Auxerre – So. 13.04.2025, 20:45

AJ Auxerre vs Olympique Lyonnais 1:3

Stade de l’Abbé Deschamps, 17.511 Zuschauer, Ligue 1
Frankreich – ein Land, das mich aus verschiedenen Gründen irgendwie nie richtig abgeholt hat und mit dessen Einwohnern ich nicht warm werde. Im Widerspruch dazu gab es dort schon diverse Besuche, obwohl man auch in Sachen Fußball nur selten eine richtig gute Vorstellung auf den Rängen erwarten darf. Da die historisch interessierte, verehrte Frau Gemahlin aber nach einem Besuch der bedeutendsten Schlösser des Loire-Tales verlangte, bot sich an, auf dem Hinweg zwei Spielorte zu besuchen, die mich interessierten. So sollte das erste Ziel Montargis sein, wo die Spielstätte des örtlichen Vereins über eine schmucke Tribüne mit zwei markanten Ecktürmen verfügt. Schon ein Stadion, welches sich vom unterklassigen Einheitsbrei abhebt, so dass mich auch das Spiel der zweithöchsten Regionalklasse des Departments Centre-Val de Loire nicht vom Besuch hätte abhalten können. Die Vorab-Recherche bestätigte, dass der Verein seine Spiele im Stadion austrägt. Die vereinseigene Homepage und der Facebook-Auftritt waren wenig aussagekräftig, aber der Gegner wies das Stadion ebenso als Spielort aus, wie die Seite des Fußballverbandes. Beim Eintreffen eine halbe Stunde vor dem Kick-Off konnte ich das Unheil aber schon erahnen. Verblasste Linien, fehlende Eckfahnen und hochgehängte Netze waren ein untrügliches Zeichen. Der Verein hatte kurzfristig entschieden, dass Spiel nach den trockenen letzten Tagen auf dem gesichtslosen Kunstrasen-Nebenplatz auszutragen, um den Naturrasen des Stadions zu schonen. Auch wenn ich mich in solchen Fällen immer bemühe, die Situation anzunehmen, weil man eh nicht die Macht hat, etwas zu ändern, kann der Hass ja in diesem Augenblick kaum größer sein. Es half alles nichts, es ging weiter nach Auxerre, einer unauffälligen Kleinstadt und Hauptstadt des Departements Yonne.
Ohne es wirklich begründen zu können, hegte ich unterschwellig den Wunsch, dort mal aufzuschlagen. Mit dem Spiel gegen Lyon war einer der attraktiveren Gegner der Liga zu Gast. Die Heimkurve zeigte im Oberrang eine Zettel-Choreografie in den Vereinsfarben. Im Unterrang wurde mit Doppelhaltern der Schriftzug „Ultras Auxerre 1990“ gezeigt, der in den äußeren Bereichen von auf Folienbahnen gedruckten Segmenten des Vereins- und des Gruppenwappens flankiert wurde. Die etwa 600 angereisten Gäste präsentierten im Unterrang eine Schalparade und teilten den Oberrang mittels Stab-Luftballons in die Vereinsfarben. Abgelöst wurde das Schauspiel von einer schönen Bengal-Show. Den Gastgebern gehörten die ersten Minuten, bevor der Favorit das Spiel ausgeglichen gestalten konnte. Torchancen blieben für Auxerre selten, während die Gäste dann zu einigen Möglichkeiten kamen. Eine absolut verrückte Situation gab es schon nach zehn Minuten, als der Ball im vierten(!) Nachschuss endlich im Tor lag, dieses aber aufgrund eine Abseitsposition dann zurückgenommen wurde.
Nach dem Seitenwechsel dauerte es nicht lange, bis die Murmel endlich regulär und mittlerweile verdient für OL ins Netz fand und nach einer Stunde Spielzeit stellten die Lyonnais durch einen schön herausgespielten Treffer auf 2:0. Mit dem Anschluss eine Viertelstunde vor Ende keimte noch einmal Hoffnung für Auxerre auf, die durch Nationalstürmer und Ex-Gunner Lacazette aber kurz darauf wieder pulverisiert wurde. Die Bauweise des kleine, engen ‚Abbé Deschamps‘ mit seinen voneinander autarken Tribünen, ist für mich persönlich der Inbegriff eines Fußballstadions. Der Nachteil dieses Stils ist leider, dass zu viel Atmosphäre durch die offenen Ecken entweicht, das kenne ich von der Hafenstraße nur zu gut. Die Stimmung empfand ich dennoch als überdurchschnittlich. Die ‚Ultras Auxerre‘ waren gut unterwegs und auch die Gäste waren in Top-Form. Insgesamt habe ich eh den Eindruck gewonnen, dass sich die Support-Situation in Frankreich in den vergangenen Jahren zum positiven verändert hat, auch wenn immer noch genügend Luft nach oben ist.