
VfB Stuttgart U21 vs Rot-Weiss Essen 1:1
Sportpark Fautenhau, 3.950 Zuschauer, 3.Liga

Wer hätte im Winter gedacht, als der glorreiche RWE nach einer einem Offenbarungs-Eid gleichenden Leistung in Aachen dem Abstieg entgegentaumelte, dass diese Saison noch so ausgeht, zumal der Wechsel auf der Trainerposition von Dabrowski zu Koschinat in den ersten Spielen ja überhaupt keine Wirkung zeigte. Ob es an der mysteriösen Plüsch-Möwe lag, welche Koschinat vor dem nächsten Spiel von einer Anhängerin als Glücksbringer zugesteckt bekam und die seitdem ihren festen Platz im Kader hat, oder doch eher daran, dass der neue Coach die richtigen Schlüsse zog und entsprechende Maßnahmen einleitete? Auch die nachverpflichteten Spieler trugen natürlich nachhaltig zum Kurswechsel bei. Damals hätte ich mir jedenfalls nicht träumen lassen, dass die Reise nach Großaspach, wo die Zweitvertretung des Stuttgarter VfB ihre Heimspiele austrägt, in launiger Runde meiner Rot-Weiss-Sippe im gemieteten Kleinbus dermaßen entspannt verlaufen würde, der Ligenverbleib RWE schon längst gesichert sei. Platz acht ist es am Ende geworden, Vizemeister der Rückrunde, nur der Aufsteiger aus Bielefeld sammelte noch zwei Punkte mehr als der Deutsche Meister von 1955 und dementsprechend hat es natürlich richtig Bock gemacht, das Team bei der Aufholjagd in der Rückrunde zu begleiten. Die Leistungsträger scheinen bis auf den scheidenden, weil nur ausgeliehenen, Eitschberger auch in der kommenden Saison die Schuhe für den RWE zu schnüren. Wenn an den richtigen Stellschrauben etwas feinjustiert wird, ist es eventuell möglich eine deutlich ruhigere neue Spielzeit zu erleben.
Der VfB-Nachwuchs brauchte noch Zählbares, um den Klassenerhalt zu sichern und begann mutig. Justin Diehl, der ja auch schon für die großen Stuttgarter in der Bundesliga getroffen hat, nahm sich nach wenigen Minuten ein Herz, wuselte sich irgendwie durch die vielbeinige rot-weisse Abwehr und traf nach vier Minuten trocken zu Führung. Die Anfangsphase gehörte auch danach weiter den Gastgebern, aber Müsel traf um die 20. Minute herum nach einer Ecke technisch anspruchsvoll beinahe aus dem Nichts zu Ausgleich. Nun war das Spiel offener, es gab Abschlüsse hüben wie drüben mit Vorteilen für die Jungs mit dem Brustring. Das änderte sich auch nach dem Seitenwechsel nicht, die besseren Möglichkeiten hatten die Schwaben, aber Schnapper Wienand war nicht mehr zu bezwingen. In der Schlussviertelstunde war es dann nur noch ein lauer Sommer-Kick. Durch die Ergebnisentwicklung in den parallel laufenden Spielen zeichnete sich ab, dass den Stuttgartern das Remis reichen würde und auch die Roten brauchten sich mit Blick auf das Pokalfinale beim MSV am folgenden Wochenende, für das sowieso einige Leistungsträger geschont wurden, nicht mehr verausgaben.
Während sich für die Gastgeber etwa 100 Aktive zum Support zusammenrotteten, waren gut 1.500 Rot-Weisse ihrer Mannschaft ins Württembergische gefolgt und feierten ihre Saison-Abschlussparty. Dabei stand die erste Hälfte im Zeichen zweier Aktionen. Zum Intro wurden große Doppelhalter gezeigt, welche das Kürzel „A.C.A.B.“ (für möglicherweise Unwissende: diese Abkürzungen steht für „All cops are bastards“) ergaben. Dies war in diesem Fall keine Provokation gegen die Staatsmacht, sondern gegen den Verein, der für mich nachvollziehbar kurz zuvor das Tragen eines T-Shirts untersagte, welches eben diese umstrittene Abkürzung, die, sodann sie als Aussage pauschal getätigt wird gemäß rechtskräftigen Urteilen keine strafbare ist, zusammen mit dem Club-Wappen zeigt. Der Verein sorgt sich um seinen Leumund und befürchtet, dass dieses T-Shirt in der Öffentlichkeit zur Fehlannahme führen kann, das T-Shirt sei vom Verein herausgegeben worden. Weiterhin berührt das Verbot den Umstand, dass das Vereinswappen von den Ultra-Gruppen entgegen des beim RWE liegenden Copyright für durch die Gruppen selber beauftragte Szene-Klamotten verwendet wird, was wiederum durch den Verein in den letzten Jahren großzügig gehandhabt wurde. Dass die Verantwortlichen sich aber am oben beschriebenen Artikel stoßen und ihr Veto einlegten, ist für mich plausibel und richtig.
Mitte der ersten Halbzeit wurde dann noch ein kleines Spruchband mit der Aussage „Essen ist Rot-Weiss“ gezeigt. Dieses bezog sich auf die Ankündigung, dass das Finale in Duisburg mit einem Sonder-Trikot gespielt wird, auf dessen Brust nicht der Werbepartner präsentiert wird, sondern ein Logo mit der Aussage „Essen ist bunt“ und dem Untertitel „Für Zusammenhalt. Für Vielfalt. Für Respekt.“. Aus meiner Perspektive eine unglückliche Aktion, denn die Aussage „Essen ist bunt“ ist pauschal, zielt ja nicht nur auf die Akzeptanz aller Geschlechtsformen und gleichgeschlechtlichen Orientierungen ab, sondern auch oder vor allem auf die Akzeptanz aller Ethnien, sowie auf das Werben um Verständnis für Migration ab und wird der komplizierten, aktuell in Deutschland herrschenden Stimmungslage nach meinem bescheidenen Erachten nicht gerecht. Vor dem Hintergrund, dass vermehrt Straftaten und Anschläge durch teils unkontrolliert Zugewanderte begangen werden, fühlt sich ein großer Teil der Fangemeinde nicht abgeholt, nicht mitgenommen und erst recht nicht angesprochen. Im Gegenteil, die Aktion sorgt für Diskussionen und Diffamierungen in einem Publikum, welches pauschal keiner politischen Haltung zugeordnet werden kann, sondern aus Menschen einer jeden Gesinnung, egal in welche Richtung, besteht. Daher empfinde ich diese Idee, welche die Fangemeinde in verschiedene Lager zu spalten droht, als äußerst unglücklich. Man kann Politik natürlich nicht gänzlich aus dem Stadion heraushalten, da jeder Zuschauer eine politische Meinung mitbringt. Politik aktiv ins Stadion hinein zu tragen, ist aber kontraproduktiv und führt nur zu Kontroversen und dass auch noch vor einem so wichtigen Spiel. Ich hoffe inständig, dass sich die Wogen schnell glätten und die aktuell positive Stimmung im und um den Verein nicht beschädigt wird.













