Essen – So., 07.04.2024, 16:30

Rot-Weiss Essen vs MSV Duisburg 4:1

Stadion an der Hafenstraße, 19.200 Zuschauer, 3.Liga
Es war der letzte Spieltag der Zweitliga-Saison im Jahr 2007, als sich der glorreiche RWE selbstverschuldet in eine äußerst unbequeme Ausgangslage gebracht hatte. Es ging dann zum Meidericher SV an die Wedau und um die Klasse sicher zu halten, musste unbedingt ein Sieg her. Ein sehr schwieriges Unterfangen, denn der MSV benötigte ebenfalls noch einen Sieg, um den Aufstieg in die Bundesliga zu verwirklichen. Auch wenn mir vor dem Spiel klar war, dass die Situation ziemlich aussichtlos war und ich mich mit dem drohenden Abstieg bereits weitestgehend abgefunden hatte, war es natürlich die größtmögliche Demütigung im Stadion eines lokalen Konkurrenten, zu dem eine gesunde Rivalität besteht, den Gang in die dritte Spielklasse antreten zu müssen, während dieser zeitgleich den Aufstieg feiert. Dieser Stachel saß schon noch im Fleisch und dass sich nun die Gelegenheit ergab, einen entscheidenden Beitrag zu leisten, den MSV in die Richtung Regionalliga zu stoßen, war ein absolut willkommener Umstand, denn den Zebras stand nach der Niederlage in Bielefeld in der Vorwoche das Wasser bis zum Hals. Einen entsprechend aggressiven und engagierten Gegner hatte ich erwartet, aber es war eigentlich kaum zu erkennen, dass der MSV zum Sieg verdammt war. Stattdessen trat der glorreiche RWE vor ausverkaufter Bude selbstbewusst auf, so wie es sich für ein Heimspiel gegen einen offensichtlich schwächeren Gegner gehört, und übernahm bis auf wenige Minuten in der ersten Hälfte die Spielkontrolle. Die Gäste machten zwar irgendwie mit, wurden aber nur selten zwingend. RWE hatte die besten Aktionen in Distanzschüssen von Harenbrock, Sapina und Müsel, vom MSV war im und am rot-weissen Sechzehner wenig zu sehen.
Bis kurz vor der Pause jedenfalls, dann kombinierten sich die Zebras mal sauber bis zu Grundlinie durch, den Pass in den Strafraum nahm Esswein an und bugsierte die Kirsche dann aus sechs Metern zur überraschenden Führung in die Maschen. Die Rot-Weissen zeigten sich aber wenig beeindruckt, machten einfach weiter und erzielten mit dem Pausenpfiff in Person von Sapina durch einen schönen Strahl aus gut 25 Metern beinahe postwendend den Ausgleich. Nachdem Wechsel zeigte sich kein anderes Bild. Der RWE blieb spielbestimmend, allerdings kam der MSV nun zu Möglichkeiten, aber Ginczek vergab die Chance zur erneuten Führung. Diese gelang aber stattdessen den Roten durch Brumme nach nicht ganz einer Stunde Spielzeit, der den nach einem Eckstoß abgewehrten Ball präzise ins linke untere Toreck beförderte. Im Anschluss ließ erneut Ginczek die große Chance auf den Ausgleich liegen und ein Viertelstündchen nach dem Führungstor wurde Obuz von Harenbrock auf die Reise geschickt. MSV-Kapitän Knoll verschätzte sich, so dass Torwart Müller Obuz nur noch durch ein Foulspiel am Torerfolg hindern konnte. Doumbouya hat sich als neuer Elfer-Schütze etabliert und setze die Murmel sicher in die Maschen. Damit waren die Zebras auch schon so gut wie erlegt, es kam nichts mehr von den Gästen. Die Roten legten in der Nachspielzeit noch einen drauf und drehten das im blau-weiß-gestreiften Fußballherzen steckende Messer nochmal um.
Dass die Laune auf der guten Seite des Fußballplaneten hervorragend war, braucht wohl kaum erwähnt zu werden, wie überhaupt die Stimmung heute wirklich stark war. Das sah im Away-Sektor anders aus. Zwar lieferte der Block um Kohorte und Proud Generation bis tief in die zweite Hälfte bedingungslose Unterstützung und zeigte trotz kurzfristig untersagter Blockfahne – Funfact: um das verdeckte Abbrennen von Pyrotechnik zu verhindern – eine schöne Pyro-Aktion zum Beginn des zweiten Durchgangs, aber mit dem dritten Treffer kippte die Stimmung. Der Support wurde eingestellt, die Fahnen eingerollt. Dass im Gästeblock nachdem Abpfiff kurzzeitig ein Tor zum Spielfeld aufgestoßen wurde und deshalb eine Polizei-Einheit aufzog, kam der Duisburger Mannschaft zugute, denn so hatte diese einen Grund den Gang in die Kurve schon am Sechzehner zu stoppen und dem aufgebrachten Anhang nicht zu nahe zu kommen. Nun wird es sehr schwer für den MSV, wenn nicht gar unmöglich, den Klassenerhalt zu bewerkstelligen. Ich kenne ein paar gute MSV-Leute, mit denen ich mich gut verstehe und die ich schätze, aber für die Arroganz und Häme, mit welcher der Großteil der MSV-Szene dem RWE damals gegenübergetreten ist (zugegeben wäre das mit umgekehrten Vorzeichen sicher nicht anders gelaufen), sei dem Verein und seinem Anhang der wahrscheinliche Bußgang in die Regionalliga gegönnt. Wenn auch die Dramaturgie vor 17 Jahren größer war, brachte der Sieg dem RWE-Umfeld zweifellos eine große Genugtuung.