
Rot-Weiss Essen vs 1.FC Saarbrücken 0:3
Stadion an der Hafenstraße, 18.507 Zuschauer, 3.Liga

Spiel eins nach dem vermuteten Klassenerhalt. Faktisch fehlte noch ein Punkt, der aber in den verbleibenden vier Spielen kein Hexenwerk mehr sein dürfte und der ja auch nur benötigt würde, wenn die Sonntags-Partie zwischen dem Waldhof und dem Nachwuchs des Stuttgarter VfB am Folgetag unentschieden endete – was letztlich geschah – und dann beide Teams alle noch möglichen Punkte einsammeln sollten und die zwischen den genannten Mannschaften und dem glorreichen RWE liegenden Clubs auch ausreichend punkten. Insgesamt ein wenig wahrscheinliches Szenario. Die Minuten vor dem Spielbeginn standen im Zeichen des Gedenkens an den kürzlich verstorbenen Werner Lorant, Kult-Trainer vor allem der Münchner Löwen und noch zu Bundesliga-Zeiten in den 70er Jahren auch langjähriger Spieler des RWE. Dass sich Fußball zu einem großen Anteil im Kopf abspielt, sollten die folgenden 94 Minuten dann wieder zeigen. Der abgefallene Druck lähmte den Willen der Recken in Rot und Weiss, während die Saarländer noch beste Aussichten haben, den Relegationsplatz um den Aufstieg zu erringen und dementsprechende Körperspannung und -sprache zeigten. Man kann den Roten überhaupt nicht vorwerfen, es nicht versucht zu haben, aber es ging einfach nix, weil der nötige Antrieb im Unterbewusstsein fehlte. Daraus ergab sich eine weitgehend zu langsame, beinahe pomadige und in vielen Situation verunsicherte Spielweise, während sich der FCS wacher, schneller, robuster und abgewichster zeigte. Das frühe erste Gegentor nach unnötigem Fehlpass von Gjasula und einem Distanzschuss, der genau zwischen Torwarthandschuh und Pfosten passte, war natürlich auch nicht dienlich.
Zwar hatte der RWE deutlich mehr Ballbesitz, aber wenn die Blau-Schwarzen das Leder hatten, zeigten sich diese sehr ballsicher und schnell im Umschaltspiel. Arslan hatte den Ausgleich nach einer halben Stunde auf dem Schlappen, brachte den Ball aber nicht unter – es sollte die einzig wirklich gute Gelegenheit für die Hausherren bleiben. In Tornähe kamen die Roten eigentlich nur durch viele Standards und weite Einwürfe von Moustier, die aber von den Gästen beinahe ausnahmslos gut verteidigt wurden. Kurz vor dem Pausenpfiff fiel der zweite Treffer, nachdem der zurückgeeilte Mizuta eine Flanke aufgrund miserablem Defensivverhaltens nicht unterbinden konnte und der heranstürmende Rizzuto einen Flugkopfball wuchtig in den Maschen unterbrachte. Dass es nicht schon zur Pause 0:3 stand, war dem aufmerksamen Referee zu verdanken, der eine schwierige Situation richtig bewertete. Eine zu kurze Kopfball-Rückgabe von Kraulich auf Wienand versuchte der Saarbrücker Krüger zu erreichen und rutschte dem Ball mit langem Bein hinterher. Wienand wurde davon nicht nur irritiert, sondern von Krüger auch gefoult, auch wenn dieser das Bein noch schnell anzuziehen versuchte. Den Ball traf er dagegen nur minimal, mutmaßlich aber überhaupt nicht. Während die Szene von der Tribüne eher nach einem regulären Treffer aussah, bestätigten die Fernsehbilder die Entscheidung des Unparteiischen.
Die Gäste sahen das natürlich anders, aber alle Aufregung war spätestens ein paar Minuten nach dem Seitenwechsel obsolet, als die Roten in der Verteidigung eigentlich alles falsch machten und den nun spätestens spielentscheidenden Treffer begünstigten. Schnapper Wienand machte dabei auch keine brillante Figur, zudem hätte es Strafstoß geben müssen, wäre der Ball nicht eh im Tor gelandet, da Wienand Krüger beim Rettungsversuch abräumte. Felix Wienand hat sich bisher als zweiter Mann hinter Jakob Golz bewährt und mehr als solide gezeigt. Da Golz eine Ausstiegsklausel besitzt und nach einer erneut hervorragend performten Spielzeit ein Wechsel in verbesserte Sphären, was ihm absolut nicht verübelt werden könnte, nicht unmöglich scheint, soll Wienand die verbleibenden Saisonspiele bestreiten, um Spielpraxis zu erlangen. Dass Golz diese Entscheidung zwar respektiert, dieses allerdings nicht hocherfreut, und Wienand entgegen seinem Vornamen im heutigen Spiel nicht sehr glücklich agierte, lässt den Schachzug erst einmal in die Kategorie ‚Fragwürdig‘ abrutschen. Die Partie war nun durch, der FCS dem vierten Tor näher, als der RWE dem Ehrentreffer und die Punkte gingen mehr als verdient nach Ostfrankreich, auch wenn mir die Gästespieler etwas zu häufig zu lang auf dem Rasen lagen. Etwas ungewöhnlich war, dass es die erste Ecke des gesamten Spieles erst in der 67. Minute zustande kam. Gemessen am Endergebnis war noch ungewöhnlicher, dass das Eckball-Konto am Ende 6:0 für RWE lautete.
Die Hafenstraße war wieder mehr als gut gefüllt, der Heimbereich erneut ausverkauft. Man sieht, was möglich ist, welches Potential vorhanden ist. Nach der unglaublich starken Rückrunde wird keiner der Anwesenden, so denn sie dem rot-weissen Lager zuzurechnen waren, der Mannschaft die erste Heimniederlage seit Anfang Dezember übelgenommen haben. Wichtig ist nun, das Ruder wieder rumzureißen und die übrigen Spiele sauber zu performen. Auch, um wieder Spannung aufzubauen, denn es steht noch das wichtige Verbandspokal-Finale bei einen sicherlich hochmotivierten MSV Duisburg an. Der Gästeblock zeigte als Intro eine Luftballon-Aktion und kokettierte etwas mit der Nähe des Saarlandes zu Frankreich respektive der französischen Vergangenheit. „Nous allons gagner“ prangte in großen Lettern am Zaun, was übersetzt „Wir werden gewinnen“ bedeutet. Ging ja am Ende klar. Der Support war dann lautstark und dauerhaft. Zudem brachte man dem RWE in den Gesängen eine ordentliche Portion Abneigung entgegen – die Pyro-Eskalation nebst abgeschossener Leuchtspur-Munition aus dem Hinspiel ist noch nicht vergessen. Prinzipiell besteht der Saarbrücker Anhang ja aus schönem Pöbel. Ist halt auch ne alte Bergbau- und damit Arbeiterregion, damit sind sich der FCS und die Ruhrgebietsvereine im Geiste näher als man meinen möge. Auch wenn ich gegenüber der Saarbrücker Szene eine gewisse Abneigung verspüre, würde es begrüßen, diese in der kommenden Saison wiederzusehen, da die Spiele gegeneinander bisher immer kurzweilig waren.









