Sofia – Fr., 31.05.2024, 20:00

FC CSKA Sofia vs CSKA 1948 0:2

Stadion Vasil Levski, 9.000 Zuschauer, Conference League Playoff
Und weiter ging die Reise zum Zwischenziel Sofia. Die Hauptroute wurde im wahrsten Sinne des Wortes links liegen gelassen und die Strecke durch das schöne Iskar-Tal mit sehenswerten Felsformationen gewählt. Dem Kloster Tscherepisch wurde auch ein kurzer Besuch abgestattet und unweit davon konnte ich auch noch eine verlassene Kirche im Unterholz entdecken. Vom gewählten Hotel in der Nähe des Hauptbahnhofs legte ich den Weg zum Stadion zu Fuß zurück und warf dabei auch einen Blick auf die natürlich schon bekannten Sehenswürdigkeiten mit der Alexander-Newski-Kathedrale als finalem Höhepunkt. Nach einem kalten ‚Kamenitza‘ im ‚Stamm-Biergarten‘ latschte ich zum Stadion.
Im Entscheidungsspiel um einen Startplatz in der Conference League traf CSKA Sofia, zu sozialistischer Zeit der Sportverein der Armee, auf seinen Klon CSKA 1948.  Wie es zur Existenz zweier Clubs mit beinahe identischem Namen kam, ist einigermaßen kompliziert und doch recht einfach. 2015 wurde dem insolventen Armee-Club die Lizenz entzogen und der Verein in die dritte Liga versetzt. Der Eigentümer des Vereins Litex Lowetsch erwarb das strafversetzte CSKA und übertrug diesem die Startberechtigung für die erste Liga, so dass CSKA nach nur einem Jahr in die höchste Spielklasse zurückkehrte. Damit CSKA ohne die Alt-Lasten starten konnte, wurde zunächst noch die Betreibergesellschaft eines kleineren, weit außerhalb von Sofia ansässigen Vereins umbenannt und für den Neustart benutzt. Einer kleinen Gruppe Fans gefiel das alles nicht, so dass diese einen neuen Verein eben mit dem Namen CSKA 1948 gründeten. Das mit der Litex-Lezenz ausgestatte CSKA beruft sich – einigermaßen zurecht, wie ich meine – auf die Historie des alten Vereins. Das ‚neue‘ CSKA 1948 hat aus Sicht des ‚alten‘ CSKA keine Existenzberechtigung und wird so gut es geht ignoriert. Bezeichnet wird der Verein nur mit „die Mannschaft aus Bistritsa“ – in der zu Sofia benachbarten Kleinstadt trägt CSKA 1948 seit einigen Jahren seine Heimspiele aus – und auf der Anzeigetafel wird bei CSKA-Heimspielen kein Wappen des Gegners, sondern nur ein Kreis mit dem Inhalt ‚Gast‘ abgebildet.
Da das vereinseigene CSKA-Stadion einem irgendwann einmal existierenden Neubau weichen musste, trägt CSKA derzeit sämtliche Heimspiele im benachbarten Nationalstadion ‚Vasil Levski‘ aus. Neben Hristo Botev ist Vasil Levski der zweite Nationalheld Bulgariens. Levski engagierte sich ebenfalls im Widerstand gegen die Osmanen und bezahlte dafür nach seiner Verhaftung mit dem Leben. Auch Levskis Namen wird durch nach ihm benannte Gebäuden und Vereine im Bewusstsein der Bevölerung gehalten. Im Norden des Landes wurde eine Stadt nach ihm benannt. Für bulgarische Liga-Spiele ist das Nationalstadion überdimensioniert, selbst für das wahre Sofioter Derby zwischen CSKA und Levski. Heute waren an die 10.000 Leute gekommen. CSKA hatte als Wiedergutmachung für eine hinter den Erwartungen zurückgebliebenen Saison einen symbolischen Eintrittspreis von einem Lewa, knapp 50 Euro-Cent, erhoben. Die handverlesenen 33 Personen im Gäste-Sektor waren kaum der Rede wert, brachten aber ein paar Fahnen an den Zaun und präsentierten zum Spielbeginn sogar ein Spruchband, welches sich damit auseinandersetzte, welcher Verein nun das wahre CSKA ist. Die Kurve von CSKA zeigte nur ein Banner mit der Aufschrift „Ultras CSKA Sofia“ und machte nichts in Richtung der Gäste. Das hätte ja auch bedeutet, diese als Kontrahenten und damit die Existenz des Vereins anzuerkennen.
Kurz nach dem Anpfiff wurde die Kurve eingenebelt. Sportlich war es kein Leckerbissen, hatte ich aber auch nicht erwartet. Die Gastgeber waren feldüberlegen und bestimmten die Partie, waren aber unfassbar einfallslos und konnten keine Torgefahr heraufbeschwören. Dem nachgemachten CSKA reichten ein paar schnelle und gut gespielte Konter um das richtige CSKA in Verlegenheit zu bringen. Nach einer halben Stunde war es dann soweit und die Murmel lag zum ersten Mal in den Maschen. Wer nach dem Seitenwechsel eine bissigere, wütendere Vorstellung der Heimmannschaft erwartet hatte, irrte sich. Eigentlich lief der Kick genauso weiter wie in Hälfte eins und mitten in die Bengal-Aktion der CSKA-Kurve fiel Treffer Nummer zwei für den Gastverein. Und weiter änderte sich nichts, ohne jeden Hauch von Torgefahr hatte CSKA die Spielkontrolle. Nicht ganz unerwartete brannten einigen Ultras dann die Sicherungen durch. Plötzlich standen einige Fans mit Fahnenstangen und herausgerissenen Sitzschalen zwischen den Spielern auf dem Feld und nahmen Kurs auf die Ersatzbank. Mannschaften und Schiedsrichter-Team flüchteten in die Kabinen. Es dauerte etwas, bis sich die Lage beruhigt hatte und die Partie zu Ende gespielt werden konnte. Eine endlos lange Nachspielzeit blieb ereignislos und ein Verein, den kein Schwein interessiert spielt nun in der kommenden Saison international.