Carrara – Sa., 29.12.2024, 15:00

Carrarese Calcio vs Cesena FC 2:0

Stadio dei Marmi, 4.575 Zuschauer, Serie B
Während es den Großteil der Bewegung zwischen den Feiertagen beinahe traditionell auf die Insel zog, wählte ich den Stiefel als Zielregion aus. Ich bin gern in England und die Masse an Spielen, die rund um den Jahreswechsel angeboten wird, ist natürlich ein Argument, aber ich konnte mich nicht überwinden, dem Exodus der Szene zu folgen. Italien also, dort ist man natürlich auch nicht allein, hört aber in den Stadien eben doch eher die Landessprache als die meistgesprochene Sprache Europas. Mit dem Hinflug von Köln/Bonn nach Bergamo und dem Rückflug ab Milano-Linate nach Düsseldorf und den daraus entstehenden Herausforderungen wurde zwar ein etwas anstrengendes Routing gewählt, aber aus Zeit- und Kostengründen war dieses alternativlos. Den Auftakt machte das Zweitliga-Spiel in Carrara, übrigens Geburtsort von Torwart-Legende Gianluigi Buffon. Carrarese durfte im vergangenen Sommer nach 76 Jahren den Wiederaufstieg in die Serie B feiern und empfing Cesena im betagten ‚Stadio dei Marmi‘, einem flachen, weitläufigen Oval, in dem nur die Haupttribüne überdacht ist. Den Gästen war die Anreise erlaubt und dennoch verloren sich nur enttäuschende 200 Cesena-Tifosi im ‚Settore Ospiti‘. Darunter waren keine organisierten Gruppen, da nur Gäste-Anhänger zum Kauf einer Eintrittskarte berechtigt waren, welche über eine ‚Tessera del tifoso‘, eine Fan-ID mit Datenspeicherung verfügen. Diese Registrierung wird aber von Ultras aus Cesena abgelehnt und boykottiert, leider ein Faktor mit dem man in Italien immer rechnen muss. Die kleine aber feine Curva der Gastgeber produzierte aber ansprechende Stimmung und zur Belohnung durfte sich die Anhängerschaft über einen verdienten Sieg über das Team aus Cesena, bei dem der Sohn von Jürgen Klinsmann des Tor hütet, freuen.

Antwerpen – Do., 26.12.2024, 13:30

Royal Antwerp FC vs KRC Genk 2:2

Bosuilstadion, 16.144 Zuschauer, Pro League
Weihnachten daheim zu bleiben ist ja eher was für Traditionalisten, aber nix für Fußballtouristen. Und was sich reimt ist gut. Sagte ja schon Pumuckl und der muss es ja wissen. Also wurde Antwerpen als Ziel auserkoren, denn das ‚Bosuilstadion‘ hatte ich noch zu Zweitliga-Zeiten des Antwerp FC vor nur wenigen tausend Zuschauern erlebt. Bei meinem ersten Besuch waren die neu errichtete Haupt- und die Südtribüne noch nicht existent. Damals durfte auch das heute letzte Überbleibsel des alten Stadions, die alte Osttribüne, die im vergangenen Jahr ihren 100jährigen Geburtstag feierte, noch genutzt werden. Das ist mittlerweile nicht mehr möglich und mittelfristig wird der alte Kabachel einer neuen Tribüne weichen. Das Stadion soll letztlich im Stil der bereits neu errichteten Haupt- und Südtribüne vervollständigt und geschlossen werden. Das bedeutet, dass auch die Nordtribüne, auf der ich heute meinen Platz fand, ebenfalls abgerissen wird. Der Verein trägt stolz die Stammnummer 1, da er, 1880 gegründet, der älteste Fußballclub des Landes ist, was ihm den Spitznamen ‚The Great Old‘ eingebracht hat.
Der RAFC ist einer der beliebtesten Clubs Belgiens und darf sich über eine treue Anhängerschaft freuen. Gegen den Tabellenführer aus dem Limburgischen war das Stadion offiziell ausverkauft, visuell offenbarten sich aber einige Lücken auf den Tribünen. Die Gäste waren mit etwas 600 Leuten angereist. Neun Busse und einige Autobesatzungen hatten das Stündchen Anreise auf sich genommen. Vorab sei gesagt, dass die Stimmung enttäuschend war. Sowohl die Gäste, von denen maximal 50 Mann aktiv supporteten, als auch die aktive Szene der Gastgeber waren selten zu hören. Für ein Spitzenspiel des Vierten gegen den Ersten war die Atmosphäre nahezu unterirdisch. Das auf dem Rasen gezeigte konnte da deutlich besser unterhalten. Zwei offensiv eingestellte Mannschaften boten unter Mithilfe zweier schlecht organisierter Defensiv-Reihen ein Chancenspektakel. Die frühe Führung des RAFC glich der KRC genauso früh wieder aus. Nach einer halben Stunde durfte sich der Royal FC über die erneute Führung freuen, die der Tabellenführer kurz nach der Pause wieder ausglich. Das Spiel war nie langweilig, ständig gab es Torraumszenen und der KRC, amtierender Meister, hätte eigentlich siegen müssen, ließ aber in der Nachspielzeit zwei tausendprozentige Möglichkeiten liegen.

Essen – Sa., 21.12.2024, 14:00

Rot-Weiss Essen vs VfB Stuttgart U21 2:2

Stadion an der Hafenstraße, 15.287 Zuschauer, 3.Liga
Der zweite Akt unter dem neuen Trainer. Das verdammt wichtige Spiel gegen einen weiteren direkten Konkurrenten aus Stuttgart stand auf der Tagesordnung. Anstatt, dass sich die Personalsituation entspannte, war diese aber noch einmal enger geworden. Zwar stand Alonso nach seiner Gelbsperre in der Defensive wieder zur Verfügung, dafür fehlte nun aber Kourouma nach seiner in Osnabrück erhaltenen unberechtigten Ampelkarte. Im Mittelfeld hatte sich auch noch Eisfeld ins Lazarett verabschiedet, womit endgültig kein echter Ballverteiler mehr zur Verfügung stand, und auch Stamm-Schnappmann Golz fiel erkrankt aus. Die Mannschaft stellte sich also quasi von alleine auf. Mehr Tempo ins rot-weisse Angriffsspiel bringen will der Neu-Trainer und das gelang ihm mit dem sprichwörtlich letzten Aufgebot sogar recht ordentlich. Der RWE legte los wie die Feuerwehr und der hochverdiente Führungstreffer durch Vonic nach knapp zwanzig Minuten hätte nicht der erste Treffer des Spiels, sondern der vierte sein müssen. Unfassbar, was da in der Anfangsphase an Chancen liegen gelassen wurde. Bis zum Seitenwechsel verflachte die Partie zwar etwas, aber die Roten hatten alles unter Kontrolle. Daran änderte sich auch im zweiten Durchgang nicht viel und wenn Boyamba zwanzig Minuten vor dem Ende die große, aber nicht leicht zu verwertende Chance genutzt hätte, wäre die Wiese wohl auch gemäht gewesen. Stattdessen bekamen die Roten drei Minuten später im eigenen Sechzehner (mal wieder) nicht den rechten Zugriff und die Kirsche war dann schließlich drin. Aus heiterem Himmel und zur Freude der 55 Versprengten im Gästeblock – vermutlich der beschissenste Away-Mob seit dem Auftritt der Zwoten vom SC Freiburg in der vergangenen Saison.
Der Frust währte allerdings auf Essener Seite nicht lang, denn der Fußball schrieb mal wieder ein Märchen. Unmittelbar nach dem Gegentreffer eingewechselt, erzielte Eigengewächs Swajkowski in seinem allerersten Drittliga-Einsatz nur vier Minuten später die erneute Führung. Wäre der Fußballgott ein Mann von Ehre, hätte er es dabei belassen und den jungen Mann zum Helden des Spiels gemacht. Aber besagter Fußballgott bewies wie so häufig keine Eier und bescherte dem schwäbischen Nachwuchs den erneuten Ausgleich, zugegeben per Flugkopfball schön erzielt, aber leider eben alles andere als verdient. Safi bekam in der Nachspielzeit noch einmal eine Konterchance, aber obwohl der in den Niederlanden geborene Außenstürmer pfeilschnell ist, gelang es ihm nicht seinen Häschern für einen ungestörten Abschluss zu entwischen. So endete die Partie mit einem leicht bitter schmeckenden Remis. Ein Sieg hätte natürlich direkt für Aufbruchstimmung sorgen können, aber der Auftritt zeigte, dass die Mannschaft lebt und an sich glaubt. An der Chancenverwertung muss dringend gearbeitet werden, mitentscheidend wird sein, ob in der Winterpause sinnvolle Verstärkungen, im besten Falle auch ein torgefährlicher Offensivmann, an Land gezogen werden können, dann besteht berechtigte Hoffnung, dass der Klassenerhalt realisiert wird.

Osnabrück – So., 15.12.2024, 16:30

VfL Osnabrück vs Rot-Weiss Essen 2:0

Stadion an der Bremer Brücke, 15.158 Zuschauer, 3.Liga
Uwe Koschinat heißt der neue Mann auf der rot-weissen Trainerbank und dieser durfte sich direkt an seiner letzten Wirkungsstätte beweisen. Da auch der VfL unter der Woche, bereits zum zweiten Mal in der laufenden Saison, eine Veränderung auf der Trainerposition vornahm und Feuerwehrmann Marco Antwerpen verpflichtete, trafen also zwei Mannschaften unter neuer Regie aufeinander. Der RWE ging stark ersatzgeschwächt in diese wichtige Partie. Neben den gesperrten Defensiv-Spielern Kraulich und Alsonso fielen in der Kreativ-Abteilung Müsel und Arslan kurzfristig verletzungsbedingt aus. Trotz der Talfahrt der Roten, bleibt der Anhang treu und halbwegs geduldig. Der Gästeblock an der Bremer Brücke war dementsprechend ausverkauft und auch der Nachbarblock auf der Geraden war zur Hälfte in rot-weisser Hand, was noch zu Problemen führen sollte. Zum Intro gab es im Away-Sektor eine Choreo zu sehen. Ein von grauen und schwarzen Pappen flankierter Bergmann hielt das RWE-Wappen in seiner Hand und am Zaun prangte ein großes Banner mit dem Satz „Du bist unser Grubengold“. In der Osna-Kurve um die ‚Violet Crew‘ gab es nur das obligatorische Fahnenmeer zu sehen. Ich finde den VfL-Anhang ja nicht übel, heute war ich aber etwas enttäuscht, ich hatte die Kurve lauter und brachialer in Erinnerung. Entlastend sei erwähnt, dass die Hintertor-Tribüne vor Saisonstart ihres Daches beraubt wurde, da die Statik nicht mehr stimmte. Die ‚Bremer Brücke‘ ist halt in die Jahre gekommen und ohne Dach fehlt jeder Atmosphäre der Widerhall. Die Tage dieses engen, kleinen Stadions scheinen leider gezählt und damit auch dieser kultige Standort inmitten der Stadt.
Der RWE startete überraschend dominant in die Partie und diese Überlegenheit sollte auch bis auf eine zehnminütige Phase im zweiten Durchgang bestehen bleiben. Aber was nützt die Spielhoheit, wenn die Offensive in der Box harmlos bleibt?! Beinahe jeder vielversprechende Angriff ließ den finalen Pass vermissen – es kam kaum zu Abschlüssen. Das eigentliche Problem des rot-weissen Spiels, die fehlende Kaltschnäuzigkeit im Abschluss, wurde gar nicht offensichtlich, weil es gar nicht zu Abschlüssen kam. Dagegen fehlte in wenigen Situationen wieder der Zugriff in der Defensive und den völlig verunsichert auftretenden Gastgebern reichte der erste gefährliche Angriff zur Führung nach einer Viertelstunde. Die berühmten Motivationskünste von Feuerwehrmann Antwerpen hatten aber offenbar bisher dennoch nicht gefruchtet, denn der VfL kam im gesamten Spiel nur zu abgezählten Strafraum-Situationen. Und doch reichte es bei gefühlt nur 20 Prozent Ballbesitz zum Sieg. Der zweite Treffer per Strafstoß in der Nachspielzeit war nur noch eine Randnotiz. Kurz zuvor sah Kourouma völlig unberechtigt die Ampel-Karte. Der Video-Beweis würde wohl Abhilfe schaffen und dennoch bleibe ich bei ablehnender Haltung, nehme Fehlentscheidungen in Kauf und bevorzuge die Erhaltung der Spontanität des Spiels, auch wenn diese aktuell eher gegen den RWE ausfällt. Der Platzverweis hatte eh keinen Einfluss mehr auf den Spielausgang. Der RWE verpasste nicht nur die Chance, den Anschluss ans rettende Ufer herzustellen, sondern auch, einen direkten Kontrahenten auf Distanz zu halten.
An der Unterstützung aus der Kurve hat es nicht gefehlt. Nach dem Schlusspfiff wurde es allerdings wild. Im angesprochenen durchmischten Block hatte es ein paar Scharmützel gegeben. Zwar gibt es keine besondere Rivalität mit den Lila-Weißen, bedingt durch gegenseitige Provokation und einen Becherwurf von der Heimseite war es aber zu Handgreiflichkeiten gekommen. Das setzte Emotionen im Gästeblock frei und etwa zwei Dutzend Personen nutzten eine Situation, um ein Tor zum Spielfeld aufzudrücken. Es gab ein bisschen Backenfutter für die überforderten Ordner, der Versuch an die Osnabrücker im Nachbar-Block zu kommen, scheiterte aber, da nach kurzer Zeit die Staatsmacht hereinstürmte und den Tumult unter anderem mit zwei Festnahmen ein Ende bereitete. Außerdem flog wieder Leuchtspur, überflüssig und gefährlich. Am Ende also (erneut) ein gebrauchter Tag für alle Roten, die ersatzgeschwächte Truppe und den neuen Trainer. Irgendwie muss die Winterpause erreicht werden, ohne die Bindung an die Nichtabstiegsplätze zu verlieren.