Enschede – Do., 27.07.2023, 20:00

FC Twente Enschede vs Hammarby IF 1:0

De Grolsch Veste, 29.000 Zuschauer, Europa Conference League 2. Qualifikationsrunde
Nur etwas mehr als 50 Kilometer sind es von meinem Arbeitsplatz im Westmünsterland bis zur Grolsch-Festung in Enschede. Zwar war ich erst im Januar zum Spiel gegen Feyenoord angereist, aber für das heutige Gäste-Team aus der schwedischen Hauptstadt nahm ich den Weg gern erneut in Kauf, da der Bajen-Anhang ja meist ein Garant für gute Auswärts-Auftritte ist. So waren die verfügbaren 1.500 Tix für den Away-Sektor bei über 4.000 Anfragen auch schnell vergriffen. Stadionnah in einem Gewerbegebiet geparkt, rannte ich erst einmal in einen gut 150 Köpfe starken, schwarz gekleideten Twente-Mob hinein, der offensichtlich auf der Suche nach schwedischen Gleichgesinnten war, von der Exekutive aber zurückgetrieben wurde. Der FC Twente entstand erst 1965 aus der Fusion der Enschedese Boys und dem Sportclub Enschede. Für letztgenannten Club hatte ja auch die Essener Legende und Held von Bern Helmut Rahn in den letzten Jahren seiner Karriere ein paar Spielzeiten die Schuhe geschnürt. Das Stadion war beinahe ausverkauft, leider schlug der Plan, Romina und Daniel, deutschstämmige aber schon viele Jahre in Stockkholm wohnhafte Hammarby-Anhänger, zu treffen aufgrund der strikten Fan-Trennung fehl. Zum Intro zog die Heimseite eine Choreo mit Bezug auf die Reise zum Rückspiel hoch. Diese zeigte Obelix beim Boarding eines Twente-Fliegers. Am Zaun prangten die Flug-Infos, unter anderem die Abflugzeit 13:12 (worauf diese wohl bezogen war…?) und die Flugnummer VKP1991, Gründungsjahr des Supporter-Block Vak P. Im Gästeblock wurde ein Banner mit dem sinngemäßen Spruch „In meinem Kopf habe ich nur Bajen“ am Zaun präsentiert. Dann wurden zunächst kleine Glitzerfähnchen in den Farben Silber und Grün geschwenkt, ehe diese in einem dichten verqualmten Gemenge aus grünen Fackeln und gleichfarbigem Rauch verschwanden. Ein schönes Bild, welches noch Minuten die Sicht auf das Spielfeld verschleierte. Der Gäste-Anhang geizte auch in der Folge nicht mit Pyrotechnik, leider wurden aber immer nur einzelne Fackeln oder auch mal zwei gezündet, anstatt noch eine konzertierte Aktion zu bringen.
In der Anfangsphase wurde es laut im Stadion, allerdings flachte die Stimmung nach zehn Minuten deutlich ab. Die holländischen Szenen sind mittlerweile sicherlich besser unterwegs als noch vor einigen Jahren, allerdings sind – vielleicht abgesehen von Ajax und Feyenoord – die zentralen Ultra-Gruppierungen relativ klein geblieben, welche die einzigen in den Stadien sind, die auch durchweg Sound produzieren. Es wurde auch zwischendurch immer mal wieder lauter, aber abgesehen von den zehn Minuten nach dem Treffer hatte die Heimseite konstant das Nachsehen gegen den dauerhaft aktiven Hammarby-Anhang, der eine starke Performance ablieferte und das Team ununterbrochen anfeuerte. Dieses wurde davon aber nur selten beflügelt. Bis auf wenige Kontergelegenheiten, die meist in ungenauen Zuspielen verödeten, war Bajen die gesamte Spielzeit in der Defensive gefangen. Twente konnte aber nur eine der vielen Torchancen veredeln, was den Schweden eine realistische Chance erhält, in die zweite Runde einzuziehen. Das Ergebnis war aber mehr als einmal in Gefahr. Zwei Fehler im defensiven Spielaufbau hätten eigentlich bestraft werden müssen, aber Glück und Kampf vereitelten Schlimmeres für die Gäste. Nach dem Abpfiff wurden im Unterrang noch ein paar Backpfeifen und Schwinger ausgetauscht. Dort waren eigentlich Sponsoren der Gäste platziert, aber ein Großteil der Tickets war offenbar in die Hände von HIF-Fans geraten, die für erlebnisorientierte Twente-Anhänger ein willkommenes Feindbild ergaben. Eine Polizei-Einheit beendete den Spuk nach wenigen Minuten. Wenige Tage nach dem Hinspiel wurde dann bekannt, dass für das Rückspiel in Stockholm ein Gästeverbot erlassen wurde.