Aue – Fr., 19.01.2024, 19:00

FC Erzgebirge Aue vs Rot-Weiss Essen 2:1

Erzgebirgsstadion, 6.569 Zuschauer, 3.Liga
Ursprünglich hatte ich vor, mich vor diesem Spiel zu drücken. Aue auf einem Freitag-Abend ist kein Optimal-Ziel, allerdings stieg in den Tagen vor dem Kick doch wieder die Spannung und so stieg ich zu weiteren sechs Gefährten in einen Sieben-Sitzer und strebte gen Osten in den tiefen, verschneiten Wald, wo der Holzmichel sein Unwesen treibt und die Eingeborenen vor lauter Verzweiflung und Langeweile hölzerne Figuren, Schwibbögen und Weihnachtspyramiden herstellen. Etwa 600 weitere Rot-Weisse waren dem glorreichen Deutschen Meister von 1955 gefolgt. Der Start ins Spiel hätte besser nicht sein können. Die Erzgebirgler hatten Anstoß, verloren aber schon nach wenigen Sekunden den Ball an früh angreifende Gäste. Es folgte ein präziser Ball in die Spitze, Vonic arbeitete sich in den Sechzehner vor, legte ab auf Isi Young, der eiskalt vollstreckte und nach 58 Sekunden stand es 1:0 für den RWE. In der folgenden Viertelstunde, in welcher die Lila-Weißen noch ihre Linie suchten, versäumten es die Roten, den zweiten Treffer nachzulegen. Dann fingen sich die Gastgeber und gestalteten das Spiel offen. Beide Teams hatten dann gute Momente, aber zumindest die Jungs in Rot und Weiss gingen viel zu unbekümmert mit ihren Möglichkeiten um.
Während die Mannschaft in der letzten Saison noch gute Chancen liegen ließ, weil im Abstiegskampf das Nervenkostüm dünn wurde, geschah dieses heute offenbar, weil man auf einem beruhigenden vierten Tabellenplatz überwinternd viel zu sorglos war. Fühlt sich beinahe an wie eine verkehrte rot-weisse Welt. Der Erzgebirge-Anhang hatte dann noch eine spezielle Aktion in petto. Mit passendem Spruchband wurde eine RWE-Zaunfahne präsentiert. Dieses entpuppte sich letztlich als kleine Spitze gegen die RWE-Szene und insbesondere die eher unbedeutende Gruppe, welcher das Banner gehört. Nach dem Gastspiel im Frühjahr waren ein paar Leute diese Gruppe zusammen mit Einheimischen in einer Kneipe versackt und hatten die Fahne im Suff vergessen. Versuche, diese im Laufe der Zeit über entsprechende Kanäle zurückzuerlangen blieben erfolglos, aber letztlich wurde die Fahne nur ‚verwahrt‘ und gelang nach dem heutigen Spiel in die Hände der Eigentümer zurück. Prinzipiell eine recht originelle Nummer, wie ich finde, nur erschloss sich diese ja nur den in die Hintergründe eingeweihten. Alle anderen ordneten den Auftritt natürlich erst einmal falsch ein.
Der RWE-Anhang startete mit einer kleinen Choreo aus Glitzerfähnchen und Blink-Bengalos in Durchgang zwei. Die Fackeln nebelten das Stadion derart ein, dass sich der Wiederanpfiff einige Minuten verzögerte. Das bedeutete am Ende mehrere Minuten Nachspielzeit, von der noch zu reden sein wird. Zunächst war natürlich klar, dass sich die unkonzentrierte Spielweise des RWE rächen würde, denn die Sachsen kamen deutlich zielstrebiger aus der Kabine und wurden nach einer Stunde Spielzeit verdient mit dem Ausgleich belohnt. Danach spielten dann auch die Rot-Weissen wieder mit, aber es blieb dabei, dass vielversprechende Angriffe zu schlampig ausgespielt wurden, das hatte schon was von einer latenten Arroganz. Dennoch wäre das Spiel eigentlich mit dem Remis zu Ende gegangen, wenn sich nicht der sonst so souveräne Vinko Sapina beim Spielaufbau in der Mitte der eigenen Spielfeldhälfte einen Fehler bei der Ballannahme erlaubt hätte. Ein FCE-Akteur schnappte sich die Kirsche, es ging schnell nach vorne und nach einer kurz undurchsichtigen Situation im Strafraum lag die Kirsche dann in der fünften Minute der Nachspielzeit hinter Golz im Netz. Es war der klassische unnötige Punktverlust, auch wenn man sich über die späte Niederlage nach den ganzen Last-Minute-Siegen in dieser Saison nicht beklagen sollte.