Essen – So., 13.08.2023, 13:00

Rot-Weiss Essen vs Hamburger SV 3:4 n.V.

Stadion an der Hafenstraße, 18.600 Zuschauer, DFB-Pokal 1.Runde
Drei Mal ging des HSV in Führung und drei Mal kam der glorreiche RWE zurück. Den vierten Streich der Norddeutschen, drei Minuten vor Ende der Verlängerung, konnten die Roten nicht mehr beantworten. Ich hatte diese Partie für mich persönlich als Bonusspiel ausgerufen, schmiss mich also ohne jede Erwartung in die Veranstaltung hinein. Rationell betrachtet, war dieses Spiel in der aktuellen Situation nicht zu gewinnen, zu groß schien der Unterschied zwischen beiden Clubs, sportlich wie psychologisch. Aber – Gruß vom Phrasenschwein – der Pokal hat halt eigene Gesetze. Mit der Niederlage kann ich dennoch leben, wie diese zustande kam nervt aber gehörig. Die Kette der individuellen Fehler in der Defensive setzte sich fort, denn mindestens drei der Gegentreffer waren vermeidbar. Am meisten ging mir der zweite Gegentreffer auf den Sack, ein Spiegelbild zum ersten Gegentreffer in Halle in der Vorwoche. Dieses Mal war Routinier Bastians der Unglücksrabe, der in ungünstiger Situation von Golz angespielt wurde und nicht die Zeit zum Abspiel fand. Jatta luchste ihm die Kirsche ab und schob trocken ein, da Golz nach seinem gewagten Abspiel nicht umgehend die zentrale Position vor der Torlinie suchte. Was soll der Mist, dass heutzutage jede beschissene Situation auch unter Druck spielerisch gelöst werden soll?! Selbst bis in die Kreisliga C werden die – oft technisch nicht sehr beschlagenen – Defensiv-Leute genötigt, die Bälle irgendwie sicher an den eigenen Mann zu bringen. Finde den Fehler. Was spricht dagegen, in diesen Situationen einfach das altbewährte Langholz auszupacken und die Murmel erst einmal humorlos in die Stratosphäre zu befördern?! Hat früher auch nicht geschadet.
Schon beim ersten Gegentor sah Alonso – mal wieder – nicht gut aus, als er nach einem Zuspiel unter Druck versuchte Jatta aussteigen zu lassen, der auch bei diesem Treffer bereits Empfänger eines Geschenks war. Müsel egalisierte den Spielstand nur wenig später per Freistoß, den die HSV-Deckung wie eine Theken-Truppe verteidigte. Auch der zweite Gegentreffer wurde umgehend beantwortet. Doumbouya verwertete ein scharfes Zuspiel von der rechten Außenbahn nach einem Konter. Als HSV-Goalgetter Glatzel dann Mitte der zweiten Hälfte einen unglücklichen Abpraller von Wiegel zur erneuten Führung nutzen durfte, war ich mir sicher, dass der RWE nicht noch einmal zurückkommt, aber Brumme besorgte nach einer schnell ausgeführten Ecke den erneuten Ausgleich per Kopf. Der HSV blieb verwundbar. Die Verlängerung blieb aber einigermaßen ereignislos, bis drei Minuten vor dem Ende Benes aus 18 Metern frei zum Schuss kam und die eher ungefährlich wirkende Kugel halbhoch links einschlug. Hätte Golz beim Schuss nicht einen kleinen Schritt in die falsche Richtung gemacht, hätte er anstatt der geöffneten Hände die Fäuste genommen, vielleicht hätte er den Ball um den Pfosten lenken können. Mit „hätte, hätte“ wurde aber noch nie Spiele gewonnen, daher muss man es nehmen, wie es ist.
Vielleicht hat der HSV nicht ganz unverdient gewonnen, es gab ja auch noch zwei Kopfbälle an die Querlatte während der regulären Spielzeit. Aber auch die Roten hatten Möglichkeiten, daher bleiben die Fehler in der Defensive für das Ausscheiden verantwortlich, was maximal ärgerlich ist. Den Pokal gewinnen kann ein Team wie RWE eh nicht, aber jede weiter Runde bringt ja nen Haufen Kohle, den der Verein gut gebrauchen könnte. Von der Stimmung war ich etwas enttäuscht, allerdings sind ja meine Erwartungen an unsere Kurve zumindest bei Heimspielen auch nicht sehr hoch. Dass das Stadion aufgrund seine Architektur nur begrenzte Hexenkessel-Voraussetzungen hat ist das eine, aber auch so gelingt es der aktiven Szene zu selten den Rest der Horde mitzureißen. Da sich mein Sitz weit weg von der Stehtribüne befindet, kann ich die Gründe dafür nicht bewerten. Das Bemühen will ich den führenden Gruppen gar nicht absprechen, auch das Liedgut ist für den sangeswilligen Durchschnitts-Fan meist praktikabel. Tatsache ist, dass oft nur eine überschaubare Gruppe sichtbar aktiv ist und das Potential der Tribüne damit seltenst ausgeschöpft wird. Der (mir räumlich näher liegende) Gästeblock war dagegen eigentlich immer gut zu vernehmen, aber auch die HSV-Kurbe bot keinen Auftritt, der mir in Erinnerung bleiben wird. Da haben mit einige Gästeauftritte von Drittliga-Rivalen in der vergangenen Saison deutlich besser gefallen. Pyro wurde von den Gästen auch etwas gezündet, ein Großteil des mitgebrachten Materials wurde aber offenbar im Zuge der Einlasskontrollen durch das Ordnungspersonal sichergestellt. Es bleibt der Eindruck, dass dieses Pokalspiel – so spannend es auch war – insgesamt irgendwie noch mehr POtential hatte.