
SV Wehen Wiesbaden vs Rot-Weiss Essen 1:3
Arena Wiesbaden, 4.009 Zuschauer, 3.Liga

Es ergab sich aufgrund einer geplatzten Wochenend-Reise mit der geschätzten Gattin erst kurzfristig für mich die Möglichkeit, dieses Spiel zu besuchen. Die Reise nach Wiesbaden ist auch nicht das Auswärtsspiel nach dem man sich die Finger leckt und läge der Anreiseaufwand nicht noch im Rahmen, hätte ich wohl verzichtet. Der SV Wehen ist ein gewaltsam in Wiesbaden platzierter Verein. Der Club ist das Ergebnis des Erfolges des Dorfvereins SV Wehen aus dem nahen Taunusstein, dessen Stadion auf dem Halberg nach dem erstmaligen Aufstieg in die 2.Liga vor gut zwanzig Jahren eben für diese Spielklasse nicht mehr ausreichte. Auslagerung der Profi-Abteilung und Umzug in die Landeshauptstadt resultierten daraus, eine unter Fußball-Fans unpopuläre Maßnahme, weswegen der Verein auf wenig Respekt stößt. Die breite Masse rennt dem im Schatten der Frankfurter Eintracht und des FSV Mainz stehenden Verein ja auch nicht gerade die Türen ein – unter den 4.000 Zuschauern befanden sich heute 1.250 aus Essen. Dass der SVWW sich dann noch erdreistete, diese Partie als Topspiel auszurufen und die Eintrittspreise um 30% anzuheben, macht den Verein ja direkt noch mal sympathischer und so lautet das unanfechtbare Urteil des als absoluter Fachmann bekannten Verfassers dieses Blogs: überflüssiger Drecksverein, kann weg! Mehr Respekt verdienen sich die nicht gerade zahlreichen Unentwegten auf der Nordtribüne, eine Kurve mit sehr junger Altersstruktur, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles versuchte und heute mit einer Aktion hinter der Tribüne und auf den Rängen auf Polizeigewalt gegen Fußball-Fans aufmerksam machte. Dafür gibt es einen erhobenen Daumen.
Natürlich hatte die Wehener Szene trotz Lautsprecher-Anlage akustisch keine Chance gegen den gut aufgelegten Gäste-Anhang. Die ‚Vandalz‘ sprachen eine Halbzeit lang mit einem großen Banner ihren durch Verbote ausgeschlossenen Mitbrüdern Mut und Ausdauer zu. Die Männer in den schönsten Trikots der Welt waren sofort drin der Partie. Aus dem viel zu passiven Auftritt in Aachen zu Beginn der Rückrunde scheinen die richtigen Lehren gezogen worden zu sein. Große Torchancen blieben auf beiden Seiten Mangelware, beide Teams neutralisierten sich einigermaßen clever, wobei ich mir nicht sicher war, ob das für den Zuschauer nun prinzipiell interessant oder anstrengend zu beobachten war, denn als Befangener hat man da ja einen anderen Blickwinkel. Die beste Chance ergab sich für den RWE, der einen Konter in 3:2-Situation zu unsauber ausspielte, so dass Brumme unter Druck nicht mehr konsequent abschließen konnte. Der größte Aufreger geschah aber eigentlich kurz danach, als Eitschberger und Arslan mit den Köpfen übel zusammenrauschten, dass beide mit beinahe auf der Tribüne spürbaren Schmerzen liegen blieben. Das erkannte auch die medizinische Abteilung der Gastgeber, die Arslan zu Hilfe eilte, da die Essener Kollegen bei Eitschberger gebunden waren. Tolle Aktion, allerdings wäre das wohl andersherum genauso gelaufen, und beide konnten mit Turban, der eine in Weiß, der andere in Rot, weitermachen.
Ein paar Minuten vor dem Seitenwechsel klingelte dann aus dem Nichts ein abgefälschter Schuss im Kasten von Jakob Golz, nachdem mal wieder der Zugriff im Strafraum nicht stimmte. Diese Situationen werden in einer immer stabiler stehenden Deckung zwar deutlich seltener, führen aber leider auch beinahe jedes Mal zum Gegentreffer. Zugegeben waren die Gastgeber aber in dieser Phase spielbestimmend. Die Roten kamen wacher aus der Kabine und nach wenigen Minuten zog Arslan energisch zur Strafraumgrenze und nagelte das Streitobjekt von dort entschlossen zum Ausgleich unter die Querlatte. Ausgeglichen blieb danach auch das Spiel, aber die Roten ließen hinten annähernd gar nix zu und waren bei eigenen Vorstößen gnadenlos effektiv. Kraulich erhöhte per Kopf und Eitschberger stellte zwanzig Minuten vor Ende die Zeichen dann deutlich auf Sieg, womit absurderweise die beiden Turban-Männer entscheidenden Anteil am Erfolg hatten. Die sich eröffnenden Kontermöglichkeiten gegen offensiver auftretende Gastgeber endeten dann meist kläglich, die häufigen viel zu schnellen und nicht erzwungenen Ballverluste, die ‚unforced errors‘, sind momentan wohl das größte Manko im rot-weissen Spiel. Änderte aber nichts am Ausgang der Partie, in einem Stadion, welches sich für seine Rekord-Bauzeit einen Eintrag ins Guiness-Buch verdiente. Gerade einmal 112 Tage waren für die Errichtung der wenig ansehnlichen Blechbüchse nötig. Wie wichtig dieser Sieg war, zeigt der Blick auf die anderen Resultate und die Tabelle, denn beinahe jeder Mitkonkurrent erreichte Zählbares und so bleibt der glorreiche RWE über dem vernichtenden Strich.

















