Heerenveen – Sa., 14.12.2024, 18:45

SC Heerenveen vs PSV Eindhoven 1:0

Abe Lenstra Stadion, 24.680 Zuschauer, Eredivisie
Mein erster Besuch in Heerenveen vor längerer Zeit ist mir nicht nachhaltig in Erinnerung geblieben, daher war eine erneute Anreise durchaus berechtigt und das Spiel gegen den Tabellenführer und amtierenden Meister aus der Philips-Stadt schien dafür angemessen. Der PSV hatte aus den bisherigen 15 Saisonspielen 14 Siege davongetragen, lediglich das Prestige-Duell gegen Ajax endete mit einer Niederlage. Einen entsprechend dominant auftretenden Gast hatte ich erwartet, aber davon war überhaupt nichts zu sehen. Die Friesen, die in ihrer Club-Vita einem Pokalerfolg vorweisen können, waren von Beginn an die spielbestimmende und galligere Mannschaft, während der mit zahlreichen Meisterschaften und Pokalsiegen und auch zwei Europapokal-Erfolgen ausgestattete PSV, offenbar im trügerischen Glauben an die eigene Stärke, pomadig vor sich hin kickte. Allerdings ließ der SC Heerenveen Chance um Chance genutzt, dass man schon befürchten musste, dass es dann so läuft, wie es halt für die besser platzierte und prinzipiell besser besetzte Truppe oft läuft. Tat es aber nicht und dem Moldawier Nicolaescu war es vorbehalten, eine Viertelstunde vor Schluss den Treffer das Tages zu setzen. Das Abe Lenstra Stadion gehört mit seinen knapp 27.000 Plätzen schon zu den größeren des Landes und ist auch immer gut besucht. Im krassen Gegensatz dazu ist es um die Stimmung aber nicht sonderlich gut bestellt. Der Riesen-Roar herrscht in den Niederlanden ja nur selten, aber so tote Hose habe ich selbst dort nicht oft erlebt. Dabei sah die Nordkurve gar nicht so übel aus. Die (vermeintlich) aktive Szene war komplett in schwarz angetreten und stand kompakt zusammen. Ihnen gegenüber platziert, hörte ich sie aber maximal ein halbes Dutzend Male. Und das lag auch nicht am mit 15 Bussen angereisten PSV Anhang, dessen Ultras im unteren Bereich des im Eck liegenden Gästeblocks Dauergesang lieferten. So wird mir vermutlich auch der zweite Besuch in Heerenveen nicht in der Hirnrinde kleben bleiben.

Veendam – Sa., 14.12.2024, 15:30

VV Veendam 1894 vs GSVV The Knickerbockers 1:1

Henk Nienhuis Stadion, 100 Zuschauer, 3e Klasse Zaterdag R Noord
Der SC Veendam war ein Club aus der Region Groningen im Norden der Niederlande, der die meiste Zeit der Vereinsgeschichte zweitklassig spielte, was für einen kleinen Verein aus einer kleinen Stadt ja schon ganz ordentlich ist. Vor gut zehn Jahren ging es mit dem Verein allerdings zu Ende. Schon einige Jahre zuvor war der Club durch den Verlust des Hauptsponsors in Zahlungsschwierigkeiten geraten, wodurch aufflog, dass der SC Veendam jahrelang durch unversteuerte Gelder am Leben gehalten und die Lizenz durch ungedeckte Bürgschaften erschlichen wurde. Nach einem Durcheinander von Gerichtsverfahren und Berufungen durfte der Club erst einmal weiterwurschteln. Allerdings ohne dauerhaften Erfolg, denn der Sportclub geriet erneut ins Trudeln und musste letztlich Insolvenz anmelden. Auch ein Neustart kam aufgrund des fehlenden finanziellen Backgrounds nicht zustande und so wurde der SC Veendam, der immerhin auf zwei Spielzeiten in der ‚Eredivisie‘ zurückblicken darf, 2014 aufgelöst. Der VV Veendam 1894, aus dem der Profi-Verein SC Veendam in den 70er Jahren entstand, existierte aber weiterhin und spielt nun anstelle der Profi-Mannschaft im Stadion. Dieses verfügt nur über Tribünen auf den Geraden. Nur noch, muss es korrekterweise heißen, denn die beiden kleinen Hintertor-Tribünen wurden vor einigen Jahren leider zurückgebaut. Auf achtklassiger Ebene, in der dritten regionalen Spielklasse wird nun im Stadion gespielt und das selten vor mehr als einhundert Leuten. Allein aufgrund des Vereinsnamens des Gegners aus Groningen war der heutige Besuch ja eigentlich Pflicht. Ein unterhaltsames Spiel endete bei fiesem Nieselregen mit einem gerechten Unentschieden.

Essen – So., 08.12.2024, 13:30

Rot-Weiss Essen vs TSV München von 1860 0:3

Stadion an der Hafenstraße, 16.627 Zuschauer, 3.Liga
Die Situation spitzt sich zu. Gegen die Münchner Löwen war ein Sieg eigentlich Pflicht, aber ja bei weitem nicht selbstverständlich, auch wenn die gute Seite der bayrischen Landeshauptstadt ebenfalls keine gute Saison spielt. Die Westkurve erzeugte aus Überziehern eine Choreo in Rot und Weiss und präsentierte am Zaun ein Banner mit dem alten rot-weissen Motto „RWE war wer, RWE ist wer, RWE bleibt wer“. Eisfeld durfte von Beginn an ran, ebenso erhielt Brumme nun wieder den Vorrang gegenüber Voufack – ein Lichtblick, sollte Coach Dabrowski doch noch weise geworden sein, welcher der Mannschaft aber dennoch eine defensive Grundausrichtung verordnet hatte. Das führte allerdings dazu, dass den ‚Sechzgern‘ die Initiative zunächst überlassen wurde. In der Anfangsviertelstunde machten die Gäste den frischeren Eindruck und zeigten erste zaghafte Vorstöße. Allerdings unterstützt von der rot-weissen Hintermannschaft, die ja eh nicht sattelfest ist und am Versuch eines geordneten Spielaufbaus regelrecht verkrampfte und die Löwen mit Abspielfehlern unmittelbar vor dem Strafraum zu mutigeren Aktionen einlud. Der RWE bekam dann nach und nach besseren Zugriff auf die Partie und kam seinerseits in den gegnerischen Sechzehner, aber ohne echte Gefahr heraufzubeschwören und das Spiel bekam schnell wieder die alte Richtung. Alonso, der schon vorher mit zwei astreinen Beulen glänzte, die aber noch folgenlos blieben, ging am eigenen Fünfer dann zu ungestüm zu Werke und brachte 1860-Stürmer Hobsch zu Fall. Folgerichtig gab es einen berechtigten Strafstoß, der seinen Weg souverän oben rechts in den Knick fand.
Mittlerweile hatte es Unruhe im Gästeblock gegeben. Angeblich wurde ein Szene-Mitglied durch den Ordnungsdienst für das Platzieren von Aufklebern mit einem Hausverbot belegt. Die Folge war, dass alle Zaunfahnen vor dem Stehplatzbereich abgenommen, der Support von den Ultras eingestellt und der Block von diesen verlassen wurde. Die Entscheidungen beider Seiten waren sicherlich unverhältnismäßig. Die Gästeblöcke unserer planlosen Republik sind nun mal sämtlich mit Klebern zugepflastert und so muss ein Away-Sektor auch aussehen! Was die Szenen mit derart selbstverliebten, beleidigten Solidar-Aktionen dann aber immer erreichen wollen, ist mir ein Rätsel. Der eigenen Mannschaft hilft man damit sicher nicht. Sollte aber der Grund für dieses Verhalten stimmen, ist der Ordnungsdienst im Essener Gäste-Sektor nun zum wiederholten Male durch Schikane und überzogene Maßnahmen aufgefallen. Bitte damit aufhören, das ist hochgradig asozial!!! Mit dem Rückstand ging es in die Pause, die rot-weisse Offensive präsentierte sich wieder einmal ideen- und planlos, es lief eigentlich gar nichts zusammen. Dass war sogar dem Übungsleiter ausnahmsweise nicht verborgen geblieben und es ging mit zwei frischen Leuten in den zweiten Abschnitt. Das bringt aber nix wenn ein kurz ausgeführter Eckball, derart mies verteidigt wird – nämlich eigentlich gar nicht – dass die Murmel in aller Ruhe zu einem Löwen vor dem Sechzehner gelangt, von wo dieser ungehindert und trocken zum zweiten Gästetreffer abziehen darf.
Spätestens jetzt war den Roten der Stecker gezogen. Die Truppe zeigte nun einen blutleeren, konsternierten Auftritt und eine verheerende Körpersprache. Das gipfelte dann nach einer Stunde in einem Platzverweis gegen Kraulich, der von der Tribüne zunächst nicht berechtigt schien, es letztlich aber doch war. Dass Dabrowski nun tatsächlich den offensiven, kreativen Eisfeld für einen neuen Innenverteidiger opferte, zu einem Zeitpunkt, wo es unabhängig davon ob zu elft oder nur noch zu zehnt nur noch eine Richtung geben durfte, war ein weiteres Sahnehäubchen. Dennoch erlebte das rot-weisse Spiel noch einmal ein kurzes Aufbäumen, jedoch ohne jeden Ertrag. Aber es ist ja oft so, dass der Körper kurz vor dem Ableben noch einmal ein kurzes Hoch erlebt, bevor alles vorbei ist. Die Löwen hatten dann einfaches Spiel, die Spieler in Rot und Weiss waren nun völlig verunsichert und verloren die Bälle auf einfachste Weise. Gegentreffer Nummer drei war eigentlich egal, die Gäste werden sich allerdings vermutlich fragen, warum es so einfach war, die Punkte aus Essen mitzunehmen. So leise wie in den letzten Minuten habe ich eine gut gefüllte Hafenstraße selten erlebt, es war erschreckend. Man kann ein Spiel verlieren, man kann am Ende auch absteigen, aber nicht so. Wenn der Rasen umgepflügt wurde, die Schienbeine blutig, die Klamotten völlig verdreckt sind und die Mannschaft das Herz auf dem Platz gelassen hat, es am Ende aber doch nicht gereicht hat, wird das Essener Publikum jede Niederlage verzeihen. Einen derartigen Offenbarungseid aber nicht und mit dem Schlusspfiff erklang ein berechtigtes Pfeifkonzert.
Die Stimmung war gekippt, das war nur allzu deutlich. Dennoch trauten sich Spieler und Trainerstab in die Kurve und nach einer Ansprache durch die Capos, gab es doch wieder Aufmunterung für das Team. Eigentlich geht es ja auch nur gemeinsam, das wird aber sicher nur so bleiben, wenn die richtige Einstellung auf den Platz geschmissen und in den wichtigen beiden Spielen vor der Winterpause gepunktet wird. Offen gesagt, war es mir aber unmittelbar nach diesem erschreckenden Auftritt ein Rätsel, wie das funktionieren soll. Die limitierte Qualität des Kaders ist die eine Sache, die Entscheidungen des Trainerstabs die andere. Auch wenn viele Spieler beteuerten, dass das interne Verhältnis zum Trainer intakt ist, wurde spätestens heute offenbar, dass die Köpfe der Spieler blockiert sind. Es braucht jemanden der diese wieder frei macht, jemanden der aufrichten und motivieren, der den Kickern neues Selbstvertrauen einflößen kann. Dass Dabrowski der richtige Mann ist, um diese Krise zu bewältigen, bezweifelte offenbar nicht nur ich, sondern auch der Vorstand. Es musste gehandelt werden und natürlich nahm das Geschehen seinen üblichen Lauf. Am Morgen nach der Niederlage wurde der Trainer von seinen Aufgaben entbunden. Ich tue mich schwer damit einzuschätzen, ob es die gewünschte Verbesserung bringen wird, aber diese Option nicht zu nutzen, wäre grob fahrlässig gewesen und ich begrüße die Entscheidung. Nun gibt es keine Ausreden mehr, das Team ist gefordert. Gas geben, Gras fressen, kämpfen, wenn nötig auch beißen und treten! Nichts ist größer als der Verein!

Saarbrücken – So., 01.12.2024, 16:30

1.FC Saarbücken vs Rot-Weiss Essen 1:0

Ludwigsparkstadion, 13.492 Zuschauer, 3.Liga
Schrieb ich vorher, die Tour endete mit dem letzten Spiel in Bukarest, war das nicht ganz korrekt. Von Frankfurt aus ging es mit Regionalverbindungen der Bahn ohne Probleme ins Saarland, um den glorreichen RWE zu supporten. Es sollte letztlich eine irgendwie denkwürdige Partie werden. Der RWE stand und steht mal wieder unter Druck und war nach den bisherigen Resultaten des Spieltages dazu verpflichtet, im Saarland zu siegen, so denn man nicht unter den berühmten Strich rutschen wollte. Wenig hilfreich war dabei, dass Arslan, der Dreh- und Angelpunkt des rot-weissen Offensivspiels, eine Gelbsperre absaß. Dass dann auf der Kreativposition der unbeständige Kaparos den Vorzug vor Eisfeld bekam, stieß nicht nur bei mir sauer auf. Auch dass Brumme, absoluter Leistungsträger als Linksverteidiger, das Nachsehen gegenüber dem oft unsicheren Voufack hatte, sorgte für massives Unverständnis beim Anhang. Nicht sehr unwahrscheinlich, dass das von Seiten des Spielers abgelehnte Vertragsgespräch – Brumme wollte im Sommer seinen Vertrag frühzeitig verlängern, was der Verein ablehnte und seinerseits bei der Anfrage vor wenigen Wochen durchaus verständlich auf Granit biss – zur Entscheidungsfindung beitrug. Das allerdings wäre nicht nur wenig professionell, sondern vor allem fahrlässig. Beide Kurven zeigten Choreografien zum Intro. Während die ‚Virage Est‘ ihre zehnjährige Freundschaft mit Austria Salzburg beschwor, feierte der Gästeblock das ebenfalls zehnjährige Bestehen der ‚Vandalz‘ mit einer Blockfahne. Nachdem diese heruntergenommen wurde, erstrahlte der Block im Schein unzähliger Bengalfackeln. Kurz darauf qualmte es nochmal ordentlich und die nächsten Brennstäbchen wurden in Asche verwandelt, dann herrschte bis zum Seitenwechsel weiterstgehend Feuerpause.
Dafür wurde der Gästeblock eine wenig umdekoriert. Ein Graffiti erblickte das Licht der Welt und an der Rückwand des Blocks verewigten die ‚Vandalz‘ ihr Jubiläum mit einer Tapete. Kurz vor der Pause geriet der RWE in Rückstand. Die Saarländer spielten die Roten nicht unbedingt in Grund und Boden, zeigten aber leichte Überlegenheit und eben diese führte zu einigen wenigen Möglichkeiten, von denen eine zur Führung reichte. Dass der Treffer von Kraulich per Eigentor erzielt wurde, spricht für die aktuell brisante Situation. Zum Beginn der zweiten Hälfte wurden wieder einige pyrotechnische Erzeugnisse im Away-Sektor abgebrannt. Dass eine erste Fackel auf den Rasen fand und nahe eines FCS-Spielers einschlug, sollte sich noch als Zeichen herausstellen. Sportlich änderte sich das Bild wenig. Der RWE spielte eigentlich ganz ordentlich mit, Torgefahr erzeugten die Mannen in Rot und Weiss aber erst mit der Hereinnahme von Eisfeld (!!!), wirklich in Bedrängnis gerieten die Gastgeber aber nicht. Das fortwährende Problem, dass die Roten offensiv zu ungefährlich, weil wenig durchschlagkräftig sind, blieb auch heute bestehen und so endete das Spiel nicht unverdient mit dem knappsten aller Siegresultate. Dieses geriet aber beinahe zur Nebensache. Die bereist angesprochene Fackel führte zu einer mehrminütigen Spielunterbrechung, in der dann mehrfach Leuchtspurmunition abgeschossen wurde. Diese fand wohl – von mir unbeobachtet – auch den Weg in einen Block der Sitztribüne.
Das hätte es aber gar nicht dafür gebraucht, dass uns nun das ganze Stadion hasste, die Stimmung war auch so schon gekippt. Nebenbei ist der Ludwigspark für Gäste-Fans auch ohne Pyro-Eskapaden ein schwieriges Pflaster. Aber auf Gegenliebe stoßen die Besuche des RWE ja eigentlich nirgendwo, frei nach dem Millwall-Motto „No one likes us, we don’t care“. Eine Leuchtkugel fand dann den Weg bis kurz vor die Heimkurve und setzte dort ein Werbekissen aus Schaumstoff in Brand, was auch nicht unbedingt zur Befriedung der Lage beitrug. Auch während des weiteren Spielverlaufes brannte es eigentliche immer irgendwo im Block, das war schon exzessiv, aber wozu hat man das Zeugs auch mit?! Allerdings geriet die ganze Geschichte insgesamt zu groß. Ich bin kein Pyro-Gegner und auch wenn die Teile natürlich nicht ungefährlich sind und auch die Emissionen nicht lebensverlängernd wirken passiert aber ja eigentlich nie etwas, sofern man die ganze Nummer unter Kontrolle hält, sprich: im eigenen Block, sprich: in den eigenen Händen. Auf dem Spielfeld und erst recht in anderen Blöcken hat das Material aber nichts zu suchen, das ist unstrittig! Pyro als Stilelement in einer konzertierten Aktion zu Spielbeginn oder meinetwegen auch irgendwann während der Partie, finde ich sehenswert. Das dauernde Anreißen von einer, zwei oder drei Fackeln ist aber kein Stilmittel mehr, sondern Randale und Provokation. Erst recht der Abschuss von Leuchtspurgeschossen. Das war in Summe am Ende alles zu viel und durchaus zu verurteilen. Die zu erwartende Geldstrafe wird zudem empfindlich sein und die Möglichkeiten zur Kaderoptimierung stark einschränken.
Auch wenn diese Ereignisse die insgesamt mal wieder wenig überzeugende Leistung der Roten überschatteten, darf dies aber eben davon nicht ablenken. Die Trainerdiskussion hat mal wieder ordentlich an Fahrt aufgenommen und dies nach meiner bescheidenen Ansicht auch zurecht. Ich bin absolut kein Freund von Kurzschlusshandlungen, aber diese wäre es auch längst nicht mehr, sich endlich mal Gedanken zu machen, auf dieser Position gegebenenfalls eine Veränderung vorzunehmen. Ob es das Heilmittel ist, kann niemand voraussagen, denn die Qualität des Kaders scheint limitiert, aber diese Option in einer bedrohlicher werdenden Situation nicht zu prüfen, wäre Verrat am Verein. Zumal es ja immer Stellschrauben wie Taktik oder Aufstellung gibt, an denen gedreht und die richtige Mischung gefunden werden kann. Mann ist immer schneller ab- als wieder aufgestiegen, daher wäre ein neuerlicher Abstieg nicht so einfach zu revidieren und würde den Verein wieder um Jahre zurückwerfen. Die Lage ist also fragil und es bleibt zu hoffen, dass die übergeordneten Verantwortlichen, von denen ich zugegeben auch nur eine sehr geringe Meinung habe, diese aufmerksam beobachten. Aus den verbleibenden drei Spielen bis zur Winterpause gegen direkte Konkurrenten muss nun zahlreich gepunktet werden. Ein Überwintern auf einem Abstiegsplatz ist denkbar schlecht für die Moral und würde den Handlungsbedarf massiv beschleunigen.

Bucuresti – Sa., 30.11.2024, 20:30

FC Dinamo 1948 vs Sepsi OSK Sfantu Gheorge 1:1

Stadionul Arcul de Triumf, 3.911 Zuschauer, SuperLiga Romaniei
Nach dem Besuch beim Breitensport-Dinamo folgte der Besuch beim Profi-Dinamo. Da das alte Stadion im ‚Parcul Sportiv Dinamo‘ den Anforderungen der höchsten Spielklasse nicht mehr entspricht, spielt der FC Dinamo 1948 im ‚Stadionul Arcul de Triumf‘, welches sich überraschenderweise in unmittelbarer Nähe zum Triumphbogen befindet. Dieses soll in erster Linie dem Rugby dienen und wurde vor wenigen Jahren neu errichtet. Das Fassungsvermögen ist mit gerade einmal 8.100 Plätzen arg begrenzt, für den Zuschauerzuspruch Dinamos reicht dieses aber vollkommen aus. Bis das bereits angesprochene neue Stadion im Dinamo-Sportpark errichtet ist, werden die ‚normalen‘ Heimspiele in der ‚Superliga‘ im Rugby-Stadion ausgetragen, lediglich die Stadtduelle gegen FCSB und Rapid finden in der ‚Arena Nationala‘ statt. Merkmal des Stadions ist eine ‚offene‘ Ecke. In einem Eck fehlen die Zuschauerränge, da dort eine Straße entlangführt und nicht ausreichend Platz war, um das Karree zu vollenden. Stattdessen wurde dort eine Glaswand eingefügt, um das Stadion zu schließen. Dinamo spielt eine starke Saison und ist auf Tuchfühlung zur Tabellenspitze, auch die Gäste liegen in Lauerstellung.
Der Sepsi OSK ist ein Verein aus der Stadt Sfantu Gheorge im sogenannten ‚Szeklerland‘, das als ungarische Enklave in Rumänien angesehen werden kann. Drei Viertel der Einwohner der Stadt sind ungarischer Abstammung. Sepsi ist die Abkürzung für Sepsiszentgyörgy, den ungarischen Namen von Sfantu Gheorge. Die ethnische Besonderheit der Region hat zur Folge, dass die Auftritte des Sepsi OSK bei den eh überwiegend rechtsgerichteten Szenen Rumäniens einen nationalistischen Hintergrund bekommen. So auch heute, als die Dinamo-Kurve mehrfach „Romania“-Sprechchöre intonierte, in die nach und nach das ganze Stadion einstimmte, um die Gäste zu provozieren und sozusagen als Rumänen zweiter Klasse abzustempeln. In einem ausgeglichenen Spiel konnte Dinamo vor der Pause durch ein Eigentor der Gäste in Führung gehen. Diese Führung währte bis in die Nachspielzeit, in jener Sepsi nach Videobeweis durch einen Strafstoß doch noch ausgleichen konnten. Mit dieser Partie endete die Tour und TAROM, die staatliche rumänische Fluggesellschaft beförderte uns am folgenden Morgen nach Frankfurt.

Bucuresti – Sa., 30.11.2024, 14:00

CS Dinamo Bucuresti vs SCM Dunarea Giurgiu 4:0

Stadionul Dinamo, 50 Zuschauer, Liga 3 Seria 4
Während mein Begleiter sich am Morgen zum Zweitliga-Spiel in den Vorort Voluntari aufmachte, konnte ich mich bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt nicht dafür begeistern und holte mir noch eine Mütze Schlaf im warmen Bettchen. Zum Nachmittagsspiel im alten Dinamo-Stadion trafen wir wieder zusammen. Während die Vereinsgeschichten von Rapid und noch mehr die von Steaua ja schon einigermaßen wild sind, wird es im Fall von Dinamo dann richtig kompliziert. In den 90er Jahren wurde die Profi-Mannschaft ausgegliedert und privatisiert und tritt seitdem unter dem Namen FC Dinamo 1948 in der höchsten Spielklasse an. Der Stammverein, der ja ein Breitensportverein ist und in vielen anderen Sportarten Erfolge verzeichnen kann, ist nach wie vor dem Innenministerium unterstellt und entschied sich vor drei Jahren wieder ein eigenes Fußball-Team mit Namen CS Dinamo Bucuresti ins Rennen zu schicken, welches allerdings auf wenig Publikumsinteresse stößt. Auf viertklassigem Niveau gestartet, kickt die Mannschaft nun in der dritten Liga. Es gibt auch noch ein drittes Dinamo, welches unter dem Namen ACS FC Dinamo Bucuresti in einer anderen Gruppe der dritten Liga spielt. Dieser Verein hat mit einem Besitzerwechsel des ‚großen‘ Dinamo zu tun, der 2013 durchgeführt wurde. Der alte Besitzer des Profi-Dinamo bekam wohl nach ein paar Jahren auch wieder Bock auf Fußball und installierte also ein drittes Dinamo, was ja von außen betrachtet völlig bescheuert ist.
Wir waren also nun zunächst beim – wenn man so will – traditionellen Dinamo zu Gast, also dem des Stammvereins. Die Mannschaft spielt im alten, weitläufigen ‚Stadionul Dinamo‘, also dem alten Dinamo-Stadion, welches fröhlich vor sich hingammelt. Fehlende und zerstörte Sitzschalen, rostendes Metall, bröckelnder Beton soweit das Auge reichte. Die beiden kleinen überdachten Bereiche auf den Geraden des weitläufigen Ovals, wurden bereits ihrer baufälligen Dächer beraubt. Das könnte den Anfang des schon lange geplanten Abrisses des Stadions bedeuten, denn eigentlich sollte an dieser Stelle längst ein Neubau thronen, in dem dann das Profi-Dinamo um Punkte und Erfolge kämpfen soll. Auch der monumentale Eingangsbereich zum Dinamo-Sportpark, in dem das Stadion liegt, hat schon bessere Zeiten erlebt. Der Sportpark bietet viele weitere Sportanlagen, wie ein offenes Wasserballstadion, ein kleines Rugby-Stadion, eine Radrennbahn, Tennisplätze, Fußball-Trainingsfelder und Sporthallen. Ein repräsentativer Eingangsbereich war ehemals der Hauptzugang zum Gelände, leider hat auch dieser dem Zahn der Zeit wenig entgegenzusetzen und der Verein scheint nicht daran interessiert, das grundsätzlich schöne Portal zu erhalten. Im Bereich des Stadions finden sich viele Graffiti der aktiven Dinamo-Szene, eins davon ist Catalin Hildan gewidmet, einem verdienten Spieler, der im Alter von 24 Jahren während eines Spieles auf dem Platz zusammenbrach und kurz darauf verstarb. Auch die Kurve hat sich nach ihrem ehemaligen Mannschaftskapitän benannt. Dinamo beherrschte die Gäste von der Grenze zu Bulgarien klar und münzte die Überlegenheit in vier Treffer um.

Bucuresti – Fr., 29.11.2024, 20:45

FC Rapid 1923 vs FC Petrolul Ploiesti 1:1

Stadionul Rapid, 11.714 Zuschauer, SuperLiga Romaniei
Ohne es näher begründen zu können, genießen Eisenbahner-Vereine grundsätzlich meine Sympathie. Vielleicht weil ich im jugendlichen Alter begeistert an meiner Märklin-Modelleisenbahn herumgebastelt habe. Der heute offiziell FC Rapid 1923 benannte Club ist zwar kein Eisenbahner-Club mehr, was aber nichts daran ändert, dass ich den Club mag. Das hat auch damit zu tun, dass ich bei meinem ersten Besuch einen Rapid-Ultra kennenlernte, mit dem ich über Jahre Kontakt hielt, und der mich beim zweiten Besuch mit in die Kurve nahm, eine gute Erfahrung. Leider ist die Verbindung irgendwann eingeschlafen. Anfang des vergangenen Jahrzehnts geriet der CFR Rapid in finanzielle Turbulenzen, was schließlich in Zahlungsunfähigkeit und Auflösung des Vereins mündete. Der heutige Verein entstand aus unmittelbarer Neugründung und sieht sich als legitimer Nachfolger des CFR mitsamt seiner Historie. Rapid darf sich über eine breite Fan-Basis freuen, die den Verein auch in den schweren Zeiten stützte. Von der vierten Liga arbeitete sich der Club in kürzester Zeit wieder in die höchste Spielklasse zurück. Der heutige war also mein dritter Besuch in Giulesti, die ersten beiden Spiele hatte ich aber noch im alten Stadion gesehen.
Das alte ‚Giulesti‘ war eine schöne Bruchbude, ein reines Fußballstadion, das bis auf einen kleinen Bereich der Haupttribüne unüberdacht war. Das hätte beim heutigen Schmuddelwetter weh getan. Das alte Stadion, dass aber durchaus Charme hatte und wie für einen Eisenbahner-Club üblich direkt an den Bahngleisen gelegen war, wurde 2019 abgerissen. An derselben Stelle entstand das neue ‚Stadionul Rapid‘, ein modernes, komplett überdachtes Fußballstadion, dessen zu den Gleisen gelegene Tribüne aus Platzgründen eine Trapez-Form hat. Die ‚Peluza Nord‘ füllte sich spät und noch später wurde angeflaggt, so dass ich schon einen Boykott fürchtete. Dann machten die Jungs in Weinrot aber ganz gut Ballett. Nachdem beim Einlauf der Teams erst zwei sinnlose Böller durchs Stadion schepperten, wurde der Rasen mit ein paar Rauchfackeln verziert. Die Kurve bot dann ein schönes Fahnenmeer und Dauersupport. Den lieferte auch der der mit komplett in schwarz gekleideten Gestalten gut gefüllte Gästeblock. Zudem hatten die Jungs zwei Blockfahnen dabei, ein paar Pyro-Objekte fanden auch Einlass. Auch der Petrolul-Szene darf ein guter Auftritt bescheinigt werden, während sich die Mannschaften auf dem Rasen schiedlich-friedlich mit einem gerechten Remis trennten.

Clinceni – Fr., 29.11.2024, 14:00

CS LPS HD Clinceni vs AFC Progresul Spartak 1944 Bucuresti 0:1

Stadionul Clinceni Comunal 2, 100 Zuschauer, Liga 3 Seria 4
Mitten in Bukarest steht das zweitgrößte Regierungsgebäude der Welt und das größte Gebäude überhaupt auf dem europäischen Kontinent. Dieses hätte es ohne Nicolae Ceausescu nie gegeben. Das kommunistische oder eher neo-stalinistische Staatsoberhaupt führte das Land bis zur Revolution im Jahre 1989 und baute einen regelrechten Personenkult um sich auf. Wenn man als Diktator etwas auf sich hält, muss man natürlich über auch eine entsprechende Residenz verfügen. Und so entschied der gute Nico, dieses unscheinbare Häuslein errichten zu lassen, siedelte circa 50.000 Einwohner um und ließ tausende Häuser abreißen, um Platz für sein bescheidenes Vorhaben zu schaffen. Neben der Funktion als repräsentatives Regierungsgebäude, sollte das ‚Haus des Volkes‘ auch als Wohnresidenz des Alleinherrschers dienen. Dazu kam es jedoch nicht mehr. Der Sturz des Regimes und als Folge davon eine klassische ‚Bleivergiftung‘, verordnet durch das Urteil eines Schnellgerichtes, kamen Onkel Nico dazwischen. Zu diesem Zeitpunkt war das riesige Gebäude auch noch nicht fertiggestellt. Dieses geschah durch Beschluss der neuen Regierung erst zwei Jahre später und heute dient der Bau als Parlamentspalast, als Sitz der Abgeordnetenkammer und einiger Ministerien. Jedenfalls hatte es der monumentale Klotz mehr als verdient, mal besichtig zu werden und dieses ist auch dem biederen Volke im Rahmen von touristischen Führungen möglich. Uns kam heute leider eine große Veranstaltung in die Quere, weshalb die Führung auf etwas mehr als 50 Prozent geschrumpft wurde. Bei vollem Eintritt selbstverständlich, beeindruckend war es trotzdem.
Im strömenden Regen, der uns den ganzen Tag über konsequent einnässte, brachte uns der Linienbus nach Clinceni vor die Tore der Hauptstadt. Neben dem großen Stadion, welches auch nicht wirklich groß ist, befindet sich noch ein kleineres mit zwei – zum Glück – überdachten Tribünen, in dem heute am frühen Nachmittag auf drittklassiger Ebene, welche aus zehn Gruppen mit je zehn Mannschaften besteht, gekickt wurde. Der gastgebende Verein mit dem sperrigen Kürzel CS LPS HD entsprang dem früheren Erstligisten Academica Clinceni, der vor zwei Jahren pleite ging. Das muss wohl jeder rumänische Verein mindestens einmal in der Clubgeschichte hinbekommen, das scheint verpflichtend. Das Vereinskürzel steht für ‚Club Sportiv Liceul cu Programm Sportiv Helmut Duckadam‘, was so viel bedeutet wie Sportclub der Sportschule Helmut Duckadam. Letzterer war der berühmte Torwart von Steaua, der 1986 im Finale um den Europapokal der Landesmeister die Stars des FC Barcelona im Spiel seines Lebens in 120 torlosen Minuten verzweifeln ließ und im Elfmeterschießen dann auch noch alle Schüsse der Barca-Recken hielt. Das Schicksal wollte es übrigens, dass der Held von Sevilla nur wenige Tage nach dem heutigen Spiel verstarb.
Der Gastverein blickt – wie ja beinahe jeder Verein Rumäniens – auf eine interessante Geschichte zurück. Ursprünglich als Verein der rumänischen Nationalbank gegründet, war dieser zu Zeiten des kommunistischen Rumäniens leidlich erfolgreich, wechselte aber nach Absprung des großen Geldgebers den Vereinsnamen dann beinahe häufiger als die Spieler ihre Socken. Ab Mitte der 90er Jahre bis in das erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends erlebte der Club nach dem Wiedereinstieg der Nationalbank als Sponsor unter dem Namen National Bucuresti seine erfolgreichste Phase und wurde mehrfach Vizemeister und Vizepokalsieger, für einen Titel reichte es aber letztlich nicht. Danach ging es bergab, der potente Sponsor stieg wieder aus und der Verein nahm seinen alten Namen wieder an, unter dem er heute kickt. Gespielt wurde damals übrigens im ‚Stadionul Cotroceni‘, das heute noch immer im Besitz der ‚Banca Nationala‘ ist, aber nur noch von Angestellten genutzt wird, während die Tribünen verfallen. Ein Häuflein unentwegter begleitete den Verein, gab sporadische Schlachtrufe von sich und durfte sich noch im ersten Durchgang über den Treffer des Tages freuen, der zum Sieg reichte. Nach einem ordentlichen Teller Mici, wie die Cevapi in Rumänien heißen, fuhren wir zwecks Trocknung der klammen Klamotten erst einmal ins Hotel zurück bevor wir in den Stadtteil Giulesti aufbrachen.