Essen – Sa., 25.05.2024, 15:45

Rot-Weiss Essen vs Rot-Weiß Oberhausen 3:0

Stadion an der Hafenstraße, 17.897 Zuschauer, Niederrheinpokal Finale
30 Mal nahmen die Roten vor der aktuellen Spielzeit am Niederrheinpokal teil. Bei 15 Final-Teilnahmen stehen zehn Siege zu Buche, insgesamt also eine sehr ordentliche Bilanz. Auch die 31. Teilnahme führte den glorreichen RWE ins Endspiel. Gegner waren dort – wie im Vorjahr – die falsch geschriebenen Namensvetter aus der Nachbarstadt. Auch die Tiefstapelei des Essener Trainierers konnte nicht kaschieren, dass auf dem RWE die Favoriten-Bürde lastete, der er ja letzten Endes deutlich gerecht wurde. Wenn in der zweiten Spielminute der Schuss von Voelcke, der dennoch zum Matchwinner avancierte, nicht vom Innenpfosten zurück ins Feld, sondern ins Tor gesprungen wäre, hätte das sicherlich etwas Aufregung erspart. Trotz aller Feldüberlegenheit mit viel Ballbesitz, blieb die Leistung der Gastgeber nämlich insgesamt ziemlich bescheiden. Mehr Abschlüsse hatten im ersten Durchgang die falschen Rot-Weißen, diese gerieten allerdings sämtlich ungenau, während der RWE geduldig – aber meist vergeblich – versuchte, die entscheidende Lücke zu finden. Mit der Hereinnahme von Eisfeld für den nach sieben Jahren im schönsten Trikot der Welt sein letztes Spiel bestreitenden, aber schwachen Harenbrock, der nach einem Foulspiel etwas zudem angeschlagen war, bekam das Spiele eine Wendung. Eisfeld steckte fünf Minuten nach Wiederanpfiff einen schönen Steilpaß auf den schnellen Voelcke durch, der allein vor RWO-Schlussmann Benz etwas glücklich vollendete. Benz sah dabei nicht gut aus, da der unplatzierte Schuss haltbar wirkte, der Schnapper aber warum auch immer nicht den Fuß an den Ball bekam. Nach etwas mehr als einer Stunde Spielzeit gab es nach klarem Foul an Voelcke Strafstoß, den Sapina sicher verwandelte. Damit war die Messe prinzipiell gelesen, auch wenn RWO zehn Minuten vor Ende noch einen Pfostentreffer produzierte. Mit einem wirklich phantastisch gespielten Konter setzte RWE den Schlusspunkt. Voelcke krönte seine Leistung mit dem finalen Pass auf Berlinski, der die Murmel nur noch ins leere Gehäuse schieben musste. Für beide Spieler, die den Verein verlassen, der eine gewollt, der andere ungewollt, ein schöner und versöhnlicher Abschluss im Hemd des Deutschen Meisters von 1955.
Das Spiel selber wurde aber von zwei Themen überlagert, welche in den Szenen kontrovers diskutiert wurden. Zum einen war der Oberhausener Anhang nicht damit einverstanden, dass das Finale nach letztem Jahr erneut nach Essen vergeben wurde. Völlig berechtige Kritik, wie ich meine. Wenn der Verband schon nicht in der Lage ist, einen neutralen Austragungsgort zu finden, ist die gerechte Verteilung der Mindestanspruch. Nach meinem Dafürhalten, sollte sowieso der klassentiefere Club immer das Heimrecht zugesprochen bekommen. Offiziell hatte RWO dieses sogar, durfte es aber auf Weisung des Verbandes nicht ausüben. Eine Farce. Dass die Roten die eigentlich neutrale Bühne nun auch noch nutzten, um scheidende Spieler und Offizielle zu verabschieden, brachte die Gäste zusätzlich auf die Palme. Deutlich präsenter war aber die Nicht-Präsenz der aktiven Essener Ultra-Gruppen, respektive die Tatsache, dass die Ultras nicht als Gruppen auftraten. Die Flächen am Zaun, an denen die Gruppen-Fahnen normal hängen, als auch das fette Westtribünen-Banner, blieben leer. Die selbst auferlegte Vorgabe, war bis dato, dass im Verbandspokal erst ab dem Halbfinale organisiert supportet wird. Das ist für mich noch halbwegs nachvollziehbar, da es vermutlich wenig Laune macht, auf dem Bolzplatz eines Bezirksligisten den Hampelmann zu geben. Allerdings hielte ich eine Gegner-abhängige Entscheidung für sinnvoll, denn auch in Runde zwei kann der Kontrahent schon ein Club mit ordentlicher Fan-Base sein. Jedenfalls fand ja auch gegen Ratingen im Halbfinale noch kein Ultra-Support statt, dass aber nun selbst im Finale verzichtet wurde, empfinde ich als kontraproduktiv.
Es gibt allerdings auch Stimmen, die das angespannte Verhältnis zwischen der Ultra-Szene und dem Verein als Grund für den Stimmungsverzicht benennen. Davon ausgehend, dass dem nicht so ist – die Gruppen haben sich dazu bisher nicht positioniert – entspricht der Entscheid nach meinem Erachten nicht der Ultra-Grundregel, dass der Verein über allem steht. Stattdessen stellen sich eher die Gruppen über alles. Zwar verweisen diese in Verzicht- oder Boykott-Lagen immer gern darauf, dass ja auch das ‚gemeine Volk‘ in die Bresche springen kann, jedoch sind die Strukturen in den vergangenen Jahrzehnten ja entsprechend gewachsen, dass ohne leitende Ultra-Hand ordentliche Stimmung kaum mehr möglich erscheint. So stimmte die Westkurve zwar immer wieder Lieder an, die Meinungen über die entfachte Wirkung gingen aber weit auseinander. Während einige die überragende Stimmung feierten und dass es Ultra nicht braucht, erklärten andere die Atmosphäre als laues Sommerlüftchen. Oldschool-Support klingt gemessen an den 80ern und 90ern, in denen es zwar nur eine begrenzte Lied- und Schlachtrufauswahl gab, die aber ordentlich schepperte, sicher anders. Aus meiner Position, die dem Gäste-Sektor aber näher liegt, als der Westkurve, war meistens nur die RWO-Szene zu vernehmen, und die lieferte auch keinen überragenden Auftritt ab. Optisch gab es außer einem Motivations-Banner als Intro auch keine Aspekte, so dass dieses Finale als Tifo-Tiefpunkt bewertet werden darf.