Dresden – Sa., 24.02.2024, 14:00

SG Dynamo Dresden vs Rot-Weiss Essen 2:2

Rudolf-Harbig-Stadion, 30.387 Zuschauer, 3.Liga
Der glorreiche RWE reiste zum Tabellenzweiten nach Elbflorenz und es sollte auf seine Art ein denkwürdiges Spiel werden. Fast 2.400 Rot-Weisse hatten sich auf den Weg gemacht, davon 720 mit einem Sonderzug. Insgesamt strömten über 30.000 Zuschauer ins Rudolf-Harbig-Stadion. Die Dynamo-Szene hatte wieder eine dicke Choreo vorbereitet. Auf einer großen Blockfahne, welche rechts und links von schwarzen Pappen flankiert wurde, prangte ein mächtiger Ritter in voller Rüstung mit dem Untertitel „Der Wächter Dunkeldeutschlands“. In den Randbereichen der Kurve wurden dazu ein paar schwarze Rauchtöpfe gezündet. Wer sich die Blockfahne genauer ansah, entdeckte neben dem Rittersmann auf einem in den Boden gerammten Pfahl einen Totenkopf, der einen RWE-Schal trug. Der glorreiche RWE scheint in der aktiven Szene der Sachsen schon einen gewissen Stellenwert zu genießen. Für meine persönliche Erheiterung sorgte noch ein älterer Herr, der auf dem Weg zum Stadion ein paar Bekannte augenzwinkernd mit den Worten „Na, heute drei Punkte jejen den Westen?“ grüßte. Das gute, alte Ost-West-Ding, so obsolet und doch so präsent. Die Dynamo-Elf legte los wie die Feuerwehr und setzte die Essener Defensive sofort unter Druck, aber mit dem ersten blitzsauber gespielten Konter ging der RWE schon nach wenigen Minuten in Führung. Diese hatte aber nicht lange Bestand, denn der Dynamo surrte weiter auf Höchstspannung und beinahe postwendend fiel der Ausgleich. Oft beruhigen sich Spiele nach hektischen Anfangsphasen, aber nicht dieses. Die SGD lieferte ein Klasse-Spiel ab und trug im Minuten-Takt schnell und präzise gespielte Angriffe vor.
Welle auf Welle rollte auf das Tor von Jakob Golz, der wieder einmal über sich hinauswuchs. Egal ob Flanke, Distanzschuss oder Mann gegen Mann – Golz entschärfte alles. In meinen Augen ist der Junge auf dem Weg zur Bundesliga-Reife, da gibt es wenig Zweifel. Vor allem in den Eins-gegen-Eins-Situationen kommen die Stürmer seltenst zum Erfolg, beeindruckend mit welcher Ruhe der Schlussmann diese 100-Prozenter reihenweise entschärft. Nach dem vom Referee aberkannten Dynamo-Führungstreffer, der aber wohl eher regulär war, bekamen die Roten nach etwas mehr als einer halben Stunde einen Freistoß aus dem Halbfeld zugesprochen. Eine Aufgabe für Thomas Eisfeld, der die Flanke zum Tor zog. Diese wurde lang und länger und verwandelte sich dadurch in ein absolutes Schweine-Ding. Undankbare Sache für den Dynamo-Schnappmann, der nicht einzuschätzen wusste, ob noch ein Spieler an den Ball kommt oder eben nicht. Letzteres war der Fall, die Kirsche tippte einmal auf und sprang unter die Latte in die Maschen zur erneuten Gäste-Führung, die schmeichelhafter kaum sein konnte. Damit ging es glücklich in die Pause. Kaum zwei Zeigerumdrehungen nach Wiederbeginn war der Spielstand aber schon wieder egalisiert, nachdem Isi Young ein Fehler in der Ballannahme unterlief, der damit den Ausgleichstreffer begünstigte. Isi war heute – man ist geneigt zu sagen: mal wieder – der absolute Unglücksrabe, denn auch an der Entstehung des ersten Dresdener Treffers war er maßgeblich beteiligt.
Das Bild blieb danach ähnlich zur ersten Hälfte. Dynamo kam mit unheimlicher Wucht, allerdings nicht mehr so präzise wie im ersten Durchgang. Klare Chancen waren nun deutlich weniger zu verzeichnen. Ein Tor wurde wegen Abseits zurecht nicht gegeben und der RWE hätte die Partie bei zwei guten Kontern sogar noch auf den Kopf stellen können. Trotz schließlich 34:4 Schussversuchen und 18:0 Ecken für die Gastgeber blieb es zwischen den beiden Mannschaften, die in dieser Saison bisher die wenigsten Unentschieden gespielt hatten, absurderweise beim Remis. Besondere Aufregung bereitete noch die Nachspielzeit. Nach einem Eckball köpfte ein Dynamo-Spieler den Ball an die Latte. Ein Mitspieler wollte nachsetzen, traf aber nur Felix Götze, der den Ball geklärt hatte, mit voller Wucht am Kopf. Götze ging zu Boden und musste danach minutenlang behandelt und schließlich mit der Trage abtransportiert werden. Die Dynamo-Kurve drehte daraufhin frei, viele witterten Spielverzögerung, aber dass Götze mindestens eine klaffende Wunde mit viel Blutverlust davontrug, war ja beinahe sogar aus dem gegenüberliegenden Gästeblock zu erkennen, zumindest aber, dass er ernsthaft verletzt war. Die Krone sezten einige Schwachköpfe noch auf, in dem Sie den auf der Trage liegenden Spieler mit Gegenständen bewarfen, Götze selbst sprach nachher davon, auch bespuckt worden zu sein. Vermutlich bekommt man Dunkeldeutschland halt zu wenig Sonnenlicht, was sich ja bekanntermaßen auf den psychologischen Zustand auswirkt. Es war zwar Fußball und nicht Ballett, und rauhe Sitten haften dem Sport nun mal an, aber sollte das geschilderte Verhalten der Wahrheit entsprechen, wurde die Grenze mehr als deutlich überschritten. So endete der rot-weisse Auswärts-Februar mit insgesamt fast 3.600 bewältigten Kilometern.