Bo – So., 23.03.2025, 17:00

Bo Rangers FC vs Bullom Stars FC 1:1

Southern Arena, 1.300 Zuschauer, Sierra Leone Premier League
So wirklich ausschlafen war dann nicht angesagt, da wir Pascals Wunsch bedienen wollten, das ‚Tacugama Chimpanzee Sanctuary‘ zu besuchen. Dieses liegt knapp außerhalb von Freetown und dort werden Haus-Schimpansen an das Wildtierleben herangeführt, um dann ausgewildert zu werden. In Sierra Leone werden Schimpansen als Nahrungsmittel gewildert. Weil die Baby-Chimps für den Verzehr aber zu klein und nicht geeignet sind, werden diese dann als Haustiere verkauft. Leider gibt es genug Idioten, welche die Tiere nehmen und wenn die Chimps groß werden, kommen die Besitzer mit ihnen dann nicht mehr klar. Es kam schon zu Fällen, dass die Halter von den Tieren angegriffen und (zurecht?) getötet wurden. Für die Tiere ist das ein Kinderspiel – ein Schimpanse entwickelt im Kampf die Kraft von fünf erwachsenen Männern. Die Tour dauerte eine knackige Stunde, war jetzt nicht der Oberkracher, da man nicht sehr nah an die Tiere herankam, aber in erster Linie dient der Sinn, dieser Veranstaltungen ja dem finanziellen Erlös, um die Station liquide zu halten. Zurück im Hotel, brachen wir bald wieder auf und versuchten zunächst erfolglos Geld zu ziehen. Die Geldautomaten Sierra Leones und unsere Kreditkarten wurden aber keine Freunde, so dass erneut der klassische Bargeld-Tausch gefordert war. Am Nachmittag sollte dann eigentlich ein Kick der Premier League auf dem ausbaulosen Spielfeld der Football Academy stattfinden. Bei sengender Hitze dorthin gelatscht, war dem dann aber nicht so, warum ließ sich nicht in Erfahrung bringen. Daher suchten wir zum Essen wieder die Hühner-Bude vom Vorabend auf, verzehrten dort wie auch nachher im Hotel noch ein paar Biere und knipsten nicht zu spät das Licht aus, da es am folgenden Morgen früh aus den Federn ging.
Der Wecker war auf 6:00 gestellt, noch davor wurden wir wach. Nach Dusche und Frühstück – sehr geil, als wir den Frühstücksraum betraten, lagen die Angestellten dort in völlig unbequemer Haltung in den Polstern und pennten, so früh hatte wohl keiner mit irgendwem gerechnet – standen wir um kurz nach 7:00 Uhr an der Straße und schnappten uns ein TukTuk. Unser junger Fahrer sprach überraschenderweise passabel Deutsch und lieferte uns an der Shell Petrol Station ab, dem Abfahrtspunkt der Sammel-Taxen in alle Teile des Landes. Natürlich ging sofort das aufgeregte Gemokel los, als zwei Weißbrote entdeckt wurden, aber unser Fahrer gab uns etwas Hilfestellung und lieferte uns am richtigen Fahrzeug ab. Der verbeulte japanische Van sollte mit 14 Passagieren bestückt werden, weshalb wir entschieden einfach die komplette Mittelreihe zu kaufen, wodurch sich der Preis für uns zwei auf 480 Leones verdoppelte, was für mehr Platz aber verschmerzbar war. Über teils großzügig ausgebaute und fast durchweg gute Asphaltstraßen kamen wir 3,5 Stunden später um halb zwölf in Bo, der zweitgrößten Stadt des Landes, an. Das in Sierra Leone übrigens alles seinen geordneten Weg geht, durfte ich an einem der Police-Checkpoints beobachten, als verstohlen zwei Scheine von der Hand unseres Fahrers in die des staatstreuen und korrekten Staatsdieners wanderten, damit die Reise zügig weitergehen konnte. This is Africa.
Als wir in Bo aus dem Sammel-Taxi stiegen, witterten natürlich die nächsten Taxi-Schakale ihr großes Geschäft für eine mögliche Weiterreise und stürzten auf uns zu. Wir ließen den Trupp aber erstmal stehen, kehrten dann nach dem Check-in im ‚Dohas Hotel‘ wieder zurück. Überraschend lag im Hotel sogar eine Reservierung für uns vor. Über die üblichen Plattformen lässt sich für Bo nichts buchen, daher hatte ich im Netz vor der Abreise aus Deutschland den vermeintlich besten Schuppen lokalisiert und dort angerufen. Das Gespräch war, sagen wir mal ’speziell‘, aber tatsächlich standen wir auf der Liste, auch wenn man uns zwei Tage früher erwartet hatte, was auf das chaotische Telefonat zurückzuführen war. Wir bekamen aber den gewünschten Twin Room. Zurück bei der Taxi-Mafia stellte sich schnell heraus, dass Mohammed als ‚Platz-Chef‘ nicht nur die Fäden in der Hand hatte, sondern auch ein richtig guter Typ ist. Jedenfalls gab er uns nicht das Gefühl, dass er uns auf Biegen und Brechen über das Ohr hauen wollte, sondern nur ein bisschen :-). Nachdem wir den Transfer nach Monrovia für den nächsten Morgen ausgehandelt hatten, half er uns noch bei der Suche nach einem bierhaltigen Lokal und einem Geldwechsler. Nachdem die in umgekehrter Reihenfolge befriedigt worden waren und ein unansehnlicher, aber leckerer Fisch in höllenscharfer Suppe die Kehle herunter geschwommen war, wurde wieder es Zeit für Fußball. Zunächst in der Form, dass ich ein Nationaltrikot Sierra Leones erwerben wollte. Also durch die Nebenstraßen geschlichen, denn dort sind ja überall Klamotten-Stände, aber es war nichts zu finden. Dann erkannte ein Pfiffikus, dass wir nach etwas suchten und fragte nach. Nach dem Vortrag meines Wunsches hieß es nur „wait five minutes“ und nach der genannten Zeit kam er mit dem Gesuchten zurück. Lösungen finden können sie ja grundsätzlich – Improvisation ist halt das Fundament des afrikanischen Tagesablaufes.
Jetzt war es aber schon der Zeit, den einzig wahren Rangers die Aufwartung zu machen. Da das Nationalstadion in Freetown derzeit komplett out of order ist – angeblich wird es von einer China-Kolonne renoviert und die Nationalelf trägt ihre Heimspiele in Liberia aus – ist die erst vor zwei Jahren eröffnete 6.000 Menschen fassende ‚Southern Arena‘ das Vorzeigestadion des Landes. Irgendwer in Bo hat Geld, auch die Rangers werden sehr gehypt, hinken den Erwartungen als Vierter des Tableaus aber hinterher. Davon überzeugten sich etwa 1.500 Zuschauer, die ein planloses und begrenzt ansehnliches bis in die Schlussphase von Fehlpässen geprägtes Gebolze geboten bekamen, bevor es dann doch noch abging. Zunächst gingen die Gastgeber per Handelfmeter zehn Minuten vor dem Ende in Führung und fingen sich in der Schlussminute im Gefühl des sicheren Sieges zur Freude der zwanzig Gäste-Fans noch den Ausgleich. Damit war ein Betreuer der Gastgeber nicht einverstanden, was mit einem Platzverweis belohnt wurde. Und schließlich gab es in der achtminütigen Nachspielzeit noch jeweils ein weiteres Mal den roten Karton für heim und auswärts. Während der zweiten Hälfte hatte es angefangen wie aus Eimern zu schütten. Mit dem Spielende beruhigte sich das, so dass wir halbwegs trocken am Hotel ankamen. Im Laufe des Abends nahm der Niederschlag aber wieder zu und hörte erst am frühen Morgen wieder auf.