Krefeld – Mi., 06.03.2024, 19:00

KFC Uerdingen 05 vs Rot-Weiss Essen 1:3

Grotenburg-Stadion, 8.205 Zuschauer, Niederrheinpokal Viertelfinale
Im Viertelfinale des Verbandspokals führte es den glorreichen RWE in die – beinahe nirgendwo passt diese Floskel so gut wie hier – altehrwürdige Grotenburg. Was hat die Heimat des DFB-Pokalsiegers von 1985 – damals noch unter dem Namen Bayer 05 Uerdingen – nicht schon alles erlebt. Denkwürdigster Moment war vermutlich die Mutter aller Aufholjagden, das Europapokal-Rückspiel gegen Dynamo Dresden noch zu DDR-Zeiten, als eine 0:2-Niederlage aus dem Hinspiel und ein 1:3-Rückstand zur Halbzeit des Rückspiels noch in einen furiosen 7:3-Sieg gewandelt wurden. Das war aber vermutlich nicht der Grund, dass sich Dynamo-Akteur Lippmann nach dem Spiel von der Mannschaft absetzte und im Westen blieb. Auch der FC Barcelona war ein Jahr später zu Gast in Krefeld, zog sich aber erfolgreicher aus der Affäre als Dynamo. Im neuen Jahrtausend fiel der Bayer 05-Nachfolger eher durch dubiose Geldgeber und Insolvenzen auf, als durch sportliche Glanzpunkte. Aktuell krebst der Verein begrenzt erfolgreich in der Oberliga Niederrhein herum. Gegen den RWE wurde aber das große Rad gedreht, immerhin wurde auch der MSV in der laufenden Pokal-Saison schon aus dem Wettbewerb entfernt. Mit viel Aufwand wurde die Grotenburg-Kampfbahn fit gemacht für bis zu 10.000 Zuschauer. Etwas mehr als vier Fünftel davon sollten es schließlich sein, davon gut 1.500 Anhänger des Vereins aus der schönsten Stadt des Ruhrpotts. Die KFC-Szene hatte mobil gemacht und es war eine gute Mitmach-Quote im Block zu erkennen. Etwas überraschend kam aber akustisch wenig auf der Gegenseite an, obwohl der Support auf Essener Seite mit angezogener Handbremse stattfand, da die aktiven Gruppen ja im Niederrheinpokal immer erst ab Halbfinale organisiert auftreten – in meinen Augen eh eine eher zweifelhafte selbst auferlegte Regel.
Die KFC-Fans zeigten zum Intro eine ganz ordentliche Choreo aus kleinen Glitzerfähnchen, welche einen überdimensionalen Wimpel mit dem Vereinswappen umrahmten, und ein großes Banner mit einer Hommage an die damaligen DFB-Pokal-Helden. In meiner romantischen Vorstellung sollte ich entspannt zurückgelehnt einen unaufgeregten Auswärtssieg mit vier oder fünf Toren sehen. Kam natürlich nicht so. Die Rot-Weissen waren offenbar der Meinung, die Aufgabe im Schongang erledigen zu können. Pokal gegen einen motivierten unterklassigen Gegner ist aber meistens Kampf, diese Spiele gilt es einfach nur halbwegs sicher zu gewinnen, glänzen kann man da nur selten. Dass die Roten die Partie noch nicht angenommen hatten, merkten die Uerdinger spätestens nach zehn Minuten. Sie wurden mutiger und mit dem ersten auch wirklich gut gespielten Konter lag die Kirsche auch schon hinter Felix Wienand, der im Pokal ja Stammtorhüter Golz vertritt, im Netz. Das schien die Mannen im göttlichen Trikot aber immer noch nicht wachzurütteln. Zwar hatten diese viel Ballbesitz, der aber eher in Zahllosen Querpässen mündete, statt in brauchbaren Offensiv-Aktionen. Ein wenig Glück war im Spiel, dass die Gastgeber nicht einen der zwei, drei weiteren Konter erfolgreich abschlossen, dann wäre es wohl eine richtig harte Nuss geworden.
Es ist schwierig Spieler zu benennen, die besonders negativ auffielen, denn eigentlich spielte das Kollektiv komplette Grütze, auch Verletzungs-Rückkehrer Sapina war meilenweit von seiner Sicherheit und klaren Pässen entfernt. Dass sich Trainer Dabrowski derartiges immer halbwegs in Ruhe ansieht, wenn es nicht läuft, anstatt zu versuchen, von außen Einfluss zu nehmen, ist einer meiner Kritikpunkte an dessen Person. Zumindest zog er die richtigen Schlüsse, stellte zur Pause von Vierer- auf Dreierkette um und schien noch ein paar passende Worte gefunden zu haben, denn im zweiten Durchgang war es ein ganz anderes Spiel. Plötzlich war Zug im RWE-Spiel und die Gastgeber wurden in ihrer Hälfte eingeschnürt. Bis auf einen gefährlichen Angriff, schon nach dem Flatterball-Ausgleich durch Brumme, der aber hätte weh tun können, brachten der KFC nix mehr aufs Grün. Die Gastgeber mussten dann ihrer kraftraubenden Spielweise Tribut zillen und wurden müde. Harenbrock machte schließlich den Unterschied, erzielte den Ausgleich per Kopf und legte einem eingewechselten, starken Dombouya den finalen Treffer auf. Letztlich kam der RWE wohl unter dem Strich verdient weiter und große Sorge über ein Scheitern machte sich bei mir auch während des Rückstandes nicht breit. Dennoch war das im Durchgang eins ganz sicher nicht die Einstellung, mit der man in ein solches Spiel gehen sollte.