre mit dem RWE, eher vorsichtig veranlagt, zum anderen stand der glorreiche RWE im Winter noch mit einem Bein in der Regionalliga und allein aus diesem Grunde halte ich Demut für angebracht. Natürlich, die Stamm-Mannschaft wurde bis auf die durch den Vermieter Hertha BSC beendete Leihe von Eitschberger gehalten und auch noch verstärkt, aber dennoch müssen die Leistungen der Rückrunde erst einmal bestätigt werden. Daher meine ich, dass man zunächst mal die 44 oder 45 Punkte zum sicheren Klassenerhalt sammeln sollte, bevor ausgelotet werden kann, was als Bonus möglich ist. Eine stressfreie Saison wäre wünschenswert, grundsätzlich glaube ich, dass die Truppe in Rot und Weiss genug Qualität und Selbstbewusstsein dafür mitbringt.
Seit dem Wiederaufstieg wurde jedes Auftaktspiel verloren, diese Serie würde natürlich irgendwann reißen. Ich hatte erwartet, dass sich beide Mannschaften in der Anfangsphase ein wenig beschnuppern, gegenseitiger Respekt war sicher vorhanden. Stattdessen ging es direkt in die Vollen. Moustier brachte in der sechsten Minute einen seiner Raketen-Einwürfe in den Strafraum, bekam die Kugel nach kurzem Durcheinander zurück und brachte diese hart auf den kurzen Pfosten, wo der aufgerückte Alonso das leicht abgefälschte Ei aus einem Meter mit der Rübe zur Führung über die Linie drückte. Die Löwen zeigten sich davon unbeeindruckt und versuchten Ihr Spiel überlegt aufzubauen. Die Roten knüpften dagegen an die vergangene Saison an und praktizierten ihr schnelles Umschaltspiel nach Ballgewinn. Es dauerte dann ein wenig, dann ging die wilde Fahrt wieder ab. Während der für den nicht einsetzbaren Golz das Tor sichernde Wienand wieder stark performte und zwei gute Möglichkeiten der Sechz’ger spektakulär klärte, hätte Safi auf der Gegenseite den zweiten Treffer markieren müssen. Nach langem Ball setzte er sich stark gegen zwei Verteidiger durch, ließ noch den Torwart aussteigen, traf dann aber die Kirsche nicht richtig, eventuell hätte aber ein Richtung Torlinie zurückgeeilter Löwen-Akteur das Spielgerät eh noch sichern können.
Eine Schlüsselszene? Sicher nicht, denn es ging weiter rauf und runter. Moustier und Arslan versuchten es aus der Distanz, leider erfolglos. Kurz nach der Pause hatte der bereits gelb-verwarnte Kraulich Glück, nicht unter Dusche zu müssen. Da sich Volland aber nach dem klaren Foul direkt wieder aufrappelte und damit die Vorteilsregel zog, blieb der Defensivmann verschont. Der zweite Durchgang spiegelte den ersten hinsichtlich der Grundausrichtung, die Anzahl der Torraumszenen konnte jedoch nicht mehr ganz mithalten. Arslans Strahl rauschte am rechten Pfosten vorbei, eher dann Niederlechner auf die Reise geschickt wurde und den herauseilenden Wienand mit einem Heber zum Ausgleich überwand. Möglich, dass der Torschütze sich ein paar Zentimeter im Abseits befand. Wenn dem so war, wäre es ärgerlich und doch nehme ich die eventuelle Fehlentscheidung lieber hin, als mich mit dem VAR-Gewürge herumärgern zu müssen. Die letzten zehn Minuten gehörten dann klar dem RWE und die Sechz’ger waren nun doch eher bemüht den Punkt zu sichern. Arslan zwang Dähne – vom Bundesliga-Absteiger Holstein Kiel ins Tor der Löwen gerückt – nochmal zu einer Glanztat und dann war es vorbei. Die Gäste hatten deutlich mehr Ballbesitz, der Deutsche Meister von 1955 mehr und bessere Gelegenheiten. Unter dem Strich würde ich das Remis als gerechtes Resultat bewerten. Schlechtester Mann auf dem Platz war übrigens der Schiedsrichter, der eine klare Linie vermissen ließ und auch bei den ausgesprochenen Verwarnungen nicht souverän wirkte.
Die Hafenstraße war (natürlich) ausverkauft. Die RWE-Kurve hatte zum Fahnentag aufgerufen, was ja immer eine schöne Optik ergibt. Außerdem wurden zum Intro Bengalfackeln gezündet, kein optimales Stilmittel bei Tageslicht, aber natürlich besser anzuschauen, als wenn es gar nicht qualmte. Die Löwen hatten den Away-Bereich selbstredend auch ausverkauft und performten lautstark ohne optische Elemente. Der Support des blau-weißen Anhangs ist ja immer eher sachlich ohne übertriebenen Ultra-Singsang, das gefällt mir ja persönlich viel besser, als sich in irgendwelchen achtstrophigen Liedern zu verlieren, die außerhalb der Ultra-Gruppen eh keiner mitträgt. Diesbezüglich war auch die Westkurve gut unterwegs und die Capos wählten die richtige Marschroute, welche den Großteil der Kurve mitriss. Aufgrund meines Platzes nehme ich die Gäste ja subjektiv immer besser wahr, das verfälscht den Eindruck der eigenen Kurve. Dennoch wurde mal wieder deutlich, dass der Ausbau der offenen Ecken, der ja nun auch im Rat der Stadt beschlossen wurde, dringend nötig ist, um die Kapazität zu erhöhen und die Akustik zu stärken. Zu viel Lärm geht durch die noch offene Bauweise verloren. Wenn ich das nach all dem Stauder (Abendspiel halt) noch sachlich bewerten kann, war das insgesamt eine runde Vorstellung, die Lust auf mehr macht. Next Stop Havelse, respektive Hannover.