Vratsa – Do., 30.05.2024, 19:00

PFC Botev Vratsa vs FK Marek 1915 Dupnitsa 5:3 n.E.

Stadion Hristo Botev, 7.000 Zuschauer, Relegation zur Parva liga
Die Zeit bis zum späten Nachmittag wurde für eine mehrstündige Wanderung (oder eher Kraxelei) auf einem Trail im Balkangebirge und den Besuch der Ledenika-Höhle genutzt. Während der Trail die Erwartungen erfüllte, fiel der Höhlen-Besuch gemessen an den Lobpreisungen im Internet eher in die Kategorie ‚geht so‘. Eine Dusche später machte ich mich auf den knapp halbstündigen Fußweg quer durch die 50tsd-Einwohner-Stadt zum ‚Stadion Hristo Botev‘. Hristo Botev ist einer der Nationalhelden Bulgariens, der als einer der Anführer des bewaffneten Aufstandes gegen die osmanischen Besatzer dazu beitrug, dass Bulgarien einige Jahre später die Unabhängigkeit erlangte. Überall im Land findet sich sein Name durch Denkmäler, nach ihm benannten Kulturgebäuden und Fußballclubs wieder. Auch einer der höchsten Berggipfel des Landes trägt seinen Namen, wie auch über das Land verteilte Fußballstadien. Doch nirgendwo ist dies so berechtigt wie in Vratsa, denn unweit der Stadt ließ er sein Leben im Kampf.
Einen Kampf hatte auch der nach dem Freiheitskämpfer benannte örtliche Fußballverein zu leisten. Nach einer überschaubar erfolgreichen Saison musste Botev noch um den Klassenerhalt bangen. Immerhin gelang in der Abstiegsrunde ein kleiner Lauf und die Mannschaft sprang noch vom direkten Abstiegsplatz auf den Relegationsplatz. In dieser warteten nun die Gäste aus Dupnitsa, südlich von Sofia gelegen. Warum der klassenhöhere Verein in nur einem Relegationsspiel grundsätzlich das Heimrecht zugesprochen bekommt, erschließt sich nicht und entbehrt ja jeder Fairness. Voll wird das Stadion in Vratsa eigentlich nie, meist finden sich nur ein paar hundert Unentwegte ein. Richtig voll wurde es auch heute nicht, aber mit letztlich gut 7.000 Zuschauern war das Oval so gut gefüllt wie selten, was allerdings nur möglich war, weil der Verein freien Eintritt gewährte und im Vorfeld der Partie mehrere Aufrufe rausgehauen wurden, das Team im Kampf um die Teilnahme an der höchsten Spielklasse zu unterstützen. Das war dem Anhang sogar einen Corteo aus der City zum Stadion wert, auch wenn dieser neben der kleinen aktiven Szene mehr aus Familien und Jugendlichen bestand. Der aktive Fanblock wuchs dann nach und nach auf gut 100 Leute an, die mit Dauer-Gesängen und Pyro-Einlagen glänzten. 100 Gäste-Anhänger hatten sich eingefunden, die aber nicht organisiert auftraten und nur sporadisch aktiv supporteten. Zwei, drei kleine Rauchdosen hatten sie auch noch im Reisegepäck.
Absolut auf den Sack ging der auf der Laufbahn herumhampelnde, noch recht junge Stadionsprecher, der regelmäßig zum Mikro griff und die Besucher der Haupttribüne mit nervtötenden „Botev“-Sprechchören zu animieren versuchte. War richtig in seinem Element, der Tünnes. Das Team von Botev nahm sofort die Fäden in die Hand und führte Regie in diesem Spiel. Marek kam nur mit sporadischen Angriffen zu Entlastung, aber die Gastgeber konnten Chancen noch nicht nutzen. Das war dann aber kurz nach dem Seitenwechsel der Fall. Botev blieb auch danach die spielbestimmende Mannschaft und der Kick wäre auch unspektakulär mit dem knappen Sieg-Resultat ausgelaufen, wenn sich ein Botev-Verteidiger nicht wenige Minuten vor Schluss einen kapitalen Bock erlaubt hätte. Der Ball gelangte zu einem Angreifer der Gäste, der frei vor dem Torwart diesen wunderschön zum Ausgleich überlupfte und zum Feiern in die dahinterliegende Gästekurve rannte. Da ging der aus Normalos bestehende Gästeblock mal kurzzeitig richtig ab. Die Verlängerung brachte nichts Zählbares ein, sodass das undankbare Elfer-Schießen die Entscheidung herbeiführen musste. In diesem behielten die Gastgeber die Oberhand und das Volk ergoss sich von den Rängen auf den Rasen, um den Klassenerhalt zu zelebrieren.