Meuselwitz – So., 06.08.2023, 13:30

ZFC Meuselwitz vs 1. FC Lokomotive Leipzig 3:2

Arena Glaserkuppe, 1.855 Zuschauer, Regionalliga Nordost
Zipsendorfer FC Meuselwitz. Schon allein der Vereinsname verpflichtet einen fast dazu, ein Spiel dieses Vereins zu besuchen. Dass die Lok aus Leipzig zu Gast war, gestaltete die Sache natürlich noch deutlich attraktiver. Da der Andrang größer war als erwartet – dabei war er ja relativiert gar nicht überaus groß – wurde eine Viertelstunde später angepfiffen. Die Gäste stellten mehr als die Hälfte der Anhänger. Und diese wurden von ihrer Mannschaft auch gut unterhalten, denn zur Halbzeit führte diese scheinbar sicher mit 2:0. Die Gastgeber hatten aber offenbar nicht vor, der Veranstaltung nur als Statisten beizuwohnen und kamen deutlich verbessert aus der Pause. Die Lokomotive schien dagegen mit dem Spiel schon abgeschlossen zu haben und ermöglichte mit einem unerklärlichen Leistungsabfall dem ZFC, diese beinahe schon verlorene Partie noch zu drehen. Der Lok-Anhang legte einen Dauersupport hin, den ich allerdings als wenig abwechslungsreich empfand. Zudem war nur der innere Kern der Kurve mit vollem Einsatz dabei, so dass der Funke auch nicht recht auf den Rasen übersprang. Hätte ihr Team gut aber gut gebrauchen können.

Riesa – Sa., 05.08.2023, 15:00

BSG Stahl Riesa vs BSG Stahl Brandenburg 3:3

Stadion am Merzdorfer Park, 200 Zuschauer, Testspiel
Es kam mal wieder anders. Ursprünglich sollte es heute zum Oberliga-Spiel in Grimma gehen, aber diese Partie wurde auf den Freitag vorgezogen. Damit wurde es schwierig, eine geeignete Partie zu finden, denn unterhalb der Oberliga ruhte der Punktspielbetrieb in Sachsen und Sachsen-Anhalt noch. Der Sprung über den Testspiel-Schatten wurde unausweichlich und mit dieser Partie in Riesa konnte ich mich letztlich arrangieren, auch wenn mir Spiele ohne Wettbewerbscharakter normal wenig geben, erst recht nicht, wenn der eigene Verein nicht beteiligt ist. Diese stählerne Spielpaarung versprühte aber in rauhen Mengen DDR-Fußball-Ostalgie. Die Krönung wäre nur noch gewesen, wenn der Kick im altehrwürdigen ‚Stadion der Stahlwerker‘ über die Bühne gegangen wäre, welches ja leider seit Jahren verwaist ist und mitten in der Stadt vor sich hin gammelt. Die aktuelle Spielstätte ist zwar eine ganze Nummer kleiner, aber mit gutem Ausbau auf drei Seiten auch ganz brauchbar. Zu DDR-Zeiten hatten beide Clubs lange Jahre in der höchsten Spielklasse agiert, wie bei vielen anderen Clubs sieht die aktuelle Realität anders aus. Für einen Test-Kick war diese Veranstaltung gar nicht übel besucht, sogar 20 Gäste-Anhänger hatten die zweieinhalbstündige Anreise für diese Traditions-Prise auf sich genommen. Die zwei Siebtligisten – was sich schlimmer anhört, als es ist – aus den Bundesländern Brandenburg und Sachsen schenkten sich nichts, diese intensiv geführte Partie hätte auch ein Meisterschaftskampf sein können. Die Gäste zeigten die etwas reifere Spielanlage, waren aber defensiv anfällig, so dass es ein unterhaltsames und letztlich gerechtes Remis zu sehen gab.

Halle (Saale) – Fr., 04.08.2023, 19:00

Hallescher FC vs Rot-Weiss Essen 2:1

Sportpark Halle, 12.429 Zuschauer, 3.Liga
Der Saisonauftakt führte den glorreichen RWE nach Halle an der Saale und die Spiel bei den Chemikern stehen für mich persönlich offenbar unter keinem guten Stern. Denn dort war der Deutsche Meister von 1955 erst vor wenigen Wochen beim letzten Auswärtsauftritt der vergangenen Saison zu Gast und nach einer Reifenpanne trafen wir erst zur Halbzeit in der Händelstadt ein. Diesmal wäre ich so gerade eben pünktlich im Stadion gewesen, aber nach dem Check-in im Hotel fußläufig aus Richtung City kommend, verwehrte mir die Ordnungsmacht die Passage entlang der Gegentribüne, obwohl ich zivil gekleidet war und meine Identität als Gäste-Fan nachweisen konnte. Das Sicherheitskonzept erlaubte es nicht. Aha. Schlimmer als dieses Konzept war nur noch die Arroganz, mit welcher mir der Wichtigtuer entgegentrat. Ich musste nach seiner Weisung also „außen rum“, was einen gut 15-minütigen Umweg bedeutete. Eine vermeintliche Abkürzung nach Sprung über einen Zaun endete nicht nur mit einer Wunde in der Handinnenfläche, sondern auch an einer erneuten Polizei-Sperre, dieses Mal nur noch 30 Meter Luftlinie entfernt vom Eingang zum Away-Sektor. Meine Nachfrage, ob ich den kurzen Weg durch den abgesperrten Bereich unter Beobachtung oder in Beamtenbegleitung bewältigen dürfe, wurde bestimmend wie ‚freundlich‘ beantwortet, dass ich „hier auf gar keinen Fall durchkäme“. Nachdem ich den Ein-Stern-Trägern meine Hochachtung für dieses fantastische Konzept, welches menschenfressende Psychopathen wie mich von ihren mordlüsternen Terror-Absichten abhielt, ausgesprochen hatte, trollte ich mich. Diskussionen mit Diskussions-Unfähigen bringen ja nix außer Stress. Ist mir schon klar, dass diese Laiendarsteller die Geschichte nicht selbst erdacht hatten, sondern diese in nächtelangen, schweißtreibenden Sitzungen von absoluten Fachmännern erarbeitet wurde, aber ein wenig Handlungsspielraum nach Bewertung der Situation (fünf Forst-Arbeiter in voller Kampfmontur gegen eine Vogelscheuche wie mich) sollte doch letztlich auch dem unmündigsten Nachwuchs-Cowboy gegeben sein. Ich weiß auch wirklich überhaupt gar nicht, was ich an der Anwesenheit von Polizei-Einheiten beim Fußball noch gut finden soll und bestelle nach dem ermüdenden Umweg mal lieber Acht Cola, Acht Bier.
So war ich um Minute fünfzehn dann drin und hatte nicht mal mitbekommen, dass der RWE schon mit einem Tor zurücklag. Bei gefühlten 80% Ballbesitz der Roten war der HFC dem zweiten Treffer dennoch näher und so kam es wie es kommen musste, als ein im Vergleich zur roten Leuchtturm-Abwehr relativ untersetzter Spieler nach einem Eckstoß unbedrängt zum 2:0 einköpfen durfte. Der RWE machte aber weiter und präsentierte sich auch deutlich besser als ich es befürchtet hatte. Leider blieben aber die Mankos oder Manki oder Manken (wie lautet die richtige Mehrzahl von Manko?) der vergangenen Spielzeit präsent, die da lauten: fehlendes schnelles Umschaltspiel nach Balleroberung, ungenaues Passspiel in der Offensive, mangelnde Torgefahr. Die Chemiker kamen allerdings nach der Pause gar nicht mehr gefährlich vor das Essener Gehäuse. Die Roten bestimmten die Partie, belohnten sich aber nicht. Der vielgescholtene Isi Young erzielte zwanzig Minuten vor dem Ende den Anschluss und es ging ein Ruck durch das Team, dass den HFC nun endgültig in seiner Hälfte einschloss. Der Ausgleich, so verdient er letztlich gewesen wäre, wollte aber nicht mehr fallen und daher ging der Saisonauftakt in die Hose. Zwar nicht so desaströs, wie ich erwartet hatte, aber die Schwächen traten schonungslos zutage. Aber auch in dieser Spielzeit geht es lediglich darum vier andere Herden zu finden, die in der Schlusstabelle hinter dem RWE platziert sein werden. Man darf gespannt sein.

Sandersdorf-Brehna – So., 30.07.2023, 14:00

SG Union Sandersdorf vs VfB Germania Halberstadt 1:2

Stadion im Sport- und Freizeitzentrum, 325 Zuschauer, NOFV-Oberliga Süd
Auf dem Rückweg aus Polen sollte noch ein Spiel her und etwas abseits der Strecke wurde ich ziemlich genau auf halbem Weg in die Heimat fündig. In Sandersdorf stellte sich am ersten Oberliga-Spieltag der Regionalliga-Absteiger aus Halberstadt vor, der von etwa zwei Dutzend Leuten aktiv unterstützt wurde. Das Sandersdorfer Stadion ist ein weitläufiges, recht flaches Rund, mit einer improvisiert wirkenden Haupttribüne. Die offenbar selten genutzten Kurven und die Gegenseite mühen sich gegen aus den Fugen hervor sprießendes Gras. Die Germania war eigentlich immer her der Lage, musste aber nach hoch verdientem Führungstreffer den recht überraschenden Ausgleich hinnehmen, der das Team kurz ins Wanken brachte. Die Gäste sammelten sich aber schnell, spielten geduldig weiter und erzielten die erneute Führung, welche dann zum Sieg reichte.  Insgesamt war es eine unspektakuläre Geschichte, wenn man davon absieht, dass ich mit Arnd Zeigler – Moderator, Autor, Journalist und nicht zuletzt Stadionsprecher des SV Werder –  der bei diesem Spiel zugegen war, ein paar Sätze wechseln durfte. Zeiglers Sohn Ben schnürt seit dieser Saison die Schuhe für die Union.

Wroclaw – Sa., 29.07.2023, 20:00

WKS Slask Wroclaw vs Zaglebie Lubin 1:2

Arena Wroclaw, 16.928 Zuschauer, Ekstraklasa
Slask gegen Zaglebie, das niederschlesische Derby, hatte ich vor mehr als zehn Jahren schon einmal gesehen und damals war es ein gutes Ding. Die Heimkurve war lautstark und die Gäste benahmen sich so, wie sich Gäste in Polen gern benehmen, nämlich richtig schlecht. Das moderne Stadion in Wroclaw ist gemessen am Zuschauerinteresse im polnischen Fußball aber leider völlig überdimensioniert. Selbst zu diesem besonderen Spiel wurde die Arena nur zu einem Drittel ausgelastet. Aus Lubin waren etwa 800 Kibice angereist, was sich zwar dem damaligen Auflauf ungefähr anglich, aber heuer hatte ich dennoch mit mehr Anhängern gerechnet. Zum Intro gab es optisch von beiden Seiten leider gar nichts. Die Slask-Kurve brauchte auch etwas länger, bis alle drin waren und sich sortiert hatten, das ist ja auch so ein polnisches Kurven-Merkmal. Zu sehen gab es dann ein Meer von Schwenkfahnen, sah recht gut aus, allerdings war die Kurve nicht komplett voll, weshalb das Teilnehmerfeld oben und an den Seiten etwas gerupft aussah Die Kurve ist auch viel zu groß, ein Verein wie Slask kann diese riesige Tribüne unter normalen Bedingungen niemals ganz füllen. Auch der Gästeblock ist für annähernd jede polnische Szene überdimensioniert. Es wurde dann einigermaßen laut im Rund, die Akustik ist jedenfalls ganz gut in diesem Kessel. Zaglebie fand auf dem Platz gar nicht richtig statt, die Gastgeber machten das Spiel und konnten durch einen Elfmeter in Führung gehen. Nach dem Seitenwechsel mischten dann auch die Gäste mit und hatten den Glücksmoment auf ihrer Seite. Innerhalb von fünf Minuten drehten diese die Partie und brachten die Heimmannschaft damit völlig durcheinander, denn Slask kam danach überhaupt nicht mehr richtig in die Partie. Die Schlussoffensive überlebte Zaglebie auch und nahm den Prestige-Dreier mit nach Hause.
Die Slask-Kurve hatte für den zweiten Durchgang eine Aktion vorbereitet, die allerdings mit dem Spiel und mit Fußball überhaupt nichts zu tun hatte. Warum auch immer arbeitete sich der Anhang an der Verfolgung und Ermordung der polnisch-stämmigen Bevölkerung in der ukrainischen Region Wolyn durch einheimische Milizen in den letzten Jahren des zweiten Weltkriegs ab. Der Beginn dieser Massaker ist 80 Jahre her und offenbar nicht aufgearbeitet worden. Warum sich nun der Slask-Anhang berufen fühlte, daran zu erinnern, erschloss sich mir nicht. An der Begrenzung zum Spielfeld wurde ein Banner mit der Parole „Verschwiegener Völkermord weil die Opfer Polen waren“ entfaltet. In der Kurve wurde eine Blockfahne gezeigt, auf der in großen Buchstaben „Wolyn ´43“ und der Satz „80 Jahre verschämtes Schweigen liegen hinter uns“ zu lesen war. Darüber wurden einer Reihe gut 30 Fackeln abgebrannt. Schlussendlich wurde das Banner am Zaun mit einem weiteren überhängt, welches auf die Opfer der Verbrechen hinwies und im Block wurde verschieden Doppelhalter mit Bezug zum Thema hochgehalten. Nun klappte aber alles nicht so reibungslos wie gewünscht und zwischendurch wurde das Zentrum der Kurve gar für einige Minuten geräumt, vermutlich um symbolisch auf die Verluste hinzuweisen, jedenfalls war die Slask-Kurve in der letzten halben Stunde nur noch mit ihrer Aktion beschäftigt und nahm am Spiel gar nicht mehr wirklich teil. Zumindest der Zaglebie-Anhang gab sein Bestes, aber unter dem Strich enttäuschte dieses Derby doch ziemlich.

Grodzisk Wielkopolski – Sa., 29.07.2023, 15:00

Warta Poznan vs Gornik Zabrze 2:0

Stadion Dyskobolii, 2.079 Zuschauer, Ekstraklasa
Warta Poznan ist in der öffentlichen Wahrnehmung nur die zweite Kraft der Stadt mit deutlichem Abstand zum populären Lokalrivalen KKS Lech. Warta ist der ältere der beiden Clubs, erlebte aber seine erfolgreichste Zeit in den Jahren vor und nach dem zweiten Weltkrieg, als der Verein auch zwei Mal den Meistertitel erringen konnte. Mittlerweile hat sich der Wind sportlich wieder etwas gedreht und die Clubs agieren annähernd auf Augenhöhe. Mit dem (Wieder)Aufstieg in die höchste Spielklasse im Jahre 2020 verurteilte sich Warta Poznan aber zum Umzug ins Exil, da das eigene kleine, neben dem alten großen Stadion ‚Edmunda Szyca‘ gelegene Stadion für den Spielbetrieb in der Ekstraklasa nicht ausreicht. Daher tritt Warta nun dauerhaft im circa 50 Kilometer entfernten Grodzisk Wielkopolski im schon vorher sporadisch genutzten Stadion des Vereins Dyskobolia an, einem ehemaligen Erstligisten, der in den frühen Jahren des neuen Jahrtausends mit Unterstützung eines Mäzens polnischer Pokalsieger und bis in den Europapokal gespült wurde und nach Abtritt des Gönners wieder von der Bildfläche verschwand. Schmuckstück des kleinen Stadions ist eine alte Holztribüne, die ehemalige Haupttribüne, die aber nicht mehr genutzt wird und welche hinter der vorgebauten, kleinen, neueren Sitztribüne und den Kameratürmen leider nicht besonders zur Geltung kommt. Aber auch die neuere Tribüne auf der gegenüberliegenden Längsseite hat eine individuelle Architektur. Insgesamt gibt das Stadion mit den vielen Werbebanden und –bannern ein unruhiges Bild ab – die Optik eines eigentlich schönen kleinen Grounds wird völlig gestört.
Eine überragende Fanszene hat Warta auch in Poznan schon nicht besessen und im Exil sieht es da natürlich nicht besser aus. Ein paar Gestalten bemühten sich, etwa drei Dutzend andere Gestalten zum Support zu animieren und waren sich nicht zu blöde, dafür ein Megafon einzusetzen. Aus Zabrze waren etwa 200 Kibice angereist, die unterstützt von Freunden von Wisloka Debica mit Dauersupport und annähernd 100% Mitmachquote gefielen. Weniger gefiel das, was die beiden Mannschaften aufs Grün… ähm… zauberten? Das war schon schwere Kost und zeichnete ein übles Bild vom Zustand des polnischen Fußballs. Da die Topspieler des Landes in den führenden Ligen des Kontinents vor die Kirsche treten oder zumindest dort, wo sich mehr verdienen lässt, bleibt die heimische Liga halt auf der Strecke. Ein zweifelhafter Elfer hielt in Durchgang eins für die Führung der Gastgeber her. Lukas Podolski im Team der Gäste konnte annähernd keine Akzente setzen. In der Pause wurde Lawrence Ennali eingewechselt, der in der vergangenen Spielzeit für den glorreicher RWE gespielt hatte und an seine Leistungen aus der letzten Saison nahtlos anknüpfte. Der Junge ist pfeilschnell und technisch beschlagen, aber es fehlt an Erfahrung und den Blick für die Mitspieler. Dazu geht ihm die Qualität ab, unter seinem hohen Tempo saubere Bälle zu spielen. Aber ich bleibe dabei, dass der Junge Potential hat und es würde mich nicht überraschen, wenn er es noch in die Bundesliga schafft. Halbzeit zwei sah ähnlich aus wie die erste, nämlich irgendwie gar nicht. In der Schlussphase erzielte Warte den zweiten Treffer und das Gäste-Team durfte sich nach dem Abpfiff bei ihren Anhängern nach der zweiten Niederlage ohne eigenes Tor im zweiten Spiel der noch jungen Saison die erste Standpauke abholen.

Berlin – Fr., 28.07.2023, 19:00

Hertha BSC U23 vs BSG Chemie Leipzig 3:0

Stadion auf dem Wurfplatz, 1.786 Zuschauer, Regionalliga Nordost
Es ging ostwärts und das erste Ziel war das Amateurstadion im Berliner Olympiapark. Am ersten Spieltag der neuen Regionalliga-Saison waren die Chemiker aus Leipzig-Leutzsch zu Gast beim Hertha-Nachwuchs. Die ‚neue‘ 1997 gegründete BSG Chemie versteht sich als Nachfolger des ehemaligen im DDR-Fußball aktiven Vereins. Nach erlebnisreichen Jahren hat sich der Club mittlerweile auf Regionalliga-Ebene etabliert. Gut 500 Gäste-Anhänger hatten sich auf den Weg gemacht und unterstützten ihr Team über die gesamte Spielzeit. Der Support hat mir gut gefallen, war abwechslungsreich und kreativ mit deutlich italienischem Einschlag. Die Mannschaft dankte es ihren Anhängern allerdings nicht und zeigte eine durchwachsene Leistung. Der Hauptstadt-Club wirkte frischer und ideenreicher und fuhr einen ungefährdeten Sieg ein. Dennoch gilt: U23-Teams raus aus Liga 3 und Regionalliga!

Enschede – Do., 27.07.2023, 20:00

FC Twente Enschede vs Hammarby IF 1:0

De Grolsch Veste, 29.000 Zuschauer, Europa Conference League 2. Qualifikationsrunde
Nur etwas mehr als 50 Kilometer sind es von meinem Arbeitsplatz im Westmünsterland bis zur Grolsch-Festung in Enschede. Zwar war ich erst im Januar zum Spiel gegen Feyenoord angereist, aber für das heutige Gäste-Team aus der schwedischen Hauptstadt nahm ich den Weg gern erneut in Kauf, da der Bajen-Anhang ja meist ein Garant für gute Auswärts-Auftritte ist. So waren die verfügbaren 1.500 Tix für den Away-Sektor bei über 4.000 Anfragen auch schnell vergriffen. Stadionnah in einem Gewerbegebiet geparkt, rannte ich erst einmal in einen gut 150 Köpfe starken, schwarz gekleideten Twente-Mob hinein, der offensichtlich auf der Suche nach schwedischen Gleichgesinnten war, von der Exekutive aber zurückgetrieben wurde. Der FC Twente entstand erst 1965 aus der Fusion der Enschedese Boys und dem Sportclub Enschede. Für letztgenannten Club hatte ja auch die Essener Legende und Held von Bern Helmut Rahn in den letzten Jahren seiner Karriere ein paar Spielzeiten die Schuhe geschnürt. Das Stadion war beinahe ausverkauft, leider schlug der Plan, Romina und Daniel, deutschstämmige aber schon viele Jahre in Stockkholm wohnhafte Hammarby-Anhänger, zu treffen aufgrund der strikten Fan-Trennung fehl. Zum Intro zog die Heimseite eine Choreo mit Bezug auf die Reise zum Rückspiel hoch. Diese zeigte Obelix beim Boarding eines Twente-Fliegers. Am Zaun prangten die Flug-Infos, unter anderem die Abflugzeit 13:12 (worauf diese wohl bezogen war…?) und die Flugnummer VKP1991, Gründungsjahr des Supporter-Block Vak P. Im Gästeblock wurde ein Banner mit dem sinngemäßen Spruch „In meinem Kopf habe ich nur Bajen“ am Zaun präsentiert. Dann wurden zunächst kleine Glitzerfähnchen in den Farben Silber und Grün geschwenkt, ehe diese in einem dichten verqualmten Gemenge aus grünen Fackeln und gleichfarbigem Rauch verschwanden. Ein schönes Bild, welches noch Minuten die Sicht auf das Spielfeld verschleierte. Der Gäste-Anhang geizte auch in der Folge nicht mit Pyrotechnik, leider wurden aber immer nur einzelne Fackeln oder auch mal zwei gezündet, anstatt noch eine konzertierte Aktion zu bringen.
In der Anfangsphase wurde es laut im Stadion, allerdings flachte die Stimmung nach zehn Minuten deutlich ab. Die holländischen Szenen sind mittlerweile sicherlich besser unterwegs als noch vor einigen Jahren, allerdings sind – vielleicht abgesehen von Ajax und Feyenoord – die zentralen Ultra-Gruppierungen relativ klein geblieben, welche die einzigen in den Stadien sind, die auch durchweg Sound produzieren. Es wurde auch zwischendurch immer mal wieder lauter, aber abgesehen von den zehn Minuten nach dem Treffer hatte die Heimseite konstant das Nachsehen gegen den dauerhaft aktiven Hammarby-Anhang, der eine starke Performance ablieferte und das Team ununterbrochen anfeuerte. Dieses wurde davon aber nur selten beflügelt. Bis auf wenige Kontergelegenheiten, die meist in ungenauen Zuspielen verödeten, war Bajen die gesamte Spielzeit in der Defensive gefangen. Twente konnte aber nur eine der vielen Torchancen veredeln, was den Schweden eine realistische Chance erhält, in die zweite Runde einzuziehen. Das Ergebnis war aber mehr als einmal in Gefahr. Zwei Fehler im defensiven Spielaufbau hätten eigentlich bestraft werden müssen, aber Glück und Kampf vereitelten Schlimmeres für die Gäste. Nach dem Abpfiff wurden im Unterrang noch ein paar Backpfeifen und Schwinger ausgetauscht. Dort waren eigentlich Sponsoren der Gäste platziert, aber ein Großteil der Tickets war offenbar in die Hände von HIF-Fans geraten, die für erlebnisorientierte Twente-Anhänger ein willkommenes Feindbild ergaben. Eine Polizei-Einheit beendete den Spuk nach wenigen Minuten. Wenige Tage nach dem Hinspiel wurde dann bekannt, dass für das Rückspiel in Stockholm ein Gästeverbot erlassen wurde.