
VfB Lübeck vs Rot-Weiss Essen 3:3
Stadion an der Lohmühle, 8.091 Zuschauer, 3.Liga

Das letzte Saisonspiel führte den glorreichen RWE in die Marzipanstadt, genauer gesagt in das schöne Stadion an der Lohmühle, dessen Prunkstück natürlich die alte Holztribüne ist. Ungeachtet der Tatsache, dass die Chance auf das Erreichen des vierten Tabellenplatzes eher noch theoretischer Natur war, nahmen knapp 3.000 Rot-Weisse den Weg an die Ostsee auf sich. Im Spiel offenbarte sich mal wieder die größte Baustelle und die ist und bleibt das Defensiv-Verhalten. Mit 53 Gegentreffern beendet der RWE die Saison mit den zweitmeisten Gegentreffern unter den ersten zehn Teams der Tabelle. Viele Gegentore fielen nach unnötigen Ballverlusten im Spielfeld-Drittel vor dem eigenen Tor. Auch der bis zum Erbrechen exerzierte technik-basierte Spielaufbau aus absolut jeder Lage, sorgte nicht nur für ausreichend gefährliche Situationen, sondern auch für Gegentore. Der Grund dieser Spielweise ist nachvollziehbar, denn jeder lange Hub birgt die hohe Gefahr des Ballverlustes, aber unter Druck die Kirsche auch einfach mal per Langholz hinten rauszufeuern, hätte einige Notlagen erspart. Der VfB ging nach früh in Führung – wie konnte es anders sein, natürlich nach einem zwanglosen Ballverlust vor dem Sechzehner. Es dauerte aber nur zwei Zeigerumdrehungen bis Vonic den Ausgleich erzielte. Die Roten spielten aber weiter viel zu sorglos und Mitte der ersten Spielhälfte gingen die Gastgeber erneut in Führung. Nach einem Eckstoß wurde der Ball nicht sauber geklärt und von einem VfB-Spieler vom Sechzehner mit Gewalt zentral ins Tor gewuchtet. Schnapper Golz, der in der ersten halben Stunde irgendwie ungewohnt indisponiert wirkte, sah dabei nicht gut aus, es war ihm aber wohl auch die Sicht verdeckt. Noch vor dem Seitenwechsel stellte aber erneut Vonic wieder auf Remis, nachdem Eisfeld mit einem brillanten Pass Plechaty auf dem rechten Flügel einsetzte, der punktgenau auf Vonic in Mittelstürmerposition ablegte.
Aber auch nach dem Seitenwechsel blieb der RWE seiner Defensiv-Linie treu und ermöglichte den Gastgebern früh die erneute Führung. Danach plätscherte der Kick ziemlich dahin, ehe Vonic eine Viertelstunde vor dem Ende etwas glücklich mit abgefälschtem Schuss aus gut 18 Metern sein drittes Tor und den Endstand erzielte. Das hauchte der Partie noch einmal Leben ein. Zunächst mühte sich der schon lange als Absteiger feststehende VfB um einen versöhnlichen Saisonabschluss, aber die letzten Minuten gehörten dann nur noch den Roten, denen der Siegtreffer aber auch verwehrt blieb. Verdient wäre es gegen engagierte Gastgeber auch nicht gewesen. Während eine rund um das ‚Ultra Kollektiv Lübeck‘ bärenstark aufgelegte Heim-Kurve – sicherlich durch ein Dach über dem Kopf begünstigt – neunzig Minuten eine Top-Stimmung auf das Grün schepperte, war die Sachlage im rot-weissen Block (wieder einmal) eher mau. Für das an Zahlen gemessen Potential kommt da oft zu wenig. Rund um die aktiven Ultra-Gruppen ist die Mitmachquote einfach gering. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es an Unlust der Supportwilligen liegt, kann aber auf der anderen Seite auch beobachten, dass die nicht immer glücklich agierenden Capos der Ultras durchaus versuchen, den ‚gemeinen Pöbel‘ mitzunehmen. Das geling halt zu selten, die gewählten Mittel scheinen nicht das nötige Potential zu bergen und es scheint einen kleinen Graben zwischen der Ultra-Szene und dem übrigen sangeswilligen Volk zu geben. Wie dieser zugekippt werden kann, finden die Parteien hoffentlich schnellstmöglich heraus.
So ist eine Saison zu Ende gegangen, die mich über das Erreichte grübelnd zurücklässt. Wie ein Großteil der Fangemeinde, habe auch ich erneut eine Spielzeit erwartet, die auf Kante genäht bis zum letzten Spieltag den Kampf um den Klassenerhalt mit sich bringen wird. Es kam anders. Nach ein paar Start-Problemen kam der glorreiche RWE mit dem befreienden ersten Saisonsieg gegen die Münsteraner Preußen in Wallung und löste sich schnell aus der Abstiegsregion. Nach einem doppelten Blackout mit zusammen neun Gegentreffern gegen Haching und Verl fing sich die Truppe schnell und eigentlich schon gegen Ende der Hinrunde war ziemlich klar, dass der Verein in dieser Saison mit dem Abstieg nichts zu tun haben würde. Das befreite die Mannschaft sichtlich, die plötzlich völlig unbekümmert kickte und zeitweise richtig ansehnlichen und temporeichen Angriffs-Fußball spielte. Auf einen durchschnittlichen Februar folgte ein starker Zwischenspurt im März und April, der die Hoffnung auf die Relegation zur zweiten Liga oder gar den direkten Aufstieg schürte. Mag sein, dass genau dieser Umstan die Leichtigkeit und dem Team auf der Ziellinie den Atem nahm. Ich bin hin- und hergerissen. Ich bin eigentlich hochzufrieden mit dieser unerwartet stabilen Saison und doch schwingt leichter Verdruss mit, dass es am Ende nicht für den ganz großen Wurf gereicht hat.
Vermutlich war es leichter, den Sprung in diesem Jahr zu schaffen, als es in den nächsten Jahren der Fall sein kein. Dazu muss auch offen zugegeben werden, dass das Team gemessen am Spielermaterial zeitweise völlig über-performed hat, da machte der Faktor ‚Mannschaft‘ den Unterschied aus. Hinzu kamen abartige sechs Siege, die erst in den Schlussminuten oder der Nachspielzeit erreicht wurden, mit dem unbändigen Willen und Glauben an sich selbst. Es war auch genug Glück dabei und am Ende steht ein vermutlich ziemlich realistischer siebter Platz, der eine wirklichkeitsnahe Einordnung erlaubt. Für meine Dauer-Kritik an Chef-Coach Dabrowksi habe ich aktuell schlechte Argumente und doch gibt es diese, denn Aufstellung, Auswechslungen, sowie Defensiv-Ausrichtung waren für mich nicht immer nachvollziehbar. Auch Dabrowski profitierte von glücklichen Umständen und er wird sich in der Zukunft am heuer Erreichten messen lassen müssen. Meine Zweifel bleiben jedenfalls bestehen. Am Ende überwiegt der Dank an die Mannschaft für eine Saison, die richtig Bock gemacht hat. 29 von 38 Spielen habe ich live im Stadion gesehen, auf sechs Heimspiele und auswärts nur auf die Spiele in Dortmund, Münster und Saarbrücken wurde wegen Urlaub, Fußballreisen oder triftigem Grunde verzichtet. Die Zielsetzung des Vereins für die kommende Saison lautet, die Mannschaft weiterzuentwickeln und besser abzuschneiden als in dieser Saison. Ich bin bei weiterhin engen finanziellen Voraussetzungen skeptisch und vorsichtig und wäre mit einer erneuten sorgenfreien Spielzeit und einem sicheren Mittelfeldplatz hochzufrieden.















