
WKS Slask Wroclaw vs Zaglebie Lubin 1:2
Arena Wroclaw, 16.928 Zuschauer, Ekstraklasa

Slask gegen Zaglebie, das niederschlesische Derby, hatte ich vor mehr als zehn Jahren schon einmal gesehen und damals war es ein gutes Ding. Die Heimkurve war lautstark und die Gäste benahmen sich so, wie sich Gäste in Polen gern benehmen, nämlich richtig schlecht. Das moderne Stadion in Wroclaw ist gemessen am Zuschauerinteresse im polnischen Fußball aber leider völlig überdimensioniert. Selbst zu diesem besonderen Spiel wurde die Arena nur zu einem Drittel ausgelastet. Aus Lubin waren etwa 800 Kibice angereist, was sich zwar dem damaligen Auflauf ungefähr anglich, aber heuer hatte ich dennoch mit mehr Anhängern gerechnet. Zum Intro gab es optisch von beiden Seiten leider gar nichts. Die Slask-Kurve brauchte auch etwas länger, bis alle drin waren und sich sortiert hatten, das ist ja auch so ein polnisches Kurven-Merkmal. Zu sehen gab es dann ein Meer von Schwenkfahnen, sah recht gut aus, allerdings war die Kurve nicht komplett voll, weshalb das Teilnehmerfeld oben und an den Seiten etwas gerupft aussah Die Kurve ist auch viel zu groß, ein Verein wie Slask kann diese riesige Tribüne unter normalen Bedingungen niemals ganz füllen. Auch der Gästeblock ist für annähernd jede polnische Szene überdimensioniert. Es wurde dann einigermaßen laut im Rund, die Akustik ist jedenfalls ganz gut in diesem Kessel. Zaglebie fand auf dem Platz gar nicht richtig statt, die Gastgeber machten das Spiel und konnten durch einen Elfmeter in Führung gehen. Nach dem Seitenwechsel mischten dann auch die Gäste mit und hatten den Glücksmoment auf ihrer Seite. Innerhalb von fünf Minuten drehten diese die Partie und brachten die Heimmannschaft damit völlig durcheinander, denn Slask kam danach überhaupt nicht mehr richtig in die Partie. Die Schlussoffensive überlebte Zaglebie auch und nahm den Prestige-Dreier mit nach Hause.
Die Slask-Kurve hatte für den zweiten Durchgang eine Aktion vorbereitet, die allerdings mit dem Spiel und mit Fußball überhaupt nichts zu tun hatte. Warum auch immer arbeitete sich der Anhang an der Verfolgung und Ermordung der polnisch-stämmigen Bevölkerung in der ukrainischen Region Wolyn durch einheimische Milizen in den letzten Jahren des zweiten Weltkriegs ab. Der Beginn dieser Massaker ist 80 Jahre her und offenbar nicht aufgearbeitet worden. Warum sich nun der Slask-Anhang berufen fühlte, daran zu erinnern, erschloss sich mir nicht. An der Begrenzung zum Spielfeld wurde ein Banner mit der Parole „Verschwiegener Völkermord weil die Opfer Polen waren“ entfaltet. In der Kurve wurde eine Blockfahne gezeigt, auf der in großen Buchstaben „Wolyn ´43“ und der Satz „80 Jahre verschämtes Schweigen liegen hinter uns“ zu lesen war. Darüber wurden einer Reihe gut 30 Fackeln abgebrannt. Schlussendlich wurde das Banner am Zaun mit einem weiteren überhängt, welches auf die Opfer der Verbrechen hinwies und im Block wurde verschieden Doppelhalter mit Bezug zum Thema hochgehalten. Nun klappte aber alles nicht so reibungslos wie gewünscht und zwischendurch wurde das Zentrum der Kurve gar für einige Minuten geräumt, vermutlich um symbolisch auf die Verluste hinzuweisen, jedenfalls war die Slask-Kurve in der letzten halben Stunde nur noch mit ihrer Aktion beschäftigt und nahm am Spiel gar nicht mehr wirklich teil. Zumindest der Zaglebie-Anhang gab sein Bestes, aber unter dem Strich enttäuschte dieses Derby doch ziemlich.




















