Genova – So., 29.12.2024, 19:30

UC Sampdoria vs Pisa Sporting Club 0:1

Stadio Luigi Ferraris, 21.766 Zuschauer, Serie B
Im Anschluss an die Partie in Carrara ging es unmittelbar weiter nach Genua. Aufgrund eines Staus und der äußerst bescheidenen Parkplatzsituation in der Gegend um das in Würde ergraute ‚Stadio Luigi Ferraris‘ wurde die Nummer noch ganz schön eng, aber einige Minuten vor dem Kick-off erklomm ich die Tribünen und blickte zum zweiten Mal in meiner Karriere in dieses wundervolle Stadion. Dieser Spielort, dieser Sakralbau des italienischen Fußballs, verdient jeden wiederholten Besuch! Das Stadion liegt eng zwischen den Häusern im Stadtteil Marassi. Heutzutage würde an so einem Ort sicher kein Stadion mehr gebaut, aber da ja eigentlich keine italienische Kommune und kein Verein die Kohle hat, um ein neues Stadion zu errichten, bleibt der Stiefel ein Mekka für Stadion-Nostalgiker. Die Stadien verändern ihr Antlitz auch kaum, da aufgrund der finanziellen Lage eben nur das nötigste ausgebessert oder verbessert wird. So auch im ‚Luigi Ferraris‘, an dem der Zahn der Zeit nagt, wie Risse im Beton unerbittlich aufzeigen und seit der WM 1990 dürfte in Sachen Instandhaltung auch nicht mehr viel passiert sein. Das Stadion teilen sich die beiden Genueser Clubs Sampdoria und Genoa CFC. Dem Anhang des CFC gehört die ‚Curva Nord‘, dem von Sampdoria die ‚Curva Sud‘ und beide Szenen haben ihre Bereiche dementsprechend in viel Farbe getaucht. So muss ein Fußballstadion aussehen! Dem Verein Sampdoria selber geht es sportlich leider nicht so gut. Im Jahr 2023 mal wieder aus der Serie A abgestiegen, krebst ‚Il Doria‘ aktuell im unteren Mittelfeld herum, was aufgrund der Regelung in der Serie B gleichbedeutend ist mit akuter Abstiegsgefahr. Die ‚Curva Sud‘ ließ sich davon aber nicht beeindrucken, war sehr ordentlich gefüllt und bot ein herrliches Fahnenmeer und zum Intro eine Rauchsäule. Danach zeigte sich die Kurve gut aufgelegt und schmetterte laute Gesänge auf das Spielfeld.
Wie eigentlich überall in Italien war zu spüren und zu sehen, wie sehr die Tifosi, egal ob jung oder alt, ihren Verein leben und lieben. Das ist für mich die echte ‚Mentalita Ultra‘ und mit der deutschen Einstellung zum Fußball nicht zu vergleichen. Nicht dass wir Deutsche unsere Vereine nicht auch verehren und lieben, aber in Italien ist das einfach noch einmal ein anderes Kaliber. Enttäuschenderweise waren aus Pisa, wie schon beim Nachmittagsspiel im Gästeblock in Carrara, keine organisierten Ultra-Gruppen vertreten. Auch bei diesem Spiel war den Gästen zwar das Reisen zwar erlaubt, jedoch unterlag diese der Tessera-Pflicht und eben jene wird von den großen Gruppen der Pisani nicht akzeptiert. So verloren sich 200 versprengte ‚Neckermänner‘ im Gästeblock und diese waren nicht ein einziges Mal zu hören, auch nicht als das Tor des Tages fiel. Nicht zu hören waren auch die aktiven Sampdoria-Fans, die sich in ‚Curva Nord‘ aufhielten. Dabei waren es gar nicht so wenige, die fröhlich mit den Fahnen wedelten und als aktive Supporter auszumachen waren. Aber die ‚Gradinata Sud‘ hatte einfach zu viel Wucht und riss das akustische Geschehen an sich. Leider rappelten auch ein paar abartig laute Böller durchs Stadion, dem kann ich überhaupt nichts abgewinnen. Dafür schon eher der genialen Beflaggung an den Balustraden und den Balkonen in den Ecktürmen. Sampdoria zeigte gegen den Favoriten eine engagierte Leistung, kam aber im Strafraum nicht in die Situationen, um Torgefahr zu erzeugen. Die wenigen Möglichkeiten, die sich boten, wurden vergeben. Die Gäste vom schiefen Turm konnten ihre Favoritenstellung nicht beweisen und schafften es ebenfalls nicht zu vielen Abschlüssen. Dennoch reichte es zwanzig Minuten vor dem Ende zu Siegtreffer – so läuft es ja oft, wenn die eine Mannschaft oben und die andere unten in der Tabelle steht. Das Publikum quittierte die Niederlage und die damit größer werdende Abstiegsgefahr trotz des couragierten Auftritts ihres Teams mit einem gellenden Pfeifkonzert.