
Al-Rayyan SC vs Al-Shamal SC 1:2
Ahmad-bin-Ali Stadium, 2.663 Zuschauer, Qatar Stars League

Salam aleikum, liebe Leser. Nachdem im Frühjahr die Bemühungen scheiterten, eine vernünftige Tour auf die arabische Halbinsel auf die Beine zu stellen, weil die Ansetzungen einfach nicht passten, war es nun so weit. Die Sommermonate sind ja aufgrund der dort herrschenden Temperaturen keine Option, der Frühling und der Herbst sind mit Höchstwerten knapp über 30 Grad aber absolut in Ordnung. Pegasus – nervige, enge Maschinen mit meist noch nervigeren Fluggästen, aber halt günstig – brachte mich und einen rot-weissen Gefährten über Istanbul nach Qatar. Während ich im Flieger selten gut in den Schlaf finde, kann der Mitreisende beinahe auf Kommando in das Reich der Träume einreisen… wie macht man das? Qatar ist dagegen eher weniger ein Reich der Träume, zumindest wenn man vom indischen Subkontinent oder den Philippinen kommt. Ich sehe das Land auch durchaus kritisch, die Diskussion um Bedingungen für günstige Arbeitskräfte aus ärmeren Ländern, die ja im Zuge der WM-Vorbereitungen an Fahrt aufnahm, sind ja bekannt. Für besagte Bedingungen sind allerdings ja die Regierung und die Arbeitgeber verantwortlich, und wenn ich deren asoziales Handeln generell als Maßstab für die ausgewählten Reiseziele anlegen würde, käme ich aus Europa kaum raus und hätte auch viele Reisen gar nicht anstrengen können. Der großen Masse, dem einfachen Volk, dass sich fast immer aufgeschlossen und freundlich zeigt, würde man damit zudem Unrecht tun. Am Donnerstag spät gelandet, eigentlich erst am Freitag-Morgen, blieb uns in Qatar nur ein voller Tag. Diesen nutzten wir für einen Rundgang durch die Altstadt – oder was halt davon wirklich alt ist – um den Souq Wakif herum und einen Abstecher zur Corniche mit Panorama-Blick über die Bucht auf die Skyline der Business-Downtown.











Unter Nutzung von Uber – es ist einfach zu günstig, als dass man sich mit der sicherlich hochmodernen Metro, die ja sogar über zwei unterschiedliche Klassen verfügt, herumschlagen müsste – ging es raus nach ar-Rayyan, Dohas Nachbarstadt, das mit dieser nahtlos zusammengewachsen ist. Dort steht das ‚Ahmad-bin-Ahli Stadium‘, eines der WM-Stadien, welche für den nun nachgelagerten Einsatz in der ‚Qatar Stars League‘ völlig überdimensioniert sind. So wurden heute auch nur etwas mehr als fünf Prozent des Fassungsvermögens benötigt und das obwohl Al-Rayyan schon eher ein Zugpferd der Liga ist. Die Ticketfrage – es war unklar, ob es Tageskassen geben würde – pulverisierte sich durch Freikarten, die vor dem Eingang großzügig verteilt wurden. Die Bude ist in der dreirangigen Bauweise ganz nett anzusehen, auch wenn es sich natürlich nicht um einen besonderen Stil handelt. Wie auch – Stadion-Designs werden ja kaum noch neu erfunden. In Qatars WM-Stadien wurde ja Air-Condition installiert und diese war auch heute in Betrieb. Welch ein Energieverbrauch und da unter allen Sitzen Düsen verbaut sind, steht man auch ständig im Luftzug. Mir war das tatsächlich zu kühl und ich musste mir erstmal einen Platz suchen, auf dem ich nicht schockgefrostet wurde.
Für beide Teams fanden sich Support-Sektionen zusammen. Als Intro wurden auf Seiten der Gastgeber einige Dutzend Fahnen geschwenkt und dann wurden typisch arabische Klänge von sich geboten, was nicht nur authentisch ist, sondern mir persönlich auch immer gut gefällt. Beinahe im Widerspruch dazu stand der Einheits-Look in T-Shirts mit dem Aufdruck ‚Ultras 1969‘ – eine Reminiszenz an das Gründungsjahr und es wirkte eher so, als ob auf dem Spielplatz die Kleinen (Qatars Fußballfans) die Großen (Europas Ultra-Szenen) nachahmen wollten. Das Spielniveau war schwer einzuordnen. Gefällige Angriffe und technisch richtig anspruchsvolle Aktionen wechselten sich mit Slapstick und limitiertem Talent ab. Daran konnten auch die zweitklassigen Legionäre aus allen möglichen anderen Ländern – 22 Mann in den Startformationen kamen aus 12 Ländern – nichts ändern. Mein persönliches Highlight war, als mich in der Pause zwei Jünglinge fragten, ob ich der Vater von al-Rayyans Publikumsliebling und Torjäger Roger Guedes sei, einem Brasilianer, der seine schillernde Karriere bisher durchschnittlich erfolgreich in China und seinem Heimatland verbracht hatte, weshalb sich mir wiederum die Frage stellte, ob ich so brasilianisch oder so alt aussehe. Die verdiente und sichere Führung (durch Guedes) verspielte Al-Rayyan im Glauben, diese verwalten zu können, in der Schlussphase noch. Der Gäste -Siegtreffer in der siebten Minute der zehnminütigen Nachspielzeit provoziert ekstatische Jubelszenen.














