
Rot-Weiss Essen vs FC Hansa Rostock 2:1
Stadion an der Hafenstraße, 18.600 Zuschauer, 3.Liga

Nach zuletzt nur einem Punkt aus drei Spielen war der glorreiche RWE gut beraten, mal wieder einen Dreier einzufahren. Mit der Kogge aus dem Mecklenburger Norden stellte sich dafür eine schon recht hohe Hürde in den Weg, aber in dieser perversen Liga hat ja eine Favoritenstellung auch wenig Aussagekraft, denn üblicherweise ist keine Mannschaft in irgendeinem Spiel chancenlos, zumal der Deutsche Meister von 1955 noch immer eines der besten Rückrunden-Teams ist. Apropos Meister 1955 – die Meisterschaft jährt sich in diesem Jahr zum 70. Mal und anlässlich dessen lief die Truppe in einem an das Hemd des Meister-Jahres angelehnten Sonder-Trikot auf. Das schien aber zunächst eher schwer auf den Schultern der elf Mannen im rot-weissen Dress zu lasten, denn die Hanseaten übernahmen nach kurzem Abtasten die Regie und brachten die Gastgeber mit schnellen wie präzisen, kurzen Pässen in Verlegenheit. Eine schlecht verteidigte Ecke endete dann im verdienten frühen Führungstreffer. Dass nur ein Rot-Weisser eine kurz ausgeführte Ecke unterbinden soll, ist ja schon ambitioniert, wenn sich dem ausführenden Spieler aber gleich zwei Mitspieler kurz anbieten, ein Ding der Unmöglichkeit. Natürlich kam es zur kurzen Ausführung, der Ballempfänger zog in in die Mitte vor den Sechzehner, in dem sich ebenso unerklärlicher Weise alle anderen Rot-Weissen eingeigelt hatten und der Ex-Rote und Aufstiegsheld Harenbrock verlängerte den Distanzschuss mit der Hacke ins Tor. Abgesehen von einem ersten Aufreger im Rostocker Sechzehner, als der Hansa-Keeper in höchster Not gegen Arslan klären konnte, ging es erst mal munter weiter in Richtung des Tores von Jakob Golz. Bis Arslan nach zwanzig Minuten ein schlechtes Zuspiel in der Hansa-Hintermannschaft abfing und im Eiltempo in Richtung des Hansa-Tores stürmte, anstatt den mitgelaufenen Safi zu bedienen, noch einen Verteidiger aussteigen ließ und das Spielgerät dann trocken zum Ausgleich versenkte.
Gegen elf Rostocker wäre die Aufgabe eventuell trotzdem unlösbar geblieben, aber nach einer halben Stunde erfuhr die Partie eine radikale Wendung. Nach einer Ecke und Befreiung per langem Hub, schmiss Safi seinen Turbo an und erlief den langen Ball zeitgleich mit einem Hansa-Verteidiger an der Mittellinie. Beide setzten den Körper ein, Safi war dabei standhafter. Der Rostocker kam ins Straucheln, stolperte Safi als letzter Mann in die Hacken und brachte diesen zu Fall, was folgerichtig Platzverweis bedeutete. Maximal unglücklich, aber regelgerecht. Um 180 Grad gewendet lief das Spiel fortan in Richtung Rostocker Tor. Hansa verzeichnete überhaupt keinen Abschluss mehr, die Roten versuchten es dagegen aus allen Lagen, aber die Schüsse kamen zu unplatziert oder wurden vom Kogge-Schlussmann Uphoff entschärft. Als mir langsam der Glaube schwand, dass es zum Sieg gereichen könnte, auch weil dem rot-weissen Spiel der Schwung etwas abhanden gekommen war, entschied der Referee zehn Minuten vor Schluss auf Handelfmeter nachdem ein Rostocker Spieler den Ball aus kurzer Distanz an den Oberarm bekam. Über diese Entscheidung lies sich letztlich streiten, denn die Armbewegung schien nicht sehr unnatürlich. Ich verbuche das unter der vielbemühten ausgleichenden Gerechtigkeit, denn schon in Durchgang Eins hätte es nach Foul an Arslan einen Strafstoß geben müssen. Der Letztgenannte verwandelte gewohnt sicher und die nun folgenden Angriffsbemühungen der Hansa blieben aufgrund der zahlenmäßigen Unterlegenheit weitgehend ungefährlich.
Während die Heimbereiche prallgefüllt waren, konnten im Away-Bereich Lücken festgestellt werden. Das lag nicht daran, dass der Hansa keine Sitzplätze zur Verfügung gestellt worden waren, um Beschädigungen am Inventar auszuschließen. Dass auch kein einziges Banner am Zaun hing, machte nur zu deutlich, dass etwas nicht stimmte. Die Staatsmacht hat in einer groß angelegten, im Vorfeld … ähem … angeblich nicht geplanten, Aktion, die aktive Szene, die mit Privat-Fahrzeugen anreiste, auf einer Zufahrtsstraße gestoppt und einer Kontrolle unterzogen. Dass diese Kontrolle entsprechend viel Zeit in Anspruch nahm, dass sich diese bis weiter über den Spielbeginn hinauszog, war sicherlich ein Teil der Strategie. Bei Kontrollen von einigen Fahrzeugen wurden dann völlig überraschend sogenannte Schutzbewaffnung, Sturmhauben, Pyrotechnik und Betäubungsmittel festgestellt. Die betroffenen Personen erhielten Platzverweise, worauf sich die gesamte Szene Ultra-üblich solidarisch erklärte und entschied, nach Rostock zurückzukehren. Natürlich handelt es sich um Straftatbestände, aber ich erkläre mich dennoch nicht mit der Aktion einverstanden. Es ist unstrittig, dass Ultra-Szenen und erst recht die ostdeutschen Szenen, immer hart am Konflikt mit dem Rechtsstaat kratzen und auch Grenzen überschreiten. Dennoch passt die Aktion in die übertriebene Kriminalisierung von Leuten mit Fußball-Bezug und nach meiner bescheidenen Meinung haben wir in unserer ‚Vorzeige-Republik‘ aktuell mit ganz anderen Sorgen zu hadern, wo die Kraft und Energie der Ordnungsorgane viel nötiger gebraucht würde. So blieb der Gästeblock stimmungsarm und rieb sich eher an ein paar Provokateuren im Nachbarblock auf der Gegengeraden auf. Ultra hin oder her, ohne Ultra herrscht Stimmung halt nur bedingt. Der Auftritt der Westtribüne war mindestens solide, lag manchmal über dem Durchschnitt und in der Schlussphase wurde es zusammen mit den Sitzplatzbesuchern richtig laut. Hoffe, dafür gibt die Mannschaft auch in den kommenden Heimspielen einen Grund.














































































































































